Einzelbild herunterladen
 
Gomiabend 23. November 1929 Unterhaltung und Wissen Beilage des Vorwärts fsXXunoch: tKampf mH detvt tßären .�vomnule Dseu." murmeto der alt« Petrooich, als die Gestalt des Wirten vor dem einigen, hoiMellergroßen Fenster der kleinen Lehmhütte sichtbar wurde. Herrgott, hat der Kerl breite Schultern!"' Der Schafkäsehändler trat vor die chütte.Gott   beschütze dich, Lupuj," rief er dem Hirten zu, der, in seine Bunda gehüllt, langsam und schwerfällig den Saumpfad der Muntje oufwärtsstampft«. Ich grüße dich, Väterchen!" Lupus   zwinkerte dem Alten unter seinen ernsten Brauen lustig zu. Er war in gehobener Stimmung. Der Juika(doppelt gebrannter Jwetschenschnaps), den er drunten im Tale in Maische Igels Gastwirtschaft genehmigt hotte, brannte «hm angenehm im Magen. Di« Lammfellmütze saß ihm etwas schief auf dem Kopf und sein linkes Schnurbartende stach unternehmend in die Luft. Das rechte hingegen baumelte wie gewöhnlich melan­cholisch abwärts. Ein ganz dünner, kaum spürbarer Wind strich durch das Berggras, streifte Lupuss Gesicht und verlor sich rechts im Nadel- Wäldchen. Ein feiner, singender Ton drang an das Ohr des Hirten, kaum wahrnehmbar für gewähnlich« Sterbliche.Es wird Zeit, die Schafe abzutreiben," dachte Lupus  ,der Herbst kommt." Und ferner dachte er:Wir haben Bollmond heute, das kann eine lustig« Nacht werden." Er befühlte die neu geschliffene Schneide der Axt in seinem Gürtel.Es könnte sein, daß Medwe heut« kommt." In der Dämmerung flammten ringsum an den Höhen die Hirten- feuer auf wie rote Fackeln. Gegen neun Uhr erreichte Lupus   die Hürde. Pawel, der zweit« Hirt, briet Speck   an einem langen Holzspieße, und fing das niederträufelnüe Fett kunstgerecht in einer ausgehöhlten Brotrinde auf. Pawel war ein junger, etwa siebzehn- jähriger Bursche mit unverhältnismäßig langen Armen und Beinen und flaumweichem Barthaar im Geficht. Er hockte mit unter- geschlagenen Beinen da, seine ganze Aufmerksamkeit galt der knusperigen Mahlzeit, und er oerzehrte Speck und Schafkäs« unter lautem Schmatzen und allen Anzeichen des Wohlbehagens. Lupus  grüßte und machte sich dann oft der Umzäunung der Hürde zu schaffen, sah nach den Tieren und summte«in keckes, kleines Lied vor sich hin, das er drunten in Igels Gastwirtschaft von einem Biehhändler gelernt hatte. Es war« an diesem Abend nie zu dem vielgerühmten Kampf mit dem Bären gekommen, hätte nicht Pawel von Speck und Schaf- käs« zu viel des Guten genossen.(Wi« es sich später herausstellte, war es seine letzte Mahlzeit.) Der gemeine Uebennutsteufel packte ihn nämlich, und als Medwe. der große, schwarze Muntjebär gegen l l Uhr friedlich und in der festen Absicht. Hirt und Herde un- behelligt zu lassen, volbertrottete, sprang Pawel aus dem kurzen Verdauungsfchlolf auf und stellte sich dem Bären in den Weg. Sicher war Pawel in jenem Augenblick nicht ganz richtig im Kopfe. denn er hüpfte wie ein Ziegenbock auf und nieder und ahmte dos Gebrumm eines Bären nach Medwe blieb«rftmtnt stehen, setzte sich auf die Hintertatzen und wiegte sich hin und her. Der Mond stand hell am Himmel. Pawel hüpft« brummend und der Bär wartete. Medwe wartete in feiner Gutmütigkeit eine Weite, dann aber erinnerte er sich an gewiss« Pflichten, die er noch in dieser Nacht zu erfüllen hatte. Nu» erhob