Nr. 63.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., möchentlich 28 Pfg. fret tn's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage
Neue
Welt" 10 Pfg. Poft- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz band : Deutschland u. DesterreichUngarn 2 M., für das übrige Ausland 8 Mt. pr. Monat. Eingetr. in der Poft Zeitungs- Preisliste
für 1896 unter Nr. 7277.
Vorwärts
13. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pf., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonnund Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.
Eeensprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin ".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Ein schwarzer Tag
"
-
Sonnabend, den 14. März 1896. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3:
es fich
den die Vertreter der Mehrheit des deutschen Reichstags| hätten große Heiterkeit hervorgerufen, wenn auf grund seiner Selbstanklagen der gemeinsten Verbrechen nicht um die die traurigsten Dinge gehandelt hätte. für die deutsche Rolonial politit" war die beschuldigte, gegen den sie den Strafrichter angerufen, ja andem Wie er sich aber vom menschlichen und ethischen Standgestrige Reichstagssigung. Deutschland ist keinem afrika - sie schon die moralische Hinrichtung vollzogen haben, kann punkte über das Thun des Peters ausließ, wie er die nischen Menelik erlegen es hat in einem Deutschen von der deutschen Regierung nicht mehr gehalten werden. haarsträubendsten Dinge in gleichgiltigem Tone vortrug, seinen Menelik gefunden in einem echtteutschen Maun", Er ist unmöglich geworden. Sa machte er allerdings einen viel unangenehmeren Eindruck einem grimmigen Arier", der alle Juden vertilgen Dr. Peters ist aber kein einfacher Mensch, er ist, auf allen Seiten. Als er diesen Eindruck gewahr wurde, will und in Ermangelung von Juden drüben in Afrika Neger todtschießt wie Spaßen und Neger- der deutschen Kolonialpolitit. wie wir schon zu Anfang bemerkten, der klassische Vertreter suchte er ihn durch die Erklärung zu entfernen, daß er nur berichte und sich jedes Urtheils über das Berichtete enthalte. mädchen zum Vergnügen aufhängt, nachdem sie seinen In ihm war die deutsche Kolonialpolitik verkörpert. Gifiges Schweigen herrschte, als der Regierungsvertreter Lüsten gedient. Der deutsche Menelik heißt Peter 3 . Und der Sturm der Entrüstung, der in der geftrigen schloß. Wir hörten nationalliberale und Zentrumsabgeord Peters, der geräuschvollste und gefeiertſte unserer Kolonialpolitiker, der geistige und sittliche Hauptträger dieser Reichstagsfizung über Dr. Peters hereinbrach, trifft die nete deutsche Kolonialpolitik. Kolonialpolitik, der würdige Häuptling und spiritus rector der Leist und Wehlan, der Erfinder der deutschen Weltpolitik" und der Milliarden Flottenpläne Dr. Peters ist gestern, auf der Strecke" geblieben. Nicht, daß etwas neues gegen ihn vorgebracht worden wäre. Was gestern gefagt werden konnte, war schon im vorigen Jahr und schon früher als im vorigen Jahre gesagt worden, oder doch den Eingeweihten bekannt. Allein die Verhält nisse haben sich seitdem zum Nachtheile des Herrn Dr. Peters verschoben. Jm vorigen Jahre klebte die Mehrheit des Reichstages noch an der Kolonialpolitik, weil das Zentrum sich noch durch das Kolonial- Programm gebunden fühlte, das der alte Windthorst in einem Moment sentimentaler Schwäche sich hatte ablisten lassen.
und mit recht.
=
"
-
Politische Uebersicht.
