Dienstag 3. Dezember 1929
Unterhaltung unö ÄAissen
Beilage des Vorwärts
Siauplmann, der Oder: Äs« ffiuch der Xeldettfchafl
Von G e r h a rt Hauptmann ist ein zweibändiges, insge- samt 500 Seiten starkes Wert(Das Buch der Leidenschaft, Verlag S. Fischer) erschienen, das, in Tagebuchform gehalten, als autobiographischer Roman bezeichnet werden muß. Es ist ver- ftändlich, wenn Hauptmann, der hier die Beichte über einen wich- tigen Abschnitt seines Lebens ablegt, sich selbst, dee handelnden Per- so>�, und die Orte der Handlung hinter Pseudonymen verbirgt. ?'. der Tatsach«, daß es sich um ein autobiographisches Werk handelt, ändert das nichts und es hieße ein lächerliches, sicherbch van Hauptmann selbst nicht gewolltes Vcrsteckspiel treiben, wollte man diese Aufzeichnungen nicht als authentische Tagebuchblätter des Dichters bewerten. Vieles spricht dafür, daß sie. von Zusammen- schlüssen und Abrundungen abgesehen, so übernommen wurden, wie sie in den Jahren 1834 bis 1334 niedergeschrieben wurden. Das Buch der Leidenschaft behandelt die E h« t r a g ö d i e des Menschen Gerhart Hauptmann : jenes Lebcnsjahrzehnt. in dem er in wechselreichem Kampf zwischen seiner ersten und seiner zweiten Frau schwankte und in ständiger Qual, eine Doppelehe bald er- sehnend, bald verwerfend, sich zur Erkenntnis durchringen mußte. daß die Ehe zu Dritt über des Menschen Kraft geht. Das Thema. das hier angeschlagen wird, ist jenes typisch bürgerliche Thema, das, unter durchaus individualistischen Gesichtswinkeln gesehen, einen guten Teil jener Dichtung ausmacht, die wir die naturalistische nennen. Auch der Skeptiker, der in den Nachkriegswerken des Dichters, mochte er auch.ihren großen Wurf und ihr geniales Wollen anerkennen, nicht mehr heimisch zu werden vermochte, wird sich der tiefen Erschütterung, die das Buch der Leidenschaft hinter- läßt, nicht entziehen können. Hier streift uns noch einmal die Er- lcbnistiefe einer Epoche, in der der Mensch— auf sich selbst ge- stellt— lediglich seinen, Ich und seinem Einzelschicksal lebte. Insofern könnte man diese Aufzeichnungen als den Schluß- stein der naruralistischen bürgerlich-individualiftischen Epoche be- zeichnen. . Will man das Buch der Leidenschaft werten, so muß man die beide» großen Ehetragödien heranziehen, die uns aus jener Epoche überkommen sind: Strindbergs Bekenntnisse, die mit dem„Sohn einer Magd" begannen, und Tolstois„Anna Karenina", die ja auch viel Autobiographisches enthält. Findet man bei S t r i n d- berg den Krankheitsbericht eines genialen, von den Dämonen des Verfolgungswahnes gepeitschten Monomanen, der, Weibhasser von Natur, leidenschaftliche Anklagen gegen die Frau schleudert jenseits aller Objektivität, und bei T o l st o i die Flucht in die heroische, vom Glorienschein des Märtyrertums überstrahlte Landschaft der Dich- tung, die selbst noch über die grauenvollsten Niederungen der Ehe- wirren ihre verklärenden Strahlen breitet, so bleibt Hauptmann mit beiden Füßen auf dem Boden des Alltags stehen. Sein Buch der Leidenschaft ist das unpathetischste, aber auch das quälendste der drei Werke; menschlich steht«s am höchsten in dieser Reihe. Hauptmann hat den Mut, Liebe und Leidenschast ihres dichtenscheu Glanzes zu entkleiden. Nur ein Seelenkenner wie Hauptmann konnte aus eigenem Erleben schöpfend Leidenschaft und Liebe der- ort desillusionieren. «» * Hauptmann beschränkt sich im Buch der Leidenschaft auf die Wiedergabe der Aufzeichnungen, die auf das Haupterlebnts jenes Lebensjahrzehnts Bezug haben. Sie genügen, um ein Bild des „liberalen Bürgers" der damaligen Zest zu entwerfen. Das kaiserliche militaristische Deutschland liebt er nicht: „So glanzvoll es auch nach außen ist, so wenig kann dieser Glanz erwärmen, und besonders nach innen kann er einem schlichten, menschlich denkenden Mann« nur