er sich von den Hinterbeinen und brummt« ebenfalls. Es war sin freundliches, ermunterndes Brummen und wollte etwa dies sagen: Es war sehr nett. Pawel, ober ich muß jetzt fort, denn ich habe zu tun. Geh also deiner Wege und lasse mich vorbei. Denn gerade dort, wo du stehst, ist auch der Weg. den ich gehen muß. Brumm, brumm! In diesem Augenblick erblickte Lupus   die Szene und rief Pawel zu. ungesäumt den Rückzug zu ergreifen. Aber gerade das schien Pawels Ehrgefühl auf das Empfindlichste zu treffen und so rührte er sich nicht von dem Fleck und fuhr fort, zu brummen und zu hüpfen. Medwe hatte nun tatsächlich kein« Zeit mehr, er bewegt« sich also vorwärts und fegte mit der Vordertvtze das widerspenstige Hindernis aus fernem Gesichtsfelde fort, ohne zu vermuten, daß er sich dadurch Lupuss weiäaus gefährlichere Feindschaft auf den Hals lud. Sein Tatzenhieb hatte nämlich zur Folge, daß Pawel einige Schritt weit über dm Rasen kollerte, wo er, ohne«inen Laut von sich zu geben, mit zertrümmertem Hinterkopf liegen blieb. Tot natürlich. Medwe trottete nahe an den Körper heran» schnup- perte ein wenig, hob dann den Kopf und stieß ein erstauntes Brummen aus.Schon wieder einer," dachte er vermutlich. Aber er hatte nicht viel Zeit- darüber nachzudenken, welcher Art dieser neue Widersacher wohl sein mochte, denn Lupus   war ein Mann der Tat und ging gleich aufs Ganze. Er holte mit der verkehrten Axt aus und sie klatschte dumpf auf Medwes Schnauze nieder. O weh! Es war gerade die empfindlichste Stell«. Nun brüllte der Bär auf und stürzte sich blindwütend auf seinen Angreifer. Lupus  wich geschickt zur Seite, schwang die Axt und traf Medwe an der linken Schulter. Der Bär war ein großer, schwarzer Kerl, aber er taumelte unter der Wucht des Schlages.So einer bist du." dacht« er sich, und sein zweiter Angriff kam ebenso vorsichtig als unerwartet. Lupus   erhielt einen Tatzenhieb auf den linken Ober- schenke!, daß olle Steni«, die über der Munffe standen, plötzlich Hora zu tanzen begannen. Er brach ins Knie, sprang aber gleich wieder auf und die Axt sauste diesmol mit der Schneide tief zwischen Medwes Schulterblätter hinein. Das war gut getroffen, denn Medwe röchelte wie«in Ertrinkender, aber seine Kraft war noch nicht erschöpft. Das Blut träufelte in seine kleinen, zornsunkelnden Aeuglein und er fegte mit einer blitzschnellen Wendung Lupuss Axt  zum Teufel, so daß der Hirt jetzt der Bestie mit bloßen Händen gegenüberstand. Zwar blieb ihm das Messer, aber er fand jetzt keine Zeit, es aus dem Stiefelschaft zu ziehen, denn es folgte der letzte, verzweifelte Angriff des todwunden Tieres. Lupuj wich aus, so gui er konnte, stieß mit beiden Fäusten zu, trat mit dem rechten, Herl  - gebliebenen Bein mitten ins Weiche, aber denn spürte er die zwei eisernen Klammern der Bärentatzen um seine Schultern. Es ist aus, dachte Lupuj, aber ich will dir noch zeigen, wer ich bin, du ver- dammter Kerl. Er griff mit den Händen aufwärts und umklammerte die zottige Kehle des Tieres. Und dann spannte er alle seine Kräfte an, selbst keuchend unter der innner enger werdenden Um- klammerung des Bären. Und er bracht« es fertig, Medwes Kopf so weit nach rückwärts zu drücken, daß der Bär allerdings unter Mitnahme einiger Fleischfetzen gezwungen war, den Druck der Tatzen zu lockern. Das