Mittwoch 19. März 1930
Unterhaltung und ÄNissen
Beilage des Vorwärts
Siegfried auf diomodo dm diampf mH dem UrweHriefen
Die Ausgeburt der Hölle, des Schrsckensgespenst der Träume, die Spukgesialt des Märchens: der Drache lebt! Der Amerikaner W. Douglas Bürden hat auf der kleinen, zu Niederländisch- Indien gehörenden Insel Komodo die letzten Nachkommen der vorsintflutlichen Saurier gefunden. Es find echte Drachen, drei Meter lang, doppelzüngig wie jeder richtige Lindwurm, und ihr zahn- bewehrter Rachen faßt das Viertel eines wilden Schweins mit einem einzigen Bih. In seinem demnächst bei Brockhaus erscheinenden. Buch ,�)rachenechsen, eine Forscherfahrt zu den Waranen aus Komodo" entwirft Bürden ein anschauliches Bild von einem Kampf mit einem dieser Urweltriesen:„Die Ein- geborenen hatten im„Urwald" eine Eidechse festgestellt, die nach ihren Erzählungen das größte„boeja darat", das furchtbarste Land- krokodil, sein sollte, das sie je gesehen. Es war ein sehr vorsichtiger Bursche. Um ihn lebend in unser« Gewalt zu bekommen, bauten wir am Rande des Dickichts eine Falle und beköderten sie sorgfältig. Wir wollten uns in der Nähe hinter einem Beobachtunsschirm setzen, um sofort zur Hand zu sein und den Gefangenen fesseln zu können. Defosse schoß einen alten Bock, und die Farbigen errichteten die Falle. Rings um das tote Tier wurden starke Pfähle so in den Boden gerammt, daß nur die eine Seite offen blieb. Die einzelnen Pfähle wurden dann fest durch Stricke verbunden und das Ganze sorgfältig mit Zwergen und Blättern verblendet. Ein kräftiges Bäumchen sollte den Drachen hochreißen- Wir hieben Zweige ab und banden ein Tau an die Spitze. Fünfzehn Träger mußten den Stamm niederbiegen, dann wurde die Schlinge vor dem Fallen» eingang angebracht. Kleinere Eidechsen hatten wir genug gefangen, aus sie legten wir keinen Wert mehr und wollten daher verhüten, daß sie etwa die mühsam zurechtgebastelte Auslösung in Tätigkeit setzten. Kam es dazu, so wurde der Alte ziemlich sicher vergrämt, denn wahrscheinlich lungerte er in nächster Nähe herum, um zu sehen, ob die Lust rein war. Daher befestigten wir an der Springfalle einen Strick, der über den Boden in den Schirm lief. Der Baum konnte nicht aus- schnellen, ohne daß man an der Schnur zog. So hatten wir es ganz in der Hand, den Drachen im richtigen Augenblick in die Luft fliegen zu lasten. Natürlich war der Strick sorgfältig mit Blättern zugedeckt und auch der Schirm hinter Laubwerk gut verborgen. Um sicher zu gehen, probte ich die Vorrichtung mehrfach aus. Es klappt«: sowie ich an der Lein« riß, schnellte der Baum hoch. Ich sah schon dos Untier in der Höhe schweben und aus Leibeskräften sich wehren und strampeln. Defost« hatte die ganze Anlage ausgedacht und gefccnit: man muß sogen, sie mochte seiner Erfindungsgabe und Geschicklichkeit alle Ehre. Am nächsten Morgen waren wir schr früh zur Stelle. Der Köder verbreitet« weithin einen fürchterlichen Dust, wir konnten also mit baldigem Eidechsenbesuch rechnen. Wir saßen in unserer „boma" und schwatzten gemütlich. Das durften wir ruhig wagen, wie ich schon früher sagt«, die Drachen sind stocktaub. Allmählich ober fühlten wir uns in dem engen menfchenerjüllten Loch recht un» behaglich. Di« Sonne stand schon ziemlich hoch, die Drachen mußten unterwegs sein; so hielten wir sorgsam Ausguck. Eine kleine Eidechse erschien und mach:« sich an der Falle zu schaffen. Bald kam auch eine größere, die sofort in die Umzäunung hineinspaziert« und versuchte, den Bock wegzuschleppen. Ihr Bemühen blieb erfolglos, denn wir hatten so etwas vorausgesehen und den Köder festgebunden. Mitten in ihrer Tätigkeit sah sie plötzlich auf und floh, als wäre der Teufel hinter chr her. in das Dickicht. Ich sagte zu den anderen:„Jetzt wird gleich der große