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Ar. 4il» 47. Iahrgaug Sonnabend. 25. Januar 1930
Das erweiterte Rathaus Pankow  
Das Rathaus Pankow   erw!es sich seit langem als zu klein für dr« unterzubringen!>en Vüroräume. Ein grosie.r Teil der Düros muhte«l Prioacharuser llnwrZebracht werden. deren Wohnungen dadurch natürlich der WohnunKchirtscha it entzogen wurden. Die geplante Erweiterung des Rathauses konnte endlich ver- wirklicht werden durch einen Aitdau, der die Ecke der Breiten und Renen Schönholzer Straße einnimmt. Die Lotung der sckzwie- rigen architektonischen Ausgabe der Angliedernng des imRathausstil" (hier romanisch- Renaissance) er. bauten Rathauses ist geglückt. Die modern einfach gehaltene Kastade des Anbaus versucht in der Form der Fenster des ersten und zweiten Geschosses sich an den Rathausbau anzugliedern. Mit dem Anbau ist im Sep- f einher 1927 begonnen worden: Oktolier 1929 wurde er bezogen. Im Heller befindet sich das Polizei- revier 282 sowie das Ein­wohnermeldeamt und die Paßkontroll«, onherdem Wirstchaitsraume für das Bezirksamt. Im Erdg.'schoß ist die Stadtbauk und die Bezirkskass« irrst je einer modernen Tresoranlage untergebracht. Ferner finden sich dort das Finanz- büro und die Ä r re g sbes chäü i gte n f ü r so r ge. Im ersten Geschoß liegen die-ane der chcm ptoer waltung und des Wahl- mntes sowie die Derwaltungsbücherei und das Archiv. Der zweite
Stock wird vom chochbauamt und der Baupolizei in Anspruch ge- nommen, während das Dcrmessungsamt stn dritten Stock unter­gebracht ist. Die jetzt in dem Anbau untergebrachten Verwaltungen, die da- durch zentralisiert beim Rathaus gelegen sind, waren vorher in verschiedenen Mietsräumen untergebracht, die chzwischen für Wohn- zwecke frsgsgeden werden konnten.
Monte Cervantes" gekentert. Oer Kapitän des Llnglücksschtffeö wird vermißt. Hamburg  . 21. Jaunar. Die Hamhurg-Südanvemilauische TlUuPtsMffahrts- Gesellschaft hat folgendes Telegramm erhalle«: ..Monte Cervantes" gester» 21 Uhr schnell nach Steuerbord gekentert, ftoam Zeit, daß sich»och an Bord befindliche Offiziere rette» ko unten. Sapitä» Dreier, welcher bei Untergang Kommandobrücke. leider vermißt." Genauere Einzelheiten über den Untergang des Monte Cervantes" liegen«och nicht vor. i-. Usber die Äenberung der.Moria Eeroontes" ist bei. der chem» bupg'-Stchamerikcknischeii Dampffchifiahrts-Geiellichaft vom a rg�n- 'ti nischen M o rin« m in i st« r iu m ein Telegramm eilige- ganzen, daß das Schiff nur noch mit dem Backb ord schraubenilug el aus dem Wasier hervorragt Mit dem Eintresfen des nach Ufhuaia unterwegs befindlichen Schwesterfchifies, der»Mom-e Sarmieiüo", ist am 27. Januar zu rechnen. Räch llebernahme der 110) Pasta» giere und der etwa 190 Mann starken Besatzung sowie des Gepäcks, wozu etwa«in Tag erforderlich sein dürfte, wird die.Monte Sar. miento" sofort d!« Rückreise nach Buenos antreten und dort die Fahrgäste voraussichtlich am 1. oder 2. Februar landen Di« ge- samten Lebensmittel konnten von Bord der.Monte Cervantes" noch rechtzestig geborgen und nach Ushuaia   geschasst werden, so daß für die Verpflegung der Schiffbrüchigen ausreichend gesorgt ist.
