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. 571- 46. Jabrgang 1. Beilage des Vorwärts
Blick
zur ,, Paddengasse"
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Bom alten Berlin schwindet immer mehr. Mit den unabweis-| Bad dengasse" hieß amtlich seit alter Zeit und noch bis zum baren Bedürfnissen des großstädtischen Verkehrs verträgt sich schlecht Jahre 1862 die heutige Kleine Stralauer Straße, die zu der hier der Wunsch rücksichtsvoller Schonung alter Gebäude. Wird's noch ehemals von Padden" bevölkerten Spree hinabführt. Rechts von lange dauern, bis im ältesten Teil Berlins auch die Häuser am der Paddengasse" stand bis 1699 dicht an der Spree da, wo auf Krögel unter der Hacke fallen? An der Kleinen Stralauer unserem Bild die Mündung eines Notauslasses zu erkennen ist Straße, die ihm benachbart ist, wurde schon vor dem Kriege der Paddenturm". Er war ein Teil der mittelalterlichen Bebeim Bau der Untergrundbahn und ihres Spreetunnels schonungsfestigung Berlins , dessen Mauer hier mit dem Turm endete. Bom Jos aufgeräumt. ,, Baddenturm" zog sich durch die Spree der Oberbaum, eine BalfenUnser Bild zeigt im Vordergrund, am nödlichen Spree schranke, die zur Nachtzeit die Stadt nach der Oberspree hin abufer, die Reste der Kleinen Stralauer Straße. Noch immer
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sperrte. Auf dem südlichen Spreeufer setzte sich die Befestigung
Freitag, 6. Dezember 1929
immer wieder. Und Berliner medizinische Sachverständige meinen trotzdem, die Frau sei im Vollbesitz ihrer Willensfreiheit, die es hr gestatte, nach Belieben zu entscheiden, ob sie stehlen solle oder nicht? Es wäre wert, daß dieses Urteil der Sachverständigen von Sachverständigen nachgeprüft würde.
Dreijähriges Mädchen totgeprügelt?
Schwere Beschuldigungen gegen ein Elternpaar.
Ein dreijähriges Mädchen, das trotz seiner Zartheit fiets hart gezüchtigt worden ist, starb, nachdem es von seinem Vater mit einem Lederriemen verprügelt worden war. Es scheint wieder einmal der fraurige Fall vorzuliegen, daß ein Kind das Opfer brutaler Prügelsucht seiner Eltern geworden ist.
Schwere Beschuldigungen werden gegen das Ehepaar Schröder in Blankenburg von der Nachbarschaft erhoben. Sie gaben Veranlassung, daß auch die Pantower Kriminalpolizei sich damit befaßte. Schröder und seine Frau arbeiten in der BerlinBlankenburger Chemischen Fabrit. Vor einem halben Jahre heirateten sie und nahmen ihre beiden Kinder, die drei Jahre alte Dora und einen% 4 Jahre alten Jungen, die bis dahin in einer städtischen Pflegeanstalt untergebracht waren, zu sich. Sie bewohnten eine größere Laube. Seit einiger Zeit gingen in der Nachbarschaft schon Gerüchte, daß die Eltern die kleine Dora ungebührlich hart züchtigten. Leute in der Gegend gaben an, daß das Kind ihnen nicht mur davon erzählt habe, sondern daß sie sich durch Augenschein von der Wahrheit überzeugt hätten. In der vergangenen Nacht turz vor 12 Uhr starb das Kind. Es war schon immer schwächlich und litt seit mehreren Tagen an heftigem Durchfall. Gestern abend hatte es wiederholt sein Bett start beschmutzt. Die Mutter gibt zu, daß sie es deshalb mit der Hand verprügelt habe und ihr Mann habe es mit einem Lederriemen verhauen. Der Arzt, der auf die Meldung des Vaters die Leiche untersuchte, um den Totenschein auszustellen, fonnte die Todes= ursache nicht einwandfrei ermitteln und die Leiche wurde mun von der Kriminalpolizei beschlagnahmt und zur Sektion sichergestellt. Das Ehepaar wurde von Kriminalfommissar Schalla vorläufig in Schußhaft genommen, da bei der starten Anteilnahme der Nachbarschaft Gewaltatte zu befürchten waren.