Drache kommen", und wies sie an. sich bereit- zuhalten. Eine halbe Stunde verging jedoch, ohne daß wir etwas hörten oder sahen. Da stieß einer der Leute einen dumpfen Laut aus und schaute unter Zeichen höchster Erregung sich nach seinen Gefährten um. Ich lugte durch die Hinter wand des Schirms. Himmel! Was meine Augen erblickten, war wirklich ein Drache, ein echtes Überbleibsel der furchtbaren Ungeheuer, die vor Iahrmillionen lebten. Sein schwarzes Auge war auf den Schirm gerichtet. Ick) stand wie versteinert. Nun tat er ein paar Schritte vorwärts: gerade auf uns zu nahm er den Weg. Der Eingeborene, der das Scheusal zuerst gesehen heckte, war vom Schrecken völlig überwältigt. Ganz nahe hatte ich das Untier vor mir. Tief in den Höhlen lagen die Augen, unt«r den überhängenden Brauen hervor musterten ste alles miß- tramsch genau Jetzt war das schwere Trappsen des Tieres deutlich zu hören. Dicht am Schirm strich es vorbei, ich hätte es mif der Hand berühren können. Als der Drache vor der Falle angelangt war, stand er«ine geraune Zeck, ohne stch zu rühren- Er schien sehr argwöhnisch zu sein und der Sache gar nicht zu trauen. Dann macht« er einige Schritte auf den Eingang zu, berührte auch mehrfach die Schlinge, ging aber nie weit genug. Er untersucht« alles ganz genau, wobei die lange Zung« immerwährend in Bewegung war. Als wir meinten, jetzt würde er den entscheidenden Schritt tun, machte er kehrt, trottete ein Stückchen zurück, setzte sich hin und starrte minutenlang in die Dschungel. Das wiederholt« sich immer und imm«r wieder. Das Warten wurde mir unerträglich, ich fieberte fast vor Erregung. Plötzlich lief der Drache auf den Eingang zu, trat durch die Schlinge und ergriff den Köder. Ich riß an der Leine, der Baum schnellte hoch, und im nächsten Zlugenblick wurde der Ueberraschte in die Höhe geristen. Wer da ertönte ein lautes Krochen, er fiel zur Erde zurück, das Seck spannt« sich scharf an, und der Baum bog sich bis fast zum Zersplittern. Unsere Beut« war statt in der Luft am Boden, das rasende Tier zerrte und riß an seinen Fesseln. Die Leute liefen hinaus; dies vermehrte die Aufregung des ekelhaften Geschöpfes und«s begann sich.zu erbrechen. Die Farbigen wagten sich nicht näher als auf einige Meter heran: so muhte denn Defosse in Tätigkeit treten. Er halle sich in den letzten Monaten im Lasto - toerfen geübt: jetzt konnte er seine Kunst zeigen. Ein merkwürdiges Paar bei alte Jäger und sein tobender Gegner, dem vor ohn- mächtiger Wut der Seifer in Flocken vom Maul troff. Ein piarmak warf Defoste den Lasso, und bald war der Riese gefestelt und die Gefahr gebannt. Die Leute kamen mutig mit dem Tragbalken an. schoben ihivdew Drachen zwischen die gefestelten Beine und zogen zum Lage'- Dort brachten wir den Gsiangenen in einen beson- der- gebauten großen rechteckigen Käfig rncker und lösten die Taue. Kaum fühlte sich das Unller von den Banden befreck, begann«s wieder fürchterlich zu toben. Wieder erbrach es sich: der Gestank jpax so unerträglich, daß wir flüchteten.
Eine wundervolle Nacht folgte diesem aufregenden Tag. Hebe? dem Wald stand freundlich lächelnd der Mond. Alles im Lager schlief, nur der Drache rumort« in seinem Käfig. Am Morgen ent- deckten wir dann zu unserer größten Bestürzung, daß sich das Tier davongemacht hatte. Wahrscheinlich durchstreift es noch heute die düsteren Dschungeln seiner Insel. Für uns war dies die herbste Ent-- täuschung der ganzen Reise. Wir waren unserer Sache so sicher gewesen, daß wir noch nicht einmal ein Bild von ihm gemacht hotten. Der Draht vor dem Luftloch in der Decke des Käfigs war der stärkste, der in Batavia aufzutreiben gewesen war; er war glatt zerrissen. Der leere Kasten gähnte uns an und gab den Beweis einer Stärk«, die wir nie für möglich gehalten hätten.
