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Morgenausgabe ni updos 30

Nr. 41

A 21

47.Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolesblatt

Sonnabend

25 Januar 1930

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

Die etni paliige Nonpareillezetts 80 Pfennig. Reflame eile 5.- Reichs mart. Aleine Anzelgen bas ettge brudte Wort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgebruckte Borte), jebes meitere Bort 12 Bfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes mettere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben adblen für zwei Borte. Arbeitsmartt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen ze le 40 Pfennig. Anzeigen annahme imhaupte gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich con 81, bis 17 Uhr.

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Amerika gegen Geheimdiplomatie. Der Pariser Parteitag.

Drei Pressevertreter auf eigene Faust zugelaffen.

London , 24. Januar. ( Eigenbericht.)

Die französische und italienische Delegation zur Flottentonferenz batten am Freitag mehrstündige Unter­redungen mit Macdonald. An den Besprechungen nahmen auf

englischer Seite außer Macdonald Außenminister Henderson und der erste Lord der Amiralität( Marineminister) Alegan

der teil.

Laut einem offiziellen Bulletin beschäftigte man sich mit den Franzosen , mit dem von dem Expertenfomitee fertiggestellten Be­richt. Das Rommuniqué spricht von ermutigenden Ergeb niffen. Im Mittelpunkt diejer Besprechungen mit den Fran­3osen stand die von den Genfer Verhandlungen bekannte englisch französische Meinungsverschiedenheit hinsichtlich der

Jeffsetzung der Tonnage.

Die Franzosen haben seit feher den Standpunkt eingenommen, daß ieber Station eine bestimmte Anzahl Gesamttommage zugewiesen werden solle und fie freie hand bei der Berteilung dieser Tonnage innerhalb der verschiedenen Schiffstategorien

besigen müsse, mährend die Engländer für eine feste Ab­grenzung der Zonnage, für jede Kategorie en treten. Wie nerlautet, ist man im Laufe der Besprechungen erfolg. Auffaffungen zu finden. Ein Kompromiß steht angeblich in Aussicht. reich damit beschäftigt gewesen, eine Brücke zwischen diesen beiden Der Ausschuß der Bresse von den Bolligungen der Kan ferenz hat in den leßten Tagen zu schweren Berstimmungen geführt.

Die Amerikaner haben nunmehr den gordischen Knoten mit dem Beschluß durchhauen, drei amerikanische Pressevertreter zuzulaffen,

indem sie ihnen Bläge zur Verfügung stellen, die den Amerikanern für ihre Experten zustehen. Dieser Beschluß dürfte nunmehr auch die übrigen Delegationen veranlassen, einen ähnlichen Schritt zu tun und damit einer auf allen Seiten als unmöglich empfundenen Situation ein Ende zu bereiten. Die Bertreter der an den Verhandlungen nicht beteiligten Staaten bleiben jedoch nach wie vor von der persönlichen Teilnahme an den Verhandlungen ausgeschlossen.

Nachtragsetat 1929.

Houng Ersparniffe werden durch Fehtbeträge aufgezehrt.

Aus dem Entwurf des Nachtragsetats für 1929 geben mit nachgefordert, ble der Haushaltsausschuß bereits auf Grund einer be­stehend einige Zahlen und behalten uns eine eingehende Würdigung

des Ganzen vor.,

Das Reichsfinanzministerium teilt mit, daß nach Annahme des Young- Blanes fich eine Erleichterung des Reichshaushalts ergeben wird, die im laufenden Rechnungsjahr rund 614 Millionen Mart beträgt. Im Nachtragsetat foll über die dadurch freiwerdenden Be­träge beſtimmt werden. Der Nachtragsetat beschränkt sich in der Hauptsache darauf, folche Ausgaben zu etatisieren, die entweder zwangsläufig oder sonst unvermeidbar sind und daher, würden sie nicht etatisiert, über- oder außerplanmäßig ausgegeben und vers bucht werden müßten. Auf der Einnahmeseite sollen außerdem auf Grund der bisherigen Steuerauftommen die Steuerschäzun gen richtiggestellt werden.

Die ganzen Erleichterungen des Young- Planes werden durch den im laufenden Rechnungsjahr fich ergebenden Fehlbetrag aufgezehrt.

