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dessen Nessort diese Angelegenheit gehört, hatte die Arbeit?- kraft und Schaffensfreudigkeit des Hauses unterschätzt und nicht daraus gerechnet, daß der Etat schon nach kaum ein- stündiger Berathung fertig nmr. Es blieb also nichts weiter übrig, als die Sitzung auf eine Stunde bis zum Erscheinen des Ministers zu vertagen. Nach Wiederaufnahme der Verhand- lungen und nach Begründung der Interpellation durch den Abg. Ring erklärte Frhr. von Hamm er st ein, daß die Re» gierung alles gethan habe, um die Einschleppung von Viehseuchen zu verhindern. Seine Bemerkung, daß die Veterinärpolizei aufs strengste gehandhabt wird zum Zwecke der Jmmunerhaltung der Viehbestände, aber nicht um die Konkurrenz des Auslandes zu beseitigen, wird den Agrariern. denen hiermit wieder eine Hoffnung entrissen ist, nicht gerade angenehm sein. Die Debatte, in der nur oft Gesagtes wiederholt wurde, kam noch nicht zu Ende. Am Sonnabend wird die dritte Berathung des Etats vorgenommen. Die vorzeitige Veröffentlichung von Gesetz- entUiürfen und amtlichen Mittheilungen hat nach einer Meldung des.Hann. Anz." den Reichskanzler veranlaßt, durch die zuständigen Behörden ein Disziplinar- E r m i t t e l u n g s v e r f a h r e n gegen Unbekannt einzuleiten, um zu erfahren, von wo diese Indiskretionen herrühren. Wiederholte Vernehmungen von Redakteuren und Korrespondenten sollen bereits stattgefunden haben. Das Disziplinarverfahren gegen Unbekannt scheint hier- nach also nicht einmal eine bestimmte Veröffentlichung zum Ausgangspunkt zu nehmen, sondern ganz allgemein gehalten zu sein. Wir glauben kaum, daß sich das mit den be- stehenden Gesetzen in Einklang bringen läßt, da schon die Rechtswidrigkeit eines solchen Disziplinarverfahrens gegen Unbekannt aus Anlaß eines bestimmten Falles Zweifeln be- gegnet. Die bürgerlichen Blätter, die über denVorwärts" gezetert haben, solange er nur allein zum Opfer solcher Untersuchungen auserkoren war, werden jetzt vielleicht zu der Erkenntniß kommen, daß sie sich in das eigene Fleisch geschnitten haben. Zum sächsischen Wahlrechts- Attentat. Bei den Mitgliedern der ersten Kammer in Dresden ist der Um- sturzeifer noch größer als bei denen der zweiten. Die Depu- tation der ersten Kammer, vor welche die Attentats-Vorlage gewiesen ward, hat ihren Bericht schon fertig gestellt und dieser Tage wird im Handumdrehen die Vorlage auch von der ersten Kammer angenommen sein. Nun, die Entmündigten werden dafür sorgen, daß dem Attentat die verdiente Strafe folgt. DieLeipziger Volkszeitung " läßt in ihrem Bericht über die letzte Leipziger Parteiversammlnng den Chefredakteur Schoenlank sagen: Fast die ganze deutsche Parteipresse, derVorwärts" an der Spitze, haben sich mit uns für sofortige Manbatsnieder- legung beim Inkrafttreten des Gesetzes erklärt. Wir haben mit fachlichen Waffen für eine gute Sache gekämpft. Plötz- lich ja b e r schlug der Wind i niVorwärts" um und er organisirte gegen mich eine persönliche Hetze u. s. w." DieLeipziger Volkszeitung" thut uns vielleicht den Gefallen, eine Zeile desVorwärts" anzuführen, aus derein Umschlagen des Windes" zu folgern ist. Die Redaktion desVorwärts" steht heute in der Mandats- niederlegungs-Frage genau auf demselben Stand- p u n k t wie am e r st e n Tage. Sie ist für die Man- datsniederlegung und überläßt, wie das die Parteidisziplin erheischt, die Entscheidung der Frage der Sächsischen Landesversammlung. Und da die Leipziger Genossen in ihrer letzten Partei- Versammlung sich genau in unserm Sinne ausgesprochen haben, so