Einzelbild herunterladen
 

Beilage

Freitag, 21. Februar 1930

Der Abend

Shadausgabe des Vorwärts

Studentische Wirtschaftshilfe

Bon Dr. Gerhard Geißler

Etwas vom Turnen

In den mirtschaftlichen Nöten der ersten Nachkriegsjahre ent­standen an der Mehrzahl der deutschen   Hochschulen Selbsthilfe. einrichtungen der Studentenschaft, die sich das Ziel seßten, die Studienkosten möglichst zu senten und in Fällen besonderer Not­lage helfend einzugreifen. Ihre Tätigkeit erstrecte sich, ber da- Das Schulturnen, mie es vor dem Kriege üblich war, ist auf| hördlichen und privaten Großbetrieben, Einrichtungen, denen man maligen Zeitfituation entsprechend, auf breitere Kreise der Studenten- den Jahnschen Turnbetrieb zurückzuführen. Die Stählung des| fast Geslegeswirtung wünschen möchte. fchaft Sie regelte sich in den Formen meitestgehender studentischer Körpers war das Ziel, mobel der Turnlehrer vom Körper meist Auch die Schule ist an der modernen Gymnast? nicht blind Selbstverwaltung und fand allenthalben die bereiwillige Unter- nicht allzuviel pußte und sich auch keine Gedanken darüber machte. vorübergegangen. Un manchen Orten wird sie mit gutem Erfolg stügung der Deffentlichkeit. Insbesondere vom Ausland murden Gymnastik wurde zwar neben dem Spiel auch schon betrieben, betrieben. Aber das bleibt doch zu sehr dem Zufall überlassen. Ge­ in   den Jahren der Inflation regelmäßig größere Beträge der stus aber auch hier ging man wenig fyftematisch vor und die Ausbildung wiß ist es durchaus erfreulich, wenn der Fachreferont für Leibes dentischen Wirtschaftshilfe zugeführt, die vor allem in den angel der Muskeln blieb im Vordergrund. Lediglich in den Mädchen übungen im Breußischen Kultusministerium, Ministerialrat Dr. sächsischen Ländern vom Welt studentenwert", einer inter  - schulen wurde die Gymnaftit mehr betont ohne allerdings die Ottendorf, in seinen Richtlinien für das Turnen an den preußi­nationalen studentischen Selbsthilfeorganisation, aufgebracht wurden. eigentliche Bedeutung der Gymnastik tlar zu erkennen. schen Schulen und in den Bestimmungen für die Ausbildung der Nicht zuletzt mit ihrer Hilfe gelang es einer Schar tatkräftiger und Turnlehrer nicht mehr starr an dem Jahn- Turnen und der Leicht­ideenvoller junger Menschen, in diesen Jahren ein Wert aufzubauen, athletit festhält, sondern dem Turnlehrer bei mur ungefähr vorge das heute in seiner Arbeit nahezu vorbildlich in der Welt dasteht, schriebener Marschroute einen weiten Spielraum für indivi die Wirtschaftshilfe der deutschen Studentenschaft, das heutige du efle Betätigung läßt.( Siehe Neuendorf Methodik Deutsche Studentenwert". des Schulturnens", Berlag Quelle und Meier. Leipzig  .) Aus der. artigen Bestimmungen spricht die durchaus richtige Erfenntnis, daß bei der Erziehung letzten Endes immer wieder die Führerpersön lichteit des Erziehenden den Ausschlag gibt. Aber es hat den Nach­teil, daß hierbei die methodische Gymnastik, die sich ja in der Schule noch durchzusehen hat, zu furz fommt. Wenn anders wäre es nicht denkbar, daß vor noch gar nicht langer Zeit ein Dozent einem Teil­haber eines Turnlehrerkursus erklärte: Das Ausmaß der förper. lichen Erziehung an den Schulen erlaubt ein Eingehen auf die in der Gymnastik ruhenden Seelenwerte nicht. Wir werden im Schul turnen das technisch hygienische Moment stets vor das geistig seelische stellen müssen."

