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antwortlichen Beamten hätten den Magiftrat bes logen bzus, die Wahrheit verschwiegen.

Böß: Jawohl.

Damit ist die Vormittagssigung zu Ende.

Zeuge Novarra als Berleumder entlarvt.

Zu Beginn der Nachmittagssigung wurde noch einmal in Gegenwart des Abg. Beinert der frühere Leiter der BG. Novarra, und zwar auf seinen ausdrücklichen Bunsch, vernommen. Abg. Beinert hatte bekanntlich am Mittwoch als Beuge ganz entschieden in Abrebe gestellt, daß er seinerzeit als Oberbürgermeister von Hannover   mit der Berliner   AVG. in Ge­schäftsverbindung gestanden habe oder gar, wie Novarra behauptet hat, ihm schmer vorbestrafte Generale vom Baterlandsdank zu­geführt habe. Er habe Novarra nie im Leben gesehen.

Roch einmal danach gefragt, macht Novarta wirre Ausreden, so daß er vom Borsitzenden wiederholt ermahnt wird, zur zur Sache zu kommen.

Schließlich bequemt er sich dazu, zuzugeben, daß er sich geirrt haben fönne, daß Leinert vielleicht doch bei den in Frage tommenden Unterredungen nicht dabei gewesen ist, daß es sich aber um eine Geschäftsverbindung mit einer hannoverschen Birthaftsgemeinschaft gehandelt hat.

Da Abg. Beinert anwesend ist, wird Novarra vom Vor­fitenden gefragt, ob er ihn wiedererfennen würde. Novarra bejaht das; er sieht sich um, jieht dabei auch den Abg. Leinert an und meint unter stürmischer Heiterfeit, daß Leinert auch so ,, fomplett" ausgesehen habe. Schließlich bezeichnet er unter großer Heiterfeit den Abg. Maderholz( Soz.) als denjenigen, mit dem er seinerzeit verhandelt hätte.

Beuge Abg. Ceinert( Soz.) in großer Erregung zu Novarra: 3d tenne Sie nicht, und Sie fennen mich nicht. Ich habe niemals im Leben etwas mit Ihnen zu tun gehabt. Ihre Aussage it ein Schulbeispiel dafür, wie jemand in der Oeffentlichkeit diskreditiert wird. 3ch soll Ihnen Leute zugeführt haben vom Vaterlandsdank, die Betrüger find. Ich habe mit dem Vaterlandsdant nie etwas zu tun gehabt. Ich pro­teftiere gegen die Art und Weise, wie hier vor aller Deffentlich­feit völlig unberechtigt Behauptungen aufgestellt werden, um Leute zu disqualifizieren.

Auch bei der

Gegenüberstellung des Zeugen Novarra mit dem Ober­bürgermeister Böß

wegen des Wäsche stofftaufes, den er seinerzeit noch als Kämmerer. bei der KVG. getätigt haben soll, bestreitet der Ober­bürgermeister ganz entschieden, daß sich der Vorgang so abgespielt hat, wie es Novarra vor dem Ausschuß betundet hat. Er und seine Frau fönnten sich zwar dunkel erinnern, früher einmal von der ABG. Bäschestoff bezogen zu haben. Daß er dabei aber einen Drud ausgeübt habe, um unter dem Einkaufspreis zu faufen, fei obsolut unwahr. In die Enge getrieben, schränkt Novarra unter großer Bewegung seine Aussage dahin ein, daß auch Frau Böß mit ihm darüber verhandelt haben tönne; es Tonne aber auch ebensogut das Ehepaar Böß gewesen sein. Schließlich verzichtet der Ausschuß auf die weitere Bernehmung des Novarra, der einen franten und absolut fonjufen Eindrud mact.

Der Ausschuß fährt hierauf in der

Bernehmung des Oberbürgermeisters Böh

fort. Auf eine Frage des Abg. Riedel( Dem.) über den Umfang ber Berliner   Berwaltung, erklärt Dr. Böß, daß der Etat von Berlin  in Ein- und Ausgabe mit ungefähr 1.1 milliarden Mart aus­balanciert ist. Darin find die Ueberschüsse und Fehlbeträge der großen Betriebe nicht enthalten. Die Stadt Berlin   beschäftigt 22 154 Personen als Beamte, 1278 Beamte find in Gesellschaften beurlaubt, weiter beschäftigt Berfin 18 264 Lehrer, 21 700 Ange fieffte, 23 000 Arbeiter, 52 000 Arbeiter bei den einzelnen Gesell fchaften, insgesamt 128 396 Personen. Außerdem find noch rund 24 000 Ehrenbeamte tätig. Insgesamt hat Berlin   252 Betriebe, davon 36 als Betriebsgesellschaften.

