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BERLIN  Freitag 17. Januar 1930

Der Abend

Erfdetsttaglio enter santegi Bugleich Abendaufgabe des Vorwärts. Bezugspreis beibe Ausgaben 85 Vf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Expedition; Berlin   SW68, Lindenstr. 3

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Spalausgabe des Vorwärts"

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B14 47. Jahrgang

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Amerika   gegen Schacht.

Diskreditiert wie Hugenberg."- Das Echo auf den Vorstoß.

Dreißig Stunden begraben.

Berschütteter Bergmann gerettet.

Beuthen  , 17. Januar. Endlich zum erstenmal vernommen. der ersten Morgenstunde gelungen, einen der noch unter den Die verhafteten Emigranten vor dem Untersuchungsrichter.

Nach energisch durchgeführten Reffungsarbeiten ist es heute in

Trümmern liegenden Arbeiter lebend und nur leicht ver­lett, menn auch infolge der Strapazen sehr entfräftet, 3 u bergen. Ein besonderes Cob verdienen die Rettungsmannschaften,

Paris, 17. Januar.  ( Eigenbericht.)

Die drei in Paris   verhafteten italienischen Emigranten Tarchiani, Cianca und Sardelli sind am Donnerstag zum ersten mal vom Untersuchungsrichter vernommen worden. Alle drei

New Borf, 17. Januar.

Ju einem Leifartifel unter der Ueberschrift: Dr. Schacht schleu­dert einen Boomerang" führt die New- Yorker Evening Post aus, Dr. Schacht habe sein Möglichstes getan, den Young- Plan zu durch­löchern, aber dies sei ihm jämmerlich mißlungen. Er stehe jetzt fast ebenso diskreditiert da, wie Hugenberg.

Bedeutsamer als die Wirkung auf Schachts politisches Schicksal sis Leiter der Reichsbank jei der Beweis, den der Vorfall im Haag von Deutschlands   Entschloffenheit liefere, den Young- Plan anzu­

nehmen. In dieser Beziehung sel tein Zweifel mehr möglich.

Die Aeußerung des verbreiteten New- Yorfer Abendblattes spiegelt die Grundstimmung wider, die in maßgebenden Kreisen Herrn Schacht gegenüber herrscht.

die elfrig und mit Ausdauer ihr schweres Berk vollführen. Von den protestieren aufs entſchiedendſte gegen die Anſchuldigung, daß fie Der Beschluß gegen Schacht.

zwel noch unter den Trümmern befindlichen Opfern nimmt man an, daß sie den Tod gefunden haben und nur noch als Leichen geborgen

werden fönnen.

Schiffstatastrophe in der Nordsee  . 3talien Dampfer mit 30 Mann untergegangen.

Saag, 17. Januar.

Ein unbekannter italienischer Dampfer ist nach einer bon der Insel Tegel  ( an der holländischen Küste) ein getroffenen Nachricht gesunken. Die ganze Besatzung von etwa 30 Mann ist ertrunten.

Das Moskau   Blatt beschlagnahmt. Wegen schamloser Aufreizungen.

Der Polizeipräsident feilt mit: Die kommunistische Zeitung Rofe Jahne ist heute in den frühen Morgenstunden poli­zeilich beschlagnahmt worden, da verschiedene, in der heuti­gen Nummer enthaltene Artikel gegen die§§ 111( Aufforderung zur Begehung ftrafbarer Handlungen), 130( Anreizung zum Klaffenha) und 85( Aufforderung zum Hochverrat) des Strafgesetzbuches ver­stoßen. Bei der Beschlagnahme wurde der größte Teil der Auflage der heutigen Nummer der Roten Fahne" erfaßt.