Notwendigkeiten des Alltags, Notwendigkeiten der Schule

Der zunehmende Ausbau der Wirtschaftsarbeit an den einzelnen Hochschulen, die Einbeziehung immer umfassenderer Gebiete machte eine einheitliche Organisation notwendig. Mit der Ein richtung von größeren Studentenspeisungen, die noch jetzt an manchen Hochschulen täglich weit über tausend Mahlzeiten ausgeben, mit dem Bau oder Ankauf von Studentenhäusern und anderen Betrieben, die neben einer gewissen Stetigkeit in der Leitung auch größere wirtschaftliche Erfahrungen benötigten, als jie Studenten zu haben imstande sind, mußte die ehrenamtliche studentische Tätigkeit mehr und mehr durch die vollangestellter Geschäftsführer ersetzt werden, die meist selbst aus der Studentenschaft hervorgingen. Die gesamte wirtschaftliche Hilfsarbeit an einem Hochschulorte wurde zu Vereinen oder Gesellschaften m. b. H., den sogenannten Wirt schaftsförpern, zusammengefaßt, in deren Borstand Pro. fefforen, Altakademiker und Studenten meist in gleicher Weise ver­treten sind. Daß der ursprüngliche Selbstverwaltungsdjaratter dieser Arbeit mit der Zeit stärfer zurüdtrat und bürokratischen Tendenzen Plazz machte, muß als eine bedauerliche, aber kaum vermeidbare Entwicklung angesehen werden.

Die Zentrale aller dieser örtlichen Wirtschaftsförper, das Deutsche  Studentenwert, wurde bereits 1922 in Tübingen   gegründet und hat gegenwärtig seinen Sh in Dresden  . Ursprünglich ein Amt der Deutschen Studentenschaft  , hat es sich im Laufe der Jahre zu einer völlig selbständigen Körperschaft entwickelt, auf deren Arbeit die Studenten selbst taum noch einen nennenswerten Einfluß haben. Dafür sind neben Bertretern der Professorenschaft auch einige be­tannte Industrielle, an ihrer Spitze der JG.- Borfigende Duis berg, im Borstand des Deutschen Studentenwerks Mitglieder, deffen Arbeit sie auch finanziell in gewiffer Beziehung unterstützen. Doch diese Mittel aus privater Quelle spielen im Gesamtetat des Deutschen Studentenwerks, der gegenwärtig in die Millionen geht, nur eine geringe Rolle im Vergleich zu den Summen, die Jahr für Jahr durch die Bewilligung der Parlamente aus staatlichen Mitteln fließen. Daß sowohl das Reich wie die Länder diese Summen bis her regelmäßig ohne nennenswerte Abstriche zur Berfügung gestellt haben, ohne dafür auf die Organisation selbst einen direkten Einfluß auszuüben, ist sicher ein Zeichen für das Vertrauen der zuständigen Behörden zu der Dresdener   Geschäftsführung des Studentenwerks, zugleich aber auch für die Zurüdhaltung, mit der heute in Deutsch  land von Staats wegen Kulturvolitik getrieben wird.

In den Bordergrund rückte die Gymnastik erst nach dem Kriege. Die Amerikanerin Men sendied war es, die weiten Kreisen die Augen über die Bedeutung dieser Art Turnén öffnete. Ihr System, das sich von dem Gerät völlig frei machte, bezwedt eine systemas tische Durcharbeitung des ganzen Körpers. In dem Schüler wird Bedeutung und Funktion der Glieder, Gelente, Sehnenbänder und Muskeln bewußt gemacht, die Uebungen, die ihm quferlegt perben, bezweden eine gleichmäßige Aufloderung und Frischhaltung des ganzen Körpers, die Erhaltung oder eigentlich zurüdge winnung einer Elastizität, die sich nicht nur auf den Körper auswirkt, sondern auch das geistige und seelische Befinden in hohem Grade beeinflußt. Jeder, der sozusagen lange Zeit ver. geffen hatte, daß er ein Körpermensch ist, und nun beginnt, fich mit dieser Art Durchbildung des Körpers zu beschäftigen, stellt zu­nächst mit Entsetzen fest, wie sehr eingerostet sein Rück­grat und feine Glieder sind, wie der Prozeß des Alterns ihn durch und durch vertnöderte"( was vom Körperlichen gilt, gilt fast immer auch vom Geistigen!), und nach einiger Zeit bemerkt er zu seiner Freude eine allgemeine Aufloderung, ein Wiederelastischwerden des gesamten Körpers( und entsprechend auch hier des geistigen gesamten Körpers( und Menschen).

-

-

Das Beispiel Menfendieds hat epochemachend gewirft. Es blieb nicht bei dem einen System. Die schwedische Schule, die Loheland  , die Dalcroze Bewegung, um nur einige zu nennen, folgten( gemein fam mit einer Wiedergeburt des schöpferischen Lanzes).. Mochte das eine System Me Bewegung mehr kultivieren q's Mensendied und das andere in anderen Punkten abweichen in dem einen waren sich die Systeme einig: man ging von der anatomischen Kenntnis des Körpers aus und von der Erkenntnis, wie notwendig es ist, abseits von aller Kraftmeierei den im Getriebe des modernen Er. perbslebens gar nicht oder mur sehr einseitig bean fpruchten Körper durch systematisch zwedmäßige Beschäfti gung jedes einzelnen Teils aus feiner allmählichen Ber. fümmerung zu befreien und dadurch auch eine geistige Befreiung herbeizuführen.

