Rommunisten versuchen Putsche
Gie zwingen die Polizei zum Schießen.
Hamburg , 8. Rovember.( Eigenbericht.) 3n Hamburg versuchten am Donnerstag die Kommunisten an mehreren Stellen der Stadt gegen das von der Polizeibehörde ausgesprochene Verbot der kommunistischen Revolutions. feier zu demonffrieren. Die Anfammlungen wurden überall durch Bolizeibeamte zerstreut. In der Nacht kam es am Großneumarkt jedoch zu einem er uffen 3usammenstoß. Etwa 500 gm. muniffen griffen Bolizeibeamte an, bewarfen sie mit Mauersteinen und Bauhölzern, die zum Teil aus umliegenden Häusern herabgeschleudert wurden. Mit großem Lärm und den Rufen Schlagt die Bluthunde tot" drang man auf die Beamten
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FÜR
Für Korruption!
Die Kamera bringt es an den Tag.
DIKTATURES PROLETAR A
KORRUPTION
Bolfschor- Konzert.
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Es find drei grundsäßlich perschiedene Quellen, aus denen unsere großen Chor- und Orchesterkonzerte Leben gewinnen, der Kunstwille der musizierenden Gemeinschaft; die schöpferische Kraft des nachzuschaffenden Werkes; und die Persönlichkeitsmirkung, die vom Führer, dem Dirigenten ausgeht. Bon der ersten Art find die vom Führer, dem Dirigenten ausgeht. Bon der ersten Art sind die besten und stärksten Kräfte, die in unseren Arbeiterkonzerten wirt Bon gemeinsamem Kunstwillen erfüllt, der Ausjam merden. führende und Empfangende eint, ist das große Konzert des Berliner Ballschors zu dem in feiner Art außerordentlichen Ereignis geworden, das wir erwarten durften; der Kreuzzug der Maschine" hat als Wert der Maffe" seine hohe Bestimmung erfüllt. Die Wirkung auf die Maffe der Hörer, die den Riesenjaal der Neuen Belt" füllte, war so groß wie die Begeisterung, mit der alle Mitwirkenden sich ihrer Sache hingegeben haben. Unter Dr. Ernst 3 anders überlegener Beilung stand die Aufführung auf sehr hoher Stufe, die Chöre ein besonderes Wort der Aner fennung gebührt dem von Walter Hänet geführten Kinderchor haben die erheblichen Schwierigkeiten einer durchaus neuartigen Aufgabe mit überraschendem Gelingen überwunden; das nie vere fagende Symphonieorchester und die in Sprechpartien mitwirkenden Solisten taten das ihre zum ungewöhnlichen Erfolg. Ueber die Anlage des Werkes sind unsere Leser unterrichtet. Der Komponist Arthur Wolff ift am stärksten in den musikalischen Visionen, denen feine Partitur permutlich ihre Entstehung perdanft, vor allem in der tonmalerisch eindringlichen Charakterisierung der Maschinen melt; für ihr Stampfen und Dröhnen, für das unaufhaltsam Treibende, Zermalmende findet er, nicht ohne Anlehnung an Gustav Mahler freilich, Töne und Rhythmen von suggestiver Kraft. Weniger geglückt, ein bißchen opernbait geraten ist ihm die Schilderung der fapitalistischen Welt im Tanz um das goldene Kalb, und vom Mufiterstandpunkt find im einzelnen formale und technische Einwände gegen feine Arbeit ohne 3meifel berechtigt. Gewiß fönnte das Ganze, nor allem im zweiten und im dritten Teil, durch beträcht liche Kürzungen an Wirkungskraft noch erheblich gewinnen. Das wird Sache späterer Aufführungen sein, und auch an die von den Autoren gedachte optische Gestaltung der dichterisch musikalisch dar gestellten Borgänge wird man sich wohl einmal wagen müffen. Aber durch solche Faststellungen wird und wurde der starte Gesamts einbrud der Uraufführung nicht abgeschwächt; er bestätigt ganz im Gegenteil, daß die Arbeiterschaft für fünstlerische Beranstaltungen großen Stils, für die Betätigung ihres Kunstwillens und ihrer ein, die schließlich von ihrer Schußwaffe Gebrauch fünstlerischen Kräfte ein Wert gemonnen hat, das wahrhaft Be machten. Daraufhin zogen sich die Angreifer zurück. Drei Per- reicherung bedeutet; freuen wir uns für die Zukunft dieser seltenen fonen wurden festgenommen. Durch die Steinwürfe wurden mehrere Gelegenheit fruchtbarer künstlerischer Arbeit. Beamte verletzt.