い
-
mit den schärfsten Worten den Peters und noch mehr diese Inschußnahme des Peters tadeln. Vorher allerdings, während Bebel sprach, hatten bei Anführung einer groben Brutalität des Peters Niederschießen eines wehrlosen Hirten, der nach Peters' eigenem Bericht den Wunsch, seine Heerde zu umgehen, in einem frechen Zone" geäußert hatte einige Konservative gelacht, was Bebel zu der Entgegnung veranlaßte:" So mag denu die Thatsache öffentlich bekannt werden, daß auch hier im Reichstage einige für eine solche Schandthat nur Der allgemeinen Ansicht gab Dr. Lieber Ausdruck und er er fand daher auch allgemeine Zustimmung, als er erklärte: Die Bertheidigungs rede Kayser's läßt Peters' Thun in noch schlimmerem Licht erscheinen, als es die Anklagerede Bebel's that. Herr Kayser sah in diesem Augenblick ganz verdußt aus. Lieber, deffen Pathos diesmal wenigstens an der rechten Stelle war, versicherte, daß die Häufung der Fälle Leift, Wehlau, Peters auf die folonialpolitische Stellung des Bentrums von entscheidendem Einfluß sein würde. Ob dieser Entschluß des Moments zur That werden wird, haben wir freilich abzuwarten. Daß Lieber von seinem christlichen Standpunkt es als das allerunangenehmste empfand, fortwährend von den Sozialdemokraten auf die Nichtsmußigkeit solcher Pioniere christlicher Kultur" in Afrika hingewiesen zu werden und nichts darauf antworten zu können, das verstehen wir vollkommen.-
Die heutige Reichstagsfikung bot ein dramatisches Interesse dar. Wieder war ein Kolonialheld angeklagt, die Ehre des Deutschen Reichs und seine persönliche Ehre schwer geschädigt zu haben durch Verbrechen Verbrechen, auf die laut deutschem Reichs Strafgesetzbuch Gefängniß ein Lachen hatten." strafe oder gar Zuchthaus steht, und zwar diesmal der viel genannte Dr. Karl Peters . Bebel war der Ankläger. Durch die neuere Agitation des Peters für eine Flottenvermehrung veranlaßt, hatte Bebel sich die Person und die Vergangen heit dieses Herrn einmal genauer angesehen und er konnte sich Das ist inzwischen anders geworden. Die Zentrumspartei für seine Anklagen auf die klaren Geständnisse des Peters -mag die Grundlage, auf der sie ruht, noch so reaktionär ftüßen, die sich allerdings in dessen Munde nicht wie Ge fein hat als Rampfpartei ihrem Ursprunge nach mit Noth- ständnisse von Verbrechen, sondern wie Renommage mit wendigkeit einen demokratischen Charakterzug, und ist neben Heldenthaten anhörten. Mord in mehreren Fällen, sogar der Sozialdemokratie die einzige Partei, welche unmittelbar ber Mord eines afrikanischen Mädchens, mit dem Peters von der Stimmung des Volkes abhängt und ihr Rechnung vorher intime Beziehungen unterhalten hatte, hatte, als tragen muß. Jm Volk aber ist die Kolonialpolitik verhaßt, dieses Mädchen sich von ihm abwandte, diese Handlungen find von Peters selbst eingestanden. Hierzu tam noch ein anderes, mehr persönliches Ob Peters erfaßt und der ihm gebührenden Strafe zu Moment. Dr. Peters hat es sich beikommen lassen-ver- geführt werden wird, das ist eine Frage, von der für die muthlich durch den Beifall in gewissen Regionen an- Regierung sehr viel abhängen wird. Bebel erklärte und geftachelt den bisherigen Präsidenten der deutschen er hat darin 99 pCt. der deutschen Bevölkerung auf seiner Kolonialgesellschaft, Prinzen Arenberg, ein Mitglied der Seite: Entweder ist Peters durch das Strafgesetz zu fassen, eine fleine Ueberraschung. Nachdem die rückständigen Theile des Im preußischen Abgeordnetenhaus gab es am Freitag Zentrumspartei , mit Hilfe seiner