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Morgenausgabe

Nr. 111

A 56

47.Jahrgang

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aidono

Vorwärts

Beeliner Boltsblatt

Freitag

7. März 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Df.

Die etni palttge Ronpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart. Aleine Anzeigen' bas etige brudte Wort 25 Pfennig( zuläffig zmet fettgedrudte Worte), jebes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmart Belle 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

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Polenvertrag endlich fertig.

179 nach jahrelangen Verhandlungen. iQ

Warschau, 6. März.( Eigenbericht.) Die von dem deutschen Gesandten Rauscher und dem polnischen Delegationsführer Twartdowsfi geführten Handelsvertragsverhandlungen sind endgültig abge schlossen. Die Unterzeichnung dürfte anfangs nächster Woche erfolgen. Rauscher ist am Donnerstag nach Berlin

gefahren.

Das Abkommen ist vor allem auf dem Grundfaz der gegen feitigen Meistbegünstigung aufgebaut. Die polnischen Einfuhrver. bote, die jedoch nur eine geringe Anzahl Waren umfaffen, bleiben aufrechterhalten und dürfen erst mit dem Beitritt Polens zur Genfer Konvention über den Verzicht auf Ein- und Ausfuhrverbote auf gehoben werden. Für diese von den Einfuhrverboten umfaßten Baren hat Polen bestimmte Einfuhrkontingente gewährt. Das Niederlassungsrecht ermöglicht den deutschen Unternehmern Bertretungen in Polen zu ervichten und dort eigenes Fach personal anzustellen. Ein vollkommen freies Niederlassungsrecht ist nicht in Betracht gezogen worden, da es auch dem Reich nicht er münscht ist, feinen Arbeitsmarkt durch polnische Arbeitsträfte über­mäßig zu belasten. Das Reich gesteht Polen ein Rohlenein­fuhrtontingent von 320 000 Tonnen monatlich zu. leber die Verteilung dieses Kontingents sollen die Interessenten ein Brivatabkommen schließen, das volkswirtschaftlich nachteilige Folgen ausschließt. Ferner ist für den polnischen Schweine export ein geftaffelte s Rontingent eingefegt worden. Danach werden im ersten Jahr 200 000, im zweiten 275 000 und im Dritten 350 000 Schweine nach Deutschland eingeführt.

Große Schwierigkeiten bot im letzten Augenblid noch der

Blutige Zwischenfälle.

Neue Niederlage der Kommunisten.- Drei Todesopfer. Die Kommunistische Partei hat eine neue Nieder I age erlitten. Der 6. März sollte zu einem internationalen revolutionären Tag werden ein internationales Fiasko ist daraus geworden.

Am 4. März fündigten Prawda" und Is westja" Am 4. März fündigten Prawda" und" Ismest ja den 6. März als letzte Etappe an. Die Brawda" schrieb:

,, Die legte Phase der Mobilisierung der Massen der Arbeitslosen unter Führung der Kommu nistischen Partei und der revolutionären gewerkschaftlichen Organi fation befindet sich vor ihrem Abschluß.... In den letzten Wochen fanden hunderte von Versammlungen Arbeitsloser statt, die der fonkreten Borbereitung zum 6 März galten. Zahlreiche Arbeiter in den Unternehmen haben ihre Bereitschaft fundgetan, sich den Arbeitslosendemonstrationen eine bis zwei Stunden vor Schluß der Arbeit anzuschließen....

Sie deklamierte, die KPD. müsse zeigen, daß das deutsche Proletariat die Macht habe, seine Forderungen durchzusehen. Aufgabe der RBD. sei es, dieser Bewegung

Schiffahrtsvertrag. Danach erhalten Norddeutscher Lloyd , Hamburg - Amerita- und Südamerika Linie Konzeffionen für den Auswanderertransport und für die Errichtung von je acht Filialen in Bolendammo

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Walden­

Notfinanzen!

Die Steuervorlagen der Regierung. Von

Nach langen Verhandlungen im Reichskabinett ist nun­mehr die Frage der neuen Steuervorlagen zu einem ge missen Abschluß gekommen. Wir müssen uns in diesem Augenblick noch einmal vergegenwärtigen, weshalb es von der im November angesagten Steuersentung nun­mehr zu einer erheblichen Steuererhöhung gelommen ist. Diese Wendung erflärt sich wesentlich aus einem Rück­gang der Zollbeträge, einer erheblichen Mindereinnahme der Steuern und schließlich insbesondere auch aus der Verpflich­tung, einen Kredit von 450 Millionen noch in diesem Jahre abzudecken. Diese außergewöhnlichen Verhältnisse, die sich nicht in vollem Umfang vorausjehen ließen, haben dazu ge führt, daß das Kabinett vor die 3 wangslage gestellt wurde, eine starke steuerliche Belastung vorzuschlagen.