In der beschlagnahmten Nummer des Kommunistenblattes feierte das revolutionäre Phrasentum wahre Drgien. So forderte die Bezirksleitung der KBD. zu neuen Maffenfundgebungen gegen das allgemeine Demonstrationsverbot auf, von den kommunistischen  Betriebszellen wird die Organisation fliegender Protestverfamm­lungen" in den Betrieben verlangt und schließlich heißt es in einem Aufsatz:

Wir gehen feinen 3entimeter breit zurüd. Wir fürchten meder Gefängnis noch Patronen, weder Berbot noch Faschismus. Wir weichen weder vor der Gewalt, noch vor der Verleumdung. Auf das Henterprogramm des Finanzlapitals antworten wir, wie Bolschewiti antworten: Revolutionärer Massentampf   auf der ganzen Linie."

Mit so großfpurigen Rebensarten sollen die Arbeiter, beson bers die Erwerbslosen, in einen Rausch versetzt werden, der sie zu jeber Attion im Dienste des Sowjettapitals bereit fein läßt. Die Wir fürchten sich nicht, verschwinden aber, wenn's ernst wird, schleunigst nach Rußland  , wo die Sowjetregierung, troß ihrer freundschaftlichen Beziehungen zum Deutschen Reiche  , thnen be­rettpilligst Schutz vor den Folgen ihrer Heldentaten zu gewähren pflegt.

Keine Flotteneinigung Rom  - Paris  .

Briand   macht 3talien te ne Kolonialfonzeffionen.

Paris  , 17. Samuar.( Eigenbericht.) Ueber bie Genfer   Besprechung Briands mit dem italienischen Außenminister Grandi erfahren die Blätter, daß es den beiden Außenministern taum gelungen sein dürfte, in den schwebenden Fragen eine Löfung anzubahnen

Der Paris Midi" berichtet, Grandi habe durchblicken lassen, daß Italien   gerne bereit sei, auf seine Flottenparitätsansprüche za verzichten und auch den französischen   Protest gegen die Abschaffung ber Unterfeebonte mirtsam zu unterstüßen, falls Frankreich   Gebiet in Rorbafrita bafür gäbe! Briand   habe ein solches Angebot als Distuffionsbafis glatt abgelehnt. Die Gegensätzlichkeit bleibe aljo in voller Schärfe bestehen.

ein Bombenkomplott oder überhaupt eine Verschwörung geplant hatten. Cianca erklärte, daß die in seiner Wohnung vorgefundene Sprengstofftifte ihm turz vor seiner Berhaftung von einem Freunde, deffen Namen er nicht nemmen werde, zugefandt worden war. Tarchiani und Sardelli hatten von diefem Sprengstoff nichts gewußt. Tardiani dagegen gab zu, daß sich in seinem Besitz ein Außenbord motor, befunden habe. Er habe die Absicht gehabt, einige feiner Rameraden von der italienischen Strafinjel Lipari   zu befreien,

der Plan sei jedoch gescheitert.

Führerfrise bei den Radikalen.

Paris  , 17. Januar.  ( Eigenbericht.)

Die Aktion der radikalen Abgeordneten Herriot   und Da ladier, die gemeinsam mit den beiden reaktionären Deputierten Marin und Mandel eine Demarche im Interesse der Begnadigung des Royalistenführers Léon Daudet   unternommen hatten, scheint thr parteipolitisches Nachspiel finden zu wollen. Im Lager der radikalen Rammerfrattion scheinu gegen die beiden Führer eine starte Mißstimmung zu herrschen. Einige Abgeordnete haben sogar mit dem Austritt aus der Partei gedroht, falls bei der bevorstehenden Wahl des Fraktionsvorstandes Herriot   oder Daladier   gewählt werden sollte. Angesichts dieser Mißstimmung dürften Herriot   und Daladier   voraussichtlich auf ihre Kandidatur oerzichten.

Schurman an Gtresemanns Grab.

Der amerikanische Botschafter Schuurman, der in der tommenden Woche seinen Bosten verlaffen und nach Amerita zurüctehren wird, legte, mie mitgeteilt wird, am Grabe des Außenministers Dr. Strele mann einen Kranz nieder. Der Kranz ist mit einer Rosette in den amerikanischen   Farben und einer Schleife geschmückt, die folgende Widmung trägt: Jacob Gould Schurman   seinem verstorbenen Freunde. Im Anschluß besuchte der Botschafter das Geburtshaus Stresemanns.

