Nr. 571 46. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Das Wanderungsproblem.
Ein Beitrag aus dem deutsch - französisch- luxemburgischen Industriebecken.
den 25 000 Arbeitern der Berg- und Metallindustrie in Luxemburg find 11 000 Arbeiter eingewandert. Von diesen sind nach der letzten Statistik 4100 Italiener, 3400 Deutsche , 1620 Belgier , 750 Franzosen und 1130 Polen , Ungarn , Desterreicher, Russen, usw. Von den 11 000 freiorganisierten Berg- und Metallarbeitern in Lugemburg stellen die Italiener mit 900 Organisierten( eigene Sektion) den weitaus höchsten Teil aller organisierten Ausländer
Der Lebensstandard der einheimischen Arbeiter ist gegenüter der Vorkriegszeit vor allem deshalb gesunken, weil in dem industriellen Grenzgebiet Tausende eingewanderte Arbeiter den traurigsten Lohn- und Arbeitsbedingungen unterworfen sind. Auch an der saar - lothringischen Grenze befindet sich
Die Klein- Rosselner Grubenfatastrophen auf de Wendels Zechen tionalgemisch ihrer Organisation erschwerend im Wege. Bon hart an der faar- lothringischen Grenze Mitte September 1929 haben außer den 24 Toten und 25 Schwerverletzten infolge der Stillegung der Zeche hunderte Bergarbeiter brotlos gemacht. Davon wohnen ungefähr 300 im Saarrandgebiet, die bis dahin als Gr en 3 gänger ihren Unterhalt verdienten. Vermittlungen des Trierer Arbeitsamtes, neue Arbeitsstellen insbesondere für die Grenzgänger zu suchen, verliefen ergebnislos, was für die 300 Familien, die ihren ständigen Wohnsiy in Hunsrückdörfern haben und dort niemals Beschäftigung finden fönnen, unerträglich werden muß. Unverschuldet erhielten sie bis zum 1. Ottoler nur den halben Arbeitslohn, was für sie einem Lohnausfall von 250 bis 300 Frant gleichkommt. Unverschuldet entfiel mit dem 1. Oktober die Grenz gängerunterstützung. Inverschuldet gehen sie dem Elend entgegen, da die Bestimmungen der Arbeitslosenversicherung für sie größtenteils nicht in Anwendung kommen. Die 300 ausgesperrten Berg leute des Saarrandgebietes erschienen kürzlich vor der Kreisverwaltung in Wadern und überreichten dem Landrat eine Resolution, in der die Regierung um entsprechende Maßnahmen für die Ausgesperrten gebeten wird. Die Bergarbeiter fordern, daß ihnen der durch den Tarifbruch entstandene Schaden ersetzt wird und sie als aftive Arbeiter des Randgebietes angesehen werden, denen die Grenzgängerfürsorge weiterhin ausgezahlt wird.
Dieses im Verhältnis zur Größe des luxemburgisch- saar lothringischen Industriebecken sicher fleine Beispiel läßt aber eins der schwierigsten Probleme auftauchen, das mehr als in der Borkriegszeit von aktueller Bedeutung ist. Arbeitslosigkeit infolge wirtschaftlicher Strifen einerseits und Mangel an Arbeitskräften durch erhöhten Produktionsbedarf andererseits
verschieben ständig das Heer der Arbeifermassen. Das Wanderungsproblem und für die industrielle Reservearmee das Arbeitslosenversicherungsproblem in internationalem Ausmaße tauchen auf. Daß die Gewerkschaften in Verbindung mit dem Internationalen Gewerkschaftsbunde daran nicht achtlos vorübergehen, beweisen verschiedene Konferenzen, die insbesondere auf Luremburger Initiative abgehalten wurden. Erst kürzlich versammelten sich wiederum unter Leitung Sassenbachs die Vertreter der verschiedenen Gewerkschaften der interessierten Länder in Luxemburg . Welche Schwierigkeiten einer Lösung dieses Problems entgegenstehen, zeigen die Verhältnisse, die kurz dargelegt
werden sollen.
