Sonnabend 25. Januar 1930
Unterhaltung und
Beilage des Vorwärts
wart Kröger: 3)ie&eueriaufe
Mit noch sechzig Mann Ersatz war auch der Infanterist An- -inger zut Kompagnie gekommen. Das begab sich vorgestern abend n Oppy. Die Kompagnie folgte den ganzen Tag der Staffel und ruckte abend- in das brennend« Fresnoy ein. Wie gewöhnlich, � Hlten die Feldküchen, was auf Anzingsr. den ungünstigsten Tinoruck ausübte. Dieser untersetzte Waldarbeiter aus einem entlegenen Dorf nahm das Leben auch im Krieg von der einfachsten Sei�e und i islt Esten und Trinken und Schlafen für wichtiger als Schießen und„Sprung! Marfchmarfch!" Mit diesen schätzenswerten Dingen "and es aber an diesem Abend arg mau. Kurz nach Mitternacht trat die Äampagnie an. Mond ergoß rch falb über die Aecker und spaltete Schatten ab von. den letzren. nesenhohen Ulmen des Parkes von Fresnoy. Vorn schimmerte die Draßo Fresnoy— Beaumorrt und war deutlich zu überschauen vom Zärkausgang bis zMn Einganz in eine Ortschaft, die höchstens WO Meter entfernt lag.,.. War die Ortschaft rein? Hauptmann Helmer sieh die Gräben 'esetzen, die neben der Straße liefen, und fühlte selbst mit der Spitzengruppe aus' den Ortseingang zu. Was kam da' um dib Ecke?........- .. Auf einen Wink sank die Gruppe in die Böschung und wartete die weiteren Dinge ab. Einsam radelte, die Hände aus dem Rücken verichräntt, ein Soldat die Straße herauf. Er mußte Ueberfluß an .isi! und Gemütsruhe haben, weil er im schönsten Bummeltempo die Sedale trat und die kuirswollsteu Zickzacks vollführte. Dazu pfiff - aus vollen Backen und unter Aufwand von Gefühl das schöne ed:„Guter Mond, du gehst so sttlle...* Den halblauten Anruf :5 Hauptmanns quittierte der Nachtwandler nur mit einer phleg. 'iatstchen Kopswendung. Erst ein zweites„Halt!" vermochte, daß e- absaß und sich mst einer Stimme, die wie angeborenes Jodeln lang, vorstellte. „Jnsanierist.Hussak!... Zum Stab 10. Reserveregiment?... irieux vom Gegner frei!... Feind schanzt auf der Höhe hinter -ilrleux...* Diese außerordentliche Erzählung gab der Mann in einem Ton, als ob er sagen wallte: Was geht mich das an? Er schwankte dazu aus den langen Stacksbeincn und roch nach Rosen, die mir in einer i ollen. Schiwpsbuddel blühen. Hauptmann Hehner traf diese Art Radfahrer wohl zum ersten .!ale und suchte nach dem angemessenen Verkehrston. ..Mensch, stimmt das alles, oder bis du bloß besoffen.. Der Infanlerist Hussat war ein Muster an Biedersinn und Offenherzigkeit. Zunächst meckerte er pflichtschuldigst über den Witz ch�S.Borgeietzten, ehe er die' doppelsinnige Antwort gab:„Bin ich uch, Herr Leutnant... Zu Befehl!... Aber das andere stimmt olles i..* Kurzerhand besohl der Hauptmann dem Bringer so guter Zei- :ung. aufzusitzen und die Kompagnie ins Dorf zu führen. Radfahrer Hastat an der Spitze, dahinter Hauptmann HeKner mst der Spitzengruppe und in fünkzig Schritt Abstand die Kompagnie. So zogen wir ins Dorf Arleuz-en-Eohelle ein, als die Kirchturmuhr . erade 2 Uhr morgens schlug. Die Meldung stimnne in allen Teilen. Keiner war stärker betroffen von diesem nächtlichen Abenteuer ks Kamerad Anzinger. War er doch seinem Ideal leibhastig b«> cegnetl Dieser radfahrende Philosoph Hustok hatte