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Oer Pfarrer als Spion. Drei Skelette in einem Warfckaner Keiler.- Mjasiojedow und die englischen Agenten. Das Dunkel, das bisher über dem Verschwinden dreier Agenten der englischen Spionageabwehrabteilung waltete, hat sich in ganz unerwarteter Weis« ausgehellt. In Warschau   wurden Anfang De- zember tn einem Keller drei Skelette entdeckt. Di« Kleiderrcste ließen keinen Zweifel darüber, daß die Toten zwei Männer und «in« Frau Engländer sein müssen, die während des Krieges in geheimnisvoller Weise umgekommen sind. Es handelte sich um ein« Spionageaffäre, in die auch der berüchtigte russische Hauptmann Mjasiojedow verwickelt war. Di« englische Spionageabwehrabteilung mußte sofort nach Be- ginn des Krieges feststellen, daß der deutsche Generalstab über sämt- liche Bewegungen der rusiischen Armee informiert war. Sie ent­sandte nach Warschau   drei ihrer besten Agenten, Herbert George, Sidney P l e l und Ruth Ja m so n. Unter der Maske von Der- ttetern einer englischen Munitionsfabrik begannen sie ihre Beob- achtungen. Sie konzentrierten sich schließlich auf den orthodox- russischen Pfarrer Chachlakow. Er war Geistlicher am War» scheuer Kriegshospital, suhl oft an die Front, hatte auch zur politischen Polizei und zu verschiedenen ossiziellen Institutionen Zutritt. Nichts erschien an dem ehrwürdigen Pfarrer verdächtig. In Wirklichkeit aber war seine Wohnung im Kirchenhause der Treff, Punkt für deutsche   Spione, hier gingen die Korrespondenzen ein. von hier aus wurden sie versandt, hier wurden die Gelder aus» gezahlt und Instruktionen ausgegeben. Die englischen Agenten stellten fest, daß die Spioliageorganisation mit dem russischen Haupt-
Heimkehr
Hugenberg:.Sehen Sie, Herr Sckacht, ich hatte es mir auch leichter vorgestellt, Oiktator zu werden*
mann Mjasfosedow in Verbindung stand." SIe'schicK«N''eikke ausfuhr- liche Meldung sowohl nach London   als auch nach Petrograd  . Am 12. Ottober 1914 erhielten sie die telegraphisch« Anweisung. unverzüglich persönlich beim Kriegsminister Suchomlinow zu erscheinen Kurz vor ihrer Abfahrt wurde ihnen telephonisch mit­geteilt, daß sie unter militärischer Begleitung im Auto zur Bahn geschasft werden würden. Ein Militärauto fuhr vor, die Engländer stiegen«in, seit diesem Augenblick hat sie niemand mehr gesehen. Was war geschehen? Msassojedow. Suchomlinows Vertrauensmann, halle durch desien Frau vom InHall de» Schriftsatzes der Engländer Kenntnis erhallen. Unmittelbar darauf telegraphiert» er dem Lecker der Warschauer Gendarwerieverwaltung:.Unter der Maske von Vertretern einer englischen Firma leben im Hotel Bristol drei deutsche Spione. Genau« Nachrichten über dieselben sind bereits vor«inigen Wochen durch den Pfarrer Chachlakow eingetroffen. Es wundert mich, daß ich von Ihnen kein« Meldung erhallen habe." Der findige Leiter der Gendarmerieverwaltung kabelt« zurück:..Wir sind über die eng- lisch«« �Spione informiert, wir haben st« in Ruh« gelasien. um das ganze Spionagenetz aufzudecken." Einen Tag später traf Msassojedow in Warschau   ein. Die Anordnung, die Engländer im Auto zur Bahn zu schassen, war von ihm ausgegangen. Unter dem Vorwand«, es erwarte sie ein Sonderzug. wurden sie ausgesetzt und« r s ch o s s e n. Offiziell wurde dies» Exekution damit begründet, daß«in« Verhaftung und gerichtliche Untersuchung die anderen deutschen   Spione alarmiert bätt«. Man begnügt« sich mit der Aufstellung eine» Protokolls. In den Archiven der ehemalige» politischen Polizei wurde die» Protokoll jetzt ausgestöbert und das Geheimnis de» Derfchwindens der drei englischen Agenten gelöst. Acht Monate später wurde Mjasfosedow der Spionage zugunsten Deutschland  » überführt und hingerichtet. Auch der Pfarrer llhachlakow wurde verhaftet, nach Petrograd   gebracht und auf freien faß gesetzt. Einige Jahre später tauchte der Pfarrer