Das ausschlaggebende Gebiet der europäischen Schwerindustrie befindet sich heute in Lothringen , Plateau de Brien, im Beden von Longwy , im Saargebiet und im Mitteltassin von Luxemburg . Hier sind
etwa 200 000 Arbeiter beschäftigt,
von denen über 60 Prozent eingewandert und taum 10 Prozent orgaffiffett find. Außer der Indifferenz ffeht das Na
Um die Arbeitslosenversicherung.
Beitragserhöhung statt Verschlechterung der Leistungen! Die Finanzlage der Reichsanstalt der Arbeitslosenversicherung drängt zu einer Klärung des Streits, ob das neu entstehende Defizit durch Beitragserhöhung gedeckt werden soll oder nicht. Das Reichstabinett wird, wie wir erfahren, bereits in den nächsten Tagen zur Beitragsfrage Stellung nehmen. Die Haltung der Unternehmer ist noch immer die gleiche: sie lehnen eine Erhöhung ab. So sagt ,, Der Arbeitgeber", die Zeitschrift der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, eine Beitragserhöhung um 1 Proz. entspräche einer Mehrbelastung der Wirtschaft um 280 bis 300 Millionen pro Jahr, eine Erhöhung um % Prozent, wie sie der Arbeitsminister vorschlage, also einer Belastung um etwa 240 Millionen und das in einem Zeitpunkt, in dem die verantwortlichen Refforts auf die Notwendigkeit sofortiger Steuersentung hingewiesen hätten. Ein derartiger Borichiag stehe für die Arbeitgeberseite außerhalb der Erörterung.
Die ,, Kölnische Zeitung " wird noch deutlicher. Im Dezember müsse infolge des Steigens der Arbeitslosenziffer mit einer finanziellen Beanspruchung der Reichskaffe um 40 millionen gerechnet werden. Im Laufe des Winters würde die Reichstasse über den im Reichshaushalt ausgeworfenen Betrag von 150 Millionen Mart hinaus mit 200 bis 250 Millionen Mark in Anspruch genommen werden. Das müsse vermieden und rechtzeitig für die Herstellung des finanziellen Gleichgewichts in der Reichsanstalt Borsorge ge
DESER& WOLFE
DONNA
LUCIA
eine ganz zusammenhanglose nationalgemischte Arbeitermasse. Die dortige Arbeiterschaft stieg von 17 000 Mann im Jahre 1913 auf 31 000 Mann im Jahre 1926. Nach der Nationalität sind 41,6 Proz. Lothringer, 23,6 Proz. Saarländer , 16,7 Proz. Polen , 9,6 Proz. Lothringer, 23,6 Proz. Saarländer , 16,7 Proz. Polen , 9,6 Proz. Staliener, 8,5 Proz. Reichs deutsche und ein Meiner Reſt besteht aus Desterreichern, Tschechen, Jugoslawen usw. Bergmannsorte von 8000 Einwohnern beherbergen bis zu 21 Nationalitäten. Die materielle Lage dieses Völkersammelsuriums, das überall in diesem industriellen Grenzgebiete vorhanden ist, spottet sehr zum Nutzen des Geldfaces jeder Beschreibung. Eine Gegend von unschätzbaren Bodenreichtum und einer schherreichen Industrie läßt es unbegreiflich erscheinen, wie Menschen in solchen Höhlen ,, wohnen" können.