die Well mit allem überwunden, was darin war, auch den Krieg. In dieser Nacht r-diah eine Freundschaft, d>« gegen den Morgen zu bei Anzinger Hon die Form emer verdächtigen Begeisterung, angenommen hatte. Der Sonntag von Arleux brach mit heiterem Himmel und milder llitst an und malle den sauberen Häuschen des Dorfes Kringel und Ereile auf Türen und Fenster. An der rückwärtigen Wand eines stattlichen Hauses lehnte eine lohe Leiter, die zwei obersten Sprossen noch über den Hausgiebel gereckt. Dort oben faß Leutnant Gebert am Fernrohr und rief in teil Hof hinunter, was er sah. Major Häberling, der Bataillons- f-h«r und Hauptmann Heimer schrieben in Stichworten nach. .„Höhe hinter Arleux stark besetzt!... Gräben sind behelfsmäßig ausgehoben!... Auf der Srrqße nach Dailleul Artillerie!... Drei— nein!— vier Feldgeschütze!... Ueber den Telegraphenberg aeschlostene Kolonnen im Anmarsch!... Doppel gl, eder!... Aus mindestens zwei Bataillon« zu schätzen!... Bahndamm bei Farbus ivlrd eben besetzt!..." Der Major wechselte einige Worte mit dem Hauptmann, grüßte und ging rasch aus dem Hof. Leutnant Gebert kletterte von der Leiter und schloß sicki dem Kompagnieführer an, dessen Gesicht lailg- iam rar anlief und die Farbe der Erregung annahm. Hinter den Zäunen und Hecken des Ostrandes breitet« sich die Kompagnie zum Gefecht aus. Hauptmann Helmer stieß den rechten Arm hoch, und über die Wiese rechts sauste schon der Zug des Leut- riants Gebert au; d:e verschanzte Höhe los. Der Hauptmann hob den linken Arm, und der linke Zug kam ins Nennen. Er sprang '.:lb«r hoch und warf die Mitte der Kompagnie gegen die Stirnseite feg Hügels. Rasendes Feuer fegte über die anlaufende Truppe. Allein auf dem ausgesetzten Scheitel sprang noch Anzinger. Er 'Hrie und grolle aus voller Drossel: schioenktc einen länglichen, iiaschensörmigcn Gegenstand hecaussorderird nach der Feindjeite und l lieb plötzlich stehen, breit gegrätschr. das Gewehr in die linke Achiel gezwickt. Er schüttelte die Flasche prüfend,»ahm einen endlosen Zug, tor kelle in einem Viertelkreis- und stützte sich, den Finger an dir Stirn, tiefsinnig aus das Gewehr. Nahm alsdann den Tornister bedächtig ab, knetete ihn zupaß und legte sich längelang, der kugel- peienden Höhe verdrießlich die Rückhand zeigend, aus dem Fleck ,'ieder. in einem Arm das Gewehr, im anderen die Flasche, den Kopf aus dem Tornister, die Fuße in einer Himbeerhccke. Das Geiechl flocht, sich von Stunde zu Slunde enger und wirkte den ganzen Umkreis in ein blutiges Gespinst. Es ging nicht vor- s hjs|n den späten Nachmittag. Dann griff Artillerie ein und ' höh den zqlien Gegner aus der Hügelstellung. D:e Kompagnie. s-undenlang an einen Fleck genagell, kam wieder in Schwung, und '-3 die ersten Schräzschqtten dunkle Dreiecke aus den Feldern packten. 'ag sie gescurimell-aus der Höh« hinter.Axleux. Vor der Höh« waren da und dorr graue, regungslos« Häuschen }U erlernen, die Toten des Tages, einer davon Leutnant Gebert. dem ein Geschoß Fernglas und Halsschlagader zerschmettert hatte. Major Häberling, in der Kompagnie mit vorgegangen, drückte d«n Hauptmann Helmer schweigend die Hand, dreh!« sich um und sallttierte mit g-zog-nem Degen de« Toten im Tale,.