3)er erffe„darhen�onfilm" Der erste tönend« Farbengroßfckm der Welt, der den Titel „Cilly" führt, wurde soeben in Berlin vorgeführt, und man konnte ein neues Verfahren kennen lernen, das zum erstenmal die Massen- Verwendung der Farbe im Tonfilm ermöglichte. Die Zahl der Färb- filmverfahren ist sehr groß. Unter allen diesen, wie z. B.„Movie- f olorc",„Kodakolore",„Heraudfibme" hat der verbessert«„T e ch n i- color-Farbenfllm" bischer in Amerika den Sieg errungen. obwohl auch«r noch eine Meng« Nachteile auszuweisen hat. Das ..Technicolor�farbftlmo erfahren" ist ein Zweifarben-Filmverfahren, das sich der fogenamckeu„fubtraktiven" Methode bedient. Sein Borzug besteht darin, daß es eine Art von Farbendrucken für Filme herstellt. Wie Bilder in einem farbigen Druckversahren oder als farbige Radierungen von einer«ingefärbten Platte abgezogen wer- den, so kann man mtt diesem Filmdruckoerfahren farbig« Kopie» herstellen, die den Filmtheatern bereits in allen Farbtönen zur Per- jügung gestellt werden, so daß besondere Apparaturen zur Erzeugung eines farbigen Films auf der Leinwand nicht notwendig sind. Da- durch kann jedes Filmtheater mit Hilfe dieser farbigen Kopien farbige Filme vorführen. Bei den anderen Systemen, den so- genannten„additiven", wird ein Schwarzweißfilm benutzt, der die Bilder durch»erschiedenorttge Filter hindurchwirft. Durch Farben- oddition entsteht dann auf der Leinwand der Farbfilm. Es find also hierbei besondere Apparaturen notwendig, um diese Vermischung der einzelnen Farben durch die Farbfilter zu ermöglichen, da der Film selbst nicht farbig ist, sondern schwarzrveiß. Es ist klar, daß die Anfertigung einer farbigen Kopie eine besondere Erleichterung des Geschäfts bedeutet.# Diese Kopie wird mtt Hills« von Matrizen hergestellt,-die durch ein besonderes Verfahren mck Hilfe eines Zweifarbendrucks die Farbe auf«in Gelatinefilmband aufdrucken. Di« Nochteil« des Technicolor- oerfahrens bestehen darin, daß die Farben nicht wandlungsfähig
genug sind. Die Feinheiten der natürlichen Farbgebung lassen sich mit diesem System nicht zum Ausdruck bringen, da es nur ein Zwei- farbendruckvorgang ist, der aus rot-gelb und blau-grün besteht. Die Bilder erhatten dadurch den Eindruck des Grellen und Gegensätzlichen, und da sie sich den natürlichen Farbtönen nicht anpassen können, so wirken sie fremdartig und oft auch verschwommen. Die vor- herrsch l-nden Farben sind naturgemäß ein mattes Rot und ein Helles Blaugrün. Dies zeigte sich auch bei der ersten Borsührung des Farbentonfiims, denn auch braune Töne erschienen hellrot. Da- gegen sind alle diejenigen Gegenstände, die in ihrer natürlichen Farbe den Filmjarben entsprechen, wie z. B. Blumen und Blätter, vor- ziiglich getroffen. Zur Erzielung eines natürlichen Eindrucks ist mindestens ein Dreifarbenverfahre» notwendig, und die First National Film Gesell- schast, die bereits die Mängel des Zweifarbenjystems erkannt hat, erklärt, daß ste in der nächsten Zeit ein neues Drerfarbenverfahren benutzen wird, dos die Firma„Technicolor" bereits ausgearbeitet hat. Aus Amerika wurde gemeldet, daß die amerikanischen Färb- film« jetzt bereits die Feinheiten erstklassiger bunter Lithographien haben. Der Augenschein hat bewiesen, daß diese Meldung mindestens verfrüht war. Es war auch nicht zu erwarten, daß derartige Fortschritte erziett wurden, denn die guten Lithographien verwenden 16 bis 18 Farben, um alle die Halbtöne uud feinen Schatten zu erzielen, die allein den Natureindruck machen. Vom Film wird man natürlich nicht derartig« Feirhciien fordern dürfen und brauchen, da die Bilder ja nicht Kunstblätter sind, sondern rasch vor dem Auge vorüber- stitzeiide Eindrücke. Bei dieser schnellen Bewegung kann das Auge nicht die zarten Tönungen erkennen wie bei der Betrachtung einer Lithographie. Es sind also Dreisarbendrucksystem« sicherlich aus- reichend, um die Eindrücke der natürlichen Farben hervorzurufen.