Messer war im Nu aus dem Stiefel- schaft und saß auch schon ein Sekunde darauf an der richtigen Stelle. Medwes kolossaler Körper erbebt«, ein trauriger, müder Ausdruck umschleierte die eben noch f» zornig funkelnden Aeuglein und er sank rücklings zu Boden, einige Schritt« über den Hang kollernd, wo er neben Pawels Leichnam unbeweglich liegen blieb. In den ersten Morgenstunden wurde Lupuj vom Händler Petrooich, bis.zu dessen Tür er sich mühsam fortgeschleppt hatte. ausgefunden und von hier in das einzig« Spital der kleinen Ort- schaft Karan gebracht. Der Arzt nähte mehrere Stunden an ihm herum und zweiselte sehr an seinem Auskommen. Lupuj schien über diesen Punkt anders zu denken, denn am dritten Tag verließ er ohne fremde Hilf« dos Bett, kleidete sich an und trat auf die Straße. Er war etwas bleib) und hinkte. Natürlich war diese ganze Art ganz wider alle Gesetze der Krankenfürforge. und der Wärter kam ihm unter Flüchen und drohendem Geschrei auf ine Straße nachgelaufen.Es ist schon richtig, Domnule," sagte Lupus  mit demütiger Stimme.Natürlich mußt du zuerst in das Buch einschiebben, wie es um mich steht, damit ich ganz gesund werden kann. Aber dort droben liegt so ein armer Kerl, den ich noch be- graben soll. Und dann muß ich mir das Fell holen, sonst wird es mir gestohlen, wie du genau weißt, Herr." Am Abend des dritten Tages war Lupuj wieder in der Muntje, begrub Pawel und holte sich das Fell. itS�Srnburg: 3)8» lilodCll Außer den Fliegen hat niemand im Zimmer etwas zu bemerken: und selbst die sind träge und bemühen sich, die Diskussion unter dem Schwünge sanfter Flüge in gemäßigten Grenzen zu halten. Der Dormfttag sitzt draußen auf der Terrasse und wartet gc- mächlich vor dem ftüchensenster. daß der Dunst aus dem Suppen- topf ihn vertreibt. Die Stube dampft unmerklich vom frisch gewaschenen Fußboden, der kränklich gelb schimmert. Die Sonne schwimmt darauf in goldenen Lachen. In einem Fenster auf dem Kaffeewärmer schläft die Katze Mimi. Im Fenster gegenüber sitzt der Hund Malte Modell auf einer Schuhschachtel und zister-. Malte ist das Opfer einer Laune der Natur. Fremde Stämme, feindliche Rassen treffen in ihm friedlich zusammen. So klein er ist. drei Monate alt und nicht mehr als drei Faust hoch, mit einem schwärzlichen Fell, das leicht verschossen ins Braun- hinüberspielt. und so glatt, so hübsch und seidig ist. setzt er doch kein übertriebenes Zutrauen in die Welt. Eine gewisse Mischrassenmüdigkeft macht sich bemerkbar. Er hat einen fatalen Blick und einen runden Bauch, der ihm hinderlich scheint und chn dazu verführt, gelegentlich in unwürdiger Weise darauf herumzurutschen. wobei es unerjindlich bleibt, was solange aus seinen Beinen wird. Augenblicke erhöhter Zärtlichkeit oder böses Gewissen in Fällen mangelhaften Dichthaltens bewirken dies Kunststück. Die Schuhschachtel auf der Malle Modell sitzt, ist sehr Nein. Größe 2* und die Schuhe, die eben noch geburtstagsneu waren, klopfen nachdenklich am �nde von zwei dicken Waden an das Tisch. Auch das Tischbein ist nicht hoch und nicht groß, und die Person, die davor sitzt, ist verhältnismäßig am kleinsten. Sie dreht mit runden Fingen: in Plastelln einen Malte. Mit einer Hand knetet sie. mll der anderen reguliert sie die Haltung des Modells. Malte zittert. Er zittert