Morgenausgabe
Rr. 17 A9
47.3ahrgang
chentlich 851. mismatic 8,60
im voraus zahlbar, Boftbeing 4.32 R einschließlich 60 Big. Boftzeitungs- unb 72 Bfg. Boftbeftellgebühren. Auslands abonnement 6,- m. pro Monat
Der Bormärts erfcheint wochentag lich ameimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abenbausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend, Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit und Rinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen". Frauen ftimme". Technit Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Bormärts
ni umeibio 19
In bishi Gonnabend 11. Januar 1930 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Die einipelttge Ronpareillezetla 80 Pfennig. Reflame eile 5.- Reichs mari. Aleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zmet fettgebrudte Morte), jebes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jebes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben ählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Belle 60 Pfennig. Familienanzeigen 3e le 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.
Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Redaktion und Berlag: Berlin SW 68 ,. Lindenstraße 3 Vorwärts: Berlag G.m.b..
Bernsprecher: Donboft 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .
Boftichedkonto: Berlin 37 536.- Banffonto: Ban! der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallitr. 65. Dt B. u. Dist.- Gel.. Depofitenfafie Lindenstr 3.
Ende der Konferenz nicht vor Donnerstag.
Der britische Schaffanzler Snowben berief sich auf eine faft pierzigjährige Zugehörigkeit zur Bresse, um, nicht ohne Boshaftig feit, den Journalijten zu versprechen, daß sie die Weihnachtsgans sicher wieder zu Hause verzehren würden!
V. Sch. Haag, 10. Januar. ( Eigenbericht.) Nach Briand wird auch Dr. Curtius aller Boraussicht nach em Sonnabendnachmittag ebenfalls nach Genf abreisen, nicht mir um mit Zalesti über deutsch - polnische Verträge zu verhandeln, sondern auch, an überhaupt als Nachfolger Stresemanns den Willen Deutsch lands zur attiven Bölferbundsarbeit zu dokumentieren. Er bedeutung der öffentlichen Meinung und der Presse bei ihrer In absichtigt, zwei Tage in Genf zu bleiben und am Mittwoch wieder int Haag einzutreffen. Auch Tardieu will am Montagabend für einen Tag nach Baris reifen, zur Wahl des Präsidenten der Depue fiertenbammer, die innerpolitisch sehr wichtig ist. od
Aus diesen Gründen und auch unter dem Drud von Snowden, der auf schnellen Abschluß im Hinblick auf die nahende Londoner Seeabrüstungstonferenz drängt, ist man nach der zweiten Lesung der noch strittigen Finanzfragen am Freitagvormittag übereingekommen,
eine Art dritter Lefung am Sonnabend 10 Uhr abzuhalten. Die noch zur Diskussion stehenden Fragen find: 1. Die Aufgaben und Befugnisse des Sonderausschusses der Internationalen Zahlungsbank im Falle einer deutschen 2. Den 3ahlungstermin, ob Monatsmitte oder ende. 3. Die jogenannte Aktivierung des negativen Biandrechtes, befonders hinsichtlich der Reichsbant
Moratoriums erklärung.
einnahmen.
eines Moratoriums.
grüßt, stellte sich gleichfalls als Journalist vor. und gab der Be Der französische Ministerpräsident Tardieu, mit Beifall beanspruchnahme zur Durchführung staatsmännischer Aufgaben Ausdruck. Anstrengung des Geistes, der Seelen und der Arbeit feien nötig, um das Ziel des Friedens zu erreichen. Mit einer Unterstreichung der Erfolge, die in der sozialen Organisation Frankreichs erzielt worden feien, erklärte er, fein Land habe eine Friedensarbeit geleistet, und feste fich für die Anerkennung des besonders starte, wenn auch wohlbedachte Beteiligung an der Bölferbundes als eines wichtigen Fattors ein, dem ein Vorwärts tommen Schrift für Schritt zu verdanken sei. Wenn die Haager Konferenz, mie er glaube, seine Aufgabe erfülle, fo werden
neue, weifere, humanitäre Ziele, größere Schöpfungen der Zukunft in Angriff genommen werden können.
