Die deuischnaiionale Krise. Lambach rebelliert. In der rechtsstehenden„Berliner Börsenzei- tung" wendet sich der deutschnational« Reichsta�sabge- ordnete Lambach, der nach Hugenbergs Wunsch am Dienstag vom Borstand der Deutschnationalen Partei mit dem Abge- ordneten Treviranus und anderen aus der Deutsch - nationalen Partei ausgeschlossen werden soll,«gegen die Er st arrungserschet nungen im politischen Lebe n". Er spricht vpn„Erstarrungserscheinungen im poli- tischen Leben" und meint die„E r st a r r u n g s« r s che i- nungen" im deutschnatianalen Lager. Dazu schreibt Lambach zum Schlusj seines Artikels: „Setzt sich in einer Partei eine Auffassung durch, di« die so» gende Fühlungnahme und das Mitplanen und-schaffen mit den Kräften, die vom Polte her nach neuer Gestaltung drängen, unter- bindet, die den sichtbaren Trägern der Partei unter der Porole „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" derartiges sogar verbietet, dann entsteht für die davon Betroffenen ein Gewissen?, zwang eigener Art. Ihr Gewissen verpflichtet sie, alle poli- tische Sammlungsarbeit nur im Hinblick auf das eine große Ziel: Dienst der Menschen ihres Wesens und ihrer Hallung an Boll und Staat. In bestimmtem Umfang« ist er nur auf dem Boden eines Parteigebildes zu leisten. Nun verbietet ihnen die Partei, die doch nicht Selbstzweck sein kann, den Ansatz ihrer Kräfte an den Stellen, di« sie für die wichtigsten holten. Sie unterbindet ihnen di« Möglichkeit, zu ihren An* Hangern zu sprechen, weil dadurch Unruhe entstehe. Sie unterzieht ihr« geschriebenen und gesprocheneu Worte mißtrauischer Nachuntersuchung und rührt mit solchem Tun gar leicht an ihren innersten Wert, dem sie nicht mehr gerecht werden zu können scheint. Beispiele für sold»e Krisen finden sich in der Geschichte zugrunde gegangener Parteien öfter als derjenigen, die es verstanden haben, sich, wenn die Zeit dafür reis ist, in solchen Wehen wirklich zu erneuern." Danach hält Lambach die Deutschnationale Partei für eine zugrunde gehend« Organisation: denn was er sagt, betrifft ausschließlich die Hugenberg -Partei und bezieht sich auf persönliche Erfahrungen aus allerletzter Zeit. Die Shrifflich-Sozialen für die Oppofiiion. Die christllch-snziale Neichsvereiniguug. die sich schon auf ihrer letzten Haupttagung ernsthaft mit den Tendenzen der Deutschnationalen Voltspartei beschäftigre und sich sehr un- zufrieden darüber äußerte, hiell am 30. November abends in Berlin eine Sitzung ab. Es wurde«ine Entschließung angenommen, in der es heißt: „Die versammelten Christliche» ozialen und ihre Freunde nehmen Kenntnis von dem Schritt der drei Abgeordneten Hart- w i g. H ü l f e r und Lambach. Sie begrüße» diese Haltung und stimmen ihr restlos zu. Es erscheint ihnen als Christemnenschen unerträglich, die Unterwerfung unter parteiorganisatorische Anord» nungen über das Einstehen für das Gewissen zu stellen. Sie-rhofien von diesem Schritt die lang ersehnt« Klärung und Neuordnung der politischen Verhältnisse in chrsstlich-sozialem Geist." Befreiungsseier bei Hugeuberg. „Lokal'Auzeiger" ohrfeigt dea.Montag". Bericht im Hugenbergschen„M o n ta g" über d'e B-- sreiungsfeier in Koblenz : „Di« Beoöllerung sst einer innigen Freud« nicht mehr fähig. Am Abend