Reinfall der Raiffeisen- Berteidiger.
Ein Beweisbeschluß und seine unerwarteten Folgen.
Am Freitag hatte eine Zufallsmehrheit des Raiffeisen- Ausschusses befchloffen, obwohl das Beweisergebnis schon beinahe fertiggestelt mar, noch einmal in die Beweisaufnahme einzutreten. Die These bes Berichterstatters Ruttner, daß der verflossene Präsident der Preußentasse, Semper, bem borgefeßten Finanzminister nur sehr mangelhaft über die Borgänge bei Raiffeisen orientiert habe, follte noch einmal durch Bernehmung des Finanzministers und seiner Referenten nachgeprüft werden.
Am Freitag waren die Rechtsparteien fehr stolz auf ihren mit Hilfe der Kommunisten errungenen Sieg", am Sonnabend saßen fie mit hängenden Köpfen da und feufzten innerlich: D. hätten wir doch niemals diesen Antrag gestellt." Denn statt den ihnen nahe. stehenden Semper vor einer blemablen Feststellung zu retten, führten sie durch ihren Beweisantrag eine fatastrophale Bloßstellung ihres Schüßlings herbei.
Für den verhinderten Finanzminister Höpfer- Aschoff waren Ministerialrat Fimmen und Amtsrat Grüßte erschienen. Sie verlasen die Akten des Finanzminifteriums und nun erst zeigte sich dem Ausschuß in ganzer Marheit,
in welch ffandalöser Weise Herr Semper den Finanzminister über alle wichtigen Vorgänge in Untlarheit gelassen hatte. Den Anstoß zu der Berichterstattung hatten eine Rede des Abg. Grzesinsti am 14. Januar 1925 im Breußischen Landtag und des. Reichstagsabgeordneten, jeßigen Reichstanzlers Müller. Franten am 22. Januar 1925 im Reichstag sowie die daran anschließenden Bresseerörterungen gegeben. Beide Redner hatten bamals, als die Rechtsparteien mit ungeheurem Geschrei den Fall Barmat aufzogen, darauf hingewiesen, daß sich ganz ähnliche Dinge auch bei der Raiffeisenbank bzw. der Preußenkaffe zugetragen hätten. Grzesinski hatte schon damals angeregt, daß der Barmat- Ausschuß vielleicht auch diese Dinge einmal nadprüfen tönne. Breußentaffe und Raiffeisenbank sandten darauf an die Preffe beschwichtigende Dementis, wonach
bei ihnen alles in befter Ordnung sei!
Der Präsident Semper erstattete außerdem am 31. Januar einen Bericht an den preußischen Finanzminister, worin er seinem Borgefeßten versicherte, daß alles nur leeres Gerede sei: Herr Direttor Dietrich von der Raiffeisenbank( der deutschnationale Bizepräsident des Reichstags) habe ihm erklärt, daß bei ihm alles in bester Ord nung sei und außerdem sei der Stand der Raiffeisenbank ein so glänzender, daß der Preußenfasse teinerlei Gefahr aus ihrer Krédithingabe an diese Bank erwachfe.( Bier Wochen vorher hatte Direttor Dietrich seinem Aufsichtsrat händeringend mitgeteilt, es dürfe von den privaten Spefulationsgeschäften der Raiffeisenbank nichts in die Deffentlichkeit tommen, sonst set mit einem Schlage der Bankrott da!)
Im gleichen Sinne hat der Präsident Semper dann der Ober. rechnungstammer berichtet, die fehr besorgte und begründete Anfragen an die Preußentasse gerichtet hatte. Obwohl inzwischen die Direttoren Dietrich und Schwarz von der Raiffeisenbank der Breußentaffe menigstens einen Teil der großen Berlufte gebeichtet hatten; betam es Präsident Semper fertig,
von dieser Belchte und den darin zutage getretenen Dingen in feinem Bericht nicht das mindeste zu erwähnen,
Begen dieser Bertufte wurde dann im Mätz der Raiffeisenbank von der Breußenfasse ein Stügungstredit von 24 Millionen Mart ge währt. Auch hierüber berichtete Herr Semper dem Finanzminister nichts. Bon dem Berichterstatter Kuttner immer mehr in die Enge getrieben, erklärte Herr Semper schließlich: Dieser Stüßungstredit mar für uns ein normales Geschäft(!!), und über normale Gefchäfte berichteten wir nicht besonders an den Finanzminister." Tatsächlich hat Semper erst im August an den Finanzminister hierüber und auch nicht aus eigenem Antrieb- berichtet. Die Ursache war vielmehr
ein Urtifel im Wirtschaftsteil des„ Borwärts, der die duntien Geschäfte der Raiffeisenbant mit dem Riebe und dem Hermann Konzern behandelte. Jest fragte der besorgt gewordene Finanzminister bei der Breußenfaffe an und jeßt mußte Semper Auskunft geben.