sind wir mit ihnen ja einverstanden. Ter Redaktion derLeipziger Volkszeitung" aber rathen wir, ihr eigenes Blatt einmal zu lesen und mit demVorwärts" zu vergleichen sie wird dann sehen, wo um in ihrer nicht persönlichen Sprache zu redentaktisches Un- geschick",Direktionslosigkeit",läppische täppische Un- schickllchkeit" und so weiter zu finden sind, und w oder Wind plötzlich umzuschlagen pflegt" im Zickzackkurs. Im übrigen wollen wir mitthetlen, daß nach dem Bericht derLeipziger Volkszeitung" in der letzte» Parteiversamm« lung 1600 Genossen anwesend gewesen sein sollen. Die Zerrüttung der nationaNiberalen Partei macht derartige Fortschritte, daß es schwer verständlich er- scheint, wie so widerstrebende Elemente überhaupt noch zusammenhalten können. Lange Zeit hindurch die Partei des kaufmännisch und industriell thätigen Bürgerthums, ist sie allgemach derartig mit agrarischen Elementen durch- setzt worden, daß diese bereits es auf eine Kraftprobe um die Oberhand ankommen lassen konnten. Ein bedenk- liches Zeichen der Schwäche war es schon, daß die vier nationalliberalen Unterzeichner des Antrages Kunitz, der allen Traditionen der Partei direkt ins Gesicht schlug, noch nicht einmal ein Mißtrauensvotum von der Fraktion ausgestellt erhielten, trotzdem der nominelle Führer der Partei, Herr von Bennigsen, den An- trag für gemeingefährlich erklärt hatte. Ebenso agrarisch wie die vier Kanitzcr haben sich nun aber auch die zum therl aus den nämlichen Personen bestehenden Vertreter der nationalliberalen Fraktion in der Börsengesetz-Kommission benommen. Dagegen haben die älteren auch-agrarifchen Fraktiousmitglieder Front zu machen gesucht, aber mit kläglichem Mißerfolg. Sie verlangten, daß die drei Mit- alieder der Parte in der Börsengesetz-Kommission, Oriola> Paasche und Placke, in der zweiten Lesung ent- weder die bisherige Haltung aufgeben oder aus der Kommission austreten sollten, blieben aber in der materiellen Diskussion über die bisherigen Be- schlüsse in der Minderheit. Man bot den Herren Siegle und Hammacher zwar an, daß sie in die Kommission gehen könnten, wollte aber von einer Aenderung der bisherigen Beschlüsse nichts wissen. Es heißt, daß die Mehrheit beinahe 40 Stimmen betrug, sodaß also ziemlich die ganze Fraktion den agrarischen Stand- punkt theilt. Trotzdem haben die feindlichen Brüder wieder einen faulen Kompromiß geschlossen, denn dieNational- Zeitung", die in gewundener Sprache sich über jene Vorgänge äußerte, theilt mit, die Minderheit werde ihre abweichenden Ansichten, die sich gegen die Be- schlttsse über die Offenlegung der Geschäftsinterna der Emissionshäuser und das Verbot des Getreide-Terminhandels richten, im Plenum bei der zweiten Lesnng des Gesetz- cntwurfs darlegen. Die Abgg. Paasche, Placke und Graf Oriola, heißt es weiter in derNational- Zeitung", bleiben in der Börsen- kommission und werden ihren Standpunkt bezüglich des Getreide- Ternünhandels aus der ersten Lesung vertreten, mit der Modifikation, daß ihrerseils nach Ablehnung des Verbots des Getreide- Terminhandels wofür eine Mehrheit gesichert ist J Anträge eingebracht werden, welche eine genauere Feststellung der Lieserungsbedinaungen für den Getrcide-Terminhandel nach Qualität und Herkunst der Waare befürworten. Außerdem werden sie in einer großen Anzahl von Punkten, wo die Kom- Mission in erster Lesung zu weit gegangen ist, für erhebliche Milderungen der bisher gefaßten Beschlüsse eintreten." Mit einer Aussicht aufMilderungen" haben sich die Bennigsen, Hammacher und Konsorten augenscheinlich ab- speisen lassen, damit