Risseufchiebungen auf Zottami Packhof. Zwei Verliner Firmen um 90000 M. geschädigt. Auf dem gräßlen Verllaer Zollamk Pockhos Ist man Ricseaschlebuogca auf die Spur gekommen. wie erst jetzt bekannt wird. Der ISjährige Zollexpedtenk Gerhard hackbort hat gemeinsam mit dem Iliährigen VZaltcr v. komorowskt seit mehreren Tahrcu durch velrügcretco. Urkuodeofäschung und wehr. fcheivlich durch Schiebung mit zahlreichen Zollbeamten das Seidenhans Michels um etwa 60000 Mark und die Spediflonsflma Gerhard u. h r g um 30000 Mark geschädigt Hackbart, der als Zollexpedient für Gerhard u. Hey auf dem Zollamt Pack Hof tätig war. haste sich durch große Geld- ausgaben verdächtig gemacht. Rochdew man ihn länger« Zeit beobachtet haste: sagte man ihm Veruntreuungen auf den Kopf zu. Revisionen ergaben, daß seit Jahren Gelder unierichlagsn wurden und daß Hockbart amtliche Zollsorniulare aus ämtlichem Gewahr- fom entwendet, den Inhalt selbst ausgestellt, die Urkunden mit amtlichen Stempeln versehen und den Tezt gefälscht haste. Da Hackdart jeglickze Verfehlung bcstrist, wurde er m Untersuchung»- host genommen, v. Komorowski, der für dos Seidtnhaus Michels die Zollangelegenheiten auf dem Zollamt Packhof erledigte und ständig mst Hackbart zusant-venzuarbesten hast«, wurde ebenfalls über fein« Beziehungen zu Hackbart vernommen und gestand, ge- meinsant mit ihm die Betrügereien verübt zu haben. Daraus gab Rechtsanwast Dr. Sidney Mendel im Auftrage von Hackbari den Tatbestand zu. Da Hackbart schwer lungenleidend ist. wurde er aus der Hast entlasten, nachdem Rechtsanwast Dr. Mendel 1900 M. als
Kaution hinterlegt hast«. Der zweite der Angeschuldigten, der ur° sprünglich wich in Hast genommen worden war, wurde nach eini­gen Monaten ebenfalls aus dem Gefängnis entlasten. Da von de» Zollbeamten bei Einfuhr von Waren Stichproben gemacht werden, besteht der dringende Verdacht, daß Zoltbcamte ihre Hand im Spiele haben. Die Ernnttlungen in dieser Richtung schweben noch. Oer Zuwelenraub in der Ebertystroße. Die Autodrofchke l, A. 5110 gefondea. Bisher ist es der Polizei immer noch nicht gelungen, die Täler zu crmiklelo. die am Donnerstag abend auf dos Zuiveliergeschäst von ftnol in der Eberkystr. 44 den Zuwelen- raub«mssührlen. Mo wir berests misteisten, war an dem fraglichen Al>snd in der Ebertqftraße eine Autodrofchke beobachtet worden, die zwischen 19 und 20 Uhr in der Eberlystraßc hin und her pendelt'. Außer dem Führer befand sich in dem Wagen, wie von Zeugen beoV achtet wurde, noch ein Fahrgast. Man vermutete zugleich, daß zwischen der Aistodroschtc und dem Raub an dem Jiuoellergeschast ein Zusammenhang bestehen müsse. Das hat sich nun bestätigt. Gestern wurde in der Konzowstroße«ine führerlose Autodroschle mst dar Rr. I A 8110 aufgefunden. Die Polizei wurde sofort benachrichtigt,- und bei der Untersuchung ergab es sich, daß es sich tatsächlich um den Wagen handelte, mit dem die Täter nach der Ausführung des Raubes geflüchtet waren. Dos Auto war am Donnerstag abend gegen 17 Uhr in der Schünhauser Straße, als der rechtmäßig« Ehauffenr dort eine Besorgung zu mackzen und den Wagen auf wenige Minuten verlosten hatte, von den Tätern ge.' raubt worden. Nach allem ist es zweifellos, daß der Raub von langer Hand vorbereitet war. Im Innern des Aistos wurden starke B l u t f p u r e n und auf dem Baden eine größere Blutlache eindeckt Es ist deshalb mit Be stimmthest anzunehmen, daß sich die Täter bei dem Einschlagen der Schaufensterscheibe stark verletzt haben. Die Ermittlungen der Krimimlpolizei unter Leitung des ftrimmalkommistars O u o ß wer den eifrig westerb«tri eben. Byrds Hilferuf aus der Eiswüste. Ernste Besorgnisse um vas Schicksal der Südpo'arcxpediiion Das amerikanische   Klaatcdeparkement heck sich an die uarmegische und an die englische Regierung mlt der VIstc gewandt alle verfügbaren Walfischsänger zur Hilfe- letstuug für die vyrd. Expedition einzusetzen. Diese Bitte ist auf Grund einer Mitteilung des Mmnrals Bq? d ausgesprochen wovden. Darin heißt es, daß die Hllfsfchifie spätesten? bis zum 6. Februar in der Röhe des Expedition«- lagers eintrefieu müsten. Innerhalb von 14 Tagen müßten all« Expedstionstellnshmer abgeholt fem. da sonst keine Gewähr für frei« Durchfahrt mehr bestshs. Die Vorrat« feien bereits recht knapp geworden, und es siehe zu befürchten, daß bei einer Ucber. Winterung Nahrungsmangel eintreten würden Wegen der itaicken Eismauern könne das HilfsschiffStadt New Park" nur mst. Hilfe größerer Schiff« durchkonunen. D!« britischen und die nor­wegischen amtlichen Stellen haben versprochen, alles zu tun, was in ihren Kräften steht. s.-; Tödlicher Ttnrz in den 5?nhrstnhlschacht. Im Kaufhaus Römischer Kaiser in Erfurt   ereignete sich ein schwerer Unglücksfall An einem Fahrstuhl des Warenhauses war eine Ausbesserung erforderlich. Nach Aueführung dar Rtpa- ratur stürzte der Fahrstuhl bei der Probefahrt mit dem Fahrstuhl- führ«r und dem Monteur ab. Der Fahrstuhlführer war sofort tot. der Monteur wurde schwer verletzt. jhinria in die wellliche Schulet" Zu dem unter dieser lieh«. schrift gebrachten Artikel wird uns mitgeteilt, daß sich die weltliche Schul« in Weißens ce in der Wilhelmstr. 146 und Parkstr. 15 befindet.