zog dann ohne I u S e l. still und schweigend. eine dunkle, schwere Mass« durch di« regennassen Straßen zum Deutschen Eck.. Inmitten das Flammenmeeres zieht die s ch w a r z. rotgokden« Flagge auf. Wieder b«fällt Bitterkeit die versammelten Massen. Di« Fahne, die dort im Nocht- himmel flattert, die Fahne, die di« Freiheit der deutschen Stadt Koblenz symbolisieren soll,-st nicht di« gleiche, di« einst in frohen und schweren Togen als Einigkeitszeichen des einigen Deutschen Reiches, des Zusammenschlusses oller Stämme, dort wehte." Bericht im Husienbergschen„Lokal-Anzeiger" über pie Befreiungsfeier in Aachen : „Es war wirklich«in einiges Boll, das da aus dem urullen Marktplatz stand und von seiner Lieb« zu Deutschland sang. Es geht doch aufwärts, es kann doch aufwärts gehen, mußte man denken. Nie wurde die Hymne besser gs- jungen, nie aus freierem Herzen. Man ging wie in einem glücklichen Traume umher. W«r den Witternochtsfestakt auf dem Aachener Marktplatz er- lebte, der ist zuversichtlich, der ist froh erfüllt von dem Wissen, daß auch die Einigkeit wieder eine. Stätte im Dateriand hat..." Die Kundgebung von Ehampigny, Ein Präzedenzfall. Das Auftreten der Kommunisten in Champigny erinnert daran, wie die Komnmnisten schon einmal ein« deutsch-fron- zölische Friedenskundgebung in niederträchtiger Wesse gestört haben. In Suresnes bei Paris trafen sich im Juni 1028 deutsche und französisch« Sozialisten, um in einer gut vorbereiteten Demonstration für die Verständigung einzutreten. Die Kundgebung war außerordentlich gut besucht und die ironzösischen uild deutschen Redner wurden von den Massen begeistert begrüßt. Sie erhielt dadurch«inen besonderen Nachdruck, daß sie aus Anlaß einer Resse des deutschen Reichsbildungsausschusses mit mehreren hundert Teilnehmern stattfand. Als die Demonstration ihren Höhepunkt erreicht hotte, erhob sich auf den Straßen vor dem Lerfammlungssaal ein wüster Radau, der von Kommunisten entfacht war. Sie versuchten damals sogar, den Saal zu stürmen. Da« konnte von den Sozialisten mit Erfolg abgewehrt werden.. Da die Kommunssten merkten, daß sie ohnmächtig waren, daß sie diese Bessammlung nicht sprengen tonnten, warfen sie mit Steinen die großen Fensterscheiben des Versammlüngsraumez ein. Es gelang ihnen ■ x�ar nicht, die Demonstration zu sprengen, ober sie erreichten durch chr Verhalten, daß der Eindruck der Friedenskundgebung wesentlich geschmälert wurde. Alle Teilnehmer haben diese Gemeinheit dauernd tn ihrer Erinnerung behallen und es war. wie in Champigny , wieder ein Beweis, daß die Moskauer gar nuht daran denken, gegen die Reaktion zu kämpfen: ihr Ziel sst, den Sozialismus zu verunglimpfen. W«r die Dorgänge in Suresnes miterlebt hat. der tonnte glauben, daß di« Störung diessr So- ziolistentundgebung nicht von Kommunisten, sondern von fron- z ö s i s ch« n Na t i onalisten und Chauvinisten erfolgt wäre. Es waren aber tatsächlich K o m m u n i st en. die sich in dieser oerhvechaqche» Wesse am Sozialismus verginge».
Hängen geblieben.
Für§4 stimmten nur 60 Atgeorbneie. 44 veusschnastonal« enthielte« sich.
Hugenberg hat das Hindernis des H4 genommen. Aber nicht ohne Verluste! Ankunft der Oeutsch-Ziussen. Nach sowjetisches Ausraubung in Veuischtand angelangi.