Hintermänner zu stürzen. und das ist meine persönliche felsenfeste Ueberzeugung, Stats unter Ablehnung des Antrages Richter betr. Das war sein Verderben. Der gestrige Redner des warum faßt ihn die Regierung nicht? Oder er stand mit Aufnahme einer Statistit über die Verhältnisse der Zentrums griff Dr. Peters, unter dem Beifall des ganzen seinen Handlungen als Beamter in den Kolonien außerhalb Gisenbahnbeamten- und Arbeiter und unter AbHauses, mit alleiniger Ausnahme der Konservativen und der Strafgesetze, wie durfte die Regierung dann einen Augen- lehnung des Antrages v. Strombect betr. Abrechnung Antisemiten, so rückhaltlos, so wuchtig an, daß Dr. Peters blick zögern, einen anderen Zustand zu schaffen? Der Direktor der Dienstzeit an Privatschulen bei Be für verloren gelten fann. So lange die scheußlichen Un des Kolonialamts Dr. Kayser, der die unsäglich pein- messung der Dienstalterszulagen der Volksthaten dieses christlich- germanischen Apostels der Kolonial- liche Rolle eines Vertheidigers Dr. Peters übernommen schullehrer und Lehrerinnen faft ohne Debatte erpolitik nur von Sozialdemokraten und follte in die Besprechung der Inter Deutschfrei hatte, erkannte rund an, daß jeder Deutsche auch in den ledigt waren, sinnigen gebrandmarkt wurden, war Dr. Peters nicht Kolonien unter dem deutschen Strafgesetz stehe und gab einschleppung, von Biebseuchen getreten werden. pellation Ring betreffend Maßregeln gegen die in Gefahr- im Gegentheil, die Angriffe von dieser sich dann alle Mühe, um nachzuweisen, daß es immer an Der Präsident richtete an die Regierung die geschäftsordnungsSeite gaben ihm nach anderer Seite hin eine dem einen oder anderen thatsächlichen Erforderniß der An- mäßige Frage, ob sie zur Beantwortung der Interpellation be Stüße. Jedoch mit der Schwenkung des Zentrums hat er flage gefehlt habe. Der juristische Theil der Ausführungen reit fet, aber vergebens; es erfolgte teine Antwort die Majorität des Reichstags gegen sich, und einen Menschen, des Direktors Kayser erregte startes Kopfschütteln; fie vom Regierungstisch. Der Landwirthschaftsminister,
79
-
Clotilde.
( Nachdruck verboten.)
Es handelte sich um das Antreten und Verwerthen einer Erbschaft. Fragte man den Wirth: Haben Sie nichts anderes Elly hatte in ihrer letzten Lebensstunde noch eingesehen, zu trinken," dann sagte Jean Barbo" zu Befehl" und daß sie ihrem früheren Wianne doch wohl unrecht gethan, brachte ein Glas Nordhäuser, dessen Echtheit jeder bezweifeln und hatte ihm ihr mütterliches Grbe lettwillig vermacht. mußte. Dazu gehörte das nachbarliche Herrenhaus, die gräflich Klary'sche Villa.
Es zogen daher die Gondel und Eisfahrer nach Friedrich's Gastwirthschaft, wo es ein gutes Glas echtes" vom Fasse gab.
Dort fand man zwar oft, daß Friedrich mit dem Kinde, das er feiner Frau abgenommen, in der Stube umber sprang, und, es jedem Gafte zeigend, ausrief:" Sehen Sie nur! Ist das nicht ein strammer Junge? Das ist mein Junge. Nicht wahr, Hanne, das ist unser Kind!"
Die junge hübsche Frau nahm dann den dicken Bengel verschämt ihrem Manne ab und hieß diesen„ fleißig" nach
den Gästen sehen.
-
Elly's Mutter, diese Hünengestalt, war ihrer Tochter mit dem Tode vorangegangen. Sie hätte es auch nicht ertragen, jetzt zur Nachbarin ihr früheres Dienstmädchen zu haben, die sie einft zum Hause hinausgeworfen.
"
int
sehen lassen, sie verbirgt sich absichtlich, sonst hätte man doch einmal etwas von ihr gehört."
Ach, Friedrich, wenn ich wüßte, daß sie in Noth wäre, gern würde ich mit ihr theilen."