Berichterstatter Ruttner: Bann würden Sie denn nun endlich aus eigenem Antrieb berichtet haben?" Zeuge Semper: ,, Als der von uns in die Raiffeisenbant entsandte Direktor Albert dort die Mißstände aufdeckte." Berichterstatter Kuttner: Das war im Oktober. Im März war der Stügungstredit gegeben." Der Zeuge Semper sucht sich nun darauf hinauszureden, daß er glaube, den Finanzminister mündlich unterrichtet zu haben. Freilich will er sich nicht darauf festlegen. Als der Berichterstatter dem Zeugen immer neue Berfäumnisse und Unrichtigkeiten in seinen Be richten nachweist, wird der Zeuge nervös und aufgeregt. Der deutschnationale Abgeordnete Baecker fucht durch Geschäftsordnungsdebatten die weitere Bernehmung des Zeugen aufzuhalten und ihn durch Suggestivfragen zu retten, verstärkt dadurch aber nur den Eindrud der völligen Katastrophe des Zeugen.
Mit Stimmengleichheit beschließt der Ausschuß, feinen Beschluß auf Bernehmung des Finanzministers und des als Landrat nach Ostpreußen - verfeßten früheren Referenten Deichmann aufrechtzuerhalten. Die Rechte sehnt sich offenbar nach weiteren Blamagen!
Tardieu sammelt Niederlagen. Borsichtshalber teine Bertrauensfrage.
Baris, 8. März.
Tirpitz im Himmel.
Petrus : Also, lieber Tirpih, nun spinnen Sie uns mal ein nettes Seemannsgarn. Wir bekommen hier oben selten was zu hören."
da paffierte es mir mal, daß der Reichstag mir mehr Schiffe bewilligte, als ich eigentlich in meiner Flottenvorlage vorgesehen hatte. Aber ich lehnte ab, auf solche Weise die Bolksvertretung zu bemogeln. Ich trat also vor den Reichstag und sprach:.
Tirpit: Wie ich noch zu Kaisers Zeiten die Berständigung mit England betrieb und die Flottenabrüftung zum Hauptprogramm meiner Tätigkeit als Staatssekretär der Marine erhob...
4.ABEKING
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Weine Herren, ich verzichte, ich beschränke mich auf mein Programm."
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Petrus:„ Um Gottes willen, das Himmelsgewölbe stürzt ein!"
Dauerfitzung des Reichstags.- Weiterberatung am Montag.
Die Reichstagsbebatte am Sonnabend, über deren ersten Teil| Beunruhigung in die Deffentlichkeit getragen wird, zu der fein mir schon in der Abenbausgabe berichtet haben, nahm folgengen weiteren Berlauf:
Abg. Stöhr( Natfog.) bestreitet, daß die Gegner des Young. Blans ban Dames- Blan aufrechterhalten wollen. Der Dames- Plan sei tatsächlich ein Produkt des Versailler Schandbittats, aber der verstorbene Reichspräsident Ebert habe seinerzeit erklärt, das deutsche Bolt dürfe nicht auf 40 oder 60 Jahre hinaus zum Bohnftlapen per Siegermächte gemacht merden. Der jebige Reichstanzler Müller habe in der Weimarer Nationalversammlung die Unterzeichnung eines unerfüllbaren Vertrages als unmöglich bezeichnet. Dennoch habe der Borwärts" die Annahme des Dames- Blanes als einen Erfolg und Triumph der Sozialdemokratie bezeichnet. Dieser Plan, den annahm, wird jekt gegenüber dem Young- Plan von den Sozial damals eine ehrpergessene Mehrheit des Reichstags( Ordnungsrus) demotraten als unerträglich bezeichnet. Wir erwarten, so ruft ber Redner, vom Reichspräsidenten , daß er den Reichstag auflöst, um Gelegenheit zur Neuwahl unter der Parole Gegen die Young Knechtschaft" zu geben. Als der Redner die Sozialdemokraten wieder angreift, kommen von den Sozialdemokrat'n Gegenrufe. ( Abg. Straßer( Natsoz.) wirft den Sozialdemokraten Landesverrat vor und erhält dafür vom Bizepräsidenten Esser einen Orbnungsruf.)