Rund vierjähriges Verhandeln mit einer ganzen Anzahl Krisen und Abbrüche, allerdings auch mit einigen wichtigen Zwischenergebnissen von Teilverträgen ist hier mit Erfolg beendet. Gewiß wird es an Protesten der Inter­effenten nicht fehlen; die hohe polnische Rohleneinfuhr wird dem deutschen Bergbau, besonders dem burger, dessen Arbeiter schon so schwer zu leiden haben, feineswegs erwünscht sein. Aber die Aussicht auf Beendigung Grundsäglich werden wir uns darüber klar sein müssen, des 3ollfrieges ist für unsere Industrie, die Einfuhr billigeren daß ein so erheblicher Betrag nicht allein durch eine polnischen Schweinefleisches für die Berbrauchermassen von dirette Besteuerung oder durch eine Besitzsteuer auf­mindestens ausgleichender Bedeutung. Der Bert des Ber gebracht werden kann, sondern daß eine indirekte tragsabschlusses für die so nötige Verbesserung der deutsch - Steuerbelastung nicht zu umgehen ist. Die Einstellung der Bartei in dieser Frage hat keine Aenderung erfahren. diesen Erfolg begrüßen, der nicht zuletzt unserem Genossen so wie die Dinge sich heute gestaltet haben, eine direkte Be­Rauscher und den Instruktionen der sozialdemokratisch steuerung allein nicht mehr ausreichend sein kann. geleiteten Reichsregierung zu verdanten ist.

Annahme des Balorifierungs- Abfommens.

Warschau , 6. März.

Das Blenum des Sejm hat heute den Gefeßentwurf über die Ratifizierung des deutsch - polnischen Balorifierungsabkommens vom Juli 1928 verabschiedet. Das Abkommen sieht die Aufwertung der von beiden Reichen auf Grund des öffentlichen und des privaten Rechts erhobenen finanziellen Ansprüche vor. Der Bericht­erstatter, Abg. Dr. Diamand( Soz.), betonte, daß der Bertrag erstatter, Abg. Dr. Diamand( S03.), betonte, daß der Bertrag einen Schritt auf dem Wege zur Normalisierung der gegenseitigen Nachbarverhältnisse zwischen Polen und Deutschland bilde.

Bei der bisherigen Erörterung der Steuerprobleme hat zunächst die Frage, welche Rückwirkung auf die Gestaltung der Arbeitslosenversicherung eintreten wird, eine große Rolle gespielt. Wir wissen, daß einflußreiche Kräfte am Wert waren, eine gewiffe finanzielle Erleichterung durch die Minderung der Unterstützung der Arbeitslosen herbeizu­Nühren. Dabei ist immer wieder mit großem Nachdruck barauf hingewiesen worden, daß im laufenden Finanzjahr losenversicherung aufgewendet wurden. rund 550 Millionen Mark aus Reichsmitteln für die Arbeits­Den sozialdemo= fratischen Ministern war jeder Versuch, an diesem Arbeits­lofenproblem zu rütteln, untragbar. Wir haben die Tatsache zu verzeichnen, daß diese entschiedene Stellungnahme von Erfolg begleitet gewesen ist. An der Arbeitslosen­

dreizehn Berletzte. In Halle Ammendorf wurden versicherung ändert sich nichts. 3 mei Personen getötet.

Eine zweite Frage spielte eine große Rolle: das ist die Heranziehung des Besizes. Im wesentlichen handelte es Die Schuld an den blutigen Zwischenfällen tommt aufs sich hier um ungefähr 100 Millionen Mart. Es wurde vor­Haupt der kommunistischen 3entrale und ihrer geschlagen, diese 100 Millionen durch einen einmaligen Auf­Hintermänner. Sie haben sie gewollt, weil sie die un- fchlag bei der Einkommensteuer zu erreichen, diesen mittelbar revolutionäre Situation" beweisen sollten. Wir Aufschlag aber wiederum im nächsten Steuerjahr auf die wünschten wohl zu wissen, was Herr Krestinsti, der Steuerleistungen anzurechnen. Dann spielte auch das Pro­Botschafter der Sowjetunion in Berlin , heute über die ,, un- jett eine Rolle, von den Beamten und Festbesolbe. mittelbar revolutionäre Situation" in Deutschland nachten eine besondere Abgabe zu fordern mit der Begründung, daß jene Kreise von der unsicheren Wirtschaftslage nicht so betroffen sind wie die Arbeiter. Begeisterte Zustimmung hat dieses Projekt auch in unseren Kreisen nicht gefunden.

Moskau berichten wird!

Wenn die ,, Rote Fahne" heute wiederum den Versuch machen wird, der Polizei die Schuld an den Zwischenfällen zu geben, so wird dies nur der Ablenkungsversuch eines Hauptschulbigen sein! Sie hat seit Wochen zu Zu sammenstößen gehezt. Sie hat triumphierend von angeb­lichen Siegen über die Polizei berichtet, von flüchtenden Polizeibeamten, Don Polizei­helmen, die massenhaft den Schauplatz bedeckten, fie hat zum tätlichen Widerstand gegen die Polizei auf gefordert und damit systematisch ihre Anhänger zum An griff auf die Polizei aufgesta chelt.

