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Mittwoch 6. November 1929

Unterhaltung unö ÄVissen

Beilage des Vorwärts

Stich, Siuläfchiner:

3)erffilHm ichlägt ein

2fm Aormütag pflückten mir Alpenrosen am Zlrlberg. Aus dem Ferwalltal lugte die gespenstig« Erschemung des Patteriol herüber. Breite Kuppen und scharfgeschnittene Horner, Eis an den Flanken und in den Rinnen, sahen blauschwarz in dos Grün der Täler, durch die sich die Sturzbäche winden. Und von weidenden Kühen auf den Waldlichtungen unter uns in der Tiefe kam der vielstimmig« Klang der Kuhglocken. Sonne war über allem: s>« war von einem Ring- Hof umgeben» der die Farbe milchigen Opals hatte... Der Wagen fegt die Windungen der Straße nach St. Anton hinab. Der Orientexpreß verschwindet gerade im gähnenden Schlund des großen Tunnels. Dörfer mit spigtürmigen Kirchen auf grünen Büheln. In der Höhe der zerklüftet« Stock des Riffler mit seinem Hängegletscher, links die Felsenwildnis der Parfeiergruppe. Landeck , die Pontlatzerbrücke, um die sich zweimal Tiroler Bauern und Bayern die Köpfe blutig geschlagen haben. Hier ist grüne Welt. Talschluchten tun sich auf. aber kümmerlich sind die Dörfer, die an der weißen Straße stehen. Windschief« Häuser zeigen altergeschwärztes Balkenwerk und Sprünge in den Mauern, von denen der Mörtel fällt. Die Landschaft wird zu- sehens düsterer, Felsschluchten engen sie ei», wir verlassen den Inn , die Straße, gebaut vor siebzig Iahren, als das kaiserliche Oesterreich noch ein mächtiger Staat war, für«ine Ewigkeit gebaut, mit ge­mauerten Randwällen und Schneegalerien, klimmt am Berghang hin aufwärts. Bon Hochfinftermünz sieht man noch einmal auf den schmelz- wassergrauen Inn hinab und das Unterengadin hinauf, dessen spitz« Berge tulissenhaft von links und rechts her drängen. Drüben, wo die Straße vom Samnauntai niedersteigt, ist schon schweizerischer Boden. Schwarzblau stechen im Schweigen des Mittags düstere Wälder. Schneegetigert erhebt sich darüber der Piz Mondin. Schwüle Stunde der Erwartung. Es wird ein Wetter kommen, der Himmel umzieht sich bleiern. Ein Auto, dicht besetzt, saust vorüber. Ich sehe seine Insassen: der ältere Herr auf dem Rücksitz neben einer Frau im blauen Sweater bleibt mir, ich weiß nicht warum, in der Erinnerung. Es Ist wie eine Bision: Männer und Frauen, die nichts sonst an sich haben, als daß sie da sind. Bescheiden« Touristen aus der Ferienreis«, die sicher gar nicht zusammengehören, aber irgendwo in einer Station, nielleicht in Pfunds, vielleicht gerade erst hier, unter umständlicher gegenseitiger Vorstellung(Gestatten, mein Name ist.. gemein­sam ein Auto gemietet haben, um sich auch einmal etwas Besonderes anzutun, einen staubgrauen, ziemlich mitgenommenen Wagen: sie flitzen schon in die Kurve, verschwinden im ersten Stroßentunnel. Auch wir nehmen unsere Plätze im Wagen«in. Das Straßenfort, seft dem Zusammenbruch zwecklos und nun völlig verlassen, die Luken mit Brettern verschalt. Himmelhohe Fels- wände links und rechts. Finstere Schlucht. Wasserftürzen