Es war bei diefer Sachlage nicht möglich, einen Tilgungsfonds zur Abdeckung der schwebenden Schuld nach dem am 24. Dezember be­fchloffenen Gesetz einzustellen, ebensowenig wie die Abdeckung des Fehlbetrages im außerordentlichen Haushalt in Angriff zu nehmen. Im Gegenteil muß die Anleiheermächtigung bei der gegenmärtigen Kapitalmarktlage und damit auch der Fehlbetrag des außerordent lichen Haushalts um 278, Millionen Mark erhöht werden. Tilgungsfonds wird munmehr in den Haushalt für 1930 eingestellt merden. Was zunächst die

Der

Erhöhung der Anleiheermächtigung um 278 Millionen Mark betrifft, so feßt sie fich zusammen aus den folgenden Boften, die im außerordentlichen Haushalt ein Mehr gegen die ur sprünglichen Ansätze erfordern:

a) 222,5 millionen, um die der in Höhe von 150 Millionen Reichsmart eingestellte Betrag für Darlehen an die Reichsan ft alt für Arbeitsvermittlung in Rücksicht auf die Ent­widlung der Finanzlage der Reichysanstalt erhöht werden muß; b) aus 50 Millionen Reichsmart, mit denen das Reich sich auf Grund eines besonderen Gefeßentwurfes am Stammfapital der Preußischen 3entralgenossenschaftstaffe beteiligen mill; c) aus verschiedenen fleineren Bosten, die insbesondere die afferstraßenverwaltung betreffen.

3m ordentlichen Haushalt erfordert das Auswärtige Amt für Umzugstoften usw. ein Mehr von 720 000 Mart. 3m Rechnungs­jahr 1928 hatte das Auswärtige Amt für die gleichen 3wede be­reits Borgriffe in Höhe von 1691 000 Mart vorgenommen. Da im Rechnungsjahr 1929 mur 1 447 000 Mart vorgesehen waren, reicht der ganze Betrag noch nicht einmal zur Deckung der Borgriffe aus und es bleibt nunmehr dem Auswärtigen Amt nur ein Restbetrag Don 476 000 Mort, um die Kosten für die zwangsläufig notwen big mertenden Umzüge zu bestreiten.

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3m Reichsinnenmin'fterium soll der Zuschuß zu den Kosten der Raiser Wilhelm Gesellschaft zur Förderung der Biffen. Ichaften um 650 000 Mart erhöht werden, da eine Schl eßung der Institute verhindert werden soll. Die Kosten aus Anlaß des Ab lebens des Reichsministers des Auswärtigen, Dr. Stresemann, die auf das Reich übernommen worden sind, werden schäßungsweise auf 120 000 Mart bemessen. Zur Durchführung von Hilfsmaß nahmen zugunsten der aus Rußland abwanbernben deutschstämmigen Bauern merben etwa 6 millionen an

sonderen Borlage bewilligt hat. Zur Unterhaltung und Durchfüh rung der. Technischen Nothilfe find wegen der für 1929 Dom Reichstag vorgenommenen Kürzung um 400 000 Mart noch 125 000 Mart notwendig geworden, um die Mehrausgaben an persönlichen Bedürfnissen und Abfehrgeldern zu decken.

Mehrheit gegen Regierungsteilnahme.

Heute und morgen tagt in Paris ein außerordentlicher Kongreß der Sozialistischen Partei Frankreichs . Seine Eins berufung erfolgte im Anschluß an den Konflikt, der Ende Oftober vorigen Jahres zwischen der Mehrheit der Par Ia mentsfraktion( Groupe parlementaire ) und dem manente) über die Frage der Beteiligung der Sozialisten Barteivorstand( Commission administrative per­an einer Regierung der Linken entstand.