Afuhm LiMlt Nock) ein anderes Haus der Siedlung trug zu dem all- gemeinen Getöse bei. Hier saß eine Gruppe italienischer Hausierer bei Tisch, von denen Delporto Pompeo. Francesco und Andrea die Anführer waren. Auch hier wurde gzsungen, aber schön und harmonisch. Man konnte ihre Lieder in dem allgemeinen Tumult nicht deutlich hören, aber ab und zu ver- nahm man über den tiefen Männerstimmen einen hellen durchdringenden Ton, der von den heiseren Papageien auf dem Hof augenblicklich beantwortet wurde In ollen Teilen des Hauses herrschte geselliges Leben, denn die schwer arbei- tenden Bewohner waren entschlosien, ihren einen freien Tag nach Kräften auszunützen. Wieder erschien die rundliche und würdige Gestalt Mi- randas oben am Fenster. Er platzte vor Wut. hatte e ne Serv'ettc um den Hals gebunden und hielt ein Schnitzmesjer wie ein Schwert in seiner Rechten. Fahrt zur Hölle mst eurem Gebrüll, Ihr kreischenden Teufel!" schrie er und fuchtelte mst seinem Messer herum. Das ist zuo'eli wenn der Radau nicht aufhört, rufe ich die Polizei und hetze sie auf euch dreckige Schweine." Augenblicklich tauchten in asten Türen und Fenstern glotzende Gesichter auf, deren höhnisches Gelächter ihn in 'stlchem Grade reizte, daß er alle Fassung verlor. Canaille!" brüllte er.Ich sollte euch niederschießen, wie ein Rudel toller Hunde." Aus allen Ecken des Hauses erhob sich ein Chor von spöttischen Ausrufen, während Mirandas Familie versuchte, den Wüterich vom Fenstsr wegzuziehen. Mranda, du machst es ia nur noch schlimmer." Komm doch weg. Papa." ..Nimm dich in acht vor Sternen, diese Leute sind zu allem fähig." Neben ihm iah man Dona Estella, blaß wie eine halb- welke Blume. Zulmira, die vor Angst zitterte, Henrique, lieblich wie immer, und den asten Botelho, der diesen Ab- schäum einer fremden Welt mst tiefer Verachtung beäugte, als
erwarte er gar nichts mehr van ihnen, wie er ja auch von sich selber nichts mechr erwartete. Dreckige Hunde", zischte Mirauda. Alexmchre, der hastig seinen Polizeirock angezogen hatte, erschien jetzt unter dem Fenster des Kaufmanns und rief ihm warnend zu, es sei unklug, seine Nachbarn so zu beleidigen. niemand hätte ihm Anlaß gegeben zu jolchen Ausdrücken, und wenn die Leute im greundeskreijs sich amüsierten, so genieße ja auch er, Miranda, bei sich zu Hause denselben Porzug. Es sei nicht gut, Menschen zu beschimpfen, denn ein Wort gäbe das andere und wenn die Sache der Polizei gemeldet würde, wäre er, als einziger Zeuge, der die Obrigkeit repräsentierte, genötigt, alle Verantwortung auf die Schustern des Schuldi- gen ,zu legen. Fahr zum Teufel!" fauchte Miranda und sandte ihm den Rücken. So ein gemeiner Lump!" rief Firnro aus, der bis jetzt, die Hände auf den Hüften, vor Ritas Tür gestanden und Miranda unverschämt angestarrt hatte. Dann schrie er lauter um nur ja gehört zu werden:Wetz' dir nur die Hörner, zahmer, aller Ochse, denn eines Tages werden nsir noch zu­sammenstoßen." Miranda wurde gewastsam weggezerrt und das Fenster mit Krachen zugeschlagen. Kümmere dich doch nicht um den alten Idioten", rief Porfiro   und faßte seinen Freund am Arm.Komm, wir wollen unseren Kaffee trinken, ehe er kost ist" Vor Ritas Tür versanuneste sich eine Anzahl der är waren