wartet man darauf, daß die geplante Kosterstraßenverlängerung, mit der Mauer von Kölln fort. Nach der Unterspree hin diente Schwere Arbeitsunfälle in Tempelhof .
die Ersatz für die Kleine Stralauer Straße sein soll, ausgeführt wird. Bon der Straße Neu- Kölln am Wasser", dem südlichen Spreeufer, schmeift über die Spree hinüber der Blick zu dem Baugelände, das der Neubebauung harri. Das Gewirr der sich drängenden alten Häuser und Häuschen, die zum Teil wie Ruinen aussehen, hebt sich ab von dem Hintergrund, dem modernen Bau des massigen Stadthauses mit seinem hochragenden Turm.
Raffinement oder Kleptomanie? Eine Spezialistin für seidene Strümpfe vor Gericht. In einer Frage, ob die Arzffrau K., die fchon unzählige Male wegen Diebstahls seidener Strümpfe verurteilt wurde, als fleptomanisch anzusprechen sei, hatte das Schöffengericht Schöneberg gegen die Angeklagte zu entscheiden.
Die immer wiederholte Tat erschien um so rätselhafter, da der Angeklagten fein Motiv für ihre Diebstähle nachgewiesen merden konnte. Frau K. lebte in sehr schlechter Ehe mit ihrem Manne, von dem sie sich wegen seiner Mißhand. lungen scheiden ließ. Das Kind, das jetzt 15 Jahre alt ist und in einer Balletschule aufgezogen wurde, wurde ihr zugesprochen. Seit ihrer Scheidung begann Frau K. in Spezialgeschäften und Warenhäusern seidene Strümpfe zu stehlen. Zuerst wurde sie zu fleineren Geldstrafen verurteilt. Da sie aber von ihren Straftaten
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Damais
Roman von
Man Heilbut
„ Es wird einmal sein", entgegnete er ihr, daß von Kranten niemand dem Arzt etwas schuldig wird aus dem einfachen Grunde, weil dann der Staat den Arzt als Beamten bezahlt. Diesen glücklichen Zustand nehme ich jetzt schon vorweg.
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,, Auf solchen Wegen gehen deine Gedanken? Willst du nicht auch dies Haus aufteilen unter deine Freunde", die Opfer der Zeit"! Und das Kapital, das wir noch besigen!" Gie übertrieb; dies, noch" mar entschieden zu viel. Nicht einmal der alte Banfier de Castro fand Anlaß, gegen die Geschäftsart seines Sohnes zu protestieren. Er sah mehrere Male den Namen de Castro ehrend in Tageszeitungen gedie Artikel betrafen die Tätigkeit seines Sohnes. Und da er den Ausbrüchen seiner Schwiegertochter auswich, befand sie sich in ihrem Widerstand allein. Mit der Zeit befaz Albert nicht immer Geduld zu der oft wiederholten ErPlärung. Offensichtlich, sie trieben voneinander ab. Er war nun auch dazu übergegangen, einer politischen Vereinigung beizutreten, die ihn an manchem Abend als Redner in Anspruch nahm. Kurze Zeit darauf vollzog er den Eintritt in eine große Partei, und nun schien von morgens bis in die Nacht sein Wille die Pflicht als Nahrung gefunden zu haben, wie Feuer das Scheit, um zu brennen.
Denn er murde bald mit den wichtigsten Aemtern betraut. Der Brief, den Christine, die echte, die richtige Christine Gast von ihren Eltern aus Amerika erwartete, fam vorerst nicht an. Das hing wohl mit den Verhältnissen auf der Erde zusammen, die noch höchst unsicher maren. Chriftine murde stumm und wütend; sie wollte sich nicht einmal um Arbeit bekümmern Sie wollte den Brief und das Geld empfangen, das Reisegeld nach Amerika .