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Grund porliegt.
hat.
Der Minister wendet sich dann gegen den Abg. v. FreytaghLovinghoven: Der Young- Blan bafiere in feiner Weise auf der Bersailler Kriegsschuldbehauptung, einer Behauptung, die die jetzige Regierung ebenso wie ihre Borgängerinnen immer zurückgewiesen Der Young Plant verpflichte ausdrücklich alle beteiligten Staaten, die Kriegsstimmung zu beseitigen und den Geist der gegen. seitigen Verständigung und des guten Willens zu pflegen. Die Be hauptung des deutschnationalen Redners, daß der Young- Blan Sanftionsmöglichkeiten gegen Deutschland enthalte, fei widerlegt burch den Tert des Abkommens und des dazu geführten Notenwechsels.
Wie sehr diese vom Abg. v. Freylagh- Coringhoven öffentlich im Hugenbergschen Tag" aufgestellte Behauptung den deutschen Jntereffen geschadet hat, ergibt sich aus dem nationalistischen Pariser Figaro".
Der Minister verlieft den Artikel des französischen Blattes. Darin wird aus dem Lag" v. Freytaghs Auffah zitiert und hinzugefeßt: Das ist eine sehr bedeutungsvolle Interpretation, bie dadurch besondere Wichtigkeit erhält, daß ihr Verfaffer ein Professor des internationalen Rechts ist, der dem Deutschen Abg. v. Freytagh- Loringhoven( Dnat.) beantragt Bertagung um Reichstag angehört. Die Interpretation der deutschen Reichseine halbe Stunde, damit die Mitglieder erscheinen. Der Antrag regierung ist also durch die, deutschen Juristen selbst als unhalt( Lebhafte Hört- hört- Rufe bei den Regierungswird abgelehnt. Im gleichen Augenblick erscheint Reichsaußen bar hingestellt." minister Dr. Curtius im Saale. Abg. v. Freytagh Loringhoven parteien.) ( Dnat.) wirft der Regierung Täuschung der Deffentlichkeit vor. Die Abg. Schlad( 3.): Die Annahme des Young- Plans ohne gleich Tributforderungen seien auf der Kriegsschuldlüge aufgebaut und jetzt zeitige Sanierung der deutschen Finanzen ist ein Ding der Unmög durch die Verknüpfung mit den Kriegsschulden neu unterbaut. Reinlichkeit.( Sehr richtig! bei der WP.) Ein Parlament, das ohne urteilsfähiger Mensch glaube an die Erfüllbarkeit des Young- Blans. eine solche Sanierung die Entscheidung über den Young- Plan fällt, Das Gerede von Revisionsmöglichkeiten beruhe auf grundlofem würde selbst seinen Bankrott erklären und feine Existenzberechti Optimismus. Es stehe vor allem m fchroffem Widerspruch zum gung verleugnen.( Rufe aus der WP.: Endlich übernehmen Sie Santtionsablommen. Das Vorgehen Dr. Births in dieser Frage unsere Gedanken!) Das deutsche Bolf fann verlangen, daß der erwachte aus Mangel an Selbstzucht und aus Schuldbewußtsein. Reichstag endlich aus der jeßigen Krisenstimmung heraustommt. Im Namen der sechs Millionen, die dem Freiheitsgesez zugestimmt Abg. Sachsenberg( Wp.) hält eine Oppositionsrebe. haben, beschwören wir den Reichspräsidenten , von allen feinent Rechten Gebrauch zu machen. Wir werden einen Antrag auf Aus. fegung der Vertündung einbringen. Uebernimmt der Reichspräfi, bent in dem Kampf die Führung, dann wird er der Befreier Deutsch . lands heißen.
Die Angriffe des Redners gegen Dr. Birth riefen im Zentrum große Erregung hervor und veranlaßten den Bizepräsidenten Effer. zu einem Ordnungsruf gegen den Abg. n. Freytagh- Loringhoven. Als der Redner in der weiteren Auseinanderfegung mit den Regierungsparteien fagt:„ Wir sprechen verschiedene Sprachen!", fommen viele Rufe: Jawohl, Sie sprechen als Ruffe!"