In Sowjet- rußland aus: er betleidet««inen leitenden Posten innerhalb der Milltärspionoge. Als der berüchtigte Bulak  -Dalachowitsch in Polen  'eine militärischen Trupps gegen die Sowjets aufstellle, befand sich unter seinen Offizieren auch ein gewisser Grigori Koryllo. Eines Tage» wurde«r von einem alten Bekannten als Psarver Chachlakow entlarvt. Er entkam nach Rußland   und trat in den Dienst der GPU. Im Jahre 1928 ereilt« ihn aber das Schicksal. Wieder befand er sich in Polen  . Bei seiner Verhaftung erklärte er, er sei vor den BoljchewUea geflohen, die chn wegen konterrevolutionärer Tätigkeit zum Tode verurteilt hätten. Er fand keinen Glauben Ew Versahren wegen Spionage wurde gegen ihn anhängig gemacht. Die Gerichtsoerhandlung steht in allernächster Zeck bevor. Als dann in dem Keller in der Plotzker Straße die drei Skelette entdeckt wurden. mußte der ehemalige Pfarrer auch tn dieser Angelegenheit Rede und Antwort stehen. Sein Prozeß verspricht sensationell zu werden. -| Vevölkerungspolit»sche Konferenz. Auf Tiickabung b« Reichsinnenministerium, tritt heute nach- mittag nn Reichstagsgkbäud« eine bevölkerungspolitische Konferenz von Vertretern der Reichs- und der Länderregie« rungen sowie Sachverständigen auf diesem Gebiet« zusammen. Es Handell sich um die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeil, um iinan�elle Hilfsmaßnahmen für Eltern, die Kinder haben, usw. Die Profesioren Grotjahn-Berlin  . Sellhetm-Leipzig und Rott-Berlin werden Referate erstellen.
Theater/ Musik. Aktuelles Theater in der Volksbühne. Etudloaufführung im Theater am Sülowp ah:Amnestie". Die Uraufführung des SchauspielsAmnestie", die gestern das Bolksbühnenstudio veranstaltete, hat einen Widerhall gefunden, wie ihn die Bühnengeschichte nur selten zu verzeichnen hat. Auf offener Szene laute Beisallskundgebungen und zustimmende Zurufe. in der Paus« Gruppen, die aufgewühlt und aufgeregt die er- schüllernden Bühnenvorgänge diskutieren, am Schtuß Beifallsstürme, die Autor und Rsgisieur immer wieder vor dt« Rampe rufen. Amnestie" ist ein Tendenzdrama und will nichts anderes lein. Es schildert die Härten des Zuchchousbetriebes und trill entschlossen für eine Reform des Strafvollzuges ein. Der Berfasier Karl Moria Finkelnburg kennt die Materie,«r ist Präsident des Strofoollzugsomts. Es gehört Mut dazu, tn solcher Stellung Kritik an den bestehenden Zuständen zu üben. Di« drei Akten spielen im Konferenzzimmer des Landeszucht- Hauses. Um für eine geplante Amnestie Unterlagen beizubringen, nimmt«in Regierungsrat mit den einzelnen Ge fängnisdi rekto ren Fühlung. Hier stößt er auf einen Direktor, den häusliches Unglück zu einen oerbillerten Menschen und verknöcherten Beamten gemocht hat, der in den Gefangenen nur Objekte eines scharfen Strafvollzugs sieht und das Gefühl dafür verloren hat, das ihm Menschen mit bitterer körperlicher und seelischer Rot anvertraut sind. Im Gegen- sag zu ihm steht der Kandidat der Theologie, der das Amt des Gefängnisgeistlichen verwallet,«In junger Mensch voller Ideale mit flammendem Herzen, mit fanatischer Lieb« für seine Mitmenschen, die im Zuchthaus schmachten. Er denkt auch an die armen Ange- hörigen der Gefangenen, die unschuldig mltoerurteill sind. Der Direktor hat da» Staatswohl im Auge und ist daher mit seinen Unterbeamten gegen die Amnestie, der Kandidat trill warm für sie ein. Inzwischen ist das Gerücht vom bevorstehenden Gnaden- erlaß bis zu den Gefangenen gedrungen. All ihre Not spiegell sich in den bewegten Bitten, die sie unterwürfig bei dem Regierungsrat anbringen. Je näher der Tag der Amnestie rückt, um so ver- zweifeller wird die Stimmung. Die Frauen und Mütter dringen ins Büro de» Zuchthauses vor, Hillen erst und verlangen dann ge- bieterifch die Freilassung ihrer Lieben. Verzweiflung wird zur Leidenschaft, eine Revolte bricht aus, eine sunge Frau wird vom Aufseher