Dieses Bild fleht in der beutigen Ausgabe der„ Roten Fahne" auf Seite 4. Es stellt die kommun flische Demonstration im Luftgarten dar. Ganz deutlich erkennt man links und rechts Des Sowjetfterns und der Arbeiterhand zwei große Schilder, die zusammen ergeben: Für Korruption. Die photos graphische Linse hat offenbar mehr von den kommunistischen Stadträten Säbel und Degner gewußt und iff objektiver als die fommunistische Leitung.
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„ Eine anständige Familie." Szenen aus einem Pariser Gesellschaftsffandal. 3m Pariser Justizpalast spielte ich zwei Tage lang rufer Ausschluß der Deffentlichkeit ein Gesellschaftsffandal o, der unbarmherzig den Schleier von einem scheinbar hochanständi gen bürgerlichen Familienleben riß. Die Ehefrau des Flieger leutnants Beiler war durch ihren Mann zur Dirne geworden, 31 einem Augenblid höchfter Berzweiflung hatte sie ihn nieder. ajajoffen und dann an das Kommiffariat telephoniert: Jch bin Jau Weiler und habe foeben meinen Man getötet." Die Gerichtsverhandlung enthüllte Unglaubliches.
Die 36jährige Jeane Weiler war die Tochter eines reichen Industriellen. Achtzehnjährig, heiratete fie zum erftenmal; ihr Mann starb. Im Jahre 1918 ging fie mit einem jungen Brasilianer eine veite Ehe ein. Mutter zmeier Kinder, verließ sie ihren Mann, als diefer sich etwas zuschulden kommen ließ. Im Jahre 1923 lernte sie Robert Weiler tennen. Fünf Jahre lebten beide in freier Liebe. Sm Februar 1928 gebar sie ihm ein Töchterchen. Zwei Monate später heiratete sie ihren Geliebten. Das war im April. Im De zember tätete fie ihn. Robert Weifer war am 15. Dezember pon einer Reise aus der Schweiz zurückgekehrt. Am 16. begaben sich die Eheleute auf einen Nachtbummel. Auf dem Negar ball im Rue Blomet teilte eine Negerin aus Martinique beim Seft ihre Gesellschaft. Man nahm sie mit; als vierten einen Freund. Dann ging es durch verschiedene Lokale. In Einzelfabinetten wurden Orgien gefeiert zu Bieren, Gegen Morgen trennte man sich von der Negerin. Im Schlafgemach folgten schnell aufeinander die ein. zelnen Szenen des blutigen Dramas. Der Mann wollte die Frau mieder auf die Straße fchiden. Sie weigerte sich. Er befam einen feiner nervösen Butanfälle. Dann beruhigte er ft und schlief ein. Kurze Zeit darauf erwachte er. Wte von Sinnen, persuchte er seine Frau zu würgen. Du solift nicht mehr feiben", schrie er, ich mache allem ein Ende" und lief aus dem 3immer; sie holte ihren Revolver Gerade molte sie in das Schlafzimmer des Kindes, als er eintrat. d) töte dich und das Kind. Sie brüdte ab. Der zweite Schuß traf die Brust. Er ftöhnte in seinem Blut. Sie brüdte bas britte Mal ah. Aus Mitleid", sagte fie por Gericht.
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Bor Gericht erfuhr man die polle Wahrheit. Robert Weiler hatte mehrere Frauen. Die beiden ersten erschienen vor dem Richtertisch, um für die Angeklagte zu zeugen. In grauenhaften Anfällen hatte Weiler mehr als einmal feine erste Frau zu würgen versucht. Als er perverse Anfinnen an sie ftellte, ging sie von ihm. Die zweite Frau unterfag feinen Drohungen und wurde ständige Kundin zweite Frau unterlag feinen Drohungen und wurde ständige Kundin eines Rendevouzhouses", wie man es in Baris nennt. Als die Beugin ihre Chetragödie ftodend unter Tränen erzählte, weinte auch bie Angeklagte. So hat er auch mich unter Bedrohung mit dem Repolver dazu gezwungen." Das war der Fliegeroffizier Robert Mailer. Im Kriege verschüttet, litt er an Anfällen, während deren er faft mie non Sinnen fchien; er renommierte mit einer Schädel operation, die er nicht gehabt, und stolzierte umber mit dem Kriegs freuz und anderen Orden, die er nicht besaß. Sein Monatsverdienst bei der Autofirma Citroën betrug 800 Franken. der Wochenzufchuß des Schmiegerpaters 300 ranten. Dem Ehrenmann genügte das nicht. Die Frau, feguell ihm hörig, wurde zum Werkzeug seiner Perversitäten. Gine loyale, anständige, liebenswürdige und gute Ehefrau namute sie ihr vor Gericht als Beuge anwesender zweiter Ehemann. Und ihre frühere Schwiegermutter weinte um fie.