ununterbrochen. Sein Fell, das ohnehin aus keiner besseren Maßschneiderei stammt, schlägt eine dicke Falle über der Nase, und im Nacken hat es auch keinen rechten Sitz. Die Nase ist feucht und vor Aufregung leicht warm. Seine Augen glänzen weich, angefeuchtet von unbegreiflicher Traurigkeit. Er hat nichts Munteres in diesem Augenblick, nichts Entschlossenes, nichts Aufmerksames, wie andere kleine Hund« seines Alters. Er ist an seine Trostlosigkett hingegeben und erwartet den Ablauf eines ihm nicht Meßbarem Zeit. Dennoch sitzt Mal« nicht da aus Anhänglichkell und nicht aus Ueberzsugungstreue. Er hat noch nicht genug Enttäuschungen hinter sich, um Menschen auf diese Art zu lieben. Er sitzt einfach nur da au» Dummheit, aus hilfloser Tollpatschigkell, und alles, was er tut, um auszudrücken, wie wenig er seine Situation begreift, ge- schweige denn billigt, ist. daß er von Zeit zu Zeit zitternd sein eine? Hinterbein von der Schuhschachtel Heruntergsellen läßt, wo­durch er verzerrt und mystisch unglücklich aussieht. Das Bein ist schwarz und an der Pfote braun. Die kleine Hand, die es erbar- mungslos zurück auf die Schachtel schubst, ist rosa und riecht nach etwas Gutem: nach Frühstücksbrot erstmals und ganz well entfernt und offenbar schon einmal gewaschen nach Milch. Borsichtig hängt Malte die Zunge rot heraus. Er würde die kleine Hand ein bißchen damit ablecken, aber in semer prekären Lag«, und hypnotisiert von ihrer Unbegreiflichkeit, wagt er es nicht. Die Zunge sst dünn, wie ein hübsches kleines Rosenblatt, leuchtet und steht ihm ausgezeichnet, aber sie macht, daß er hinreißend dämlich. ja geradezu absichtlich albern aussieht. Dann läßt er longsam das linke Bein über den Rand der Schachtel rutschen, die selbst nicht übel röche, aber auch dies Riechen wird in keiner Weif« eßbar, und das erhöht seine Melancholie. Die Katze Mimi steht auf. gähnt und streckt sich. Aus etwas Kreisrundem wird sie plötzlich zu etwas Langem und Endlosem. Dann schleicht sie aufmerksam und verschlafen hinaus. Sie braucht nicht Modell zu sitzen. Im Zimmer ist es still und arbellsam. Sonne scheint an den drei allen Kastanien vorbei auf das Fensterbrett und erschrickt fast vor dem Glanz, mll dem sie den runden Kopf des Kindes, wie den Knauf eines Kirchtums, vergoldet. Weim du doch nur nicht so gräßlich rotes Haar hättest!" sagt jemand. Und das Kind, das sich nicht umsieht, weiß befriedigt, daß es in diesem Augenblick sehr geliebt wird. Aber dann wendet es den Kopf und überlegt fragend, ein langgehegtes Thema zur Dis- kufsion stellen:Weiß Malle, daß er ein Hund ist?" Und der arme Malle läßt zum fünfzigsten Male stupide das kurze Bein von der Hutschachtel gleiten, verkriecht sich tiefer in seinen Pelz, der auf Zuwachs ist, sitzt da und zittert und zittert. Die Sonne streichelt seinen blanken flachen Rücken. Sem kleiner Bauch quillt kahl nach vorn. Seine Haltung ist provokatorisch unglücklich, von geradezu tendenziöser Gottergebenhell. Nein, er weiß nicht, daß er ein Hund ist. Er weiß nicht, was für ein Hund er ist. Er weiß gor nichts. Ilapoleon HLWahlfchalm" Die Frauen haben im Leben Napelcons Iii. ein« große Rolle gespielt. Als er noch Prätendent war und sich um die Präsiden:- schaft bewarb, griffen ihn die Zeitungen wegen seines ausschweifen- den Lebenswandels an und