In der ersten Kammerfizung nach der Sommerpause war die Regierung Briand durch eine Mehrheit ge­stürzt worden, die sich aus den Radikalen, den Sozialisten und dem rechten Flügel der reaktionären Marin- Gruppe zu sammenseßte. Der unmittelbare Anlaß dieser Krise war außenpolitischer Natur: die Linke warf der Regie­rung vor, daß sie feine aufrichtige Verständigungspolitif be­treibe, denn die ehrlichen Bemühungen Briands würden. dauernd durch nationalistische Quertreibereien eines Teils der Regierungsfoalition durchkreuzt; der Marin Flügel wiederum machte der Regierung, insbesondere dem Ministerpräsidenten und Außenminister Briand , die Haager Verzichtspolitif", vor allem die zugestandene vorzeitige Rheinlandräumung zum Vorwurf.

Die parlamentarische Logit sprach nun dafür, daß nun­mehr die siegreiche Linke die Regierung bilde Nach einem längeren Hin und Her, bei dem vorübergehend sogar das Mitglied der sozialistischen Fraktion Paul Boncour als Ministerpräsident in Aussicht genommen war, betraute der Präsident der Republit, Doumergue , der feine sozia fiftische Regierungsführung wünschte, den soeben zum Vor figenden der Radikalen Partei wiedergewählten Abgeord neten Daladier mit der Regierungsbildung. Diefer Mitarbeit. In einer auffallend schwach besuchten Fraktions­mandte sich an die sozialistische Fraktion und bat sie um ihre sizung sprachen sich die anwesenden sozialistischen Deputierten und Senatoren mit 3weidrittelmehrheit für die Annahme des Angebots Daladiers aus, vorbehaltlich der Zustimmung durch den inzwischen eiligst einberufenen Nationalrat der Partei.( Diese zweidrittelmehrheit war übrigens fein Zu­fallergebnis, fondern sie entsprach übrigens zweifellos der Stimmung in der Parlamentsfraktion.) Der Barteivorstand, in dem seit dem freiwilligen Ausscheiden des rechten Flügels nach dem letzten Parteitag nur die Linke vertreten ist, sprach der Fraktion öffentlich seinen Tadel aus und setzte sich im Nationalrat mit aller Kraft für die Aufhebung des zustimmen­den Beschlusses der Fraktion ein. Nach überaus lebhaften Auseinandersetzungen gelang es dem Borstand. mit knapper Mehrheit seinen Willen durchzusehen. Die erste Möglichkeit und Gelegenheit seit den Wahlen von 1928, eine Regierung 3m Etat des Reichsverkehrsminifteriums war für den Betrieb der Linfen in Frankreich zu etablieren, wat zerschlagen. Die von außereuropäischen Luftverkehrsstrecken durch die Deutsche Mißstimmung unter den sozialistischen Barlamentariern war, Lufthansa eine Anleihe im Betrage von 6 Millionen vorgesehen, zumal wegen des durchaus überflüssigen Tadelsvotums durch die durch die Deutsche Lufthansa beschafft und vom Reich verzinst den Parteivorstand, gegen das sich auch Léon Blum bei und getilgt werden sollten. Die Aufnahme einer solchen Anleihe. aller persönlichen Gegnerschaft gegen die Regierungsbeteiligung Die etatsrechtlich recht bedentlich gewesen ist, hat sich vergebens gewandt hatte, war so start, daß im Augenblic megen der Lage des Geldmarktes nicht ermöglichen lassen. Es sogar das Gespenst der Parteispaltung auftauchte. Schließ­foll der Lufthansa daher nunmehr der benötigte Betrag in Höhe lich siegte doch die Parteidisziplin, aber erst nachdem auf Ber­von 3 Millionen unmittelbar zugeführt werden. Bon diesem Be langen der Fraktion ein außerordentlicher Partei­trage fönnen die im Hauptetat für 1929 für Verzinsung und Tiltag durch den Vorstand einberufen worden war, der über die gung vorgesehenen 550 000 Mart abgefeßt merden, so daß ein Mehr Taftif der Partei im Falle einer neuen Regierungsfrise ent­von 2 450 000 Mart verbleibt. scheiden sollte.

Jm Arbeitsministerium wird für die Krisenfürsorge für Arbeitslose ein Mehr von 30 Millionen angefordert. Außerdem sollen zur Erleichterung der knappschaftlichen Benfions versicherung und zur Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit 75 Millionen, für den Ausbau und die Erhaltung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Invalidenversicherung 50 Mil lionen zur Verfügung gestellt werden. Die Mittel für diese beiden letzten Bosten dürfen indessen nur insoweit verausgab merden, als das Aufkommen aus der Lohnsteuer im Jahre 1929 den Betrag von 1300 Millionen bzw. 1375 Millionen übersteigt.