erschossen. Mit allen Vollmochten vom Regierungsrat aus- gestattet, beschwichtigt der Kandidat unter Zusicherung völliger Straf- freiheit die Aufrührer. Aber er kann sein Wort nicht halten, hinter seinem Rücken verhängt man hinterher die schärfsten Disziplinar- strafen. Verzweifelt erkennt der Kandidat, daß er als Beamter nicht gegen die Starre und Engftirnigkeit der Gesetzesfonneln anzukämpfen vermag. Er wirft feinen Talar ab, als freier Mensch wird er sich für wahres Recht und wahre Menschlichkeit in aller Oeffentlichteit einsetzsn. Finkelnburg vertritt in seinem Schauspiel den Standpunkt, daß eine tiefe Kluft zwischen dem Rechtsgefühl des Volkes und dem Paragraphen klafft. Es muß daher dem Gnädengedanken ein breiterer Raum gewährt und der Strafvollzug nach der milden und menschlichen Seite hin reformiert werden(ein Gedanke übrigens, den Finkelnburg in seiner Amtsproxis weitgehend durchzuführen versucht). Manch« Literaten faseln von der Ueberlebtheit und vom baldigen Tod de- Theateks- Hier erweist hie.Bühne ihre kulturelle Sendung. Nirgends.gibt es ein Forum, wo die Veziehungfa der1 Menschen untereinander und das Verständnis für den Mitmenschen nach- haltiger geklärt werden könnten� als. von der Äampe herab. Heber- flüssig ist die Konstruktion eines Gegensatzes zwischen Tendenz und Kunstdrama. Finkelnburg Hot ein leuchtendes Beispill dafür ge- schaffen, daß ein solcher Gegensatz nicht besteht. Es gab kaum«inen unter den 2000 Besuchern der Voltsbühne, der nicht im tiefsten Innern erschüttert worden wäre. Der Verfasser ist nicht nur als Kenner der Materie berufen, er ist auch ein Dichter. Mit eindrucksvoller Gestallungskraft stellt er die Figuren hin, ohne grob« Lichter und Schatten zu verteilen. Regierungsrat und Zuchthausdirettor sind kein« Bösewichte, sondern nur engstirnige Menschen. Die übrigen auftretenden Personen er- scheinen so echt, als wären sie Bekannt« von uns selbst. Der Regisseur Günther Start hat ein Ensemble zu- sammengestellt, in dem niemand sich vordrängt, in dem jeder an seinem Platze steht. Rur   summarisch können die Einzelleistungen hier angeführt werden. Hans Peppler  , Sigurd Lohd«. Klau» Clausen, Grete Bäck, vor allem Margarete M« l z« r und viel« andere, die sich mit Lieb« für die gute Sache «Ingesetzt haben. Roch Schluß der Vorstellung bleiben die Zuschauer noch er- schüttert auf der Straße stehen und tauschen gegenseitig ihre Ein- drücke aus Da kommt ein Wagen vom Uebersallkommondo, die Beamten treiben die durchaus ruhigen Gruppen auseinander. Di« Beamten waren schlecht beraten, als sie hier ein Beispiel für falsch verstandene Staatsroison gaben. Ernst veener.
Leben des Orest  ." Opernuraufführung in Lelp�g. Man hatte diesem neuen Wert Ernst Kreneke, das sich. als wäre es von Meyerbeer  ,Große Oper in fünf Akten' nennt, in der Mustkwelt mit außerordentlichen Erwartungen entgegen- gesehen. Dt« Uraufführung in Leipzig   wird, unbestreitbar, für den dreißigjährigen Dichter-Komponisten ein ungewöhnlicher Theater- erfolg. Als Bedingungen dieses Erfolgs und zugleich, allgemein gesprochen, als positive Grundlagen einer künstlerischen Arbeit, deren im übrigen tiefste Fragwürdigkeit st« nicht erschüttert, sind festzu- stellen: de» Komponisten gewiß weck überdurchschnittliches mustkan- tisch-produktives Talent, durch keinen Anspruch, den da» Theater stellt, in Verlegenheit zu setzen, und dazu und obendrein, dos Musik in jeder geforderten Quantität mühelos hervorbringt: und des Dichters Instinkthaft starker Sinn für die Bedürfnisie der Bühne und die besonderen Wirkungsmöglichketten der Opernbühne: eine ungewöhnliche, ursprüngltch-naiv« Opernbegabung und der bewußt«, keineswegs naiv« Will«, mtt ihrer Hilf» aui kürzestem Weg und um jeden Preis zu arrivieren. Diese Oper ist für das Theater, die Partitur ist für die Stimmen, für Opernsänger geschrieben, und sie wendet sich