Reichsaußenminister Curtius, mit besonders starkem Beifall empfangen, ließ gegenüber den stark optimistischen Ausführungen Der Borredner und gegenüber dem festlichen Anlaß eines zehn jährigen Bestehens der Bölkerbundsjagung die ernste Note erklingen, die fich für Deutschland aus der Tatsache ergibt, daß es sich gleich zeitig um den
4. Die Anpassung des deutsch ameritanijchen Sonder zehnten Jahrestag des Infrafffretens des Berjailler Berfrages abkommens an den gesamten Young- Plan, besonders im Falle handelt, und daß die sehr schwere und verantwortungsreiche Arbeit im Haag bisher keineswegs abgefchloffen ist. Sie lieben Offenheit, 5. Berschiedene Einzelheiten des neuen Reichsbahn gefeges, verachten Hinterhältigkeit", jo führte er aus; mun, ich hatte Zweifel, 6. Die instafe Einlage Deutschlands als Sonderdepot bei ob wir in der rechten Feftesstimmung uns an diesem Tische nieder der Gründung der Internationalen 3ghungsbant. laffen fönnten, weifel, ob bei der Lage der Konferenz über Diese verschiedenen Fragen find noch am Radmittag von den haupt unfere Teilnahme möglich sein würde. Sin Sommer hat, Juristen sowie& B. zwischen Moldenhauer und Snowden abermals dank dem englischen Schahfanzler Snowden, jener gute Brauch durchgesprochen worden, und man glaubt so meit zu sein, daß SonnPlah gegriffen, Krisen an den Anfang der Konferenzen zu legen; abend eine endgültige Bereinigung aller dieser fibrigens nicht überwältigend wichtigen Punkte innerhalb der sechs Mächte zu erzielen ich hatte Grund zu der Befürchtung, daß wir zu den alten Brauch feln wird. Dann werden sämtliche Konferenzteilnehmer dieber zurückkehren würden, Krisen in die Mitte der Konferenzen zu legen, und daß der heutige Freitag ein schwarzer sein tönnte. Ich am Mittwoch eine Bolljihung der Kommiffion für die deutschen habe mich dennoch der Macht der Preffe gebeugt und bin gekommen. Ein altes Wort sagt, daß die Menschen nicht von den Dingen, sondern 136 Reparationen von. den Meinungen über die Dinge beherrscht werden, und abhalten, d. H. unter Hinzuziehung auch der kleineren Mächte, denen diese Meinungen werden gerade von der Bresse gemacht. Als Nach dies zu Anfang versprochen. wurde. folger meines verstorbenen Freundes Dr. Stresemann fällt mir Es dürfte somit zwischen Sonnabend nachmittag und Mittwoch die Aufgabe zu, bie Bolitit, die er im Bölferbunde trieb, fort früh eine gewisse Verhandlungspause eintreten, menigstens zusetzen. Ich danke dem Präsidenten Ornng für die Worte, die er für die offiziellen Unterhändler. Dagegen werden die Sachir meinen toten Freund gefunden hat. Diefer fämpfte nach zwei verständigen die Frage des Statuts der Internationalen Zahlungs. Band für die internationalen Ideen zu gewinnen, daneben aber Richtungen hin: unter und neben der nationalen Arbeit, sein bank und damit zusammenhängend auch das neue Reichsbant die öffentliche Meinung für seine Ziele zu gewinnen. Er war ein gesetz besprechen. Man wartet zu diesem Zweck nicht nur auf Dr. großer Freund der Presse und hat sie oft durch seinen Geist und Schacht, sondern auch auf den Amerikaner Reynolds, ber feinen Big erfreut. Und er war zu einem guten Teil seines Wesens heute, aus New York tommend, in Cherbourg gelandet ist und am selbst Journalist. Montag hier eintreffen wird,
Bie aus London gemeldet wird, hot Enomben dem Vertreter bes Reuter- Büros im Haag erklärt, alles gehe befriedigend vorwärts und man dürfe mit gutem Grunde hoffen, daß die Kommission am Montag eine Bollfigung abhalten und berichten fönne, daß eine Vereinbarung über die deutschen Reparationen zustande gekommen ist. al
Ministerreden beim Pressefest.
Haag, 10. Januar. Bei dem Frühstück der Völkerbundsjournalisten sprach der holländische Ministerpräsident Ruus van Beerenbroef ben Dank für die Einladung namens der holländischen Regierung und seine Freude darüber aus, daß neben den Regierungsvertretern die große Brüderschaft der Preise in der holländischen Hauptstadt zu fanmengekommen sei. Der Borsigende der Genfer Breffevereinigung, der Bole Dryng, betonte bie Bollkommenheit der Prefseeinrich tungen im Haag, gab einen Rückblick auf die Arbeiten seiner Organi fation feit Locarno und widmete dem verstorbenen Reichsaußen
minister
Dr. Stresemann warm empfundene Worfe der Erinnerung. Das Wirken dieses großen Staatsmannes fei für die internationale Solidarität erfolgreich gewesen, also auf der gleichen Linie wie die Arbeit dieser Organisation.