Qui meitere Fragen befundet der Oberbürgermeister, daß es iým

bis jetzt völlig unbekannt gewesen sei, daß der Obermagistrats­rat Schalldach als Ceiter der BUG. neben seinen Beamten­bezügen noch eine Aufwandsentfehädigung von 1000 Mart pro Monat bekommen hat.

Es wird zurzeit im Magistrat untersucht, wieso es dazu fommen fonnte.

Auf wiederholte Fragen des Abg. Koch( Dnaf.), ob er sich nicht an bestimmte Borgänge, wie an den Bericht über Bilanzfälschungen, erinnern könne, an Anträge und Reden in der Stadtverordnetenpersammlung über die ABG. und BAG., führte der Oberbürgermeister aus: Ich glaube, Sie verlangen von mir etwas ganz Unmögliches, wenn ich mich jetzt an Einzelheiten erinnern foll. Es ist ganz underfbar, daß ich 3. 28. mich an einige aus dem Bufammenhang geriffene Säße aus Reden, die vor Jahren in der Stadtverordnetenversammlung gehalten wurden, erinnern fann. Dadurch muß in der Presse und in der Oeffentlichkeit der Eindrud entstehen, der Oberbürgermeister erinnere fich an nichts.( Buruf von ben Soz: Das ist auch ganz offensichtlich der 3wed Der Uebung.)

Der Oberbürgermeister fährt dann fort, daß, menn er ober der Magistrat von den Vorgängen bei der BUG. Kenntnis gehabt hätte, oder von dem Inhalt der deutschnationalen Strafanzeige, daß es dann die deutschnationale Frattion ficher nicht nötig gehabt hätte, Strafantrag zu stellen.

Es fel mur zu verroundern, daß die im Magiftrat fizenden deutsignationalen Stadträfe darüber ein Wort gesagt haben, cla Berveis, daß auch fie wohl teine Kenntnis davon gehabt hällen.

Eine Frage nach dem Vermögensstand der Stadt Berlin   be­antwortet der Oberbürgermeister dahin, daß das Aktiveermögen rund zwei Milliarden beträgt und die Schulden rund eine Milliarde. rund zwei Milliarden beträgt und die Schulden rund eine Milliarde. Die schwebende Schuld beläuft sich auf rund 351 Millionen.

Aus einer Anfrage des Abg. Drügemüller( Soz.) geht hervor, daß bereits 1924 ein Antrag des tommunistischen Stadt­verordneten Degner( Stadtrat) der Stadtverordnetenver fammlung zugegangen sei, das Geschäftsgebaren der KG. und BAG. zu untersuchen. Dieser Antrag ist später zurüd gezogen worden.( hört, hört!) Auf eine weitere Frage von Drügemüller erklärt der Oberbürgermeister, daß Schallbach   als Beamter wissen mußte, daß er die Aufwandsentscha di gung von 1000 art nicht annehmen durfte. Benn ihm diese Summe vom Aufsichtsrat genehmigt wurde, fo lei dafür nur der zuständige Dezernent, Stadtrat Gäbel, verantwortlich.

Severing

Nieder

Ablenkung im Reichstag.munde

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Hugenberg

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Sugenberg( zu den Kommunisten): Macht recht viel Spektakel, damit die Gegner hemeinen leidenden Zustand nicht gewahr werden!"

Einigung in Wien  .

Nächste Woche Plenarberatung.

Wien  , 5. Dezember.  ( Eigenbericht.)

Die Verhandlungen im Unterausschuß über die Ver­fassungsreform find soweit gediehen, daß sich der Natio nalrat am Sonnabend oder zu Beginn der kommenden Woche mit der Vorlage befassen taun. Die Verhandlun gen haben ergeben, daß die Stellung Wiens im gen haben ergeben, daß die Stellung Wiens im großen und ganzen unverändert bleibt. Sin sichtlich der Volksabstimmung fam man überein, cin Volksbegehren zu schaffen. Danach können 300 000 Wähler über einen vom Nationalrat gefaßten Beschluss eine Volksabstimmung verlangen. Von diesen 300 000 Wählern müssen 150 000 in Wien   unb 150 000 in den anderen österreichischen Ländern ihren Wohnfis haben. ( Das wird bestimmt, weil die Sozialdemokratic in Wien  allein 300 000 Unterschriften unter ihren Parteimit gliedern leicht aufbringt.)