Es ist bezeichnend, daß sich vor allem die Frauen auf diese Gymnastik stürzten, und es ist fáum ein Zweifel, daß die moderne Frau einen außergewöhnlichen Gewinn aus der Beschäftigung mit der Gymnastik danon getragen hat. Es ist bezeichnend und be dauerlich. Denn der berufstätige Mann hat dieses tägliche Durchtrainieren des ganzen Körpers, das gar nicht so sehr piel Zeit in Anspruch zu nehmen braucht, ebenso notwendig wie die Frau. Erfreulich dagegen ist es, daß für die soziale Gemeinschaft so man­ches übrig geblieben ist, wie die morgendliche Funtgym nastik und die tägliche Gymnastit Pause in manden be­

0

Die eigentliche Arbeit des Deutschen Studentenwerks liegt in der Hand einiger jüngerer Geschäftsführer, an deren Spize einer der einstigen Gründer, Dr. Schairer, steht. Ziel und Richtlinie dieser Studentenwerts nur höheren Semestern die Mittel zum Abschluß Arbeit ist der Leitgedanke: Die deutschen Hochschulen den Besten der der Studien unter ausnehmend günstigen Bedingungen leihweise zur Jugend, allen Schichten des Boltes! Schon aus dieser Formulierung, Berfügung. Da alle diese Abteilungen des Studentenwerts und ihre die bereits vor einer Reihe von Jahren geprägt wurde, geht es Zweigstellen in den örtlichen Wirtschaftsförpern Hand in Hand deutlich hervor, daß aus den zunächst ertensiven Unterstügungsarbeiten, fann jedem Bewerber, der einigermaßen geeignet erscheint, maßnahmen für breite Massen der Studentenschaft heute eine viel qber etwa in die Studentenstiftung nicht aufgenommen werden fann, intensivere Förderung weniger Begabter geworden ist, denen durch geringere Einzelzuschüsse, Freitische, Bohnung in Studenten die soziale Lage nicht die Mittel zum Studium gibt. Das in den heimen usw. wenigstens teilweise das Fortkommen ermöglicht ersten Jahren im Vordergrund der studentischen Wirtschaftsarbeit werden. Auch die Vermittlung von Werfarbeit, die in engster stehende Ziel einer Hebung der durchschnittlichen Lebens. Zusammenarbeit mit den freien Gewerkschaften vor sich geht, bringt haltung der Gesamtstudentenschaft ist heute erst in den jüngeren Semestern einen wichtigen Nebenerwerb, ganz ab­zweiter Linie deren Aufgabe. Immerhin fann es noch feineswegs gesehen von den bedeutsamen sozialen Erfahrungen. röllig vernachlässigt werden, solange noch gegen ein Drittel der heutigen Studentenschaft nicht das fnappste Eristenzminimum er reicht und ein weiteres Drittel dieses nicht überschreitet. Um diesen meiten proletarisierten Kreisen in der Studentenschaft zu helfen, werden auch heute noch Speisungen, Verkaufsstellen, Arbeits- und Wohnungsvermittlungen unterbalten, die es manchem möglich machen. das Studium durchzuführen, der ea sonst nicht könnte und

Pädagogik für Eltern

|

"