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In der Kammer hat bei Beratung des Einnahmebudgets die neue Regierung ihre vierte Riederlage erlitten, die allerdings ebenso wie die drei vorausgegangenen feine Folgen für das Kabinett haben wird, da Butgeiminifter Germain Martin seinen Standpunkt, dem sich die Kammer in ihrer Mehrheit wibersegte, nicht durch Stellung der Bertrauensfrage vor der 2bstimmung erhärtet hatte. Mit 303 gegen 248 GStimmen wurde ein Antrag des Sozialisten Ernest Lafont angenommen, der eine Abänderung der vorgesehenen Kinder- und Berheirateten. zulage für Militärperfonen enthielt: In einem anderen Reichsbantleitung, also auch mit dem Reichsbanfpräsidenten ver Einzelfalle schloß sich, die Kammer der Auffassung des Budget- einbart worden. Aus der Bestimmung, daß die Mitglieder des ministers an und lehnte mit 320 gegen 261 Stimmen die Rückver Direktoriums der Internationalen Bant nicht Staatsbeamte oder weifing eines Artikels ab, Barlamentsmitglieder ihrer Länder fein sollen, macht Abg. Bang. die deutschen Direktionsmitglieder würden daran gehindert, deutsche Interessen zu vertreten. Eine weitere Illustration dieser Kampfes meife liegt darin, daß Abg. Bang behauptet, der Reichsbantpräsident merbe durch die Internationale Bant am Schuß der deutschen Wäh ung gehindert. Tatsächlich wird ausdrücklich bestimmt, daß die Geschäfte der B33. in Uebereinstimmung mit der Währungspolitik der einzelnen Zentralbanken geführt William Taft , der Präsident der Bereinigten Staaten in den werden müssen, also auch der Deutschen Reichsbant. Ich bedauere Jahren 1909 bis 1913, ist gestorben. außerordentlich, daß durch die Ausführungen des Abg. Bang eine
Die Linte hält Disziplin.
Die Frattion der Sozialrepublikaner schloß brei Abgeordnete aus, die gegen das. Kabinett Chautemps gestimmt hatten. Dar unter befindet sich der Kognaffabrikant und frühere Aderbauminifter Hennessy .
Abg. Köhler.( 3) wünscht, daß die Reichsbahn wieber mehr unter dirette Reichsperwaltung tomme. In der Hauptverwaltung der Reichsbahn sollen einzelne Berfonen fich Bortelle perschafft haben, die ihnen nicht zustanden. Eine Untersuchung wäre zu wünschen. maltungsratsmitglieder muß die Regierung fehr vorsichtig sein. Abg. Kling( Bayer. Bbo.) äußert sich start oppositionell, for bert gleichfalls
Finanzjanierung vor Verabschiedung des Boung- Plans und hälf dem Zentrum vor, daß es mit seinem Finanzminister Köhler wesentlich zur Defizitwirtschaft beigetragen habe. Nach einer Oppositionsrede des Abg. Pallmann( WP.) spricht Abg. Scheffel( Soz.) zum Reichsbahngesetz: Mir stimmen diesem Gefeh wahrlich nicht mit Begeisterung zu.
Reichsaußenminifter Dr. Curtius erwidert auf die Bemertungen des Abg. Dr. Bang( Dnat.) über die Stellung der Deutschen Reichsbant unter dem Young- Plan: Die Bestimmungen über die Einführung der Deutschen Reichsbant in die Internationale Bank und über. Die Stellung der deutschen- Da der Young Plan der deutschen Republik die volle Unabhängig lieber des Direttoriums find in vollem Geberteit bringt, follte mna erwarten können, daß die Reichsbahn, von ausländischer Feffelung befreit, wieder zum reinen Staatsbetrieb wird. Zur Pariser Konferenz sind durch Herrn Dr. Schacht auch zmei Bertreter der Reichsbahngesellschaft hinzugezogen worden, aber fein Vertreter des Reichsverkehrsministeriums. Die Gewerkschaften waren zwar auch vertreten, aber nur für die Personalfragen. Die Reichsbahn hai in Zukunft 55 Proz. der gesamten Repa rationslaft zu tragen und durch die allmonatliche Zahlung werden die Ausgaben auch höher, als bisher bei der halbjährlichen. Ferner müssen außerordentlich große Rücklagen gemacht werden, was gar nicht gerechtfertigt erscheint, zumal die Reichsbahn von nun an auch Hypotheken aufnehmen tann. Eine Verminderung der von der Reichsbahn zu zahlenden Beförderungssteuer wäre münschens