des schäu. wenden Stillebachs. Dann Weitung, links Mefen, von denen es nach frischem Heu duftet. Die Straß« biegt um einen sanfte» Rücken. Da, vor uns ein Häufchen Menschen. Ein' Man» springt dke Böschrng herauf und macht mit der Hand erregt«in Haltezeichen. Im Straßenstaub liegt«in Motorrad. Die Bremsen ziehen an. Was gibt's?Unten liegt einer." Wir verstehen:«in Unfall. Wir springen aus dem Wagen, laufen an den Straßenrand vor. Ein paar Meter tiefer, im Wasserschämnen des Stillebachs, liegt ein grauer Wagen auf die Steite gestürzt, zwei seiner Räder in der Lust, während Gischt an den Segeltuchfetzen seines Verdecks zerrt. Am Ufer sitzen halb entblößt, mit triefenden Kleidern und Haaren, leichenhast blaß, mit kleinen Blutstreisen da und dort, zwei Frauen. ein Mann, der den linken Unterarm mit der rechten Hand stützt. Eine ander« Frau in blauein Sweater irrt am Ufer hin und her, schaut ins Wasser, fährt sich mit der Hand in die zerzausten Haare, als ob sie etwas daran ordnen wollte, läßt die Hcrnd müde sinken. Kein Schrei, kein Weinen, kein Schmer, zlaut. Einer liegt unter dem Wagen," sagt eine Stimm« seltsam tonlos. Es find Bauern, die von den Wiesen heruntergelaufen kamen. Wo ist mein Mam:?" sagt die Frau im blauen Sweater und sieht uns beschwörend an. Wir arbeiten am Wagen, um ihn aufzurichten. Nach langen Minuten gibt er«in bißchen nach, sinkt wieder zurück: aber es hat genügt, daß der Körper, der darunter gelegen hat, hervorgezogen werden kann. Es ist ein junger Mensch, der, dessen Motorrad mit dem Auto zusammenstieß. Das Auto wollte ausweichen und sauste in die Tiefe, das Motorrad aber liegt oben im Straßenstaub, reglos und zerbrochen wie ein gefallener Krieger. Es ist ganz still auf diesen Wiesen. Man hört nur die Vögel sing«n, während der Himmel immer bleierner geworden �ist. Wo ist mein Mann?" sagt die Frau im blauen Sweater. Und ich begreife plötzlich: das ist das Auto, da» in Hochfinftermünz an uns vorüberflitzte. Wo ist d«r ältere Herr, der auf dem Rücksitz saß? Das Gewitter steht erst noch drohend am Himmel. Aber hier, hier hat«in Blitz schon eingeschlagen. Wir mühen uns um den Ertrunkenen. Aber es ist vergebliches Beginnen. Er ist wie sein Motorrad, reglos und zerbrochen wie ein gefallener Krieger. Den anderen hat d!« Strömung weg," sagt einer der Bauern leise. Nein,«r muß ha drüben irgendwo liegen," meint ein anderer. Unter dem Auto sehen wir nur Steinblockgewirr und Wasser- schäumen. Unser, Kraft reicht nicht aus,«s zu heben. Hilsswerkzeuge sind nicht da. Aber es kommen Autos von Nauderz her, Gendarmen«, der Ortsarzt. Die Verletzten sollen nach F!nstermün.z gebracht Verden . Dort haben l!e trockene Kleider. Sie triefen und schauern por Kälte obgleich dl« Schwül- zugenommen hat. Wo ist mein Mann?" sagt die Frau im blauen Sweater.Ich kann doch nicht y>eg, ich muß doch auf meinen Mann warten." Sie scheint zu glauben, daß er nur da irgendwo am User, unter den Büschen, sstzt, wie der andere da mit dem gebrochenen Arm oder Schlüsselbein.' und nur grad noch die Kraft nicht