bestritten ihm, dem..Adonis   von 40 Jahren, der«in ganzes Gefolge von Mätressen habe", das Recht,. an der Spitze eines Staates zu stehen. In welcher Atmosphäre der künftige Kaiser damals lebte, zeigte seine Verbindung mit Miß Howard, derenglischen Egeria" Sie ist 1823 in Sussex in Eng- land geboren und hieß, wie später nachgewiesen wurde, Elisabeth Herriot. Ihr Vater war Zuckerbocker. Sie war, darüber besteht heute kein Zweifel mehr, einegalante Dame" und durchlief als solche die verschiedensten Rangstufen. Ursprünglich soll sie Austern- Händlerin oder Angestellte in einem anrüchigen Haus gewesen sein. Diese Tätigkeit trug ihr jedoch nicht viel em, und sie sah sich nach einer anderen, aussichtsreicheren um. Ein Liebhaber nahm sich ihrer in besonderer Weise an und machte sie zu einer eleganten Kurtisane. Neben ihren Lastern und Fehlern besaß sie den unermeßlichen Vor. zug, der die Sünden der Frauen vergessen läßt und die Verbrechen und Torheiten der Männer erklärt. Sie war bezaubernd schön. Später unterhielt sie in London   auch einen Spieiklub. Di« Howard den Namen hat sie vermutlich von einem ihrer Geliebten über- nommen war zielbewußt, klug und ehrgeizig, wenngleich sie da- mals nicht zu träumen wogte, zu welchen Höhen sie noch ihr S stick- sal emportragen würde. Mit der Zeit verkehrten in ihrem Hau? Lebemänner aus der höchsten englischen Gesellschaft. Auch der Graf d'Orsay kam dorchin, und höchstwahrscheinlich lernte Napoleon   sie durch ihn kennen. Zuerst schweigsam und ernsthast, ganz seinen Gedanken hingegeben, soll Napoleon   bald ihre Schönheit bewundert haben, ohne jedoch zunächst seine Emotton zu verraten. Allmählich jedoch verließ denHeros von Straßburg und Boulogne" feine kontemplative Haltung", und er überließ sich bald dem Charme dieser Frau, die seine Gefühle erwiderte. Wie immer die B-rbin- dung zwischen ihnen entstand es bestehen darüber verschiedene Lesarten sie war eine sehr intim« und, verglichen mit Napoleons  sonstigen Liebschaften, eine lang ausdauernde. Die historische Rolle der Howard fing erst a», als sie bald nach der endgültigen Rückkehr Napoleons   in seine Heimat auch nach Frankreich   übersiedelte und ihrem Geliebten für seine Wahl zum Präsidenten Geldmittel zur Verfügung stellte. Napoleons   Gegner, so liest man in der ausgezeichneten, soeben' in: Verlag für Kultur- polittk zu Berlin   erschienenen MonographieNapoleon III. Aben- teurer, Frauercheld, Cäsar", von Oskar von Wertheimer, hatten während der Wahlen die schwersten Anklagen gegen die Skrupel- losigkell der bonapartistischen Agitation erhoben. Diese kannte in der Tot keine Hemmungen und schreckte vor deinem Mittel zurück. Man kargte nicht mll den unsinnigsten Versprechungen und arbeitete, wo nichts anderes half, inll Geld. Doch woher befaß der Prinz, der nicht so reich war, die iwttgen Mittel für diese Propaganda? Die Leute, die willig das Geld seiner Agitatoren nahmen, ahnten nistt, daß es zum größten Teil von der englischen Geliebten des Prinzen stammte. Wie! Frankreich   erhielt einen Präsidenten durch das Geld einer englischen Dirne, und der Himmel stürzt« darüber nicht ein? Ein Prinz oerband sich mll einer Kurtisane, um«in Land zu erobern, und die Gerechttgkeit. die Moral, da» Gesetz revol- tierten nicht dagegen? Wo blieb der Sinn der