Ein Wunder?--- Ein Wahn?--— Unter den Toten regte sich einer/richtet« sich in Sitzstellung auf und rieb, gewaltig Augen und Rase. Drückt« sich dann bedächtig vom Boden weg, schwang den Tornister- über und trollte aus den Hügel zu...'•, Der Degen des Majors senkte sich. „Schöckschwerebrett!'... Was ist da los?� Die Kompagnie feixte. Der von den Toten Erstandene war— Freund Anzinger. Den Struppschädel schief gestellt, immer wieder Blicke zurückwerfend, und in verwundertes Äopfschütteln fallend, stelzte er gemächlich den Hügel herauf.'Des Majors ansichtig, gab er seinem Helm einen Veuller. daß er. regelrecht saß, fiel in Haltung und brüllte mit verschlafener Stimme: „Resersvist Anziäger zür>'Stelle st..' Dies« erschütternde Neuigkeit traf den Major bis in die Nieren. .„Wo kommst du denn hergeschneit, mein Lieber?,... Bist du denn nicht tot?... Erzähl doch�- was du..in. den, letzten Swnden ge- trieben-hast!...-.•.•„ i- «■" Anzingers Gesicht war sin einziges Ausrufrmgszeichen. Er be- griff- sichtlich nur die letzte Frage und stellte-schlicht'und wahrheits- Kmäß fest:; ,i J.. „Geschlafen, Herr Major!. st,' Nun wandelte sich der ganze Major in ein Fragezeichen.„Ge- schlafen??... Allerhand Hochachtung!... Wo denn geschlafen, mein Sohn?... Doch nicht da hinten?" Der Major wies nach der Stelle, wo sich Anzinger aufgerappell hatte. Der Zweifel ging Anzinger wohl an die Ehre, denn er steigerte die Sttmme noch: „Zu Befehl, Herr Major!... Da hinten!...' Worauf der Herr Maior zunächst in Stillschweigen versank, An- zinger unsicher vom Kopf bis zum Fuß abschätzte und mit kurzen Schritten um ihn herumging. „Also geschlafen hast du?,.. Und da hinten, wo kein« Maus unbemerkt ins Loch schlüpfen kann?... Das muß ich mir auf- schreiben... Aber wie kommst du denn dazu, mitten im Gefecht Klappendienst abzuhallen? He, mein Lieber?..." Jetzt wurde die Sache für Anzinger kitzlich. Er würgte und murkste zuerest etwas von großer Müdigkeit, und wie er sich früh kaum auf den Beinen' halten konnte. Weil der Major ruhig zu- hörte, redete sich Anzinger schnell frei und schilderte mit schöner Anschaulichkeit, wie er in der Kompagnie vorangegangen wäre, wie es ihm plötzlich schwarz vor Augen geworden sei, und wie ihn wohl eine Ohnmacht befallen hätte. „Ohnmacht?... So schaust du aus?... Gefofsen wirst du Luder haben, bis es dir bei den Knopflöchern herauslief... Ich kenne doch meine Pappenheimer." Anzinger. schwieg in. asten Sprachen,' hielt aber im stillen den Major für einen Kenner, der sich nichts weismachen ließ. „Natürlich!..... Es Hann gar nicht anders, sein... Da hinten schlafen! Rur sin« besoffene Sau kommt dem Messer aus... Herr Hauptmann! Ich bitte diesen Mann-bei'Nächster Gelegenheit'vor-- zunehmen. Diese Gelegenheit fand sich in' einer Viertelstunde. Anzänger schob eine Strafpatrouill«, saß aber eine Stunde später bereits im Lagerkeller der brennenden Brauerei von Sille.rwal. Das flan- briiche Rauchbier löschte den gräßlichen Durst, und so war es in Ordnung, daß der Infanterist Anziyger den Major Häberling und den Hauptmann Helmer mehr als einmal hochleben ließ. Ihnen dankte er Sttafe und Genuß. Die Geschichte ist nicht erfunden. Anzinger hat den Krieg bis zuletzt mitgemacht, behauptet aber.-nie wieder so gut geschlafen zu haben wje bei seiner Feuertaufe.
Hoher stammt die Siaarfarbe? Trotzdem es längst feststeht, daß die Farbe und Art des Haares ein bedeutungsvoller Bestandtell der Eigenschaften menschlicher Rasse ist, und trotzdem man sie infolgedessen mst großem Fleiß beobachtet und beschrieben hat, kennt man über die Tatsache, daß es überhaupt Farbenunterschiede gibt, eigentlich nur Vermutungen. Man hat zwar alle Ursache, anzunehmen, daß die frühen Urmenschen mehr oder weniger völlig behaart waren, und man glaubt als Farbe dieses Pelzes ein mittleres Braun— vielleicht mit etwas röllichem Ein- schlag— vermuten zu dürfen. Warum jedoch die später folgenden. um vieles höher stehenden Urmenschen in Südfrankreich — man nennt sie nach ihrem Fundort