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Freitag

29. November 1929

Unterhaltung und Wissen

Alltagsleben in New York

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Wissen Sie, daß es in New Yort mitten in Tumult der Straßen noch regelrechte Mail- coaches also Bofttutschen gibt? Wie ein Phantom aus einem 1omantischen Gemälde wachsen sie zwischen den luxuriösen und schmutzigen Automobilen auf, die schlanten, weißen Wolfenkrazer und die donnernden Hochbahnen auf den dünnen Stahlgerüsten, als Hintergrund, indessen der Kutscher in seinem altmodischen Frack und fleinen englischen Zylinder hinter dem Holzdach steht und nicht weniger mit derben Worten gegen die unerwartete Stockung des Verkehrs wettert, wie die Hupen und Sirenen und Pfeifen der Lastfraftwagen und Tagi . Die Pferde haben ihr altes Recht auf die Straße noch immer nicht verloren; es gibt genug Pferdefuhrwerke, Milchwagen, Laftwagen mit einem Dreiergespann. Elegante Equipagen mit livrierten Dienern und blantgepußtem Zeug, die allerdings meift ältere vor= nehme Damen führen.

Daß es in New York teine Fahrscheine gibt, außer wenn man umsteigt, ist gewiß ein heimliches Bergnügen für jeden, der die rirtuose Schikane dieser kleinen Papiere, die gar nicht notwendig

find, wie wir sehen, fennt. In der Untergrundbahn stehen Büchsen mit einem Vergrößerungsglas, vor das jede Münze fällt; ein Drehstod aus Holz, der zugleich zählt, gibt uns dann den Weg frei; auf dem Autobus trägt der Schaffner ein Ding aus Stahl in der Hand, in das man die Münze steckt; es läutet und zählt und der Schaffner nimmt das Geldſtüd unten heraus; auf der Tram leiert es der Schaffner aus der Büchse auch unten durch; er läutet, so oft ein Bassagier einsteigt an einer Glode, die zu gleicher Zeit eine Kontrolluhr ist. Die Türen in der Untergrundbahn und auf der Tram werden von Schaffnern durch Hebel zugleich geöffnet und geschlossen. Es gibt Expreßzüge und Lofalzüge. Der Berkehr auf der Untergrundbahn, die von zwei fonfurrierenden Gesell schaften betrieben wird, ist ein ganz vortrefflicher; die Intervalle sind turz, die Expreßzüge haben ein Achtzigtilometertempo, so daß man die ganze langgestreckte Stadt in wenigen Minuten durch fahren fann; man zahlt für die ganze Reise mit einem Lotalzug eingeschloffen, die dann einige Shumben dauert, fünf Cent; einen ,, Nidel", wie man hier zu sagen pflegt. Im Augenblick wird an einer neuen Subwaylinie gebaut und schon jetzt sich eine ganze Be­völkerung in Bewegung, um sich im neuen Viertel an der neuen Untergrundbahnftrede anzusiedeln; Wolkenkrazer werden dort ge baut und bleine Geschäfte; die Grundstückspreise steigen. Mehr als angenehm ist es auch, daß man bei allen Schaltern der Post und Banken und anderen öffentlichen Aemtern die Namen der jeweils Dienst tuenden Beamten auf einem deutlichen Schild lesen fann.

Der Amerikaner ist noch immer in großer Eile", wenn er morgens in fein Bureau geht, um dort gemütlich seine Zeitung zu lefen; zur Mittagszeit raft er wieder mit einem Expreßlift vom zwanzigsten Stodwert hinab, um einen raschen Lunch in einem der hunderttausend Kleinen Lunchrooms zu effen. Ein Lotal neben dem anderen, die echt amerikanischen Caféterias", wo man fich felbft bedient; wo die Platte, die man sich am Büfett ausgesucht, abgeschäßt und ein Cheque gezwickt wird, der an der Kasse beim Beggehen gezahlt wird. Auffallend find die Drog Stories, die vielen Drogerien, wo man in einer Bar auf hohen Stühlen sigt und wo man heiße Schokolade, Tee, Kaffee oder die unvermeidliche Eiscreme befommt, fleine belegte Brötchen, während nebenan oder hinter uns allerlei Chemikalien, Hygieneartikel, Parfums, 3iga retten, Schokolade und Photoapparate vertauft werden. Deffent­liche Telephonzellen sind in solchen und anderen Geschäften; man sagt neuerdings statt Null "" 0"; die Sache hat sich bewährt und wurde auch in Holland eingeführt. Das Trinkgeld in den Restau­rants, die ein Opfer des Alkoholverbots wurden ist das herkömm­liche, zehn Prozent. Interessant sind die Automaten, die Waren ausgeben, zugleich Geld wechseln und Thank you" sagen.