"
-
-
Das thäte ich auch mit tausend Freuden, Hanne, und Bathe müßte sie werden beim nächsten. Hanne hielt Friedrich den Mund zu es trat eben ein Gast ein. Friedrich ließ sich aber nicht stören, wehrte sie ab und sagte: wenn Du mir den Mund zuhälft, muß ich auch deinen zudrücken. Er tüßte sein rundes Weibchen und eilte dann das Glas Bier zu holen, das der Gast sehr aufgeregt und
"
Bergkuhn war nicht nur auf Anrathen seiner Waldfee laut verlangte. persönlich hierher gereist, er wollte auch gerne zeigen, Nun Euch scheint es ja gut zu gehen", redete derselbe baß er keinem etwas schuldig sei, wohl aber noch die zurückgebliebene Hanne an. Grund und Boden hier besäße, ihn jedoch verkaufe, weil er" Oja, sehr gut. Aber sehe ich recht, der Herr Assessor beschlossen habe, in die ihm liebgewordene Waldeinsamkeit Händrich! Wie geht es denn Ihnen?"
Blanka wollte, dem Hose zum Trok, nun erst recht
" Ich bin gemüthskrank," erwiderte mit eigenthümlichen Geberden Händrich.
Oweh, Herr Assessor. Sie sollten heirathen." " Nichts da. Ich will niemand unglücklich machen, bin vom Amte abgegangen, ich ziehe von hier fort." „ Wie? Herr Assessor, Sie wollen weg von hier?" Friedrich, indem er das Glas Bier hinstellte. " Ja," erwiderte Händrich, und leerte fast das Glas in
Dies Bild echten häuslichen Glückes heimelte um so zurückzukehren. mehr an, als die schmucke Wirthin alles reinlich und sauber einmal sich hier sehen lassen. im Hause erhielt. Schon lebten sie zwei Jahre zufrieden, beglückt hier, als eines Tages zwei vornehme Fremde im Man sollte erfahren, daß sie verheirathet, gnädige Friedrich'schen Gasthause abstiegen und ein feines Zimmer Frau wäre, nun doch einen altadeligen Namen, der viele ich verlangten. Sie waren Hanne bekannt vorgekommen, aber Ahnen aufzuweisen habe, führe und zu der hochangesehenen erst als Friedrich ihr zuflüsterte:" Das ist ja die Hof Adelssippe derer von Bergkuhn" gehöre. Sie fuhr daher sagte dame," da rief Hanne freudig aus:" Fräulein Blanka von nach Abwickelung der geschäftlichen Angelegenheiten ihres einen Buge. Mannes mit diesem im offenen Wagen bei einigen am Hofe angestellten Freundinnen vor.
Boheimb?"
Nein, Frau Blanka von Bergkuhn heiße ich jetzt, und das ist mein Mann, Herr von Bergkuhn."
" Ah!" sagte Hanne. Nun da freut es mich, daß ich Ihnen ein gut möblirtes Zimmer bieten kann. Kommen Sie." Hanne ging voran.
Von Hanne verabschiedete sie sich, ohne ein Wort mit ihr über die Vergangenheit zu sprechen.
Hanne sah ihr schweigend nach und sagte wehmüthig dann zu Friedrich: Was ist in der Beit geschehen, seit ich diese stolze Dame zum ersten Male sah. Wie gern hätte ich etwas von ihr über Clotilde erfahren. Diese war immer so gut mit mir."
" Fort von hier wollen Sie?"" Das thut mir leid, wie kommt denn das?" frug Friedrich theilnehmend. Der plögliche Tod meines Freundes hat mich krank gemacht, Doktor Langenberg ist gestorben."
"
" Ach!" riefen erschreckt gleichzeitig Hanne und Friedrich, und Hanne setzte hinzu:" Dann ist ja Clotilde..." Wittwe", ergänzte Händrich.
Indeß bedeutete Bergkuhn dem Wirth, daß ein Herr nach ihm fragen werde, diesen möge er hinauf schicken. In diesem Augenblicke erschien auch schon ein in der Stadt bekannter Rechtsanwalt, der nach dem Herrn von Ach ja," antwortete Friedrich, auch zu mir sprach da Bergkuhn fragte; er wurde von diesem mit auf das Bimmer fie fiets freundlich und leutselig. Clotilde thuit mir leid. Sie ist ebenso unschuldig als wir und kann sich hier nicht genommen.
"
"
Hanne und Friedrich blickten sich erstaunt an. " Eben sprachen wir von ihr", sagte Friedrich, aber 3 zu erfahren hätten wir nicht erwartet."
-WO
( Fortsetzung folgt.)