Swinemünde . 2. Dezember. Schon in der Nacht zum Sonntag sollten 350 ausgewanderte DcllLsch-Russen hier eintreffen. Der Dampfer„Mexej Rykom" hatte kurz nach der Ausfahrt von Leningrad «in« Schraubenhaoarie, die einen Aufenthalt von 36 Stunden verursachte. Erst Montag mittag gegen 13 Uhr kam der Dampfer in Sicht. Die Slerztekonwlsssion stellte fest, daß der Gösundheitszustand der Auswanderer durchaus befriedigend ist. Es wurden nur in 15 Fällen Masern festgestellt. Zwei Nein« Kinder sind unterwegs gestorben. Di« Aus- schiffung ging vechöltnismäßig schnell van statten, denn di« deutschen Kolonisten Hoden nur die»«wendigste Hab« mitnehmen dürfe«..- Im allgemeinen sind di« Leute bescheiden Und trogen geduldig ihr Schicksal. Aus den Erzählungen der Flüchtling« geht, hervor, daß sie. aus ollen Gegenden des geyxlltigen Russenroiche», aus Sibirien , aus dem Ural , aus der Krim , von der Wolga usw. kommen. Es sei unter den„Segnungen" der Sowjecherrschaft nicht mehr aus- zuhalten gewesen. Die Bauern seien regelrecht ausgesogen. Steuern von ihnen erpreßt worden. Di« Sowjetkommissar« hätten ihnen di« ganz« Ernte abgenommen. Man habe ihnen Pieh, Pferd« und Kühe genommen und ihnen nicht dos Nötigste zum Leben gelassen. Und gerade der deutsch « Bauer sei diesen Drangsollerungen besonders ausgesetzt gewesen, well er der fleißigste und bei ihm noch etwas zu holen gewesen sei. In der Sow-ietunion hätten sie den Mund nicht auftun dürfen,«s sollte keiner die Wahrhett hören. Jetzt auf deusschem Boden schütten die Kolonisten ihr Herz aus.
Seit Mitte August hätten die flüchtenden Kolonisten vor Moskau gelegen, so gut wie auf freiem Felde. Unter unendlichen Schwierig. keiten sei dann einem winzig kleinen Teil, aber auch erst nach Schikanen, die Ausreis« gestattet worden. Mehrere hundert Rubel hak der Paß gekofiek. Obendrein sei ihnen das Bargeld abgenommen worden. so daß sie fast mittellos das Auswandererschiff betraten. Di« Führer der Auswanderer seien ins Gefängnis geworfen worden. Di« Sowjets hatten nämlich gefürchtet, daß die Wahrheft ins Ausland getragen würde. B« dem kräftigen Mittagessen, das tn« Flüchtlinge bekamen. hieß im Auftrag der Reichsregierung der Präsident des Landes- finanzomtes Stettin . Urb«rschaer., di« Flüchtling« auf deut- fch«m Baden willkommen. Er wünscht« ihnen in der neuen Heimat Ruhe, Frieden und Erholung und nersichert«, daß deutsch « Hilfe ihnen weiter zur Seft« stehen werde. Der Führer der Flüchtlinze dankte mit bewegten Wort«-. Nachmittags gegen 16 Uhr fuhr der Sonderzug noch dem Barackenlager Hammerstein bei Neustettin ab. Die weiteren Transporte. Riga , Z. Dezember.' Der zweite Zug mft deusschstämmigen Auswanderern aus Ruß- land, 363 Personen, darunter 112 Kinder, ist heute morgen hiev eingetroffen. Der nächst« Transport von etwa 500 Auswanderern soll heute abend aus Moskau abgehen.