mit unverhohlener Cntschlosienheck unnitttelbar an das Ohr des Publikums, von dem nun einmal ihr Schicksal abhängt. Leben des O r e st". der Griff nach so großem so groß- artigem Stoff verpflichtet. Ernst Krenet benutzt ihn, wie eben ein gewerbsmäßiger Opernlibrettist einendankbaren" Borwurf benützt. er weiß nichts von Derpflichtung und geistiger Verantwortung, fühlt nicht die Kühnheit seines Vorhabens, die alle Sage, das alle Drama, dos zu den ewigen Fundamenten der Weltliteratur zählt, mit den subalternen Kräften seines Theatertalentes neuschöpferisch zu meistern. Mit entwaffnender Ungenlerchett sucht er's anders zu
' Bildende Kunst  . machen, er hat ein paar Bücher gelesen und ein bißchen nachgedacht, das Ethos der Dichtung kümmert ihn so wenig wie ihr kultur- geschichllicher, menschheitsgefchichllicher Hintelgrund, als Ersatz tut er ein wenig modern« Psychologie hinzu, wie er sie versteh: oder nicht versteht, und der neu«Orest  " ist fertig, in einer holperig un- beholfenen, dabei halbgebildet prätenziösen Opernsproche ab ge­iaht. daß man sich an den Kopf greift. Ein« Griechenoper wollte er schaffen, aber alles Griechentum, allesKlassische" verachtet er. Ge­blieben ist nicht viel mehr als die Summe von Vorgängen, die eben unter dem TitelLeben des Orest  " sich zusannnenfasien ließen, sie könnten in dieser Form irgendwo und irgendwann spielen Ge­blieben sind wesentlich die Vorgänge, wie wir sie kennen, oberfläch- lich als Opernhandlung zurecht gemacht und geschickt in«ine bunte Folge von acht Bildern gezwängt: die Opserunz der Iphigenie; der Trojanische Krieg: die Ermordung Agamemmnons: der rächende Mord an Klytemnestra   und Aegisth. Zum Uebcrfluß wird auch noch Elektro.Furch Fußtritte und Schlüge in roher Weise" getötet, es ist eingreulicher Anblick", wie der Dichter selbst in Farm einer Regieanweisung ausspricht, aber als Signal zu einem effektvollen Attfinale läßt er sich's nicht entgehen. Zum Schluß aber gibt es zwei glückliche Paar«: Iphigenie   nimmt den alten König Thoas, seine Tochter kriegt den Orest, den Muttermörder, den das oberste Gericht von Athen   nicht ohne Eingreifen höherer Mächte freigesprochen Hot. Und der Musiker Krenet, ohne Zweifel begabter als der Dickster? Seine persönlichst« Not« heißt Gesinnungslosigkeit: pcin- Uchste Gesinnungslosigkeit so sehr in Fragen der Richtung wie des Sicks, in der allgemein künstlerischen wie tn der eigentlichmusika­lischen" Grundhaltung. Alles kommt vor in dieser Opernmusik, Voltslied und Jazz. Operette und pathetische Oper, Puccini uNö Mahler. D'Albert   und Lshar, Heutiges und Vorgestriges. Zwilchen Minderwertigem finden sich freilich auch echte Einfälle, den echtesten bringt eine lyrisch besinnliche Szene, die in der Mitte der Oper steht, aber am ehesten scheint her Musiker Krenek   sich in seinem Element zu fühlen, wenn es auf der Bühne laut und turbulent hergeht. Mit auffälliger Konsequenz wachst in jedem Akt die Wirkung, wenn es auf den Schluß zugeht: und gar den letzten krönt«in E-Dur-Finale, daß jedem Opernintendanten, der sich auf sein Publikum versteht, das Herz aufgehen muß. Denn Krenek   weiß, daß die Zeit für solche C-Dur-Wirkungen, die Zeit, zurTonalität" zurückzukehren, nicht allein für chn gekommen ist; und er darf darauf zählen, daß ihm noch gar als nnur Vorstoß angerechnet werden wird, was bei an- deren bequemer Rückfall in die Vergangenheit wäre. Ein begabtes Wert trotz allem, doch«in höchst unerfreuliches. Im Leipziger   Stadttheater unter der Leitung Gustav Brechers eine Aufführung, die vor allem im Musikalischen höchste» Niveau er- reicht. Dies Theater ist mit schönen Stimmen reich gesegnet. Als überragende Gestaltung haftet der Orest Karl August Neu- m o n n s, eines jungen Sängers, von dem die Opernwett etwas erwarten darf. Am großen Erfolg haben olle Mitwirkenden ver- dienstvollen Anteil. Klaus Erinksbeirn.