hat, auszustehen und zu ihr zu kommen. Ihre Lippen zittern, in ihren Augen steht eine beklemmende Aimtz. aber sie schreit und weint nicht, st« begreift roch nicht. Den To'en, der. da- Gesicht bläulich verfärbt, auf dem zertretenen Rasen der kleinen Userbucht liegt, scheint sie nicht zu sehen Endlich, nach langem Hin und Her. fahr«, sie mi Auto ab. Zu­rück bleibt«in zerbeultes Motorod im Straßenstaub, ein van Sturz- dächen überrieseltes zerbrochenes graues Auto im Fluß. Und

vielleicht darunter ein Toter, dem der Brustkorb eingedrückt ist: oielleicht aber reißt die Gewalt des Stillebachs den wehrtosen Körper schon lang« von Stuf« zu Stufe, hinunter in den mächtig strömenden Inn . Zurück bleiben Gendarmen, die geschäftig sind und Notizen in ihr« Taschenbücher machen, bleiben Bauern mit Rechen und Heu- gabeln, bleiben die Bogel in bleierner Luft. Als wir nach einer Stund« wieder die Straße hinabfahren, bricht das Gewitter los. Wir müssen im Tunnel Schutz suchen, denn die Schlucht ist nicht geheuer und Steinschlag bricht von den Wänden. Graubraune Felefluchten mit Tannen da und dort in den Spalten und lang wehenden Grasbüscheln auf den Dorsprüngen steigen links und rechts zum schwarzen Himmel, von dem Wasserströme schräg herniederbrechen. Spaltet ein Blitz da» Firmament, so geht ein

Cntladungsknacken auch an den Telegraphendrähten hin, die durch den Tunnel laufen. Ein Lastauto, dicht besetzt mit Stroßenardeftern, die alte Säcke über den Kops gezogen haben, kommt angerasselt, bleibt hinter unserem Auto stehen. So wartete man im Krieg einen Feuer- Überfall im Unterstand oder in der Kaverne ab. Wir schauen aus dem Dunkel des Tunnels hinaus in die Schlucht. Jetzt wird auch die Felswaich zur Rechten lebendig. Ein brauner Strom von Wasser, Erde und Steinen kracht aus großer Höhe herab wie ein Wasserfall. Aber das Rauschen des Hagels, de? Donners, des plötzlich dunkelbraun gewordenen Baches übertönt feinen Sturz. Fahlgrau ist die ganze Weft geworden. Weltuntergang. Nach einer Stund« ist der Spuk vorüber. Wir fahren wieder. Die Straße ist mit Steinen übersät. An zw«! Stellen hat«ine Mur vom Hang herab«inen Schuttkegel aufgetürmt. Wir kommen durch. Die Schlucht öffnet sich wieder. Hochfinftermünz. Wir wissen, da oben in einem Zimmer de« Hotels sitzt ein« Frau in blauem Sweater und fragt:Wo ist mein Mann?"

mtty möinu: Spandau tnldeekungsreife ins unbekannte Sterlin In Spandau wohnen mehr als hunderttausend Berliner . Aber von den 4% Millionen Berlinern gibt es Millionen, die Spanbau noch nie betraten. So groß, so gedehnt ist diese Stadt, daß die Fahrt von einem Teil des steinernen Meeres zum anderen nicht nur ein« Reis«, sondern schon ein» Entdeckungsreis» ist. Diel, unendlich viel ist schon über Berlin geschrieben worden und wird auch in Zukunft noch geschrieben werden. Aber die Er- lebnisse und Eindrück« anderer ersetzen doch nicht die eigenen. Es ist, als ob jeder nicht nur seine eigenen Augen, sondern auch sein besonderes Augensystem hätte. Es ist schön, von anderen zu er- fahren, was