Lazarus Schacht.

Sind es war ein armer Lazarus, der durfte am Galadiner nicht teilnehmen.

Das Echo der Preffe.

Der gestrige Beschluß des Vorstandes der sozialdemokrati fchen Reichstagsfrattion hat naturgemäß in der Preise ein sehr lebhaftes Echo gefunden. Allgemein wird hervorgehoben, daß seine Bedeutung durch die Tatsache gesteigert wird, daß der Reichsfanzler und der Reichsarbeitsminister an der Sigung teilgenommen haben. Die ,,, Germania  " bemerkt:

Dieser Beschluß der Sozialdemokratie überrascht nicht. Der , Borwärts" hat diesen Kampf gegen Schacht bereits deutlich genug angekündigt. Es ist aber etwas anderes, Herrn Schacht aus politischen Gründen zur Ordnung zu rufen und die sachliche Stellung des Reichsbankpräsidenten als Grundsahfrage zu diskutieren. Wir würden es nicht nur für einen Fehler, sondern auch aus währungs­politischen Gründen geradezu für gefährlich halten, das Amt des Reichsbankpräsidenten zu politisieren.

Wir sind mit der ,, Germania  " ganz einer Meinung dar­über, daß das Amt des Reichsbantpräsidenten nicht politi­fiert werden darf. Weil er dieses Amt in verhängnisvoller Weise politifiert hat, bekämpfen wir Schacht. Nur durch seine Entfernung fann das Amt, wie notwendig, wieder ent­politisiert werden.

Als nach Havensteins Abgang der Präsidentenstuhl der Reichsban! neu zu befeßen war, tamen zwei Kandidaten in Betracht: Helfferich und Schacht. Helfferich hatte per­iprochen, daß er sich als Bankpräsident gänzlich aus dem und hätte er dieses politischen Leben zurückziehen werde Versprechen gehalten, so wäre er wahrscheinlich ein guter Bankpräsident geworden, ein besserer als Schacht, den er an geistigen Qualitäten weit überragte. Ebert traute aber Helfferich nicht zu, daß er bei seinem leidenschaftlichen politi­schen Temperament sein Versprechen werde halten können, und deshalb entschied er sich für Schacht, der zwar damals durch sein demokratisches Parteibuch als Republikaner legitimiert, aber politisch taum hervorgetreten war.

Seitdem ist die Stellung der Reichsbant gegenüber der Regierung wesentlich verstärft worden, und wir haben schon wiederholt erflärt, daß wir gegen diese verstärkte Stellung, soweit sie dem Schuß der Währung dient, nichts einzuwenden haben. Wir wünschen eine starke Reichs­bant, die in Inland und Ausland Ansehen genießt und die fich außerhalb der politischen Schußlinie hält. Eine solche Reichsbant ist heute aber nur noch unter einem Präsidenten möglich, der nicht Schacht heißt.

Die demokratische Presse nimmt den Beschluß des Frat­tionsvorstandes sympathisch auf. Die Rechtspresse schimpft. Die ,, Berliner Börsenzeitung" ruft: ,, Hände weg von Schacht!" und fordert die Reichstagsfraktion der Boltspartei auf, fofort zusammenzutreten und einen Gegen beschluß zu fassen. So einfach wird das wohl nicht sein. Wir nehmen an, daß die volksparteiliche Fraktion ihren Beschluß erst faffen wird, nach­dem sie sich hinreichend über die Angelegenheit informiert haben wird. Zu diesem Zwed mird sie wohl die Rückkehr ihrer beiden Minister abwarten, die zur Zeit noch im Haag find.

Die von Dr. Josef Birth und Professor Dessauer herausgegebene Zeitschrift Deutsche Republit" bringt in