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Wissen sie auch, daß wir unserem guten alten Gambrinus immer wieder öffentlich auf die Füße treten tönnen; denn in den meisten Restaurants abgesehen von dem Deutschen Viertel in Hoboken gibt es Bier in allen Arten ,,, auch über die Straße". Und ein ganz ausgezeichnetes Bier; gar nicht heimlich und ver stohlen, denn in den meisten Lunchrooms hat sich Gambrinus seinen Platz auf der Speisekarte sichergestellt.

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Biffen fie. daß fich in New York niemand Streichhölzer tauft? Er bekommt sie vor allem in allen Zigarettenläden so oft und so viel er will; fie sind aus Pappendeckel und besonders gut.

Beilage des Vorwärts

Herrl ihm gab, sei stets sogar noch ein bißchen, ein feines bißchen Wurst gewesen. Freilich, wenn das Herrl keine Arbei hatte, dann mußte Forl wohl allein dazu sehen, wie er zu einem Knochen tomme. Aber das machte nichts. Forl wußte schon, wo etwas Eß­bares aufzutreiben fei. Und einmal, ja Fogl erinnerte sich genau, da habe ihm sein Herrl eine ganze Blutwurst, eigens nur für Forl, mitgebracht.

Wiffen sie, daß in New York die Briefe von sieben Uhr hatte, begannen der Bintscher, der wohlgepflegte Budel, ter aristo­Schon als Forl von der Fabrik und den Wursthäuten gesprochen morgens bis zehn Uhr nachts zugestellt werden?

gibt Geschäfte, wo man Hasenpfoten verkauft von rätselhaften Daß der Aberglaube einen öffentlichen Platz einnimmt; es Hasen, die in einer hellen Mondnacht, an einem Freitag, an einem dreizehnten, um zwölf Uhr nachts auf einem unheimlichen Platz von einem zuverläffig Schielenden geschossen wurden!

nägel rot zu ladieren, die Lippen zinnoberrot zu schminken und so Daß es bei den Mädchen und Frauen beliebt ist, die Finger­furze Röde als möglich zu tragen.

Daß es feine Autofteuer gibt; feine Prüfung; man bezahlt für einen Führerschein ein und einen halben Dollar und jährlich zwölf Dollar. O, ich habe einen Freund, der fann sehr gut chauffieren, er wird mir's beibringen; ganz einfach, ein, zwei, drei..." fagt einer geradezu gentlemeniyken Art gegenüber dem Fußgänger find. man hier. Es muß hervorgehoben werden, daß die Autos von Zu Hunderten stehen die Menschen vor den Lurusfinos anges stellt und warten geduldig, bis sie an die Reihe kommen. Von zehn Uhr am Bormittag ab bis zur letzten Borstellung um halb ein Uhr nachts laufen die Programme ohne, eine Unterbrechung von einer minute ab. Auch diese Paläste haben mit ihrer allerdings furzen Tradition nicht gebrochen: ein ganz großes, buntes Pro­gramm zu bieten. Denn das Kino " hat, sich nur einen Platz in dem Revueprogramm erobert. Es ist aus einer Revuebühne hervor. gegangen, wo der Film eine ganz lächerliche untergeordnete Rolle spielte; das Beiprogramm blieb. Es gibt unerhörten technischen Lurus, versenkbare Orchester, Orgel mit fünf Regiſtern, Reflektoren. Ballette und Ausstattungsbilder. Man spielt echte fteirische Ländler, zu denen spanisch getanzt wird, oder Jazzband in Biedermeier­toftümen.

In das Mosait der Eindrücke. aber, das uns jede fremde Stadt bietet, aus jenen Dingen des Alltags, mit denen wir ständig in Be­rührung fomnien, und die oftmals mehr zu ihrer Kennzeichnung bienen, als die herkömmlichen, immer wieder benutzten Vorkomm­niffe, gehören auch jene Lokale, von reichen Amerikanern subven tioniert, wo sich Tausende und Tausende von Arbeitslosen anstellen, um einmal im Tag für einen Nidel eine warme Mahlzeit in den Magen zu bekommen. New York , der Traum von Millionen, er ist nüchterner geworden; nein, es liegt tein Beld auf den Straßen und man möchte wieder jenen, die etwas unbezahlbares zurüdfaffen, wenn sie den Fuß auf jene erträumte Insel setzen, die die unwider­

bringliche Heimat für eine vage Zukunft aufs Spiel fezen, folche Bilder sehen lassen; denn hier kommt zum Kampf ums Dasein, wie wir ihn fennen, noch die Fremde, die Kälte, die Einsamkeit.