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Das Wanderungsproblem fann nur international in Angriff genommen werden. Dem Paneuropa der Industrie muß die Arbeiterschaft folgen und politische Grenzen übersehen. Die Schaffung einer besonderen Lösung zur Organisation aller Arbeiter ohne Rücksicht auf ihre NaOrganisationsform scheint eine tionalität zu sein. Wie schwierig die Lösung einer solchen Aufgabe ist, zeigt die Forderung nach
Sicherstellung der gewerkschaftlichen Freiheit
in Lothringen , wo der Feudalindustrialismus noch Blüten besonderer Art treibt. Daß diesen Fragen Aufmerksamkeit gewidmet wird, beweist der Beschluß einer internationalen Wanderungskonferenz in Luxemburg , der besagt, daß ein internationaler Ausschuß gebildet wurde, der unter der Kontrolle des JGB. einmal die eingewanderten Arbeiter in den Gewerkschaften der Einwanderungsländer zu organisieren, zweitens die Anwerbung der ausländischen Arbeiter, ihre Arbeits-, Lohn- und Wohnungsverhältnisse zu überwachen hat.
Benn schon unter normalen Produktionsbedingungen die Arbeiterschaft in ihrer gegenwärtigen Organisationsform menschenwürdigen Verhältnissen fern ist, um so mehr in Zeiten der Wirtschaftskrise, die bei der Größe der Arbeitermassen Tausende ins Elend stürzt. Die Ueberbleibjel álten Barbarenbrauches, Fremde minderen Rechtes zu laffen, müssen verschwinden. -W.
meidlich.
troffen werden. Die im Geptember durchgeführten Sparmaß= nahmen könnten vorläufig noch nicht in vollem llm= fange wirksam werden. Die neuangejezten Kontrolleure müßten sich erst in ihr schwieriges Arbeitsgebiet hineinleben. Die Inanspruchnahme von Reichsdarlehen sei im Augenblick also unverEben deswegen sei aber eine wirtliche und endgültige finanzielle Sanierung der Reichsanstalt aus allgemeinen finanzpolitischen Gründen unbedingt geboten. Die Schuld der Reichsanstalt beim Reich dürfe nicht noch weiter anschwellen. Wenn jetzt das Reich nochmals( für Dezember) mit 40 Millionen Mark zur Deckung der Mehrausgaben der Reichsanſtalt einspringen müsse, so sei die Forderung zu stellen, daß dies Darlehen in den günstigen Beschäftigungsmonaten des Sommers von der Reichsanstalt an das Reich zurückerstattet wird und eine Lösung der Arbeitslosenfrage erfolgt, die vom 1. Januar an die Reichsanstalt nicht mehr auf die Finanzhilfe des Reiches anweist.
Beitragserhöhung lehnen die Unternehmer ab. Darlehen des Reiches lehnen sie ebenfalls ab. Sie wollen auch nicht die Auswirkung der Sparmaßnahmen abwarten. verlangen einfach, daß vom 1. Januar ab die Reichsanstalt mit den aus dem bisherigen Beitragssatz fließenden Einnahmen auskommt. Daß das praktisch auf eine Senkung der Leiffungen der Arbeitslosenversicherung hinausläuft, ist klar. Für Leistungsfenfung ist aber die Arbeiterschaft nicht zu haben. Eine Neuaufrollung der Leistungs. frage ist ein Spiel mitbeteuer. Sie ist nur diskutabel für
Ich schlage alles Eine Spitzenleistung in der 15- Pfg. Preislage.
BERNHARD
LOESER
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15 Pfg.
Freitag, 6. Dezember 1929.
Leute, die eine Bedrohung der Ruhe der Bevölkerung falt läßt. Es gibt keinen anderen Ausweg aus der Sackgasse als Beitragsa erhöhung. Sie allein kann für das nach der Auswirkung der Sparmaßnahmen die auf etwa 100 Millionen Mark veranschlagt wird noch verbleibende Defizit in Höhe von rund 180 Millionen einen Ausgleich schaffen.
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Kommt nicht arbeitslos nach Berlin !
Hier sind schon 230 000 Arbeitslose.
Die sprunghaft angestiegene Zahl der Arbeitslosen im Bezirk der Stadt Berlin veranlaßt die Berliner Arbeitsämter, nochmals eindringlich vor dem Zuzug nach der Reichshauptstadt zu dem Zuzug nach de
warnen.