Die Geschworenen Sprachen Seane Weiler des Totschlags unter Bubilligung mildernder Umstände schuldig. Das Gericht per urteilte sie zu fünf Jahren Gefängnis.
Wegen Streifausschreitungen wurden pier Pefinger Rificha führer vor einer riesigen Menschenmenge friegsgerichtlich erfchaffen. Die Straßenbahn steht seit vielen Wochen flit.
„ Bolk und Zeit", unfere illustrierte Wochenschrift, und " Der Kinderfreund" liegen der heutigen Bostauflage bei.
Im Zeichen Bruckners.
Als Hauptnummer hat das heutige Symphoniekonzert der Staatsoper Unter den Linden, das erste diefer Saison, eine Symphonie pan Anton Bruckner , die Fünfte im Programm. Klem perer bat, mir mir uns erinnern, die Symphoniekonzerte der Republif Dper mit einer Brudner- Symphonie, der Neunten, Furte mängler hat die Philharmonische in diesem Sahr mit der Achten, im norigen Jahr mit der Bierten eröffnet. Seulich hat die ,, Brudner Bereinigung unter Führung des fachkundigen und begeisterten Dr. Felix M. Gaz ihren siebenten Konzertwinter begonnen; am felben Abend spielte das Symphonieorchester in einem außerordent lichen Konzert seines ersten Dirigenten Dr. Ernst Kunwald die Dritte von Brudner... Brudner ist kein Beethoven, und seine
Der neue türkische Sonntag.
Nach dem man zmei Jahre lang über die Frage verhandelt hat, wird der Nationalversammlung in Angora demnächst die Regierungsportage unterbreitet werden, die an Stelle des Freitags den Sonntag zum Ruhe und Feiertag erklärt. Dies ist der radikalfte Schritt, den die moderne Türkei seit der Abschaffung des Kalifats und der Trennung pon Kirche und Staat getan hat. Selbst in den Kreisen der Anhänger des Präsidenten Kemal Pafcha ift man recht geteilter Meinung über die zweckmäßigkeit dieser einschneidenden Aenderung, die schon jest zahlreiche Proteste aus allen Teilen der Türkei qusgelöft hat. Trogdem bleibt die Ueberzeugung befteben, daß sich das Bolt auch diesmal dem Billen des Gashi fügen wird. daß sich das Bolt auch diesmal dem Billen des Gashi fügen wird. Die Forderung, den Sonntag zum Feiertag zu erflären, mird por Die Forderung, den Sonntag zum Feiertag zu erflären, mird por allem non Finanz- und Handelstreifen geftüßt. Die entschiedensten Berteidiger der Neuordnung jind die Direktoren der Türfischen Nationalbant". Die Nationalbank, die ihren Hauptsiz in Angora hat und deren Filialnes fich über die ganze Türkei erftredt, ist bisher gezwungen, ihre Schalter am Freitag gefchloffen zu halten und alle Arbeit ruhen zu laffen, während an diefem Tage in den Bändern des Westens das Geschäft feinen normalen Gang geht. Eine pher des Westens das Geschäft feinen normalen Gang geht. Eine ober flächliche Schägung erbringt den Beweis, daß mindestens ein Drittel des Geschäftsjahres unprobuftip bleibt.
Bom Minotaurus- Labyrinth.
Als Gaft der ungarländischen Volksbildungsvereinigung in Budapest hielt der Präsident der österreichischen Gesellschaft für Höhlenforschung Dr. Adalbert Martowitsch einen Vortrag über die Ergebnisse der zweijährigen Forschungen feiner Gesellschaft in Griechenland . Gein Berdienst ist es, daß er die altsteinzeitliche Kultur in Griechenland , die bisher von seinem Archäologen gefunden worden war, entdeckt hat. Ferner ist es ihm gelungen, bas Broblem des tretischen Minotaurus Labyrinths zu lösen, da sich in Mittelgriechenland eine Kopie dieses Labyrinths fand, das sich als ein römischer Steinbruch entpuppte. Im Zusammenhang bamit fonnten viele mythologische Momente der Argonautensage largestellt werden.