Eine unbefchreibliche Naivität mischt sich mit Größe und Bhan­taftit, die mit festen Füßen auf dem Boden steht. So ist hier das Leben; so rollt es ab, so ist es gut, so soll es bleiben. Wenn das Geschäft floriert, ist der Amerikaner zufrieden. Bedürfnisse höherer Art gibt es faum; wenn er Unterhaltung sucht, sucht er Bergnügen, dann will er Niggerfongs hören, Tänzerinnen sehen, will lachen oder für sein bares Geld Sensationen haben; Stars, auch auf der Opernbühne, alles übrige samt dem Chor fann ungewaschen und schmußig sein. So stehen auch neben den fabelhaften, wunder baren Wolfenfragern, deren wohltuendes Geheimnis man erst wenn man darin gearbeitet hat jene fleinen, vorstädtischen, findlichen und findischen Schaubuden in Broadway­lokalen, dort, wo die Straße der Millionen Lichter einen nimmer­verlöschenden, betäubenden Feuerstrom in die dunkle Nacht reißt. Jene Braterbuden, in denen es noch Drehapparate mit intimen Lichtbildern gibt; Maschinen, um seine Kraft zu messen, Wahrsager apparate, Schießstätten, und wo man den New Yorker Menschen sieht, der das Geschäft zurückgelassen hat und mit Entschiedenheit der New Yorker Mensch geworden ist. Ludwig Wolfermann.

tennen lernt

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Leo Korten: Foxls Himmelfahrt

Im schwindelnden Fluge faufte der stichelhaarige tleine Fort durch den Weltraum. Lag er auf einer sturmgetriebenen Regen molle gebettet oder diente ihm gar ein Bligstrahl als Beförderungs mittel. Eben hatte ihn noch ein stechender Schmerz in der Brust gequält. Aber jetzt fühlte er sich froh und leicht. Wenn nur die Rälte nicht gewesen wäre, gegen die sein armes, schäbiges fell teinen ausreichenden Schuß bot. Er mußte nicht, wohin die Fahrt ging. Dant sei dem Gott der Menschen und der Hunde, daß ihn jetzt fauere Lüfte umwehen und daß er auf einmal wieder festen Grund unter den Pfoten spürte. Noch halb betäubt fah sich Forl um. Wo war er? Wie prunkvoll hier alles aussah. Ein bißchen zu feierlich für Forls Begriffe. Nichts als Marmor und weiche warme Teppiche. Nie zuvor hatten seine Pfoten je solche berührt. Ein guter alter Mann streichelte sanft Forls Fell, das sich fast durchscheinend über feinz Rippen wölbte.

Ein teder fleiner Pintscher sprang auf Fort zu. In einer Heinen Balgerei behielt der in allen Listen der Straße wohlerfahrene Forl über den wohlgenährten Gegner leicht die Oberhand. Aber es war wohl mehr Spiel als Rampf, Stampf, den Fogl so oft um einen abgenagten Knochen mit gefährlicheren Feinden führen mußte. Der fede Bintscher war Fort eher freundlich gestimmt. Vielleicht war auch die Achtung vor dem tatkräftigen Anfömmling mitbestimmend. Wo er denn sei, fragte Fort. Hier sei der Hundehimmel, erfuhr er erschauernd. So war der freundliche alte Mann wohl Santi Peter oder gar der liebe Gott selbst gewesen?

Forl folgte dem teden Bintscher und gelangte auf eine sehr große Wiese, auf der sich ungezählte, luftige Hunde tummelten. Aber diese Wiese war nicht eine solche, von der man davongejagt wurde. Sie unterschied sich auch in anderer Beziehung von den Wiesen seiner Erinnerung. Ueberall lagen große Knochen herum, an denen jogar noch Fleischfasern hafteten. Und zwischendurch

waren breite Näpfe mit guter süßer Milch zu sehen. Und eine Tafel war errichtet, auf der zu lesen stand:

Das Betreten der Wiese ist den Menschen aufs strengste verboten!"

Die Buchstaben tonnte Forl freilich nicht entziffern.