Augenschmerzen oer- Ursachen. Warum soll ich lügen? Ich hasse dies« eitle, dünkel- haste, herausfordernd«, ganz und gar schwachköpfige, säbelrallelnde Militärdiktatur mit der Kotillonpracht ihrer Uniformen und Orden, die dem eigenen Staatsbürger täglich und stündlich, als wäre er eine wilde Bestie, mit dem aufgepflanzten Bajonette drobt. Ich möchte immer diese finster gereizten Grimmböcke von Militärs fragen: Wer tut euch denn was?" Aber aus dieser Ablehnung eines Systems werden in diesen Auszeichnungen keine Konsequenzen gezogen. Es ist wohl kein Zufall und nur aus der Augenblickssituation heraus zu verstehen, wenn an einer Stelle gesagt wird: „Die hypochondrischen Grübeleien sozialisti- scher, ethischer, religiöser und philosophischer Essayisten erscheinen mir überflüssig oder gar wie häßliche, kranthaft« Prozesse zur Vermehrung der Makulatur. Zu Zeiten erscheint mir die geistige Vroduktion dieser Art einem Niaaarafalle von Abwässern nicht unähnlich, und ich habe den Wunsch, daß irgendein boden- loser Abgrund sie verschluckt. Dies olles beschäftigt uns viel zu sehr in müßiger Weise und lenkt uns von dem einzigen Sinn des Lebens, von der Liebe, ab." Aus diesen Worten spricht«in krasier Individualismus, der (seltsamer Gegensatz zu Hauptmanns Dichtungenl) nicht fähig ist. mik seiner sozialen Umwelt zu oerschmelzen. Tatsächlich spielt die soziale Umwelt in den Auszeichnungen kein« Roll«. Mit dem Ich und der F a m i l i« schließt der Interessenkreis des täglichen Lebens ab. und mitunter hat man den Eindruck, daß die werktätig« Liebe schon da stockt, wo der weitere Kreis der Familie beginnt. »» » Wie erfüllt sich nun in dem Bürger Hauptmann der„einzige Sinn des Lebens", die Liebe? Da findet man folgendes Bekenntnis: „Ich glaubt« bisher durchaus nichts anderes, als daß nun mein ganzes Leben, und zwar bis zum letzten Atemzuge, in dieser Liebe gebunden sei. Außerhalb dieses festgefügten Familienweltsystems, darin meine Gattin für mich die Sonne die Kinder und ich die Planeten darstellten, lag für meine Begriff« nichts, was fein Bewegungsgesetz auch nur von fern zu ändern in der Lage war." In diesen Traum von der Unlöslichkeit der Ehe platzt die Leidenschaft zu einem anderen Geschöpf, einem 17jährigen Mädchen. Aber dies« Leidenschaft ist keineswegs so, daß sie das Familienwelt- system plötzlich auslöscht. Zahn qualvolle Jahr« hat es gedauert, bis das eine FamNicnweltsystem durch das ander« ersetzt war. Und in diesen zehn Iahren zeigt sich dl« tiefe Verankerung des Tagebuchschreibers in der bürgerlichen Tradition. Das Gesetz der Trägheit, der Wunsch. Unannehmlichkeiten zu entgehen, der Wunsch, der Bequemlichkeit seines Zuhause nicht beraubt zu werden(neben den Gefühlen des Mitstids und der Verbundenheit mit semer Frau) lassen ihn immer wieber und oft genug nicht gerade nobel den Gegenstand seiner Leidenschaft verleugnen. Sc ist es psycho-
logisch überaus bezeichnend, wenn der Schreiber des Tagebuchs, der sich soeben noch mit der Geliebten aus Gedeih oder Tod verbuirden fühlt«, die Geliebte plötzlich haßt, als die Mutter der Geliebten ihm die Seelenqual seiner verlassenen Frau vor Augen führt. Es ist bezeichnend, wenn er, der sich von der ersten Frau endgültig los- gelöst zu haben glaubt, dieser Frau Hals über Kopf nachreist, als sie nach Amerika flüchtet und aus einem völligen Wechsel d.'s Gefühls heraus nun ebenso fest davon überzeugt ist, damit sei die. Ehekrij« überwunden und nichts mehr werde den Bestand der Ehe zerstören können, um, bei seiner Frau angelangt, sofort wieder den F�ischkult der Leidenschaft zu der Siebzehnsährigen auszunehmen. Man kann nicht sagen, daß die Leidenschaft zu dem Mädchen so stark wäre, daß sie die Hemmungen schließlich doch überwände. Im Gegenteil, der Schreiber des Tagebuchs ist so schwach, daß er jeder klaren Entscheidung