Der Konferenzvorfigende Jaspar entfchuldigte fich in Faunigen Worten für den allzu regelmäßigen, also langweiligen Berlauf der zweiten Konferenz, die bisher feine Katastrophen ge: bracht und ihre Ergebnisse unter ziemlich trockenen Berichten der
ftedt habe. Er predigte
Optimismus nach der Methode Coné
und forderte Lösungen, die von allen angenommen werden fönnen. Unter Hinweis auf die orginelle Speisekarte, die die Bilgerfahrt ber Staatsmänner zum Frieden zeichnet,( prach er den Bunsch aus, daß Shudfälle in die Denfmeise des Krieges nicht mehr vorkommen möchten. Die Presse als Generalstab des Friedens fei an der Berantwortung und an der Chre biefer Aufgabe in höchstem Maße beteiligt.
Schwere Aufgaben fiegen mir als feinem Nachfolger auch in der Arbeit für den Böllerbund ob; ich will nach Genf fahren, um diese Aufgabe dort in Angriff zu nehmen und an dem Wert des Friedens mitzuarbeiten.
Daneben will ich es mir zur Aufgabe machen, seine guten Beziehungen zur Preffe fortzusetzen, und ich glaube, daß ich auch bisher schon gute Beziehungen zu ihr gehabt habe; aber ich will sie ause bauen, wie Dr. Stresemann das getan hat. Ich freue mich deshalb, heute zum ersten Male in Ihrem großen Kreise meifen zu dürfen und leere mein Glas auf das Wohl der internationalen Presse."
Reben des italienischen Finanzministers, des Japaners Adatschi und des belgischen Außenminifters Hymans füllten die Serie aus.
Geemächtekonferenz am 21. Januar. im Haag.
Borher Schluß
Für Deutschland steht die Haager Konferenz im Mittel punkt der internationalen Politit. Die politische Entschei dung, daß der Young- Blan angenommen und dann das Rheinland geräumt werden soll, ist zwar bereits im August grundsäglich gefallen. Dennoch wird jezt im Haag wieder ligten Delegationen über Fragen theoretischer mit Aufbietung großer Energien von seiten der meistbeteiNatur oder zweiten Ranges gestritten: ob und wie der Dolch der Santtionen auch auf dem Papier ungefährlich gemacht werden, ob Deutschland am 15. oder Ultimo jeden Monats zahlen soll, und eine Reihe. von Fragen ähnlichen Ausmaßes, die feineswegs gleichgültig sind, aber nur durch Sie müffen jetzt im Haag gelöst werden, soll nicht das poli die Mängel der Arbeit der Sachverständigen entstanden sind. tische Ergebnis der Haager Auguftkonferenz gefährdet werden.
Die Haager Konferenz hat in den Hauptstreitfragen bis her nicht gerade sehr fruchtbar gearbeitet, und die Abreise Briands nach Genf macht die Verhandlungen auch nicht leichter. Dazu tommt, daß, je länger, desto mehr für die Gegenseite die Probleme der Haager Berhandlungen an politischer Bedeutung verlieren. Wesentlicher nämlich als die Frage, ob sie Reparationen von Deutschland nach dem Dawes Blan oder dem Young- Plan erhalten, ist für die drei im Haag mit Deutschland hauptsächlich verhandelnden Regierun gen das melt politische Problem der Flotten rüstungen geworden. Unwiderruflich am 21. Januar be ginnt die Konferenz der fünf Seemächte, zu der die britische Arbeiterregierung nach forgfältiger Borbereitung eingeladen hat. Die Borbereitungen für die Gröffnungen der Konferens find in vollem Gange. Der St. James- Palast wird für die 100 Delegierten und 400 Bertreter der Bresse hergerichtet. Die Stadt London hat zu einem großen Bantett eingeladen.. Die Eröffnungsansprache des Königs von England wird durch Radio nicht nur durch das Vereinigte Königreich, sondern auch über den Ozean in den Bereinigten Staaten und Ranada verbreitet. Die japanische Delegation, geführt vom Erminister- Präsident Batatsuti meilt schon seit mehre ren Tagen in London , die amerikanische, unter Außens minister Stimion, hat sich vorgestern in New York auf den Dampfer George Washington " eingeschifft, die franzö fische, an der Spize Ministerpräsident Tardieu und Außenminister Briand , wird Ende nächster Woche nach London tommen, ebenso wie der Außenminister des faschistischen Italien . Das Intereffe des britischen Ministerpräsidenten derfon, der deshalb nicht nach dem Haag gefahren ist. ist Ramsay Macdonald und des Außenministers Henneben den wirtschaftspolitischen Fragen vor dem Völker bundsrat - ausschließlich auf die Londoner Konferenz ges richtet: Die öffentliche Erklärung, des Admirals Beatty. daß die britische Marine die geplante Herabsehung der briti schen Kreuzerzahl von 75 auf 50 mit großer Sorge betrachte, hat gezeigt, welch starke Widerstände die Arbeiterregierung auch im eigenen Land zu überwinden hat, wenn sie die Abrüstungskonferenz zu einem glücklichen Erfolg bringen will..