nur ja der wässerige Parteibrei auch jetzt noch nicht auseinander stießt. Zur Lage der Polen im Deutschen Reiche. Der Amtsvorsteher über den schlesischen Bezirk B o g u t s ch ü tz- Z a w o d z r e sandte dem Vorstand des polnischen G e- sangvereinsLutnie" in Bogutschütz unter dem 25. Fe­bruar d. I. folgende Verfügung: Wie wiederholt und namentlich bei dem am IS. d. Mts. abgehaltenen Vereinsvergnügen amtlich festgestellt worden ist, trelen in Ihrem Vereine Bestrebungen zu tage, welche weit über den Rahmen des in den 1 und 2 der eingereichten und ge- nehmigten Vereinsordnung angegebenen Zweckes deS Vereins hinausgehen. Es findet ein» namentlich auch von auswärtigen Personen durch Ansprachen und dergl. unterhaltene Agitation für die polnische Sprache und das polnische Wesen gegenüber dem Deutschthum statt, es ist bei dem letzten Vergnügen versucht worden, unter Leitung der Gesänge seitens eines Auswärtigen von dem eingereichten und genehmigten Programme abzuweickien, nud es ist nach den letzten Vor- kommnissen als feststehend anzunehmen, daß Ihr Verein mit andere» politischen Vereinen zu gemeinsamen Zwecken in Ver­bindung steht. Nach den neuesten Erkenntnissen des königlichen Kammer- gerichls vom 7. März, 18. April und 10. Oktober lLSS ist aus vorstehenden Gründen Ihr Verein ein politischer geworden und als solcher zu betrachten, welcher das gesammte össeinliche Interesse berührt, und derselbe unterliegt daher, worauf ich hier- durch besonders aufmerksam mache, im besonderen de» Be« stimmungen der§Z 2 bis i n kl. ö, außer fämmtlichen übrigen zutreffenden Bestimmungen des Vereinßgesetzes vom 11. März ISSO (Ges.-Sannul. 1850 Seile 277)." Nachdem der Amtsvorsteher dann die Zustellung eines Mit- gliederverzeichnisses zc. binnen 3 Tagen verlangt hat, heißt es in dem Schriftstück weiter: Schließlich sind mir von allen im Vereine zur Uebung und zum Vortrage kommenden polnischen Gesängen, Deklamationen pp. beglaubigte deutsche Uebersetzungen einzureichen. Bei Zuwider- Handlungen gegen die Borschriften des Vereinsgesetzes, namentlich gegen die Bestimmungen des tz 8 a u. b desselben, hat der Verein die sofortige Schließung zu gewärtigen. Gleichzeitig ersuche ich noch um baldigste Einsendung der Kassenabrechnung über das am 16. d. Mts. abgehaltene Vereinsvergnügen unter Bezugnabme auf die mir in dem Gesuch vom 15. Februar 1836 gemachte Mittheilung." Nach dem Wortlaut dieser Verfügung ist es also den tolen verboten, in Privatvereinen ihre Sprache zu pflegen. in solcher Zustand ist unvereinbar mit den wirklichen Interessen des Teutschthums, und zwar nicht nur aus allgemeineni Gerechtigkeitsgefühl, sondern auch schon des- halb, weil diese Behandlung eines nichtdeutscheu Volks- stammes den Regierungen nichtdeutscher Staaten als Vorbild dienen kann für die Behandlung der ihrer Botmäßigkeit unterworfenen Deutschen , worunter in er st er Linie der deutsche Schulverein zu leiden hätte. DasDeutschthum" ist bekanntlich auf die Grenzen des Deutschen Reiches keineswegs beschränkt. In Paris stehen jetzt dieMeistersinger", die maitros cbanteurs, das heißt dievornehmen" Revolver- Helden der Presse vor Gericht. Wir erinnern die Leser an den Artikel unseres Gallus über das edle PaarSeverine und Labruysre. Tie ganze Fäulniß der Bourgeoisie spiegelt und konzentrirt sich.in ihrer Presse. Nach Beendigung des Prozesses werden wir ihn zusammenfassend behandeln. Zur italienischen Krisis erfahren wir, daß C r i s p i nach Ankunft der Hiobsposten aus Afrika , als er sah, daß ihm der Boden unter den Füßen entschwand, krampfhafte