Geschichte, wenn solche möglich war? Es gehörte die ganze Unbekümmertheit Napo- leons in moralischen Dingen dazu, um ein« solche Tat begehen zu können. Doch darin kannte er keine Gewissensbisse. Er bedurste der Summen, um sein Ziel zu erreichen. Daher nahm er sie, woher sie sich ihm boten. Aber Geld, das möglicherweise kleine Leute einem Straßenmädchen gegeben hatten, Geld, das vornehme Herren gespendet. Geld, das am Spiellifst oder sogar im Falschspiel ge- wonnen war, für die Wahl zum Präsidenten von Frankreich   zn verwenden war das nicht ungeheuerlich? Das Geld rollt anonym durch die Well und übt seine furchtbare Macht unpersönlich aus. Damit mochte sich auch Napoleon   getröstet haben, als er dos Geld seiner Geliebten empfing, um es an seine Wähler weiterzugeben. Wemi es auch unzweifelhaft feststeht, daß die Howard Napo- leon bei den Wahlen und vielleicht auch später in der Zeit der Präsidentschaft finanziell unterstützte, so gehen die Meinungen darüber, wie groß diese Summen waren, sehr auseinander. Die höchsten Schätzungen belaufen sich auf 8 Millionen Franken, die niedrigsten auf 300 000 Franken. Kerne dieser Zahlen dürfte stimmen. Die erst« deshalb nicht, well die Howard über solch« Mittel gor nicht verfügte, die andere, well sie für die Wahl zum Präsidenten zu geringfügig gewesen wäre. Sic steht auch in gar keinem Ver- hällnis zu der Summe, die Napoleon   seiner Geliebten selbst ollein vom 1. Januar 1853 bis zum 1. Januar 1855 auszahlen ließ. In dieser Zell   erhielt sie vom Kaiser in monatlichen Raten und ein­maligen Auszechlungen 5H Millionen Franken. Ungewiß sind die Geldverhälttrisse zwischen den beiden vom Jahre 1849 bis zum 1. Januar 1853. Es wird angenommen, daß die Howard Napoleon auch zum Staatsstreich Geld vorstreckte.»Hierüber liegen ober keine gewissen Angaben vor. Viel wahrscheinlicher sst, daß sie auch bereits in diesen Iahren vom Präsidenten Gell» erhielt, und daß die Auf- Zeichnungen hierüber, wie so viele andere, zum Schaden der Ge- schichte bei der großen Feuersbrunst jn den Tuilerien im Jahr« 1870 verbrannten. Napoleon   zahlle ihr ohne Zweifel mehr zurück, als sie ihm gegeben hatte. Bei seinem Bestreben,«ine solche Gläubiger!,, loszuwerden, und bei seinem ganzen Charakter erscheint das selbst­verständlich. Wenn auch keinerlei feste Grundlage für ein« solch« Schätzung vorhanden ist. so geht man vielleicht doch in der Annahme nicht fehl, daß die Summ«, die die Howard Napoleon zur Berfügiivg stellte, doch 1 bis Z Millionen Franken betrug. SEur Jirehsbehandlung Im Rahmen des Prager Röntgenologenkongresses fanden Vor- träge über Therapeuttk durch Röntgenbehandlung statt. Es sprach Wohlfelder-Frantfurt überAktuelle Fragen der Krebsbehandlung". wobei er feststellte, daß auf Krebse, die bisher nur wenig auf Röntgen- oder überhaupt nur auf Radiumbehandlung reagisrt haben, infolge einer neuen Technik auch auf Röntgenbehandlung reagieren: kein Krebs fei durch Röntgenbehandlung unbeeinflußbar. Im Zu­sammenhang mit dem Kongreß sei auch des Vorschlages zu einem Röntgenologcngesetzentwurf gedacht, der demnächst von einer sech»- gliedrigen Aerztekominissson vorgelegt werden soll. Es handelt sich darum, nicht jedem Arzt die Eröffnung einer Röntgenpraxis zu ge- statten, da mehrere Fälle von Röntgenschädigungen vorgekommen seien.