Eine Urug- Holz- Uusifellung des Bildhauers en stein ist gegen. wärtig in ber Dentichen Stumitgemeinfchaft im Berliner Schloß zu leben. Sie zeigt eine Sammlung von Klquarellen, Handzeichnungen und dierungen fowie ein Fronzéportiät des Tieters. Tie Austellung ist täglich von 9-19 Sonntags bon 10-15 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.
Jm Berliner Theater findet Eonntag, 10. und 17. b.., um 3 br ie eine Nachmittagsporstellung von 8 mei rawatten zu fleinen Breifen ftatt.
The English Players Im Denfchen Rünfftertheater. Sonntag, 11, Uhr vorm tiggs, whb das engliime Seriensstüd Journeys End gene en, Conn. abend und Montag finden Nachmittag boritellungen um 3 11hr statt. Als legte Auffübung eeben die Engländer Tienstag, nachm subr, John Drin maters Remodie, Bird in hand.
Bale in Bulgalom, ber legte Sekretar Zolffois, wird Montag, 8 Uhr, Fruchtstraße 62, emen Borttag halten über das Thema: oiftoiLenin Ghandi
innere Abhängigkeit von Wagner- eine Abhängigkeit in allem Fachlichen und noch mehr in der Kunstanschauung wird uns fühlbarer, je öfter mir ihn hören. Bas ist es, das diesen gewiß großen, gefühlstiefen, geistig unkomplizierten Symphoniker, diesen gläubig. einfältigsten Musiker im großstädtischen Musikleben der Gegenwart, die von all dem so wenig hat, eine solche Rolle spielen läßt? Die Gelehrten der Zeit sollten sich mit der Frage bejassen, jedenfalls: das symphonische Gesamtwert Anton Bruckners ist eine der großen Kraftquellen des Berliner Konzertlebens geworden
Persönlichkeitswirkung, die nam Führer, dem Dirigenten ausgeht: felten sind mir ihrer so bemußt geworden, wie jüngst im ersten Bruno Walter - Konzert in der Philharmonie. Allein dieser Wirkung danten diese Konzerte neben den durch alte Tradition geweihten Bhilharmonijchen ihren Rang und ihre unerschütterliche Position in der Konzertweit. Die Tatsache ist um so bedeutsamer, spricht um so eindringlicher, seitdem der Dirigent Walter, nur noch Gast von Konzert zu Konzert, durch tein Amt und teine amtliche Berant mortung an Berlin gebunden ist. Bersönlichkeitswirkung, selbstverständlich bedeutet das bei ihm alles andere als: Wirkung um der Bersönlichkeit willen. Wie befruchtend, bereichernd, erziehend, aufbauend dieje Persönlichkeit sich zu entfalten permag, das wissen wir aus den Jahren seiner ständigen Berliner Wirffamfeit; und be glüdend ist es an diesem Konzertabend von neuem offenbar geworden, in dem wahrhaft produktiven Kontakt zwischen dem Dirigenten und dem Orchester, zwischen dem großen Musiker und der Hörerschaft. In einem flaffish- romantischen Programm gab Bruno Walter uns diesmal ein Bild von der Universalität seines Mufiter tums. Das beste des Abend war eine Haydn- Symphonie; sie mar mehr, als man erwartet hatte. Mit Schlagworten wie„ Neuentdeckung" wird heute viel Mißbrauch getrieben; hier von Neuentbedung zu reden, wäre feiner. Noch nie haben mir ein Werf dieser durch Generationen abgespielten Gattung in solcher Frische, in fo abgeklärt reiner Heiterteit gehört. Dazu Sigrid Onegin
als Solistin: ein Abend der Schönheit und idealen Musikerlebens.
Junge Dirigenten.