Anstrengungen »lachte, um die österreichische und die deutsche, uament- lich die deutsche Regierung für sich diplomatisch zu mobilisiren und eine Intervention zu seinen gunsten bei dem König zu erwirken. Der Gang der Ereignisse war aber zu ge- schwind. Ob die beiden geuannlen Mächte geneigt waren oder nicht, für Crispi einzutreten, das bleibe dahin- gestellt jedenfalls äußerte die Empörung des italieni - schen Volks über die Crispi'sche Schandwirthschaft sich mit solcher Elementargewalt, daß nicht mehr daran zu denken war, Crispi, dessen Abdankung nur ein« Komödie gewesen, wieder au die Spitze der Regierung zu berufen. Aus der Komödie mußte Ernst gemacht werden, und für Herrn Crispi handelt es sich nicht mehr darum, in seine Diklaturstellung zurückzukehren, sondern seinen Hals zu retten. Selbst seine eigenen Organe müssen jetzt«ingestehen, daß er Baratieri mit Depeschen bombardirt hat; sie geben auch zu, daß er zu entschiedenem Vorgehen gedrängt habe, aber sie behaupte», er habe auch zur Vorsicht aufgefordert. Baratieri selbst soll vor dem Angriff rm Kriegsrath erklärt haben, der Angriff sei be- fohlen. Eine Mittheilung derTribuna", daß Baratieri die ganze Schuld und Verantwortung des Angriffs auf sich genommen habe, ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Crispi'sche Lüge. Run Crispi ist nicht mehr im stände, das Glück nach Art Riccaut de la Marlinier's zukorrigiren". Die Wahrheit wird sick nicht vertuschen lassen; und da der neue italienische Minister Rudini nach allgemeinem Urtheil ein Ehrenmann ist, der die Spitzbuben haßt, so sollte eigentlich Crispi nun sicher auch wegen seiner n i ch t politischen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Während Crispi stets mit kriegerischen Lorbeeren vor die Kammer treten wollte, scheint das Kabinct Rudini- Riccotti mit der Friedenspalme vor den Volksvertretern erscheine» zu wollen. Das ministerielle Depeschenbureau meldet aus Massauah, daß mit dem Negns Menelik Friede nsver Hand- lungen eingeleitet und daß die Abfahrt der letzten für Afrika bestimmten Truppen, welche sich heute einschiffen sollten, ausgeschoben worden ist. m Am vierzehnten März sind es dreizehn Jahre, daß Karl Marx uns durch den Tod entrissen ward. Es hieße dm großen Tobten beleidigen, es hieße die Arbeiter beleidigen, wollten wir hier sagen, was er dem Proletariat gewesen ist. Der Verfasser des K o m ni u n i st i s ch e n M a n i f e st e s mit Engels zusammen, der Gründer derInternationalen Arbeiterassoziation ", der Schöpser desKapital", der Vater der modernen Arbeiterbewegung das ist Karl Marx . Die Arbeiterwelt ist seine Gemeinde, und wo ein Proletarierherz schlägt und ein Proletarierhirn denkt da wird morgen der Todestag von Karl Marx in ernster Feier be- gangen werden. Nicht als Tag der Trauer Trauertage kennen wir nicht sondern als Tag, geweiht der Dankbarkeit und geweiht dem Entschluß, im Geiste des großen Tobten thätig zu sein, und mit den Waffen, die er uns für die Befreiung der Arbeiter geschmiedet hat, seinen Willen zu voll- strecken. Deutsches Reich . Der Bundesrath hat ferner, in seiner gestrigen Sitzung den Reichstagsbeschluß betreffend die Nichtanstellung amtlicher Erhebungen über die Parteistellung der Reichstags- Kandidaten durch die Wahlkommissare den zuständigen Aue- schüssen überwiesen. Der Vorlage betreffend die Ausprägung von Fünfpfennigstücken wurde die Zustimmung erlheilt. Außer- dem wurde über die dem Kaiser für die Besetzung einer Mit- gliedSstelle beim Bundesamt für das Heimalhwesen und einer Rathsstelle beim Reichsgericht zu unlerbreitenden