In London handelt es sich um das Zentralproblem der internationalen Politit überhaupt, um den dritten Versuch, das Wettrüften zur See zu beenden und die Seerüftung der großen Flottenmächte zu vermindern. Hier find Schwierigfeiten zu überwinden, die so groß find, daß man vielfach annimmt, die Konferenz wird zwei oder mehr Monate dauern. Von ihrem Ausgang hängt auf Jahre hinaus das Schicksal der Abrüstung überhaupt ab. Nur menn sie Erfolg hat, ist an eine Fortsegung der Abrüftungspolitik in bezug auf Luft- und Landstreitkräfte zu denken. So hängt auch von Sicherheit und die Gleichberechtigung Deutschlands ab. Es fann nur an Ort und Stelle entschieden werden, ob burch den Zeitdrud, der auf der Haager Konferenz liegt, die Stellung der deutschen Unterhändler günstiger oder ungünstiger wird.
Mussolini sabotiert Amnestie. em Ausgang ber Londoner Konferenz unendlich viel für die
Der Zwed der Spigelattentate.
Paris , 10. Januar. ( Eigenbericht.) In ihren Enthüllungen über die Umtriebe der faschistischen Lockspitel in Frankreich berichtet ,, Volonté ": Die belgische Prinzessin Maria José hatte verlangt, daß anläßlich ihrer Hochzeit mit dem italienischen Kron prinzen eine große politische Amnestie in Italien erlassen werde. Da Mussolini aber die Berbannten von der Strafinsel Lipari nicht freigeben wollte, habe er dem Lockspitel Menapace den Auftrag erteilt, den Beweis gefährlicher antifaschistischer Umtriebe zu Liefern. So sei zunächst der Professor Bernieri in Brüssel verhaftet worden, da aber die belgische Prinzessin dennoch auf ihrem Amnestieverlangen bestand, habe man das zweite Bombenkomplott in Paris ,, aufgedeckt".
( Siehe auch 2 Seite.)
Chef des franzöfifchen Generalftabs ist General engand geworden. Er ist besonders befannt geworben als ,, Retter Bolens" 1920, als die Rote Armee nach dem Angriffstrieg Pilsuditis bis vor Barschau gelangt mar. Generalinspettor und Bizepräsident des Obersten Kriegsrats bleibt Marschall Pétain.
Die Weltpreffe rechnet aber jetzt schon die haager Konferenz nicht zu den politischen Ereignissen erster Klasse, weil niemand ernstlich an die Möglichkeit eines Bruches glaubt. Man fennt das starke Interesse der Gläubigerstaaten, besonders Frankreichs , an einer positiven Löfung, man weiß aber auch sehr genau, wie ernst die Finanzlage Deutschlands ist und wie wenig Neigung daher in diesem Lande bestehen kann, etwa die Geltung des DamesBlans auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Mögen also die Dinge, die im haag noch zu erledigen sind, für uns von relativ großer Wichtigkeit fein, so fönnen wir doch nicht damit rechnen, daß es gefingen wird, sie für das Ausland in den Mittelpunkt des politischen Interesses zu stellen.
Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Das große Ereignis ist in diesem Fall die bevorstehende Londoner Konferenz. In ihrem Schatten steht, was sich im Haag weiter ereignet