Seine

Bar da aber ein Bellen und Beschnuppern, als Forl die Wieje betrat. Der Bintscher, der eine Art von Respektsperson fein mußte, Schuf erft ein wenig Ordnung. Jeder Hund sollte sich erst geziemend vorstellen. Da war ein wohlgepflegter Budel, der erzählte, daß er auf der Erde in einem eigenen fleinen Bett geschlafen habe. Und ieben Morgen sei ihm ein Napf voll gezuckerter Milch vorgesetzt worden. Kein Wunder, sein Herrl sei doch Bankdirektor gewesen. Da war ein aristokratischer schmaler Windhund. Er sei auf Erden mehr im Automobil gefahren als gegangen, erzählte er. Herrin habe sich stets nur in seiner Gesellschaft photographieren laffen. Bratwürfte habe er verschmäht, er sei an besseres gewöhnt gewesen. Da war ein Dadel, der zu berichten wußte, wie sich seine Herrin mur mit ihm abgegeben habe. Wenn er einen anderen Hund beschnupperte, sei sie direkt eifersüchtig gewesen. Und die Herrin habe alles mit ihm geteilt, Kalbsbraten sei das mindeste für ihn gewesen. So erzählten sie und erzählten. Und jeder ein­für ihn gewesen. So erzählten sie und erzählten. Und jeder ein zelne wollte den anderen übertrumpfen. Ein Bulldogg schien die Bornehmheit selbst zu sein. Er bewegte faum fein gedrungenes Rinn, wenn er bellte.

Und wie sei es denn dem Fort auf Erden ergangen, fragte er herablaffend. Da fing Forl an zu erzählen, fein Herrl fei der befte von allen gewesen. Sie hätten sich zwar beide sehr bescheiden müssen. Kalbsbraten sei für seinen Herrl, geschweige denn für Forl stets etwas unerreichbares gewesen. Wenn fein Herrl am Abend von der Fabrit heimgetommen sei, habe er mit Forl ge­spielt, er habe sein Fell getrauit und an der Wursthaut, die das

tratische Windhund, der herablafsende Bulldogg, der feiste Dackel und der würdige Schäferhund ihre Schnauzen zu rümpfen. Be Scheibenheit jei eine 3ier... meinten sie. Im übrigen käme jagt der Abendspaziergang. Bald kämen ihre Herrschaften und dann würden sie vor dem Schlafengehen äußerln geführt. Und bald befand fich Fogl allein auf der schönen, großen Wiese.

Sehnsucht erfaßt. Sein kleines Hundeherz wurde ganz traurig. Und Er dachte an sein Herrl und wurde von eine: unbeschreiblichen so mächtig wurde seine Sehnsucht, daß er in tollen Sägen über die große Wiese, durch die Marmorhallen und durch das Himmelsgitter­tor rannte, wo Sankt Peter gerade ein wenig eingenickt war. geffen, die himmlischen Ausflußrohre zu schließen. Es donnerte Draußen schüttelte es in Strömen. Sankt Peter hatte ver­über einen unheimlichen Abgrund hinweg. Er fürchtete fich zwar und büzte. Mit einem verzweiflungsvollen Sprunge feßte Forl sehr. Aber die Sehnsucht nach dem Herri war stärker. So landete er auf einer Regenwolle. In sausender Fahrt ging es abwärts.... Da war wieder der Schmerz in der Brusthöhle, aber nicht mehr sa ftechend wie früher.

Als Forl erwachte, saßen zwei Männer an seinem Lager. Der eine war sein Herrl. Ich habe Ihnen ja gleich gesagt," sagte der andere, daß der fleine Kerl davonkommen wird. geradezu an, wie er verzweifelt gegen die Krankheit kämpfte. Jetzt Man sah ihm ist das Schlimmste vorüber.

Fell fühlte, wußte er, daß er seinen Tausch nicht bereuen werde, Und als Forl die zärtliche Hand seines Herrl auf seinem armen

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Zwerge die ersten Künstler

Die Sagen erzählen von den flugen und fleißigen Zwergen, die, werte schaffen, aber in die Gewalt der Riesen geraten und von in allen Rünften erfahren, mit ihren geschickten Händen Wunder­diesen unterdrückt werden. Künstler werden uns meist als kleine oder verkrüppelte Personen Die mythischen Gestalten der ersten geschildert, wie z. B. der bucklige Hephäst der griechischen Sage,

die ersten Künstler in der Geschichte der Menschheit gewesen seien, oder Wieland der Schmied in der nordischen. Daß tatsächlich Zwerge fucht Johannes B. Jensen, der geniale nordische Dichter, in feinem foeben bei S. Fischer in Berlin erscheinenden Werf ,, Die mit der visionären Schau des Dichters die Vergangenheit bis in Stadien des Geistes" nachzuweisen. Jensen, der bereits fernfte Urzeiten in einigen Romanen gestaltet hat, unternimmt in diesem Wert den wissenschaftlichen Versuch, die Entwicklungs­geschichte der Menschheit in großen Umrissen zu sfizzieren, und er führt uns von den Urvölfern in den asiatischen Wäldern der Tertiärzeit zu jenen Völkern von fleinem Buchs in Afrika , Australien und Japan , die noch heute die Züge primitiver Kultur in verschiedensten Formen gewahrt haben. In diesen ,, Bygmäen" offenbart sich ihm der Typus des ersten fünstlerisch begabten Menschen, des homoartifer".