Aus diesen Worten spricht eine vollkommene Berkennung der Gymnastit, ja der erzieherischen Aufgabe des Schulturnens über­haupt. Wie kann man von einem Kinde verlangen, sich für einen Lehrstoff zu interessieren, wenn er ihm nicht geistigsseelisch nahe­gebracht wird! Aber hier geht es um mehr. Immer wieder auch heute noch stößt man auf Indolenz und unverständnis, tegenheiten des eigenen Körpers handelt. Der Spruch menn es sich um die Aufklärung des Kindes über die Ange. mens sana in corpore sano( in einem gefunden Körper wohnt ein im Munde geführt, aber gerade der Pädagoge fann sich auch heute gesunder. Geist) wird zwar seit altersher gern von den Pädagogen noch nicht von der scholastisch mittelalterlid en Auffassung befreien, als ob der menschliche Körper etwas verächtliches sei, von dem zu sprechen verpönt ist. Die Befreiung des Körpers, die Erziehung Seele und Geist, das aber gerade bezpedt die methodische Gym­zur Freude am Körper, seine eigentliche Wiedervereinigung mit naftil. Und das gerade würde ihre feste Beranferung im Shulturnen so wesentlich machen. Wesentlich auch für das aufünftige Leben des Schulers. Hat sich das Kind, einmal daran gewöhnt, sich seines Körperaufbaues bewußt zu sein, und ihn durch geeignete llebungen elastisch zu erhalten, so wird es sich auch herangereift und die einzelnen Altersstufen durchschreitend beffer als die vorangegangenen Generationen gegen die förper­liche( und geistige) Bertnöcherung wehren tönnen. Jedes Tier behnt und streckt Rückgrat und Glieder, wenn es sich aus einer Rubelage erhebt: es treibt eine sorgfältige und systema tische Gymnastik und wehrt sich so gegen das Einrosten. Nur der Mensch denkt nicht daran. Es wäre Zeit, ihm das beizubringen. Und das ist eine Aufgabe der Schule, und zwar eine wesentliche.

-

rt.

versäumt wurde, als es für die Eltern dieses Erwachsenen gemesen wäre, ihr Kind richtig zu erziehen. Die Verbreitung der so wichtigen psychologischen Erfenntnisse und die Einführung in die Grundsäge der modernen Erziehung in weite Schichten des Bolles: st aber eine sehr schwierige Aufgabe. Die Hauptschwierigkeit liegt vielleicht nicht so sehr an der völligen Unfenntnis diefer Dinge als in der mangelnden Verarbeitung und des vorzugswese halben iffens auf diesem Gebiete.

Es hat sich daher als praktisch erwiesen, systemat sche Kurse für Eltern an den Schulen durch Vermittlung der Glenrert e- tungen einzurichten. Diese Kurse dienen nicht nur der Uebermit Ing von Wissen auf den genannten Gebieten, sondern sie erfüllen auch noch zwei wichtige Nebenaufgaben: sie stärken die 3usammen= arbeit zwischen Schule und Elternbaus und sie ers leichtern die Verständigung zwischen den beiden Gene­rationen, die infolge der sozialen und technischen Ent idling der Nachtriegszeit prinzip ell verschiedene Grundlagen der Morcl anschauung haben.

dem feine Unterstützungen aus anderen Mitteln zur Verfügung und individual- psychologischen Forschungsarbeiten in den legten Arbeitsgemeinschaft sein müssen, in der der Kursusleiter sich

ſtehen.

Trotzdem steht für das Deutsche Studentenwerf gegenwärtig an vorderster Stelle das eigentliche Problem des Aufstiegs und der Auslese. Die zunehmende Ueberfüllung der Hochschulen, die ver hängnisvollen Folgen des Berechtigungswesens und das immer noch grundsäßlich bestehende Bildungsmonopol des Besizes fordern ge­bieterisch eine scharfe Auslese der Begabten aus allen Schichten, vor allem im Interesse der Hochschule selbst. Außerdem verbietet es die Knappheit der vorhandenen Mittel, anderen als auch wirklich Bedürftigen Unterstügungen zukommen zu lassen. Auch das Deutsche Studentenwert sieht die Notwendigkeit, dem begabten Arbeiterlind den Weg zur Hochschule und somit den Zugang zu den akademischen Berufen zu erschließen und ist im Rahmen seiner gesamten Arbeit bestrebt, auch hier helfend einzugreifen. Nicht zuleßt aus diesen Erwägungen heraus wurde 1923/24 die Studien. stiftung des deutschen   Volkes" von der damaligen Birt fchaftshilfe ins Leben gerufen und im Laufe der Jahre mehr und mehr ausgebaut. Ihr Riel ist es, besonders Begabten aus wirt. schaftlich schlechten Berhtnissen das gesamte Studium zu ermög­lichen und sie so von der ständigen Sorge um die weitere Eristenz zu befreien. Wenn es sich hier auch nur um eine geringe Anzahl handeln fonn( die Studienstiftung umfaßt gegenwärtig gegen 1200 Mitol eber), so ist diese Einrichtung doch grundsäglich um so mehr zu begrüßen, als hier zum ersten Male der öffentlichen Begabtenförderung der Charakter bloßer 3u fälligteit genommen ist und man ein gut durchorganisiertes System zur Er­faffung der wirklich Bedürftigen und Begabten geschaffen hat. Butunftsprogramms aber wird sie nie ihre prinzipielle Bedeutung

Derlieren.