20

Die Regierungsparteien wünschen, daß bei der Behandlung der Verfassungsreformi im Plenum auch ihre ursprünglichen For derungen zur Abstimmung gestellt werden. Die Folge wird fein, daß mehr als 30 Paragraphen des Entwurfes von der Sozialdemo fratie abgelehnt werden und die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wird. Es handelt sich dabei in erster Linie um die Borschläge zum Ausnahmezustand, über das Recht des Bundespräsidenten   zur Auflösung des Parlaments, die Ab­schaffung des Verhältniswahlrechts für die Landesregierungen, die Degradierung Wiens vom Land zur Gemeinde, die Einschränkung feiner autonomen Rechte sowie die Möglichkeit der Wiedereinführung des Abels und die Aenderung des Wappens der Republik  ( Ent fermung von Hammer und Sichel aus den Adlerflauen). Alle diese Borschläge werden aus dem Gesez verschwinden, da für fie

Hierauf stellt Abg. Dr. Kaufmann( Dnat.) an den Oberbürger meister die Frage, was das Bild darstelle, das er für 800 Mart von einem notleidenden Künstler getauft habe, um damit den geringen Kaufpreis für den Pelz auszugleichen. Böß: Ich bitte darüber mit Rücksicht auf den Künstler nichts weiter sagen zu dürfen. Es handelt sich um eine kleine Landschaft. Dr. Kaufmann: Aus welchen Mitteln ist das Bild bezahlt? Böß: Aus meinen! Dr. Kaufmann: Wer hat das Bild befommen? Böß: Ich. Ich habe das Bild gekauft, weil man Künstler nicht durch Geld unterstützen foll, sondern durch Ankauf ihrer Werte. Abg. Dr. Obuch( Komm.): Deshalb ist Arno Holz   verhungert! Bög( mit erhobener Stimme): 23 enn Arno Holz   noch lebte, mürbe er darüber

etwas anderes sagen!

der

Damit ist die Bernehmung des Oberbürgermeifters Böß beendet. Die nächste Sigung mit weiteren Zeugenvernehmungen, u. a. Gebrüder Sklaret, Freitag vormittag 10 Uhr.

Efelsfußtritte.

Die Gemeinschaft der Untreuen".

Nachdem die Spaltung der Deutschnationalen Bolfspartei ein. mal begonnen hat, sind die Federn des Diftators Sugenberg be­fiiffen bereit, die Ausgeschiedenen noch nachträglich mit ihrer billigen Tinte zu besprijzen. Die auch dem Hugenberg- Konzern gehörige Storrefpondenz Deutscher Schnelldienst", der auch die parteiamtlichen Mitteilungen" beigelegt zu werden pflegen, spricht von der Ge­meinschaft der Untreuen", als welche die durch Hugenbergs Diktatur zum Verlassen der Partei oder der Fraktion gezwungenen

Abgeordneten bezeichnet werden. Zu diesen Untreuen" gehört das nach auch der Herr v. Keudelt, den die Hugenberg- Bartei noch vor turzem als ihren Innenminister stellte. Dazu gehört

inbeiner Bildau, ber als politischer Beauftragter der Partei eine hervorragende Rolle spielte, dazu gehört der Pastor Mumm und vor allen Treviranus, dem die Hugenberg- Korre spondenz bescheinigt, daß er von dem Augewaltigen gefördert" wurde und nun sich in hem mung slojen Ehrgeiz" ver ftiegen habe!