Vorschläge, sowie über die geschäftliche Behandlung von Eingaben Beschluß gefaßt. Zur Einführung des zwölfstündigen Maximal-Arbeitstages im Bäckergewerbe. TieBerk. Pol. Nachr." weifen auf die im Jahre 1886 erlassene» Vor- schriften über die Einrichtung und den Betrieb der Blei« färben- und Bleizuckerfabriken hin und gebe» die Stelle wörtlich an, die von der Arbeitszeit der in diesem Betriebe beschäftigten Arbeiter handelt. Der Z 9 dieser Vorschriften lautet wörtlich:Arbeiter, welche bei ihrer Beschäfiigung mit bleiischen Stoffen oder Produkten in Berührung kommen, dürfen innerhalb eines Zeitraums von 24 Stunden nicht länger als 12 Stunde» beschäftigt werden." Tie hier in Vergleich gestellten Vorschriften sind übrigens beide aufgrund des tz 120 der Gewerbe- Ordnimg erlassen. Im Jahre 1886 war der§ 120, welcher sich mit den Verpflichtungen der Arbeitgeber zum Schutze vo» Leben, Gesundheit und Sittlichkeit der Arbeiter befaßt, noch nicht so ausgestaliet und hatte noch nicht so ins Einzelne eingehende Bestimmungen erhalten, wie sie durch die Novelle vom 1. Juni 1891 geschaffen wurden, jedoch konnte auch damals schon auf grund der allgemein gefaßten Vorschrift die Arbeitszeit in bestimmten Betrieben durch den Bundesralh beschränkt werden. Wenn dies neuerdings auch für die in Bäckereien beschäftigten Arbeiter und zwar im Inter­esse von deren Gesundheit geschehen ist, so ist damit nichts grundsätzlich Neues geschaffen, sondern nur ein früher schon gegebenes Beispiel erneuert worden. So ganz richtig ist dies nicht; die frühere Verordnimg bezog sich ans Fabriken, die gegenwärtige vornehmlich aus Handwerksbetriebe. Ein Nachklang der Debatte über das bürgerliche Gesehbuch. Man schreibt uns: Wie der Mensch sich doch ändert, wenn er bundesrälhlicher Kommissar wird! Im Jahre 1883 erklärte Herr Professor Rudolf Sohm in einem Vortrage über die Gegensätze unserer eit die Eiilstehuiig desvierten Standes" wie folgt:Das apital entwickelte die ihm angeborene Naturkrast. Es machte den Arbeiter zu seinem Knecht. Es schrieb ihm die Bedingungen vor, unter welchen die Arbeitskraft ver- kauft werden mußte. Es nahm ihm Gesundheit, Familienleben, menschenwürdiges Dasein. Ja, es nahm ihm das letzte, die Hoff- » u n g... Die ungeheure Masse der Nation sah sich enterbt zu gunsten weniger Besitzenden" und: Da sind sie, die E l e n d e n. die H u n g r i g e n. die F r i e- renden, die E n t e r b t en. Sie sind der ungeheure Leib desVolkes, unfähig, seine eigene Blöße zu bedecken, ja, sie sind das Volk selbst betrogen um die Welt durch die wenigen Be- sitzenden. Gebildeten, Herrschende n." Das' ist derselbe Herr Professor, der kürzlich im Reichstage nicht begreifen konnte, weshalb unsere Redner das Recht dieser Gesellschaft, wie es im bürgerlichen Gesetzbuch für ein weiteres Jahrhundert befestigt werten soll, ein kodifizirtesUnrecht nannten, und der den vierten Stand, der sich im Interesse seiner Menschenrechte gegen den Götzen Kapital erhebt, einlud, von der sozialdemokratischen Schul- dank in die b ü r g e r l i ch e Freiheit(?!) einzutreten. Der Herr Professor würde uns verbinden mehr als durch sein ver- spätetes Eintreten in die sächsische Wahlrechtsbewegung, wenn er uns diesen Zwiespalt seiner Mannesseele löste. Oder glaubt er wirklich, daß dieses Gesetzbuch den Elenden, den Hungrigen, den Frierenden, den Enterbten zu ihrem Rechte verHilst? Der antiagrarische Schutzverband. In der am 11. d. M. hier abgehaltenen Versammlung zur Gründung einesSchutzverbandes gegen agrarische Uebergriffe" ist. wie schon berichtet, ein Komitee