Während die Studentenstiftung ihren Mitgliedern das gesamte Studium finanziert, stellt die Darlehnstasse des   Deutschen

Es ist ja fein Geheimnis mehr, daß die Wissenschaft der Kinderpsychologie unter dem Einfluß der pinhoanalytischen Jahren große Fortschritte erzielt und sich eigentlich vollkommen um­gestaltet hat. An einzelnen Stellen der großen Städte gibt es vor­züglich geleitete Spezialfinderheime, gibt es Sachverständige und Berater, die diese Dinge beherrschen, gibt es wohl auch den einen oder den anderen Lehrer, der bei seiner Arbeit in der Schule die neuen Kenntnisse verwertet.

Boran es jedoch in weitgehendem Maße fehlt, das ist das Ein­dringen dieser neuen Erkenntnisse von der Kinderfcele auch in die Familie. Denn was nüßt der schönste Kindergarten, was nüßt die modernste Schule, wenn das Elternhaus, dem doch noch immer die wichtige Aufgabe der Betreuung der ersten Kindheit zufällt, hier vollkommen andere Wege geht.

Es liegt im Wesen der von der neuen Psychologie gefundenen Ergebnisse, daß es einem nicht geschulten Menschen tatsä lich schwer, wenn nicht unmöglich wird, die Zusammenhänge zwischen seinen pädagogischen Fehlern und den schädlichen Resultaten zu sehen. Denn die Schäden einer falschen Erziehung, we sie Leider heute noch fast allgemein gang und gäbe ist, zeigen sich ja gewöhnlich erst viele Jahre später in mehr oder weniger fraffer Weise, und nur dem Kundigen sind die ersten Anzeichen der bösen Folgen schon vorher bemerkbar. Gewöhnlich laufen die Eltern erst dann zum Arzt, hrer oder Erziehungsbercter, wenn in ganz schlimmen Fällen das Kind gar nicht mehr zu halten" iſt. Wir haben aber ein außerordentlich großes Interesse daran. tie falsche Erziehugnsmethode auch dort abzustoppen, wo ihre Folgen am Kinde noch nicht deutlich sichtbar sind, sondern erst am Er. wachsenen zutage treten. Die meisten Menschen haben taum aine Ahnung. ein wie großes Teil des so weit verbreiteten Elends in der Che und auch im Beruf auf eine fehlerhafte Erzi hung zurück zuführen ist. Es ist dann für den Ehe oder Berufsberater viel schwerer, hinterher noch einigermaßen zu verbessern, was früher

|

Die Technik dieser Kurse wird im wesentlichen die einer bemüht, die neuen Erkenntnisse aus den Hörern selbst herauszuholen und sie ihnen dann gemeinverständlich zu erläutern.

Das Programm der Elternfurse wird sich am besten an die Dreiteilung: Erziehungsobjekt, Erz'ehungsfubjekt und Er­ziehungsmittel, halten. Man wird also zunächst die seelische Entwidlung des Kindes von der Geburt bis zur Reife so­wie in einer gesonderten Stunde die wissenschaftlichen Hilfsmittel der Kinderbeobachtung zu erläutern haben, wird dann einiges über die Rolle der verfchiedenen Erziehungssubjekte( Elern­haus, Schule und Gesellschaft) zu sagen haben, und wird sich etwa in der zweiten Hälfte des Kursus vorwiegend mit me hoffen am zweck näkigsten. d'e Fragen beschäftigen. Es erscheint uns Methodik von dem ungeheuer wichtigen und noch viel zu wenig be­tannten Gesichtspunkte der sogenannten Brojektion aus zu te­trachten. Unter Projektion versteht man die größtente Is unbewykte Uebertragung einer schiefen Lebenseinstellung von Eltern o'er Er­ebern auf das Kind, die gewöhnlich, wo sie sich nicht schon aus dem blcken Zusammenleben ergibt, durch die Art der Anrendung der verschiedenen Erziehungsmittel bemerfstelligt wird Die sich daraus ergebenden falschen Techniken der Erzi- b ng pflegt men ge wöhnlich als Elternfehler" zu bezeichnen. Es wird Aufgabe der Kurse sein, den Eltern diese Zusammenhänge flarzulegen und ihnen Mittel und Wege zu ze gen, die nötige Distanz zum eigenen Kind zu bekommen.

So ergibt sich als Hauptziel der Elternkurse, die Anrerung der Eltern zu größerer selbst beobachtung und Selbst. beherrschung und zum weiteren Nachdenken über das so ver midelte Erziehungsproblem Die Elternkurse können d- für nur die wiffenschaftliche Unterlage und den persönlichen Anstoß geben.

Ewald Bohm.