Hausbewohner, elende Geschöpfe, die gewöhnlich Hunger hatten, aber trotzdem sah keiner von chnen niedergedrückt aus. Die gutherzige Mulattin sorgte dafür, daß jeder ämen Bissen von chrem Tisch und einen Schluck zu trinken bekam. Jetzt erschien der alle L'.borio. dessen Verhältnisse dem ganzen Hause ein Rätsel waren. Er hatte teure Küche und ging, wenn es regnete, n'cht aus seiner Kammer. Der alle Lborio war wirklich estr Typ für sich Er hauste im kleinsten und dunkelsten Winkel im billigsten Test der Siedlung, Humpelle herum und sammelte alles auf. was er auf der Erde fand. Er jammerte über feine Armut und machte die Hand auf wie ein Bettler erbat von diesem Nachbar ein Stück­chen Brot, von jenem einen Happen Fleisch, und von einem Dritten einen allen Lumpen. Ewig sucht« er Zigarrenstummel, die er in seiner Pfe'fe rauchte einer Pfeife, die der alle Halunke einem blinden Mann gestohlen haste. Es ging das
Gerücht, Liborio hätte einen Haufen Geld beiseste geschafft. aber das leugnete er unter Jammergeschrei und schwor, daß er stn tiefsten Elend lebe. Der Hungerdämon schien an ihm zu zehren, und er kroch umher wie ein ausgemergeller, heimatloser Hund. Di« Muster rieten ihren Kindern, sich vor ihm in acht zu nehmen, denn er haste die Gewohnheit, um die Kleinen herumzuschar-- wenzell, und sich in ihre Spiele einzudrängen, um ihr Der- trauen zu gewinnen und ent Stückchen ihrer Marmeladen brote   oder Kuchenkrümel zu erhaschen. Rita sagte ihm, er dürfe unter der Bedingung, daß er sich nicht vollstopfe und in ihrer Wohnung platze, hinein- kommen und essen. Darauf machte er sich eilig ans Work und starrte nach rechts und links, wie ein Hund, der einen Knochen bewacht. Er schlang das Essen herunter, ohne es zu kauen, und nahm seine Finger zu Hilfe, wenn sein Schluckapparat allein nicht damst fertig wurde: oder er behielt es in den Bockentaschen. wenn er Angst hatte, er bekäme den Bissen nicht herunter. Die Zuschauer packte fast das Entsetzen, wenn sie mitan- sahen, wie er stopfte und wie alles, fein eigenes Gesicht Inbe- griffen, in feinem Schlund zu verschwinden drohte. Die lange blase zitterte über dem Abgrund und schien jeden Augenblick untertauchen zu wollen, dt« runzligeu Wangen, die wässe- rigen Augen, die abstehenden Ohren und der kahle glänzende Schädel, olles schien sein Schicksal voller Fassung zu erwarten. Fstmo schlug vor. ihn betrimken zu machen, um zu sehet!. wie er sich dann benähme. Alexandre und seine Frau waren dagegen, lochten aber wie alle übrigen, obgleich chnen unbe- haglich zumute war. Sie waren geradezu fasziniert von dem Anblick dieses alten bröckligen Stuck Mensch, dieses gebückten Skeletts, das in einem trockenen Hautsack steckte und ohne Unterlaß den Berg von Essen, den man chm voraesetzt hatte. hstlunterschlang, als wolle er für die andere Welt Vorrat sammeln. Aber plötzlich blieb ihm ein Stück Fleisch, das zu grotz war. um mst einem B'sien hinuntergeschluckt zu werden. unterwegs stecken, und Liborio fing an zu husten und zu. würgen, während seine Augen aus dem Kopf zu treten schienen. Leocadia. die chm am nächsten saß, gab dem allen Vielfraß einen kräftigen Schlag auf den Rucken, so daß er den Bissen wieder von sich gab. Alle ekellen sich.,.,,. (Forts etzung folgt.)