Menschen von Crü-Magnin—, denen vile bekannte Forscher berests blondes Haar und gar kein Fell mehr zusprechen, ihre Farbe gewechsest haben, ist noch nicht' sicher erklärt. Meist macht man das wahrscheinlich durch Tausende von Jahren andauernde Leben in finsteren Felsenhöhlen dafür verantwortlich, so daß das Blondwerden eigentlich ein„Ausbleichen" wäre— wie ja auch alle Höhleittiere weiß oder farblos sind. Dem steht freilich entgegen, daß Unsere Vorfahren sich von der Jagd ernährten, was wiederum einen ausgedehnten Aufenthall im Tagessicht voraussetzt. Denn daß die Sonne von größtem Einfluß auf die Farbe des Haares ist, das steht unanzweifelbar fest. Aus mikroskopischen Untersuchungen weiß man nun folgendes: Das einzelne Haar, das man sich am besten als sehr elastisches Glasröhrchen vorstellt, ist mit einer Masse gefüllt, dem H a a r f a r b- st o f f, der dem Pigment, dem Hautfarbstoff, auf das nächste ver- wandt und wie dieser ein Eiweitzprodukt des Körpers ist. Dieser aus Zellen bestehende Haarfarbstoff— die Wissenschast nennt ihn Keratohyalin, und weih, daß er z. B. auch in der Bildung von Sommersprossen beteiligt ist— befindet sich bei Blonden und Rothaarigen in einem flüssigen Zustand, wodurch das einzelne an sich farblose Haarröhrchen durchsichtig oder doch durchscheinend, also mehr oder weniger hell bleibt. Braunes Haar besitzt den gleichen Inhalt in einer halbfesten, teigigen Konsistenz, und schwarzes Haar ist mit dunklen Körnchen dicht angefüllt. Das Warum dieser Unterschiede ist eben die noch ungelöste Frage, und wir haben vor läusig nur gelernt, die Tatsachen festzustellen. Ganz anders steht es mit grauem und weißem Haar. Das einzelne graue Haar zeigt bei mikroskopischem Einblick das Bild einer nur teilweise ge- füllten Röhre, die zum größeren oder kleineren Teil leer ist, und deren Jnhall eine brüchige, oeränderte Form angenommen hat. Ob das Haar nun langsam ergraut oder infolge seelischer Erschütterun- gen— wie das tatsächlich zuweilen eintritt— über Nacht seine Farbe verändert, scheint ohne Bedeutung auf die Wirkung zu sein, denn das Mikroskop berichtet uns im letzteren Fall von keiner anderen Erscheinung. Dagegen zeigt sich das weiße Haar als durchaus farblos.' und seine vorgetäuschte Farbe ist nichts anderes, als die Brechung der Lichtstrahlen in den leeren Röhrchen. Hier durchschauen wir den direkten, wenn auch vielleicht noch nicht völlig den indirekten Zusammenhang. Wir wissen, daß bei hohem Alter ein Teil der weißen Blutkörperchen entartet und andere Körperzellen anfällt und verzehrt. Die ersten Opfer pflegen nun fast stets dl« Keratohyalinzellen des Haares zu sein, so daß dieses mst der Zeit seines Inhalts ganz' beraubt wird. Weil dieser Vor- gang aller Wahrfcheinlichkell nach eine Folge der schwächeren Ärbell des Verdauungsapparats und der dadurch bedingten schlechteren Er- nährung des ganzen Körpers ist, darum ist die Erscheinung des weißen-Haares bei jungen, gesunden und kraftstrotzenden Menschen niemals anzutrcsten. Jedenfalls ist durch die unaufhörsiche Vermischung der Rassen in Europa eine beinahe unbegrenzte Veränderlichkeit der Haarfarben hervorgerufen worden, so daß man heute bei uns Klima und Ver. erbung nicht mehr in vollem Maße und in direkter Wirkung als ihr« Ursache bezeichnen kann.' R. France.
IWiffen Sie, was Sie fprechm?
Haben Sie schon einmal darüber'nachgedacht,'warum man sich das eine Mal alle„v i e rze hn Ta g e",-will man ab«r wöchentlich zujammenkonunen, alle ,�i ch t Tage" trifst? Was ist das für eine eigentümlich« Bezeichnung � unserer. doch � dux�weg, siBientWgen Wache? Und warum sagt der Franzose für 1-1 Tage„quivre jours", also 15? Das Durcheinander erklärt sich aus dex urallen Rechts- sitte, der. sogenannten-Augahezahl, wie sie sich auch in unserer Be- Zeichnung der Berjährungs'rist'„nach Jahr und Tag" noch-findet. Für jede gestellle Frist wurde ein Tag zugegeben: erst dam: gall sie als abgelaufen. Es war lediglich sine Laune unserer Sprache, daß sie die ursprüngliche