Im Bach- Saal präsentiert sich Sellmuth Thierfelder an der Spiße des Symphomeorchefters: als ständiger Dirigent neben Dr. Kunwald. Der Boften ist wichtig, die regelmäßigen Symphonietonzerte, zumal die Sonntagstonzerte, haben ihre Bedeutung im Konzertwinter; es ist wichtig, daß fie in guten Händen sind. Der neue Mann macht einen guten Eindrud, soweit fichs um das Dirigieren handelt, also darum, feinen Willen auf das Orchester zu übertragen; der Wille, ben er an einem Beethovenabend in der Interpretation der Siebenten Symphonie bekundete, war weniger angetan, überzeugend zu wirken. Um fopiel rhythmische Berrenfungen, fopiel pergriffene Lempi glaubhaft zu machen, bedürfte es stärkerer Kräfte, afs fie diefem Dirigenten wohl zu Gebote stehen. Und in der Philharmonie debutiert an der Spiße eines imppfanten Orchester und Chorapparates ein junger Mann noch un belanten Namens: Theodor Solohi Bar turzem nadh an der Hachschule Schiller Julius Brümers, empfiehlt er sich durch auffällige Sicherheit und überlegene Ruhe am Bult des Dirigenten. Er sucht für ein großes neues Bert zu interessieren, Totentanz", ein Mysterium von Felig Boyrsch. Neu ist es für Berlin , aber drei Jahrzehnte nach seiner Entstehung permag es uns heute leider nicht viel neues mehr zu sagen.
,, Napoleon auf St. Helena."
Ufa Pavilion.
Das Bedürfnis nach Heldenverehrung, das in der bürgerlichen Belt in den Jahrzehnten vor dem Beltkrieg noch sehr lebendig war und sich besonders auf Napoleon konzentrierte, ist heute erloschen. Der neue Film, der sich erfreulicherweise von dem theatralischen Bhatos des letzten großen franzöfifchen Napoleon Films fernhält und nur das Leiden und Sterben des Gefangenen von St. Helena in der sehr sauberen und sorgsamen Regie von Bupu Bid schildert, wird keine Renaissance des Napoleon- Kultus heraufbeschwören. Zum Schluß wird wohl das Teftament Napoleons zitiert, in dem er von dem im Frieden geeinten Europa schwärmt, und auch das NapoleonWort erneuert: 3m Kampf zwischen Säbel und Geist wird immer der Geift fiegen." Troßdem tommt teine größere innere Anteil nahme an dem Geschick dieses Mannes auf, pon deffen melthistorischer Bedeutung als Boulstreder der Französischen Revolution uns der Film nichts erzählt. Freilich unendlich intereffanter ist dieser Füm als das, was uns im Durchschnitt im Kino sonst geboten wird. Die fanit Manuskriptverfaffer Milli a ab und Zupu Bid haben die reiche Ha memoirenliteratur getreulich benußt und geben gemiß ein historisch echtes Bild des gestürzten Kaisers. Wir sind Zeugen dapon, wie er fich nach der Schlacht von Waterloo unter den Schuh' der Engländer begibt, wie diese ihn statt nach England auf die müfte, mitten in Dzean gelegene Insel St. Helena bringen und das große Raubtier im Käfig burch ihren Dompteur Hudson Lowe bewachen, schifanieren und quälen lassen. Unter dem Gefolge Napoleons , zwischen seinen Generälen und ihren Damen, brechen Intrigen, Haß und Streitigkeiten aus, und nichts Menschliches wird dem Mann erfpart, unter deffen Buchtel ganz Europa gestöhnt hat. Einige Züge der Menschlichkeit bligen gelegentlich auf, aber im ganzen fährt er fort, fein altes Leben meiterzuführen. Er inszeniert Empfänge und organisiert das Leben feiner Kolonie, als ob er noch in den Tuilerien herrschte. Noch einmal narrt ihn die Hoffnung. Frankreich wieder erobern zu können, dann ergibt er sich der Resignation und dem Tode.
Den stärksten Eindrud vermittelte Berner Krauß als Ng
poleon. Wohl müssen wir uns erst an fein Geficht und seine Gestalt gewöhnen, die zunächst nicht unseren traditionellen Borstellungen entspricht. Aber Strauß läßt uns balb solche Einwände gergeifen. Er gibt ber figur Größe und Bedeutung und fasziniert uns durch fein reiches Spiel. Groß ist er besonders in der Sterbefzene, aber auch in den affektbetonten Momenten steht er seinen Mann. Unter der Fülle der übrigen Darsteller prägen sich ein Philippe értet als der getreuefte General Bertrand, und vor allem Albert Baffer. mann als der Kerkermeister Hudson Lome. Möglicherweise gibt er dieser pielumstrittenen Berfönlichkeit zuviel Bedeutung und Cha rafter. Es tommt einem der Gebante, daß er im Affeft, in seinem Herrifftun ganz wie ein zweiter topoleon mirti, der auch feinerlei menschliche Rücksichtnahme fannte. Hanna Ralph als Madame Bertrand ist die einzige Frau, die stärker hervortritt. D.
Friedel Hinge veranstaltet am 9. November, 8 Uhr, im Meistersaal ihren einzigen Bortragsabend in biefem Binter.