ausweicht und überhaupt nicht fähig ist, ein« klare Entscheidung zu treffen. Durch Jahre hindurch bleibt das Verhältnis zu dem Geschöps seiner Leidenschaft das des Ver- löbnisses: und wenn aus dem geistigen Verhältnis schließlich das der körperlichen Hingabe wird, so bedeutet auch das kaum ein« aktive Entscheidung des Mannes, sondern nur die Impulshandlung eines Eifersüchtigen, der die Geliebte zu verlieren fürchtet. ** * Hauptmann bekennt sich auch in diesen Tagebuchblättern zum Heidentum im Sinne des Hellenismus . Aber feine Handlung bleibt die des Bürgers, der in den engen Zirkeln ch r i st k i r ch- licher Traditionen eingeschlossen ist. Innerlich sagt ihm der Gehalt der christlichen Ethik gar nichts mehr. Aber er leidet Todesqualen unter der steten Furcht, äußerlich gegen die Gesetze dieser Ethik zu verstoßen und sich damit außerhalb des Rahmens der bürgerlichen Wohlan st ändigkcit zu stellen. Man drückt sich mit der Geliebten in den finstersten Ecken der Cafes herum aus Angst, von Bekannten gesehen zu werden und un- angenehm auszusallen(während man sich gor nicht scheut, der Frau dos Verhältnis zu Dritt zuzunuiten). Selbst in der Stund«, in der «inen die Eisersucht zu der natürlichen Bereinigung mit der Ge- liebten treibt,—„Für Gewissensstrupel und Gewissensqualen wäre ja nachher Zeit genug"— kann man es sich nicht versagen, in das Tagebuch einzutragen: „Immerhin würde mein« Tat in den Augen der m e i st e n ein« verbrecherische Handlung sein, die, würde sie bekannt, mich moralisch vernichten könnte. Ein fung«s Mädchen, noch unter Vormundschaft, einem Ehrenmann« ver- lobt, womöglich«mein Seelsorger, würde dann von einem Schurken zu Fall gebracht."
Entsprechend dieser Angst des Bürgers vor der gesellschaft- lichen Meinung, die er innerlich(wie die meisten) nicht teilt, werden die Feierstunden der jungen Liebe vergällt durch die Furcht vor der Kompromittierung: „Es genügt, sich einer Schuld bewußt zu sein, bestünde sie auch nur m einem Verstoß gegen das Herkommen, um sich von aller Welt für verfolgt zu halten." Wenn schließlich die völlige Loslösung von der ersten Ehe erfolgte, so auch hier nicht aus freiem Entschluß, sondern weil der Schreiber des Tagebuches glaubt, daß ihm seine Frau den Stuhl vor die Tür gesetzt hat, und die putzige Entrüstung darüber klingt sehr nach dem erleichterten Aufatmen eines Menschen, der endlich «inen Grund gefunden hat, die Schuld für das Scheitern einer An- gelegenhcit der Gegenseite zuschieben zu können. Die freie Liebe, die ihn nun mit dem jungen Geschöps ver- einigt, wird umdüstert weniger von der Sehnsucht nach der ersten Frau als nach seinem Heim und seiner häuslichen Bequemlichkeit. Und so atmet der Tagebuchschreiber denn auf, als endlich— auch das ist typisch— das frei« Verhältnis durch die st a n d e s a m t- liche Trauung sanktioniert wird. Er selbst empfindet diesen Akt symbolisch als Befreiung von der Bllrgerlichkeit: „Eine große Last sentimentalen Erbes, weichlicher Familien- süßlichkeiten und kümmerlicher Verbundenheiten ist aus einmal abgestreift. Rur scheinbor frei und losgelöst, schleppt« ich mich bis-' her mit den Eierschalen des Kleinbürgertunis und hatte den Mut zu mir selbst nicht gewonnen." Aber wie steht nun das Küken aus, das di« Eierschalen abgestreift hat? In derselben Auszeichnung heißt es: „Frau Triqloff ist in ein« halb unterirdische Küche eingezogen und waltet bereits mit einigen Mädchen darin. Ein«n jungen Glasbläser, den ich kannte, habe ich als Helfer angenommen. Der Zwang, nach dem Rechten zu sehen. Nötiges da und dort an- zuordnen, treibt mich in dem neuen fremden Gebäude treppauf, treppab." Das Ideal des Bürgers Hauptmann bleibt die Bürgcrlichkcit, die mit der Welt und mit sich selbst zufrieden ist, wenn sie die Anforderungen der Familie und des Komforts erfüllt hat.