Jlunsbim in 24 Stunden In allen Ländern, dt« unter der Wohnungsnot zu leiden hoben, wird man sich für die Erfindung des Amerikaners B. Füller interessieren, der ein Einfamilienhaus in wenigen Stunden ausstellen will, so daß man nach Kauf eines Bauplatzes nur das Nötige zu veranlassen braucht, um dos Haus am nächsten Tag beziehen zu können. Dieses„Dymaxion" genannte Haus hat fünf Zimmer, die 2,7 Meter über dem Boden liegen, und sieht aus wie ein Glas- pavillon. Di« Zimmer find wie an den Aesten eines Baumes an einem in der Mille stehenden starken Stahlmast durch Drähte auf- gehängt, so daß der Raum darunter für Auto- und Flugzeuggaragen freibleibt. Der Mast aus hohlem Duvalu-minium ist ringsum mit Drähten gegen den Baden versteift. Ueber den Zimmern befindet sich noch ein flacher, der Erholung gewidmeter Bodenraum. Dos Haus hat die Gestalt eines Vielecks, bestehend aus fünf gleichseitige» Dreiecken, den Zimmern. Ein Dieselmotor im Innern erzeugt die im Haushalt nötige Kraft tür Beleuchtung, Wasserversorgung und namentlich für den Betrieb des Lifts. Zwecke raschen Ausbaues sind die Einzelteile des Hauses sertig gegossen auf Lager. Es ist sicher gegen Fluten, Sturm, Feuer, Diebe, wird 6000 Pfund wiegen und 3006 Dollar kosten; seine Erhaltung erfordert nur 5 Dollar monatlich.
3)ie diand/
Man schrieb 1917. Seit langem war der Krieg erstarrt, ge- rannen. Di« Schützengräben drüben und herüben tote Marskanäle. Nur die Technik drinnen lebte, nagte, fraß und sine Verderben. Wir im Graben gähnten. Gähnten, daß die Kieferknochen cmszu- springen drohten. Halt, das Gähnen stockt«, offen blieb der Mund, der Zeigefinger hob stch warnend:„Kannst du's hören— bscht, jetzt wieder."— „Was denn?"—„Sie graben unterirdisch einen Sprenggang— hörst du's klopfen?"—„Unsinn, in dir selber klopft es, es ist biologische nachgewiesen, daß beim Gähnen hinterm Vorhof des Gehörgangs ein Geräusch enffteht, das—" Sein Bortrag stockte. Sein Ohr war angepreßt am Graben, seine Augen wurden groß, seine Lippen wurden plötzlich rissig, wie verbranntes Ackerland:„Wahrhaftig," flüsterte er heiser,„wahr- hastig— sie glauben unseren Graben leer— gut, daß ich einen Erdschallmesser habe." Er legte das Instrument ans locker« Gestein. Ein Nodelzeiger spielt« über einem Kreis von Ziffern, hielt jetzt starr auf einer Zahl- „Est— 2 Meter 50." „Teufel, so nah!" „Nah in Metern, eine hübsche Strecke aber nach der Zeit ge- messen— vier, fünf Stunden, schätz' ich." Wir schwiegen, starrten aus die Zifferblätter unserer Uhren... „Eine Stunde— noch zwei Meter..." Eine lang« Welle. „Zwei Stunden— ein Meter fünfzig noch." „Bscht, hör mal, ob wir's nicht nach rückwärts melden sollten?" „Können, meinst du? Meld« einmal bei gerissenen Drähten— sechs Uhr soll repariert werden." „Fünf Uhr stoßen sie hier durch." „Sie? Es ist nur einer. Zwei Hacken klingen anders." Wieder lange, lange Zeit. „Wenn sie unter unseren Füßen weitergrüben und ihr Ziel verfehlten?" Das Instrument lügt nicht. Haarscharf hier stößt ihre Hacke durch." Er zeigte brusthvch an der Wand des Grabens. „Sst, drei Stunden sind verflossen— einen Meter noch." Mich fröstette:„Wenn sie uns hier fänden—" „Haft du schon vergessen: einer sst es." „Wenn sie unseren Graben sprengten?" „Sprengten ste sich mit. Wenn wir uns nicht mucksen, bleiben wir die Herren." Wir mucksten uns nicht. „Bscht, vier Stunden— einen halben Meter." Di« fünfte Stund« war die längste meines Lebens. Zäh« rann st«. Nah und näher klang es dumpf. Jetzt heller. Noch heller jetzt. Jetzt wie Silberton. Jetzt löste sich Gertesel von der Graben wand. Mein Kamerad fing's auf mit hohler Hand, wie man an der Quell« trinkt. Da— ein Stahkblitz. Die Franzosenhacke war ans Tageslicht gebrochen. Wi« im Schrecken hielt sie still und sich uns beiden. links und rechts von ihr, in msser« Augen.