Der Etat für Versorgung und Ruhegehälter erfordert an Ber­forgungsgebührmillen für frühere Angehörige der Wehrmacht und für die Hinterbliebenen solcher Angehörigen ein Mehr von 37.7 Mil lionen. Diese große Mehrforderung ist dadurch entstanden. daß der Schäßung im Hauptetat für 1929 eine Zahl von 775 000 Be­Ichädicten zracunde gelert worden war, während diese Zahl sich feitdem bereits auf 815 000 erhöht hat.

Die schwierige Kaffeninge des Reiches und der ungünftige Stand des Geomarftes in Deutschland spiegeln sich in einer Forde rung von 28.7 millionen wieder, die im Haushalt der Reichsschuld an Mehrzinsen für die kurzfristigen Kreditope rationen des Reiches verlangt werden.

Im Etat der Finanzverwaltung werden 14,9 Millionen mehr an die Länder überwiesen. dorunter aus der Einkommen und Körperschaftesteuer allein 20 Millionen.

Der Haushalt für die Krlegelaffen sieht unter den inneren Kriegsleften bei den Ausgaben für die befeßten Gebiete, die Grenz gebiete und das Saargebiet ein Mehr von 65 9 Millionen vor.

Unter den Einnahmen der Reihsfinanzverwaltung ergeben die fortdauernden Besitz und Berfehresteuern ein Weniger von 254 Mionen, denen ein Mehr von 121 Miffionen gegenübersteht, so daß en Minus von 133 Millionen verbleibt.

Da nach der Annahme tes Poune- Blones els fünftige Quellen der Reparationsleistung tetiglich die deutsche Reichsbahngesellschaft und der Reichshaushalt bestehen bleiben follen wird die im Dames Blan vorgesehene Industriebelastung als Sonderquelle für die Reparationsleiflungen entbehrlich. Der Nachtragshaushalt nimmt in Aussicht. Die im Februar 1930 fällige Rate auf Grund eines be fonteren Gefeßes noch einmal in Höhe von 150 millionen zu er heben und für Swede bes Reichshaushalts zu vermenben.

Freilich war inzwischen eine weiter rechts gee richtete Regierung unter Tardieu zustandegekommen, ein ganz uniogisches Endergebnis des ursprünglichen Sieges der Linken in der Kammer über das Kabinett Briand , aber eine unvermeidliche Folge der ablehnenden Haltung der Sozia­listischen Partei zur Frage der Koalitionspolitif.

Um diese Haltung zu begreifen, was übrigens nicht ganz leicht ist, müßte man sehr weit ausholen. Man müßte an die Rämpfe vor 30 Jahren nach dem selbständigen Eintritt des damaligen Sozialisten Millerand in die bürgerliche Linksregierung Waldeck- Rousseau erinnern und an die bösen Erfahrungen, die die französischen Genossen damals mit ihm und später mit Briand und Viviani machten, die einen ähnlichen Disziplinbruch begingen. Man müßte erinnern an die heftigen Kämpfe, die sich zu Beginn dieses Jahrhunderts zwischen den beiden Flügeln der Bartei unter Führung von Jules Guesde und Jean Jaurès abspielten und die damals fast auf die gesamte Internationale übergriffen. Die Einheit in der franzöfifchen Partei wurde erst 1905 auf dem Kongreß von Amiens miederhergestellt auf Grund des von Guesde her­beigeführten Snruches des Internationalen Kongreffes von Amsterdam ( 1904). ber gegen die Beteiligung von Sozialisten an bürgerlichen Regierungen entschied.

Daß diefer Amfterdamer Beschluß unter ganz anders gearteten Verhältnissen als den heutigen gefaßt wurde, das hat fein anderer als einer einer geistigen Urheber. nam­lich Genoffe Karl Rautsty, in feinem längeren Artikel in der Neujahrsnummer des Borwärts" jüngst festgestellt. Rautsty bezeichnete ausdrücklich diesen Beschluß als heute