Nach dem Stand vom 23. November wurden bei den Berliner . Arbeitsämtern bereits 226 449 Arbeitslose gezählt, obwohl die gegenwärtige milde Witterung nod; immer die Ausführung von Außenarbeiten gestattet. Welches Ausmaß die Arbeitslosigkeit bei Eintritt des Frostes annimmt, läßt sich im Augenbiick noch nicht übersehen; sicher ist jedoch, daß die zu erwartenden Arbeitslosenzahlen in Berlin die des Vorjahres um ein Beträchtliches übersteigen werden und Aussichten für eine Vermittlung in Arbeit für neu Juziehende so gut wie gar nicht vorhanden sind.
beitslosigkeit, sondern auch allen anderen Gefahren der Großstadt Zureisende fremde Arbeitskräfte sind daher nicht nur langer 2rausgesetzt.
Sobald England und Deutschland es tun. Haag, 5. Dezember .( Eigenbericht.)
Der niederländische Arbeitsminister Berschuur erklärte am Donnerstag in der zweiten Kammer, daß Holland fich, sobald England und Deutschland vor der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens ständen, beeilen werde, mit diefen Ländern gleichen Schritt zu halten. Holland müsse die KonDeutschland ausführen. vention im gegebenen Falle genau so sorgfältig wie England und
Der Aufstieg des ZDA.
Der Zentralverband der Angestellten hat im Laufe eines halben Jahres 31 667 Mitglieder neu gewonnen. Besonders auffallend ist der Zugang an Mitgliedern aus den Betrieben des Handels und der Industrie.
beteiligt; sie stieg von 24 500 auf 35 000. Die Ortsgruppe Berlin ist an dem Zuwachs fräffig
Die Zimmerer beim Aufbau.
Leberwindung der Spaltungsfrise.
Die organisatorischen Schwierigteiten in der Berliner Zahlstelle des Zimmererverbandes find jeht endgültig überwunden. Nachdem die neue Zahlstellenleitung faft in allen Bezirken Bersammlungen abgehalten hat, die durchweg einen glänzenden Verlauf nahmen, fann jetzt mit dem Wiederaufbau des gesamten Funktionärförpers in den Betrieben begonnen werden.
Zu Mittwoch abend hatte die Zahlstellenleitung fämtliche Bezirksführer und Kassierer zu einer Konferenz nach dem Gewerkschaftshaus geladen. Der Vorsitzende, Genosse Frach, legte den Bersammelten zunächst noch einmal die Gründe dar, die den Hauptvorstand zu den energischen Maßnahmen gegen den kommunistischen Bahlstellenvorstand veranlaßt haben. Trotzdem die frühere Zahlstellenleitung wichtiges Bureaumaterial beiseite geschafft hatte, war es dem neuen Vorstand dennoch möglich, die Verbindung mit den alten Mitgliedern wieder aufzunehmen, die der alten Organisation die Treue gehalten haben.
Biele, die Repjchläger und Schilf zunächst Gefolgschaft leisteten, haben diesen Schritt schon längst bereut. Obwohl der kommunistische Lokelverein denen große Schwierigkeiten macht, die ihre Mitgliedsbücher zurückhaben wollen, ist doch zu erwarten, daß in nächster Zeit auch noch viele der irregeleiteten Kameraden in die Reihen der alten Organisation zurückkehren werden. Notwendig sei es aber, daß sich nicht nur die Bezirksführer und Kassierer an der Wiederaufbauarbeit beteiligen, sondern alle Verbandsmitglieder. Benn sich alle Mitglieder agitatorisch betätigen und überall den Lügen und
Mujifaufträge
fbergibt man nur dem Nachwets Des Deutschen Mufiterverbandes, Berlin , Rom mandantenstr. 63/64. Dönhoff 3277-78 Geschäftszeit 9-5, Sonntags 10-2 Uhr Auf Wunsch: Bertreterbefuch
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