gewählt worden, zu dessen Mitgliedern auch der Reichslags-Abgeordnete Siegle gehört. Wie die Nationallib. Korr." erfährt, war jedoch Herr Siegle verhindert gewesen, an der Versaiiiniliiiig theilzuiiehmen, sonst hätte er dort sofort erklärt, daß er nicht in der Lage sei,«ine solche Wahl anzunehmen. Der Anspruch auf polizeiliche Genehmi- gung der Inserate, der durch das bekannte Luckenwalder Urtheil verwirklicht werden sollte, verstößt, wie das Hamburger Echo" ausführt, gegen die bestehenden Gesetze. DasEcho" meint, deshalb müsse auch die Anfechtung des UrtheilS noth- wendigerweise Erfolg haben:Es bedarf dazu nur der Be- rufung auf§ 1 des Reichsgesetzes über die Presse, welcher be- sagt:Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Be- schränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vor- geschrizben oder zugelassen sind." Beschränkungen, wie sie das Luckenwalder Gericht alS zulässig erachtet, kennt das Preßgesetz aber nicht. Gestützt auf den ß 1 des Reichs-Preßgesehes wurde seinerzeit auch hier in Hamburg , und zwar von unserer Seite die Praxis der Polizei, eine in dem alten Hamburger Preßgesetz bestehende Bestimmung, welche die Zeitungen verpflichtete, vor der Aufnabme von Versaiiiniliings- anzeigen die Anmeldebescheinigung der Polizeibehörde sich vor- legen zu lassen, weiter anzuwenden, durchbrochen. Die Gerichte erkannten auf Unzulässigkeit des Verlangens aus grund des Reichsgesetzes." Vom Uebergriff eines Geistlichen theilen freisinnige Blätter folgendes mit: Bekanntlich sind die Geist- liehen gesetzlich verpflichtet. Geburtsatte sie aus- zustellen ans der Zeit vor Eiuführiiiig der Zivilftandsregister. Ein ans Oberbergen nach Kiel übergesiedelter Katholik ersuchte dem- gemäß den Pfarrer um einen Taufschein zur Verheirathung. Darauf schrieb der Pfarrer am 8. Juli 1895!Bevor ich gewünschtes be- sorgen kann, muß ich wissen, wer die Braut ist. welcher Religion sie angehört, wenn katholisch, muß das vom katholischen Pfarramt dorten beglaubigt sein, wenn aber pro- testantisch, wie Sie sich trauen lassen wollen und wie die zu hoffenden Kinder getauft und erzogen, ob katholisch oder prr- testantisch. Die Fragen wollen Sie umgehend beantworten, dann folgt sofort gewünschtes." Nachdem dann der Briefsteller geschrieben, daß er sich mit einem Mädchen evangelisch- lutherischer Konsession verehelichen wolle, erhielt er ein Schreiben vom 18. August 1395. in dem ihm unter Ausdrücke» tiefen Schmerzes über seinenAbfall vom Glauben" durch ein« ketzerische Heirath der Pfarrer schließlich erklärt: Papiere kann ichJhnen in diesem Falleselbstver ständlich keine schicken. Ich werde mit Ihrer Schwester stets für Ihre Bekehrung beten. Joseph Frey, Ihr ehemaliger Heimaths» pfarrer." Der Adressat dieses Briefes, welcher in den Ressort- Verhältnissen der Behörden und der Gesetzgebung nicht bewandert ist. ist bis jetzt durch die Vorenthaltung des Tansscheins an der Verheirathung verhindert worden und möchte nun. wie die Freis. Ztg." mittheilt, den Reichstag anrufen, eine Abhilfe zu verschaffen. Der Vorgang zeigt einmal wieder, wie dringend nothwendig es war. den Geistlichen jedweden Einfluß aus die Beurkundung des Personciistaiides zu nehmen. Hamburg . Jo urnali st ische Sachverständige bei gerichtlichen Verhandlungen gegen die Presse. Der Journalisten- und Schriftsteller-Vereiii in Hain- burg-Altona hatie im Auftrage der Hauptversainmlung vom 30. Januar d. I. an den Senat eine Eingab« des Inhalts ge­richtet, der Senat niöge bei der Reichsregierung seinerseits dahin wirken, daß die Gerichte bei BtrhüNhIUNgen,