Diefe neue Arbeitsgemeinschaft, die sich gebildet hat, ist ein Mischmasch von Unzufriedenen, 3deenlofen, in ihrem Ehrgeiz Ge­

die Zweidrittelmehrheit nicht erreicht wird. Strittig war vor allem das Notverordnungsrecht des Bundespräsidenten  . Die Borlage wollte dem Präsidenten u. a. das Recht geben, ouch mährend der Tagung des Nationalrats bei Schmierigteiten parlamentarischer Art eine Verordnung durch Gesetz zu erfaffen. Dieser Blan ist abgewehrt. Der Bundespräsident erhölt ledig. lich das Recht, bei einem außerordentlichen Notstand, zur Apchr eines offenbar nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Allgemeinheit, und nur, wenn der Nationalrat nicht ver sammelt ist oder nicht rechtzeitig zusammentreten fann oder in feiner Tätigkeit durch höhere Gemalt verhindert ist, auf Borschlag und unter Berantwortung der Regierung mit Zustimmung eines ständigen Ausschusses eine Notverordnung zu erlaffen. Die Berfassungsgesetze, die Sozialgefeßgebung, Finanzgesetzgebung und das Mieterschutzgesetz sind von diesem Recht des Bundes präsidenten ausgeschlossen. Bird eine Rotverordnung er laffen, dann muß der Nationalrat innerhalb a cht Lagen zusammen­treten und innerhalb vier Wochen die Rotverordnung entweder in ein Gesetz umwandeln oder ihre Aufhebung perlangent. Gegent jebe Notverordnung bzw. gegen das an ihre Stelle getretene Gesetz fann ein Boltsbegehren veranstaltet werden.

Bien behält im großen und ganzen seine bisherigen Rechte. Der Bürgermeister bleibt Landeshauptmann  . Neben den Stadtfenat wird eine Landesregierung auf Grund des Berhältnis­mahlrechts gesetzt. Für Angelegenheiten des Staates, die von der Gemeinde verwaltet werden, sollen besondere Kollettivbehörden als zweite Instanz eingesetzt werden. Von den Schulen wird nur das Mittelschulmesen( höhere Schulen) unter starteren Einfluß des Staates gestellt. Hinsichtlich der Polizei wird der gegenwärtige Zustand gefeßlich festgelegt. Die Gemeinde Wien  , die bisher dos Recht hatte, für gemiffe 3mede eine eigene Polizei aufzustellen, hat auf diefes Recht verzichtet.

fränkten und einigen Schwachen, die in die Irre gehen. Sie ist aber auch, und das ist das Erschütternde an ihr, in jedem Fall eine Gemeinschaft der Untreue. Die Front des befennerischen Rationalismus hat sich zum Kampf gegen den Young- Plan im Reichsausschuß für das Deutsche Boltsbegehren gebildet. I entscheidendsten Augenblick diefes Kampfes unmittelbar an­schließend an die Ablehnung des Freiheitsgefeges durch eine er­füllungsgierige Reichstagsmehrheit, springen diefe Offiziere ohne Soldaten aus der Front heraus, machen sie eine Führerfronde und torpedieren sie damit, immer noch die Maste der Mit­streiter vor dem Gesicht, den Boltsentscheid. Das, gerade das, diesen Zeitpunkt der Fronde, diese Offiziersflucht nach hinten, wird verstehen und zu begreifen vermögen.

niemand draußen im Lande, wo man im Schüßengraben steht, 311

Das find so Liebenswürdigkeiten des befennerischen Natio­lismus" für bisherige Weggenossen. Sie werden nur noch über­troffen durch die Behauptung, die Lambach, Hülfer und Hartwig hätten in der Partei eine gemertschaftliche Dittatur aufrichten wollen!

Aber es bleibt ein Trost im Unglüd. Der Deutschnatio nale Bandesarbeiterausschuß für Potsdam II versichert dem Führer" Gefolgidhaft bis ans Ende". Aber diese ,, Arbeiter" von Botsdam II wissen noch mehr:

Das Ausbrechen mehrerer unserer Abgeordneter aus dieser Front und zu dieser Zeit wird nicht perstanden und von uns mit Fahnenflucht verglichen. Wir sind der Ueberzeugung, daß hier der Mut zur lehten Entscheidung mit dem Margismus ge­fehlt hat... Meuterei wurde in Kriegszeiten, und in einem ähnlichen Zustand befinden wir uns, schwer bestraft

Danach wird also dem Führer" nichts anderes übrigbleiben, als ein Bartei- Zuchthausgesetz gegen Meuterer" einzuführen. Die Botsdamer werden ihm auch dahin bis zum Ende" folgen

Ungestörter Gejmbeginn.

Keine Zwischenfälle.

Warschau  , 5. Dezember.  ( Eigenbericht.) linter algemeiner großer Spannung hat heute die Herbst. Die Sizung verlief ohne Seffion des Sejm   begonnen. 3 wifchenfälle.