Die Frage der Besteuerung des Besizes ist nun so gelöst worden, daß die Industrieabgabe, die nach dem Dames= Gefez der Industrie auferlegt war und auf deren Beseitigung die Industrie jetzt einen gewissen Anspruch erheben kann, aufrechterhalten wird, und zwar in der Form, daß von den bisher jährlich 300 Millionen, die der Industrie auferlegt maren, nur 20 Millionen gesenkt werden. Beabsichtigt war eine Senfung von 50 Millionen. Ferner werden einem vor­handenen Fonds, den die Industrie durch dieselbe Abgabe aufgebracht hat, 70 Millionen entnommen, so daß insgesamt zieht man die in Aussicht genommene Kürzung der Industrieabgabe um 50 Millionen mit in Berechnung- ein Befizsteuer zu verzeichnen ist.

- Die Opfer des 6. März sind die Folge des verbreche

zum entschiedenen Siege zu verhelfen, der in der Schaffung rischen Treibens dieser Burschen und ihrer Hintermänner in Auftommen von rund 100 Millionen als

eines Sowjet Deutschland" bestehe.

"

Die Deflamationen der Bramba" wie die Barolen Mostau! der deutschen kommunistischen Zentrale sind mirfungs Ips perpufft. Die Arbeiterschaft in den Betrie ben und die Erwerbslosen haben die Drahtzieher allein gelaffen. Nur verschwindend fleine Gruppen haben zu demonstrieren versucht. Kein einziger größerer Betrieb in Berlin hat auch nur eine Stunde früher geschloffen. Das Ergebnis des gestrigen Tages ist, daß die Kommunistische Partei ihre völlige Isolie rung von den Massen aufgezeigt hat.

Die Kommunisten haben bei der Arbeiterschaft, in den Betrieben und bei den Erwerbslosen vollständig ab­gewirtschaftet. Diese Partei, die bei der legten Reichstagswahl über drei Millionen Stimmen erhielt, hat feine wirkliche Demonstration zustande bringen fönnen. Mit ein paar hundert Demonstranten in Berlin läßt sich das von Sowjetrußland ersehnte Sowjetdeutschland

Rommunifienfiasto im Reich.

Der Versuch der Kommunisten, am 6. März im ganzen Reiche große Demonftrationen zu veranstalten, ift täglich ge­scheitert. Ueberall folgten nur ganz eine Gruppen den kommu­ nistischen Barolen. Zu ernsten Zwischenfällen ist es außer in Halle und Berlin nirgends gekommen.

Zwei Tote in Halle- Ammendorf.

Salle, 6. März.

In dem benachbarten Ammendorf wurde ein Demonstrationszug aufgelöst. Als die Teilnehmer dann wiederum versuchten, einen Umzug zu veranstalten, und die Polizei einschritt, wurden die Beamten tätlich angegriffen und niedergeschlagen. Ein Be. amter , der seinem in höchster Not befindlichen Kameraden beisprang, mußte, wie der Polizeibericht meldet, von der Ihre Stoßtrupps haben nichtsdestoweniger blutige Schujwaffe Gebrauch machen, wodurch zwei Per 3wischenfälle provoziert. In Berlin wurden drei Demonstranten und ein Unbeteiligter lebensgefährlich versionen getötet und eine verlegt wurden. legt, mehrere Demonstranten leicht verletzt. Die Bolizei hat

nicht errichten.

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( Siehe auch 2. Seite.)

Was nun die anderen Steuervorlagen anbetrifft, so haben wir es zunächst mit einer Erhöhung der Bier a steuer zu tun, deren Aufkommen auf 240 Millionen Mart geschägt wird, von denen 150 Millionen Mark dem Reich und 90 Millionen Mark den Ländern zugute tommen wer den. Diese Steuer hat natürlich auch in der sozialdemo­fratischen Fraktion Widerspruch gefunden. Aber es ist geltend gemacht worden, wenn man schon indirekte Steuern bewilligen müsse, so seien diejenigen vorzuziehen, denen sich der Konsument aus eigenem Willen entziehen kann. Eine zweite Vorlage betrifft die Erhöhung der Mineralölzölle, die einen Betrag von 65 Millionen Marf aufbringen, von denen 25 Millionen Mark dem Reich und 40 Millionen Mark den Ländern zufließen sollen. Hier wird es sich um eine Belastung handeln, die man als eine nicht bezeichnen tann. Bemerkenswert ist der Einwand, Heranziehung der Steuerleistung der Minderbemittelten daß diese Steuer auch die öffentlichen Berkehrsanstalten und durch sie die Minderbemittelten trifft. Hier wird es Auf­gabe des Reichstags sein, zu untersuchen, ob für die Verkehrsgesellschaften nicht eine Rückvergütung eintreten tann. Zu fordern wäre auch, daß der 3oll durch eine innere Abgabe ergänzt wird, damit die Preisdifferenz nicht den Interessenten, sondern dem Reich zugute kommt.