st« entdeckten und erlebten. Aber nicht die herrlichste Schilderung ersetzt das Selbstgejehen«. So kann und muß das un- zählige Male entdeckte, das Bekannte immer wieder neu entdeckt werden. Als ich ein Kind war, träumte ich von einer Resse nach Span « dau, der alten Festungsstadt mit ihren trutzigen Bastionen und Türmen. Ich träumte von den Gefahren der Landstraße. Unter diesen Gefahren spielte der Gendarm keine kleine Rolle. Ich stellte ihn mir vor, wie er mit einem riesigen, angsterweckenden Schnurr- bart im Gesicht daherkam und mit grober Stimme nach dem Woher, Wohin fragte. Wie er mich mit sich nahm als einen kleinen Aus- reißer und Landstreicher. Ich glaube, daß dies« Gefahr der Land- straße mit daran schuld ist, daß ich Spandau nur immer aus der Fern« sah. und daß ich erst jetzt in späten Iahren die Sehnsucht der Jugendzeit erfüllte, jetzt, wo Spandau schon lange keine selb- ständige Stadt mehr ist, ein Stadtteil des häisserreichen Berlin . Di« elektrische Schnellbahn gleitet dahin wie«in Fern-v-Zug, und auf den früheren Landstraßen liegen die Schienen der Straßen­bahn. Wer 20 Pf. zahle» kann, fährt heute schneller und besser als vor 100 Iahren du? absoluten Herrscher Preußens von Berlin nach Spandau ...... Irgendwo im Westen der Stobt verlassen wir den Kern des eigentlichen Berlin , jagen an Feldern, Laubenkolonien, an Wasser und Wald so vorüber, daß die landschaftlichen Eindrücke in der Erinnerung einen wüsten Taumel bilden, ein Chaos, das die Schnelligkeit der Fahrzeuge hervorruft. Die Leute der Postkutsche oder des königlichen Hoswagens sahen mehr von der Landschaft von den Wanderburschen, den wahren Königen der Landstraße, gar nicht zu reden. Dann aber tauchen Türm« auf und Häuser, ein Wasserlauf ist da und mehrer« Brücken. Der Jugendtraum geht in Erfüllung: Das ist wirklich Spandau mit feinem Rachaus und seinen Kirchen. Aber Iugendträume, die sich erfüllen, beginnen meist mit einer Enttäuschung. Da sst der alte Hauptbahnhof: nüch« tern, sachlich steht das Stationsgebäude neben und unter den hoch- liegenden Gleisen der Reichsbahn. Moderne, halbmoderne und un- moderne Häuser umstehen den Bohnhossplatz und füllen die an- grenzenden Straßen. Aber diese Straßen find eng und werden immer enger, je mehr wir uns dem Herzen der Allstadt nähern. Diese Straßen sind so eng, daß man die Straßenbahn und den Autobus bewundert, die gewandt durch die vielen Kurven fahren und beide zuweilen dicht am Bürgersteig hatten können. An irgend- einer verkehrsreichen Straße erhebt sich rings das neue Rathaus und neben ihm das schlicht« Gebäude der Klostermühle, die ihre Wasser aus dem allen Festungsgraben empfängt. Dieser Graben ist im Herbst vom goldgelben Schmuck der alten Bäume übersät und wirkt eher wie ein verwunschener Weiher als wie eine sestungs- mäßige Anlage. Am anderen Ende der Straße ist eine alt«, ge- drungene, wehrhafte und doch himmelragende Kirche. Das ist ein Bild, das sich einprägt: diese Derkehrsstratze mit ihren kleinen Häusern, den vielen kleinen Läden, mit der ragenden Kirche an dem einen, dem Rathanswrm am anderen Ends. Abseits von dieser Straß« klein« Gassen, geduckt« Häuser, gequälle Menschen, tote Winkel mit holprigem Pflaster. Das ist der Rest d«r ollen Festungsstadt. Eine schmale Brück«, über die Radfahrer ihre Räder fahren, schwingt sich grün und kühn über d!