Konzert des Berliner   Volkschors. Dr. C. Zander hatte sein« Vortrogefolg« in der Hochschule diesmal nur auf Schönheit, nicht auf Kampf eingestellt. Was er da an Chören für seine.-capelje.Vereimznng und den ganzen Volks- - Chor bracht», von Spohr,. Niels W. Gade und sin« stattliche.Reihe von Pete k Cornelius, ist heute noch so lebensvoll und bluten- reich wie ehemals, selbst neben kincm bodenständigen Lendvai  . In der Möglichkeit der Auswahl und dem Reichtum der Lckebetur hat es der gemischt« Chor doch viel hesier als der Männerchor. Welche Kühnheit der Harmonik und Reichhaltigkeit der Form in diesen Liedern von Cornelius! Nirgends eine Manier, nirgends regelmäßig wiederkehrende Gemeinplätze wie in der alten Männer- chorltteratur. Und der Volts-Chor und seine--«pella- Vereinigung sind innerhalb gewisser Grenzen solcher tendenzloser Musikpoetik ganz vorbildliche Interpreten. Die Phrasternng, das selbstverständliche Zusammensingen und der tiefinnerlichc Ausdruck mit seinen delikaten Ausklängen sind ausgezeichnet. Rur bei ganz schwierigen Aufgaben, so.Lieb«, dir ergeb' ich mich",Tod" undAn den Sturmwind". müssen die inneren Werte der Interpretation die absolut« Reinheit der Intonation den inneren Glanz und die ungehemmte Schlagtraft etwas einseckig ersetzen. Zu einem solchen vorwiegend intimen Pro- gramm paßte als solistische Abwechslung irur Kammermusik. Zwei ihrer besten Vertreter. Karl Klingler   und Robert Kahn  , boten mit der schönen Vermenschlichung der sonst so knorrigen -Moll-Sonate von Rod. Schumann und der hinreißenden Wieder- gäbe von Rich. Strauß' herrlicher Es-Dur den nicht sehr zahl- reichen Zuhörern einen ungetrübten Genuß. H. M. Zehners Abschied. Generalintendant Jeßner hat sich vom Ensemble der Staatlichen Schauspiel« mck folgendem Schreiben verabschiedet: Sehr verehrte Kolleginnen und lieb« Kollegen! Nachdem ich von der Leitung des Staatlichen Schauspielhaus«» geschieden bin. Ist es mir«in wirtliches Herzensbedürfnis, Ihnen noch einmal für die treue, kollegiale, hingebende Mitarbeck zu danken, die Sie mir während meiner beinahe elfjährigen Tätigkeck zuteck werden ließt». Es ist wohl nur selbstverständlich, daß eine Arbeit, die auf letzten Einsatz der Nerven gestellt ist, nicht immer eine völlig reibungslos« sein kann: sie darf es gar nicht sein, denn die Reibung erst erzeugt Funken. Aber ich kann Ihnen offen sagen, daß die Gesamt- erinnerungen an die Zeck meiner Berliner   Intendantentätigkeit un- getrübt und eine der schönsten meines Leben, bleiben. Wir haben zusammen manche Schlacht geschlagen, manchen Sieg erfochten und manch« Niederlage erlitten. Aber über dem Einzelschicksal der jeweiligen Aufführung, des jeweiligen persönlichen Erfolg«» oder Mißerfolges fanden wir uns jederzeit in dem Gedanken, der allein der Sache de» Theaters gall und in der wir uns wahrlich vom ersten bis zum letzten Tag« verstanden haben. Ich danke Ihnen herzlich und wünsche Ihnen und Ihrem neuen Leiter alles Gute in Ihrem Leben und tn Ihrer Kunst."
Geheimnisse um Gaby Oeslys. Um die berühmte Tänzerin Gaby Deslys  , die vor einigen Iahren starb und ihr Vermögen den Armen von Marseille   hinterließ, hat sich nach ihrem Tode ein wahrer Rattenschwanz von geheimnisvollen Geschichten gebildet, und immer wieder tauchen nn» Ueberraschun- gen auf. di« die Phantasie des kühnste« Kolportageromanschrift- stellers übertreffen. Nachdem erst kürzlich der Anspruch einer unga  - rischen Familie Navrattl. die behauptete, Gaby Desly» habe eigent- lich Hedwig Raoratil geheißen, durch da, Auftreten der wirklichen Hedwig Navratil hinfällig geworden war, wartet jetzt die Pariser Presse gleich mtt zwei neuen Sensationen auf. Danach soll Gabn