Keine Vorverlegung der Ratstagung. Vie Großmächte gegen Italiens Vorschlag. Genf . 5. Dezember.(Eigenbericht.) Di« Ianuartagung des Völkerbundes wird ent- gegen dem Barschtag der ftalienischen Regierung wahrscheinlich nicht vorverlegt werden. Für den ftalienischen Boischlag sind nur«ine Reihe kleiner Staaten. Die Außenminister der Kroßmächt« wünschen im allgemeinen, daß der für die Tagung von vornherein vorgesehene Termin eingehalten wirb. Reue Regierung Zaspar? Keine Veränderungen zu erwarte». Brüssel. 2, Dezember.(Eigenbericht.) I.aspar hat am Montag mit mehreren seiner bisherigen kocholiichen und lieberalen Ministerkollegen beraten. Eine Eist- scheidung' wurde noch nicht gefällt. Allgemein herrscht die Ansicht vor, daß der Beschluß des liberalen Nationalratz vom Sonntag die Bildung einer«euen Ja spo r- R e g i e ru n g, di« im wesentlichen der bisherigen gleichen wird,«rmöglichi. Immerhin dürften bis zur Neubildung der Regierung noch einige Tage ins Land geizen. Die Kammer tritt erst nächsten Dienstag zusammen.
Die prager Koaljiionsverhandlungen. Die deutsche Sozialdemokratie bleibt verhandlungsbereit. Prag . 2. Dezember.(Eigenbericht.) Der Parteitag der deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Aussig , der am Sonntag abend abgeschlossen wurde, nahm zur Frag« der Beteiligung an der Regierung eine Entschließung an, in der es heißt:„Trotz aller Bedenken gegen die Möglichkeit einer gedeihlichen Wirksamkeit der sozialdemokratischen Partei des Landes im Rahmen der Koalitionsregierung ermächtigt der Parteitag den Parteivosstand, die Verhandlungen über den Eintritt in di« Regierung mit der Mehrheit fortzuführen. Es geschieht diese« einerseits im Hinblick auf die mternationol« Lage, sowie die
Stellung und die Ausgaben der Arbeit-rtlasse im Rahmen de? internationalen Politik. Es geschieht dies im Interesse der Cr- möglichung einer wefter«» Ausgestaltung der Zulsammenarbeft der deusschen Arbeiterklass« des Landes mft der tschechisch«» Bruder- Partei,. Es geschieht in Würdigung der Ergebnisse der letzten Wahlen Und der Notwendigkeit der Abwehr eines sonst unnermeMichen reaktionären Regimes. Als Bedingung für den Eintritt in ein« Regierung und das Derbleiben in ihr veriangt der Parteitag Sicherungen in sozialpolitischer, wirtschaftlicher, demokratischer und kultureller Hinsicht." Die Waffen vom Arsenal . Ein sauberer Treuhänder. Wie«. 2. Dezember»(lKigcnberittht.) Im März 1927 wurde» auf Vcraulassuug des Heereäm in isters in dem Wiener Arsenal zahlreiche Waffe« beschlagnahmt. Dieser Vorgang hatte am Montag vor dem Wiener Schwurgericht ein Rochspiel. in dessen Verlauf der beklagte Redakteur der Wiener ..Arbeiter-Zeitung " freigesprochen wurde. Die Waffen wurden von einem Vertrauensmann der Sozial- dcmokratie, Mosor Marek, überwacht. Marek verklagt« seinerzeit die Regierung auf Zahlung von 15 000 Schilling. Die„Arbeiter- Zeitung " bemerkte dazu, daß Marek«in Doppelspiel ge- trieben habe und nunmehr seinen„Judaslohn" verlange. Der beklagt« Redakteur konnte nachweisen, daß in der Tat t«M anderer als Marek dein christlichsoziolen Heeresminister da» Wyffen- lager oerraten hat. Der Heeresminister als Zeuge bestätigte. däh Marek«in Doppelspiel, getrieben und e r ihn va6) der Beschlagnahme d«r Waffen als einen„Schüft" bezeichnet hat. Ihm hob« Marek erklärt, daß der Schutzbund mobilisier«, währeird dem Schutz- bund von Marek erklärt wurde, daß der Heeresminsster mobilisiere
Als Nachfolger des vesstorbenen Abgeordneten Meyer- Rhein«(Soz.) kommt Johanne» S chm i tt- Bielefeld in den