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als sperrende Schranke der Unterbaum, der in der Gegend der heutigen Friedrichsbrücke die Spree durchquerte, dort die Mauern Berlins und Köllns miteinander verbindend. Nicht weiter als von der Kleinen Stralauer Straße bis zur Friedrichsbrücke reichte im Mittelalter das bebaute Gebiet der damaligen beiden Städte an der Spree , des nördlich der Spree liegenden Berlin und des südlich anschließenden Kölln .
nicht abzuhalten war, ging das Gericht schärfer vor. In der Zwischenzeit stellte sich die Angeklagte dann freiwillig in einer Irrenanstalt ein, ohne aber den Aerzten zu sagen, aus welchem Grunde an ihrem Geisteszustand gezweifelt wurde. Vor einiger Beit ergab eine Haussuchung, daß sie 250 Paar seidene Strümpfe in ihrer Wohnung aufbewahrte. In der Verhandlung ror dem Schöffengericht wurde die Frage, ob die Angeklagte als nicht zurechnungsfähige Kleptomanin anzusehen sei, von den medizinischen Sachverständigen ver.
Das Gericht tam daher zu einer Verurteilung von sechs Monaten Gefängnis und begründete dieses Urteil damit, daß die Diebstähle zu raffiniert ausgeführt wären, als daß sie von einer Geistestranten begannen sein tönnten.
Die Frau hat also etwa 250 seidene Strümpfe zusammen gehamstert, ohne sie selber zu benutzen oder einen Nutzen davon zu haben. Sie ist wiederholt bestraft worden, weiß, daß sie be straft worden ist, begeht aber dasselbe Delikt und nur dieses eine
Sie wohnte jetzt in einem Zimmer mit Magda Rubin| zusammen. Abends begleitete Christine sie oft auf Unternehmungen, die Magda mit bemalten Lippen unternahm. Zu diesen Lippen trug sie einen fleinen Hut von Samt, schief trug sie den Hut, und noch schiefer legte sie den Kopf auf die Seite, wenn sie in der Friedrichstraße in Licht und Menschengewimmel tamen. Christine sagte gar nichts dazu, sie ging nur daneben, fah für gewöhnlich gradaus. Wenn Magda von einem neuen Bekannten in ein Café eingeladen wurde, ging Christine mit. Warum nicht? Sie betrachtete sich diese Welt und trant gute Sahne. Wenn jemand mit einer Frage ihr nahetam, die ihr nicht gefiel, nun so schwieg fie eben. Ihr Blid tonnte barsch sein wie ihre Stimme. Die Welt sich vom Leibe zu halten, darauf verstand sich Christine sehr gut.
Bon Efther Rubin, der echten, der richtigen Esther Rubin kamen Briefe an. Alle Briefe, die sie zu schreiben hatte, gingen durch Chriſtines Hände, von Berlin aus wurden sie erst richtig befördert, etwa an die Eltern Rubin . Während Esther auf dem Lande mit Hans und dem Kind einen glüdlichen Frieden genoß, lebten Christine und Magda farg.
Aber da fam eines Tages ein Brief, und das war denn der Brief aus Amerika . Das erste, das Christine bemerkte, war, daß fein Reisegeld beilag, und darüber hinaus beschworen die Eltern die Tochter, niemals mehr an die Reise zu denken. Der Krieg hatte auch drüben so vieles vernichtet. Im Gegenteil, die Eltern wollten die Reise machen, um in der Heimat, der kleinen Stadt, wieder von vorn zu beginnen. und bis dahin sollte Christine sich nur halten, tapfer und brav als ein ehrliches Mädchen. Diesen Brief irug Christine zerfnüllt in der Faust, und ihr Gesicht war so bleich, daß Magda erschrat.
Und Christine schwieg.
An demselben Abend ging sie, wie so oft, mit Magda durch die lichterhelle City. Magda trug über den Ringelloden das schräg sigende Hütchen von Samt, auf dem eine ihrerseits noch schräger sigende Feber mehte. Aber diesmal lief Christine nicht nebenher, um etwa in einem Café ein Täßchen Mokka und Mohrenköpfe zu sich zu nehmen nein, sie hatte genug davon, sie hatte diesen Brief und ihre Gedanfen. Sie fehrte um, allein, und ging langsam die Friedrichstraße hinauf.