Es wäre falsch, über das Bürgertum Hauptmanns zu spotten. Er bleibt deswegen doch ein großer Mensch und Dichter. Er ist es gerade in diesen Bekenntnissen wie nur in seinen besten Werten. Was er hi«r mit seltenem psychologischen Tiesblick und dem abso- luten Willen zur Wahrhaftigkeit aufdeckt, trifft in seiner Allgemein« gültigkest letzten Endes jeden einzelnen. Aber rückblickend darf man doch sag«»: die engen Zirkel, in denen Hauptmann und seine Zeit verhastet waren, sind heute durchbrochen, man lebt freier, wahr- hafter und den Blick weniger auf das enge Einzelschicksnl, denn auf die Umwelt gerichtet: man lebt In einer neuen Zeit, i» der das Einzelschicksal hinter das Schicksal der sozialen Menschengemeinschaft zurücktritt. Herbert Lepfer«.
Siran Stellbul:
Spiel
Wenn ich bei meinem Bekannten, Herrn Soundso, zu Besuch bin, erscheinen um die Abendbrotzeit sein« beiden Söhne— der «ine ist seinen Abzeichen nach Hauptmann, der Degen schleppt neben- her, er trägt in jeder dienstlichen Situation den Helm mit blitzend- goldenem Turm. Der jüngere sreilich ist nur«in«insacher Husar— immerhin macht«r«in gehöriges Gerassel nach den Regeln des Hand- werks. Im übrigen sind sie beid« von hochfeinen Sitten, der Haupt- mann verbeugt sich trotz äußerster Wahrung der Form mit Schwung. so daß sein goldblonder, fliegender Scheitel d«n Boden zu fegen scheint.— Er stellt nun den Helm auf den Flügel, setzt sich zu uns an den Tisch, erzählt von Manövern, Schlachten, Granaten, An- griffen mit Gas. Flugzeugattacken— während sein jüngerer Bruder Husar mit glänzenden Augen zuhört und schweigt. Rur wenn von Nervenschock, Blut, letzten Seufzern und Ehrensalven, von Nerven- verletzten und Blinden die Red« ist, ruft der Hular ein scharfes, helles Hurra! dazwischen. Dies, wie es scheint, ist die einzige Aeuherungsmöglichkest des Husaren. Er ist über zwei Jahre alt, nah an die zweieinhalb-, das um drei Jahre höhere Alter seines Bruders drückt sich rangmäßig also ganz richtig aus. Im übrigen warten sie beide mit sichtbarem Angriffsgeist aus das Abendbrot, der Husar findet beinahe Worte in Sachen seines soldatischen Appetits findet sie dann aber doch nicht und plärrt. Beid« kommen sie von der Straße. Ueber den Nachmittag bis in die Dunkelheit haben sie unten Sensgasvergiften, Granatenschleudern, Flugzeugangrifse, Minenlegen und ähnliche gute Sachen gemacht. Mein Bekannter, Herr Soundso, findet die Interessen seiner Söhne betrübend.„Aber was soll man machen— ein Kind will doch spielen." „Fange nun nur nicht wieder an," sagt Herrn Soundsos Frau. Liebend umfaßt ihr Blick die martialische Gestalt des Hauptmanns, der schweigt, weil er ißt. „Ja, ja." sogt Herr Soundso, gleichsam«ntschuldigend,„man kann doch die Kinder nicht ohne Kameraden groß werden lassen." „Kinder"— sagt Frau Soundso—„sollen raufen. Dann schlafen st« gut." „Erlaube einmal— gegen dos Raufen habe ich ja gar nichts gesagt. Aber wenn wir beide un« raufen, Anette, ist doch auch nicht gleich von Flugzeugangriff und Senfgasvergiften die Rede." „Unser Hausarzt," sagt kauend Frau Anette Soundso zu mir hinüber,„ist auch fürs Soldatenspiclen. Was soll es übrigens schaden! Sie sind doch noch Kinder.. „Kinder," sagt der Erzeuger der beiden Soldaten,„werden ein- mal das Produtt von Spiel und Erziehung." „Alle spielen Soldat," sagt der Hauptmann und ißt. Cr ißt Weißbrot mit Ei. mit Käse, Tomaten. Der Husar ruft:„Hurra!" „Jeden Tag," seufzt der Vater,„erfindet die Welt einen neuen Tanz. Warum haben wir nicht Phantasie genug, neue Spiele zu ersinden?" „Du bauschst auch alles gehörig auf," sagt Herrn Soundsos Frau, schon beleidigt.(Man stellt die Phantasie einer Dame, die selbst ihre Balltoilesten«ntwirft, nicht in Zweifel!)—„Uebrlgens." fügt sie nach einer Weile hinzu,„es ist ja nur gut, daß die Jugend von früh auf mit der Zeit geht. Einmal davon wissen müssen sie ja doch— und für das Vaterland ist das nur gut." „Das ist es ja eben," sagt Herr Soundso, schwer von Gedanken, „das ist es, was ich bezweifle." „Ich will mein« Uniform behallen," knarrt der Hauptmann, schießt böse Blicke zu seinem Vater hinüber und sängt an zu weinen. „Behältst auch die schön« Uniform," tröstet die Mutter.„Deine
feine, bunte Osfiziersumform mit eisernem Kreuz, blanken Knöpfen und Schwert." „Wir wollen darüber nicht streiten," brummt Herr Soundso,„wir wollen uns beim ersten Flugzeugangriff im nächsten Kriege, wenn wir im Kohlenkeller sitzen, weiter davon unterhalten." Der Husar ruft:„Hurra!"