So, wie man die Entwicklung sieht," schreibt er ,,, muß man sich die erste Kultur, die den Uebergang vom Tier zum Menschen bedingt, die Aneignung des Gebrauchs vom Feuer und der ersten Wertzeuge, als zusammengehörig mit einem Menschentyp auf einem noch geringen Wachstumstadium, von Bygmäengröße, denken. Die erste Kunst war an 3werge geknüpft, war Buschmannskunst, die man von der Eiszeit bis in unsere Zeit hinein verfolgen kann; und eine damit verwandte Kunstart ist noch heutigen Tages bei kleinen Menschen zu finden, bei Lappen, Estimos, Japanern. Der Lappe Nordschwedens schnigt Bilder von Renntieren in Knochen noch ganz in demselben Stil wie der Magdalénien- Mann in Mitteleuropa nach der Eiszeit, und seine Kultur ist einigermaßen dieselbe ge­blieben, mur hat der Lappe das Renntier gezähmt, wie der Samojede, während der Magdalénien- Mann es gejagt hat, wie der Estimo noch heute tut. Von der Lebensweise der Lappen und Estimos fann man einigermaßen auf die Bedingungen des Renntierjägers am Gletscherrande des damals vereisten Europas schließen."

Bei diesen Völkern, die noch heut in der Eiszeit leben, findet man eine erstaunliche Kunstfertigkeit. Wie die Eskimos," sagt Jensen, waren unsere Urväter tunstfertige, freundliche Zwerge, nicht die großen brüllenden Gorillamenschen, von denen der schlechte Darwinismus fabelt. Der Raubmensch tam später, aber er war es nicht, der die Natur überwand und die Welt zu einem Menschen­heim machte. Mit dem Eskimo verwandt ist der Japaner; ber Bygmäe, der Typ unter Mittelgröße, ist hier der durchgängige für die ganze zusammengeschweißte Nation geworden. Das fleine Märchenvolt, das an Gullivers Reisen erinnert, hat die mert­würdigste Laufbahn gemacht: im Laufe von ein paar Menschen­altern ſchwang es sich von einem primitiven Bolt zu einer der mo­bernsten, beftgerüsteten Nationen auf; es ist, als träfen sich Beginn und allerspäteste Stufe der Menschheit in diesem hochbegabten Volt." Japanische Kunst zeigt in ihrer volkstümlichen Form eine unbewußte Handfertigkeit und Geschmacksfeinheit, die an primitive Kunstwerke gemahnen. Jedes Ding, das der Japaner bis vor einem Menschen­alter in die Hand nahm, war von Natur, von der Fruchtbarkeit und Unerschöpflichkeit des Kindes geprägt. Hierin gleicht er dem Estimo, auch in dem Eindrud von Lebensfreude, von Gezwitscher, das aus Japan tam, ehe man zivilifiert wurde

Jensen wird auch bei der Betrachtung der ältesten ägyptischen Kunst an diese Zwergenwelt Japans erinnert. Der altägyptische Künstler," sagt er ,,, muß von selben Ursprung gewesen sein, zum felben ethnographischen Typ hinführen, wie dem oben umrissenen. Die älteste bekannte ägyptische Kunst, die prädynastischen, ur­geprägten Steingefäße, ohne anderes Werkzeug als anderen Stein und möglicherweise einen Sandbohrer in Granit ausgehöhlt, diese Kunst ist auch die beste, das Prototyp einer Base", reine, edle, einfache Formen, die Grundform, das elementare meibliche Aus­undein, das ein Strug ist, somie alle Bölfer einen Krug gefühlt haben und ihn noch, unverderbt, fühlen." Als dmn die großen rauhen Krieger sich aus dem friedlichen Vol der Sammler und Jäger entwickelten, da unterwarfen sie sich die klugen und geschickten 3merge, und so ging der Urtünstler namenlos unter, als Sflave oder Leibeigner in der Gewalt der herrschenden Kriegertaste.