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An der belebtesten Ede stand fie still und sah ins Ge
Durch Startsfrom getötet.
In einem Laboratoriam der AEG., Betrieb Hoffmannstraße 19 in Lempelhof, wurde der 35 Jahre alte Monteur Karl Fedder aus Betten in der Mart, der einer Startstromleitung zu nahe fam, vem Startstrom getötet. Die Leiche des Verunglückten wurde beschlagnahmt und nach der Leichenhalle in Budkom gebracht.
Auf dem Neubau Ottotarstraße 2 in Tempelhof wurde der 60 Jahre alte Arbeiter Martin Wahrlich aus der Bossestraße 10 durch einen herabfallenden Stein am Kopf getroffen und schwer verletzt. Der Berunglückte wurde in bewußtlosem Zustand nach dem St. Josef- Krankenhaus gebracht. Gleichfalls in Tempelhof , auf dem Neubau an der Ecke Germania- und Schaffhausener Straße verunglückte der Bauarbeiter Hans Behrend durch Einatmen von Benzindämpfen. Die herbeigerufene Feuerwehr brachte den Berunglückten in befinnungslojem Zustand ebenfalls ins St. Josef- Krankenhaus.
200 Banditen zu Zuchthaus verurteilt.
Nach wochenlangen Verhandlungen ist nunmehr der Riesenprozeß gegen die 243 Mitglieder starte sizilianische Maffia= Bande, der in Palermo geführt wurde, zum Abschluß ge= fommen. lleber 200 Angeklagte wurden Zuchthausstrafen in Höhe von 3 bis 8 Jahren verhängt, 43 wurden freigesprochen.
wimmel hinein. Vom Licht der Fenster und Bogenlampen war die Straße hell wie am Tage. An diesem Abend war Christines Gesicht gepudert, mit der Buderquaste aus Magdas Schächtelchen, und die Narben des Brandes am Kinn und Wangen waren so gut wie unsichtbar geworden. Ihre Augen glänzten im Licht. So stand fie still, in der Bewegung der Straße. Sie sah nicht nach links und rechts.
Bis eine ruhige Stimme sie fragte:„ Sie sind ja so traurig?"
Christine blickte dem Mann ins Gesicht. Seine blan grauen Augen sahen sie teilnahmsvoll an; sein Gesicht war fest, die Gestalt gedrungen; er trug einen grünen Hut. Chriftine sah weg.
eben
,, Haben Sie etwas?" fragte der Mann.
Ja", sagte Christine barsch ,,, ich hab Hunger." ,, Kommen Sie mit mir", sagte der Mann ,,, ich will auch zu Abend essen." Er trat mit ihr in ein Restaurant ein. Wie fommen Sie hierher?" fragte er sie.
Christine erzählte, ihre Stimme blieb hart. Von Amerika , von ihrer Jugend und Hoffnung, von dem Lazarett und dem weiteren Weg. Nur von den Brandwunden erzählte sie nichts. Aber von ihrem Logis und der Wirtin, die sie drängte, daß sie bezahlen sollte eine lächerlich hohe Miete drängte, daß sie bezahlen sollte für ein Hinterzimmer, das schmutzig blieb, auch wenn man es gründlich gereinigt hatte.
Als sie geendet, gab er ihr Geld. Christine sah das Geld an und sagte nichts. Es war genug, um einen Monat davon
,, Aber versprechen Sie mir", sagte der Mann ,,, niemals mehr so spazieren zu gehen wie heute. Und ziehen Sie aus aus dem Hinterzimmer, das so lächerlich teuer ist. Von dem Geld da mieten Sie sich eine Stube, und dann suchen Sie Arbeit als Pflegerin oder als was Sie wollen. Bersprechen Sie das?"
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Ja, Christine versprach das. Und als er ihr seine Hand hinhielt, legte sie sogar ihre Hand hinein. Er sah sie an, diese Hand, fie war lang und schmal, der fleine Finger war etwas gebogen er stand plöglich auf und griff nach dem Hut; er sagte, daß er es eilig habe. Dann begleitete er fie ein Stück ihres Weges nach Hause.
Als sie sich trennten, sah er sie an.
( Fortsetzung folgt.)