fr. T. aCorch: �agebuchbläHer eines Jünglings Also Selbstmord. Es bleibt mir'nichts anderes übrig. Was soll ich tun? Mein Schicksal ist gleich dem, das Ungezählte mit sich schleppen. Ich habe keine Lust mehr dazu. In meinem Beruf als Schreibertuli komme ich nicht vorwä ts. Vier Paar Hofen habe ich schon blank- und durchgesessen. Jetzt ist Schluß. Tüchtigkeit, Arbeitswille wird doch nicht anerkannt. Di« Gebundenheit im Beruf macht mich verrückt. Dazu kommt... Ich bin wahnsinnig oerliebt. In die Tochter meines Chefs. Ein wunderbar vornehmes, reines Mädel. Ich bin... Ja. man liebt im Leben nur ein Mädel. Alles andere ist Liebelei, Bedarfslieb«. Wohnsinn ist es, zu versuchen. Edsth zu erringen. Als Frau, Kameradin gar? Ein schöner Traum. Ich muß verzichten. Wozu otfo leben? Ich greife zum Selbstmord. Doch wenn man Selbsttnorb begeht, muß man vorher etwas vom Loben gehabt haben. Sonst lohnt es sich ja nicht. Heut« nacht ist Edith ollem in der Prunkvilla. Ich werde sie mir nehmen. Mit Gewalt. Morgen früh das Ende. Ich habe mir einen Revolver gekauft. Für die letzten Er» jparnifse. Morgen früh bin ich tot. Heute nacht... Ich bin nicht tot. Ich war nachts bei Edith. Es ging ohne Revolver. Und schließlich besteht das Leben aus einer Kette ewigen Sichverwunderns.— Sie will für meine Karriere sorgen. Den Revolver habe ich verkauft. Denn ich will Edith heut« nacht ein paar Blumen mitbringen. Sie sagt, das macht man so. Gestern war ich Anfänger. Das ist jeder einmal. Wenn ich es mir richtig überlege, hält« ich heute eigentlich ineh� Grund zum Totschießen. Aber auf solche dummen Gedanken kommt man durch Ueber- legen. kritische Tage für Gewohnheitsverbrecher. Die Pariser Kriminal- psychologische Gesellschaft hat an Hand umfangreicher Gerichtsakten festgestellt, daß die Gewohnheitsverbrecher ihre Delikt« in periodischen Zeitabständen verüben. Diese Behauptung deckt sich mit der Theorie von Wilhelm Flieh, daß besonders Männer unter periodischen Depressionen zu leiden haben, die sich in Verringerungen der Arbeits- leistung und der moralischen Anschauungen äußern. Solche Depressionen treten gewöhnlich alle 2 Tage-ms . Die Polizei trägt sich mit den Erwägungen, die ihr bekannten Gewohnheitsverbrecher am Ablauf solchen Termins unter besonders scharfe Kontrolle zu stellen. Das Schwalbenhau» ,u Lampinas in Vrasillen. Die Stadt Campinos im Staate Sao Paulo sartd vor Lyhren ihr MarkigebÜude ihrem Wohlstände nicht mehr entsprechend. Die Bürger nahmen aber Anstand, dos alte Haus niederzureißen, wo viele Taufende von Schwalben nisteten, die Krieg führten gegen die fliegenden Quäl- geister der Menschen. Sie errichteten daher einen neuen Bau aitt demselben Platze und machten den ästen zu einem„Slädtil-'" Vogelhaus". All« Einwohner Eanipinas sind stolz daraus.