« Schleuse, die den Lauf der Havel regelt. Dickbäuchige, schwarz, rot, braun und weiß gemalle Kähne liegen in der Kammer und lassen sich zum Wasserspiegel des Tegeler Sees emporheben. Eine Bootsschleppe für Sportboote ist auch da. So geht es beiden gut, den Berufsschssfern und den Wassersportlern. Einer stört hier nicht den anderen. Was nicht zusammengehört, soll auch getrennt sein. Hinter der Schleus« steht der sagenhafte Iuliusturm, der MMonenturm, der- Goldturm, der Tower Span- dau». Aber der Goldturm ist leer, der Tower in London hütet noch heut« seine Juwelen, und die Bank oon England läßt sich auf lein« Fusionen ein.... Aber schön ist es um diesen entgoldeten Turm herum. Hier gibt es nur noch das Gold, das herbstliche Gold der tausend Bäum«, die den allen Festungsgroben umgeben. D!« Pflanzen erobern die Wälle und Mauern! Um diesen idyllischen Graben führen Weg«, sie enden auf der einen Seit« aus einem Tennisplatz. Damen und Herren sagen Bälle über d!« trennenden Netz«. Aber es muß doch sehr schön sein, in der Abenddämmerung nach beendetem Spiel um den alten Feswngsgraben zu wandern.... Schnell sinkt im Herbst die Sonne. Künstliche Sonnen flammen aus. Man muß sremde Städte sehen, wenn es dunkel ist. Sie haben dann all« etwas Gemeinsames, etwas bekannt Geheimnisvolles. etwas, was sie hinaushebt über das Irdische. Aus tausend Lichtern, bellen, dunkleren, gelblichen, bläulichen und rötlichen, strahlt die Magie der Stadt in die Nacht. Die Uhr am Rathausturm schwebt allein über den Häusern: befreit von aller Erdenschwere zaubert sie

die nächtliche Beleuchiung als einen Stern über die engen Straßen der alten Stadt. An einem Marktplatz schreit Lichtreklan«. Selt­sam, dieser Marktplatz erinnert an viel« andere in der Well. Und doch, was ist das für ein« Stadt: eine Bäckerei neben der anderen, die Konditoren scheinen auf Spandau versessen zu sein. Wieviel Kleidung sst hier nötig. Ueberall in der Innenstadt gibt e» schöne Schaufenster mit herrlichen Modeschöpfungen, Paris muß eifersüchtig werden. Und dann die Rahlo- und Phoiogeschäste: Funk und Üichtbild die große Model Aber nur zwei Buchhandlunge» scheinen da zusein, die der»Bolksstimm«" und eine kleinstädtisch trau- liche, die technische Lücher verkanst.... Da« Buch steht tief im Kurs. Die Aetherwellen tragen den Ersatz in jedes Haus. Aber das mag olles nur erster Eindruck, oberflächliche Betrachtung eines flüchtigen Besuchers sein. Wa» sah er denn groß von Spandau ? Den Kern der alten Stadt! Er ahnte nur die großen Fabriken, den Rhythmus der Arbeit, die ausgedehnten Siedlungen weit draußen vor der eigeni- ltchen Stadt, die herrlichen Laub- und Nadelwälder, und nicht zuletzt d!« Havel : Es gibt noch viel zu entdecken in Berlin !