gebräuchlichen„fünfzehn Tage" wieder fallen ließ, aber an„acht Tagen" festhielt: jenseils des Rheins sind, wie gesagt, 8 und 15 bis heute im Schwünge. Und wcknn Sie Ihren Jungen einen„rechten Racker" scheiten, ein paar Stunden später aber, wenn er sich mit seinen Schularbeiten her u mg c quält hat, lobend anerkennen, er habe- sich redlich„abgerackert", so stimmt das doch ebenfalls nicht zusammen! Die Erklärung gibt das-Nieder? deutsche früherer Jahrhunderte, aus dem der Ausdruck stamnu. Er kommt von dem niederdeutschen racken—'Unflat zusammenfegen und fortschössen, bezeichnet also zunächst nur jede ünaiigenehme wie mühsame Tätigkeit: der„Racker" aber war der Abdecker und Henker. Der Berus zählte, bekanntlich'zu den unehrlichen Gewerben, war mithin nicht viel besser als ein Schimpfwort. Gewiß sind Sie schon ominal„unverfroren" gewesen! Da die Vorsillc„un" soviel als„nicht"- bodemet,-hätten-Sie dabei also mihi gefroren oder sogar Temperaturerhöhung gehabt! Kartn lein!— Die Sprachforscher sind allerdings ara*rer Ansicht und haben sich darauf geeinigt, haß.hier«Unfalls. ein..nict»erd'euttcher. Ausdruck, nämlich das- auch bei Fritz Reuter häufig vorkommend«„sick ver- fieren"= sich fürchten, erschrecken zugrunde liegt. Mithin haben Sie dann eine gewisse Furchtlosigkeit' bzw. Dreistigkeit bewiesen! Letztere würden Sie u. o. dann zschen." wenn Sie Sonntags Ihre Bekannten„mit K i n du n b Kegel"' besuchten., Sie brächen dann nämlich nicht etwa Spielkezsl, sondern Ihre ehelichen und'— unehelichen Kinder mit.".Flegel" hat sich- in- dem Sinn« aus dem Mstel-'ller her hinterlisttgerweife-gerade m dieser Wendung her- übergerettet. Gar zu gern sag« Sie van irgend etwa» geringschätzig:„Das
ist- nicht weit her?— Echt deutsch!— Alles Gute muß ehe« vom Austand kommen?— Unsere Sprache kann ein Lied davon. siNg'en. Was hat man nicht alles im Laufe der Jahrhunderte aus frenthen Sprachen zusammengeholl, um sie unnötigertpeise aufzu- putzen!— Nur ein ganz kleines Sträußchen aus unserem Alltags- deutsch!—.Große Mode ist heute leider das„B a n k r o t t m a ch ß n" und„p l e i-t c g eh e n": da reichen- sich Italienisch , Französisch und Hebräisch die Hand! Bankrott ist italienisch banca rotte., ursprünglich die zerbrochene Dank zahlungsunfähiger Geldwechsler, aus der diese ihre Geldsorten auszulegen pflegten: daraas wurde sranzösilcki banqueroute, wofür Fischart im 16. Jahrhundert noch„bantbrüchig sogt:„pleite" kommt vom hebräischen pletäb— Flucht. Achnlich sagte man für unsere„Ohrfeige" im Altdeutschen noch„Ohr- schlag". Luther schreibt..Backenstreich". Bei der Ohrfeige hat das Niederländische Pate gestanden: sie. ist nach den: niederländischen veeg. Streich, Hieb gebildet, und zwar in scherzhast-ironischem Atz- klang an eine gespendete Fcigenfrucht. Im selben Sinne gilt dse „D a ch t e l"- als eine Dattel, die„Kopfnuß" ass Nuß und die „M aulschell le" als Gebäck. Manchmal sieht man dem deutschen Worte seine fremde Herkunft überhaupt nicht an! Wenn wir unser Leben„in dieSchanzc schlage n", denkt jeder an einen Kamps für oder um eine Schanze. Doch ist der Ausdruck im Mitteiallcr aus französisch cbance= Wurf, Glücksfall entlehnt, ist deutsch . ausgesprochen worden.und außerdem in der Wendung„jemandem etwa» zuschanzen"(gewinnen lassen) in unserer Sprache geblieben. Wenn Sie' nach Ihrer Antunsl in der Großstadt im„Grand Ho l e l" üb.ernachten, haben Sie wahrscheinlich auch noch nicht daran gedacht, daß der„S p i t t e i" sprachlich so ziemlich dasselbe ist. Hier die Erklärung! Beide stammen vom lateinischen äomus hospitajis =: g äst l i ch e s Haus ab. Aus bospjtasis wurde im Deutschen Hospital. Spital und Spttiel, im Französischen lu-ohal uriV botel. LÄer hat Hie rein deutsche Herberge"— wenigstens zunächst— das Rennen oerlorsn. loch schließen wir lieber!' Sonst wird Ihne« vitlleicht Ratz- blau, ich meine„blümerant"! Auch so ein furchtbares Wort, eine im 17. Jahrhundert aufgekommen« Entstellung aus dem französischen bleu-mouraat= mattblau! Dr. K. Weitzel.