Sine diriegserinnerung Wir vermochten es, ihr zuzunicken. Mein Kamerad sogar, zu lächeln. Nur sein Zeigefinger zitt«rte. Er wies auf Zeichen in dem Stahl der Hacke. Großer Gott: Solingen — ein« deutsche Friedenshacke in der Hand des Maulwurfs! Die Hackenhälfte ging zurück. Nein, sie verriet uns nicht, die deutsche Ihacke. Da war sie wieder, knirschte, dreht« sich, erweitert« das Loch. Jetzt war es groß genug, daß ein« Hand hindurchgreifsn hätte tonnen. Mir schlug das Herz zum Halse: Eines Feindes Handl Da war sie, diese Hand. Da griff sie durch. Da hing sie, arglos tastend, halbhoch in unserem Graben. Sicher für Sekunden nur. Ohne Ahnung, kttß in de n Sekunden unserer Menschenseelen Zeiger über Ewigkeiten strichen... Eine Hand wie mein« Hand. Ein« Hand wie meines Kanu raden Hand. Berwettert und verbrannt, verschrundet und zer- schunden durch den Krieg, wie unsere. Ein Geäder, blutduribspült vom roten Leben. Um den«inen Finger schimmerte ein Goldreif matt und halb erblindet. Waren wir nicht alle matt vom Elend dieses Krieges und halb erblindet? Wi« dnrch Zauber inußten wir dasselbe denken: Eines Bru- de rs Hattt». Die Hand war weg. Dennoch sahen wir sie weiter. Wir würden sie in aller Ewigkeit so sehen müssen. Da— da stieß sie wieder durch— ins Leere, die«infame Hand. Furchtbar bitter stieg's in uns herauf. Stießen nicht in diesen, Kriege all« Hände— hiGien, drüben— in die grauenvolle Leere? Die ganz« Sinnlosigkeit der Zeit war über uns gekommen. In meines Kameraden Augen sah ich etwas stammen. Herr im Himmel, wenn er diese Hand jetzt mtt dem Messer abschnitte— wenn ein Armstumpf m den Graben ragte— wenn aus diesem Armstumpf sich ein Quell ergösse, unseren Graben füllte, füllte, füllte, bis wir drin ertränken— ertränken, ohne den Menschen gesehen zu haben, der zu dieser Hand gehörte... Ach was, der Mensch— die Hand war dieser Mensch! Die Hand, die jetzt mein Kamerad— überwältigt von der Flut zurückgedrängter Menschlichkeit— recht herzhaft faßte, drückte und— Ein Schrei,«in grauenhafter Schrei. Die Hand hing schlaff im rechten Winkel in den Graben. Wir. zwei Rasende, wir bissen uns mtt allem, was zur Hand war, tn das Loch, Steine brachen, Erde rutschte, wettauf riß das Loch, durch das wir einen Körper zogen, einen Toten, den der Schreck getötet hatte. Frankreich , Nachbar, wo sst deine Hand, die wir, überwältigt von der Flut zurückgedrängter Menschlichkeit, jetzt fassen sollen. ehrlich fassen? Faß es endlich selber, Frankreich , Nachbar, daß du es in eben dieser Hand hältst, die wir drücken wollen, ob aus ewig Friede sein wird zwischen uns. Frankreich , Nachbar, laß den Argwohn fahren— du und wir, wir wollen nicht an Händedrücken sterben— du und wir, wir wolle« leben! Lnte MuUer.Partenkirchen.