erm muilng: Sein R0M»N Also, er hatte einen Roman geschrieben. Er freut« sich, wie das nach getaner Arbeit in der ganzen Well ortsüblicher Brauch ist, und sein« Freunde freuten sich auch, weil die Bekundung von Mit- freude einen jeden unbedingt zu einem anständigen Menschen stempelt. W!« gesagt, er sah nur freudige Gesichter um sich. Zudem hoffte ins- geheim der ein« oder der andere auf«ine Erwähnung seiner werte» Person, denn ein« solch« Erwähnung, selbst wenn sie nur dem engsten Freuirdeskreis verständlich ist, schmeichelt ungemein. Er verstand sich nicht auf Geschäfte, aber er verstand die Situation auszunutzen, und das ist mitunter genau soviel, wen« unter Umständen nicht noch mehr wert. Mithin pumpte er aus die guten Aussichten seines Romans. Dann ging der Roman auf die Resse. Der erst« Verleger, dem er angeboten wurde, fragte nach der Länge. Der Ronron war fünfzig Schreibmaschinenseiten zu lang. Weder der Verleger noch sein Vertreter lasen ihn, weil sie für ihre Produktion ein festgelegtes Schema hatten, das nicht durchbrochen werden konnte. Der zweite Verleger hatte auch ein Schema, bloß daß dieses umfangreichere Arbeiten berücksichtigte. Für diesen Verleger war der Roman fünfzig Schreibmaschinenseiten zu kurz. Der Roman trat ungelefen den Weg zum dritten Verleger an, und der Verfasser nahm«inen neuen Pump auf. Diesmal landete der Roman beim Lektor, der berufsmäßig dazu angestellt war, Roman auf Roman zu lesen. Doch der Lektor war«in bedächtiger Mann, und da die Wirtin des Verfassers ein Telephon hott«, sragie der Herr Lektor, bevor er den Roman las. vorsichtshalber an, ob in dem Roman jemand stürbe. Da das bejaht wurde, las«r den Roman nicht, sondern schickte ihn postwendend zurück. Die Produtie seines Verlags wurden nämlich von sentimentalen Leserinnen be- vorzugt, die stets Beschwerdebriefe schrieben, wenn jemand im Roman starb. lind der Verleger wollte Geschäfte machen, daher durfte in einem Roman, den er verlegt«, kein Mensch mehr sterben. Der Verfasser erweiterte unterdessen den Kreis seiner Geldgeber. Der Roman wanderte inzwischen in die Aktenmappe eines Lektors, der gewissenhaft war. Im Geschäft kam er kaum zum Lesen, und da seine Frau einen gemütlichen Sonntognachmittag liebt«, nahm er die zu lesenden Romane mit nach Hause. Und zwischen Kafseetrinken und dem Einfangen verschiedener Radio- stationen las er Romane. Doch las er von diesem Roman nur ein paar Selten, denn der Dersasser beschäftigte sich mit Problemen, während der in Frage kommende Vorlag nur mit Liebesgejchichien Geschäft« machte. Der Verfasser aber pumpte und pumpte, und falls der liebe Gott mit der Erde nähere Beziehungen gehabt hätte, wäre mich der ü-Konto-Roman angezapft worden. Di« Zukunft war hell und licht, denn der Roman wanderte in das dramaturgische Bureau einer neugegründeten Filmgesellschaft. Die verkündete in Handzetteln die sie an die Presse verschickt«, sie wäre diejenige, welche den Inhaltsilm schaffen würde. Doch al? gerade die vierte Seit« vom Roman gelesen wurde und er aus sein« Eignung fürs Drehbuch geprüft ward, da war die Film- sirma schon pleite. Obwohl ein riesengroßes Verlustgeschäft in Ans- ficht war, kaufte das Reich die Aktien nicht. Darauf verlangten die Freunde vom Verfasser das gepumpte Geld zurück, imd der Romanschreiber war gezwungen, alle seine Verbindungen aus- zunutzen,«r mußte Versammlungsbericht» und ander« handfeste Sachen schreiben, um seinen Derpilichtungen nachzukommen. Darauf wurde der Roman al« Einschreibebrief in die Provinz geschickt. Als der Verfasser noch einem Monat bescheiden anfragt«. kam vom Verlag die Antwort zurück, daß der Roman nicht ein- gelaufen sei. Sofort ging der Autor nach der Post. Es wurde eins Untersuchung eingeleitet, und nachdem der Verfasser ein paar Stiesel- sohlen durchgelaufen hatte, bekam er die Entschädigung, die für einen verlorenen Einschreibebrief gezahll wird. Flugs lud er seine Freunde ein. bewirtete sie mit Likör, Kaff«« und Kuchen, und als s-s-n« Gaste erstaunt iragten:Wovon?", saute er:Ich habe heut« Geld für meinen Roman bekommen." Als man darauf neugierig fragte:Welcher Verleger hat ihn denn an- genommen?", machte der Autor ein vielsagendes Gesicht und sagt« ohne nähere Erklärungen und ohne Widerruf:Msincn No">"'' die Post verlegt."