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Beilage Frcifag, 21. März 1930

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IMicht verzweifeln? Qeschichlen von pZöizZfcber Scbicksalswendc/ vcn uetmtcb aemmer

Im Seiler an de r Spree. Gleich als er hereinkam, wußte ich, daß irgend etwas passieren würde. Es war an einem düsteren Februarnachmittag eben dieses Jahres. Da kam ein Mann m den Keller gestürzt, wie einer, der nichts mehr zu verlieren Hot, der verspielt ha: im Leben und Schluß machen will, und mar doch noch ein junges Bürichchen, nett anzu­sehen, ein Student... einer, den sein Studium nicht ernährt, und der es satt hat zu hungern... Jetzt trank er wie ein Wohn- siniger, las lallend die mehr oder weniger sinnlichen Sprüche ab. die an der verrauchten niederen Kellerdecke eingeritzt sind und trank den mehr oder weniger gut erhaltenen griechischen Göttinnen zu, die da zwischen Schmutz und Schnaps umherstehen und deren Leiber schon nun ganz braun geworden sind von dem vielen Rauch, den sie hier ausblasen: Studenten, Schiffer und Trambahner... dann warf der Student sein Glos in eine Ecke und wollte hinaustürinen. Wir hielten ihn fest, ich, der Wirt und der Stammgast mit der abgebissenen Nase, ein Mann, der(wenn er nüchtern ist) eine Art Kunstchandel betreibt, und jedem, der sie sehen will oder nicht, einen Schock abgcgriiiener Briefe mit Firmenköpfen vorweist, darunter sogar einen holländischen, wenn ich bitten darf, oder vielmehr e r. Wenn sie nur schon bald kommen würden", sagte der Wirt, der einmal Bildhauer war und jetzt seinerseits wie eine Antiquität aussieht(sowie auch die Wirtin und der Hund),zweimal wollte er sich schon umbringen: dos drittemal geht's am Ende wirklich schief" Tatsächlich kamen sie in dem Moinent heruntergepollert, drei Kameraden des Studenten:Paulchen", schrien sie, wie aus einer Kehle,du mußt dich vorstellen kommen, du krieg st eine Stellung!" Paulchen wurde trotz der Kälte in die Spree oesteckr, wenigstens die obere Hälfte von ihm, damit er nüchtern werde, von der Apotheke brachten sie auch etwas, das er schlucken mußte, und die gute Wirtin machte einen so starken Kaffee zurecht, daß der Löffel drin steckenblieb dann zogen sie alle Viere ab. In weniger als einer Stunde waren sie wieder da. Resultat? Uitbeschreiblich. Wie soll ich mit meiner armen Sratzeseder das so ziemlich vollständigste Glück beschreiben, das einen armen Studiosus am Rande der Verzweiflung, im letzten Augenblick noch erreicht... Folgendes war passiert. Ein Mann, ein sehr reicher Mann, eche Art Krösus hatte in der Universität noch einem Hauslehrer für'sein sechsjähriges Söhnchcn gefragt, der ihm Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen sollte. Es mußte dies ein manierlicher junger Mensch von einwandfreiem Lebenslauf, und angenehmem Aeußeren fein, weil er quasi in die Familie mitaufgenommen wird, eine vornehme Familie» die ein Reife und Luxusleben führt. Paulchen war der Mann, er schwenkte jetzt einen Scheck aus �l).E(!. M.fl rk, das war ein kleines Geschenk, nur um sich vorerst «auszuputzen: Frack, Tennis-, Golskoftllm. Bald wird Paulchen jetzt Wach. Monte Carlo fahren, im Sommer dann itz die Alpen » im nächsten Winter nach Aegypten . Er wird in Palace-Hotels wohnen, sich wi« die Kurgäste und mit denen amüsieren imd hat nichts weiter zu tun als einem sechsjährigen Bürschchen eine Unterrichtsstunde täglich zu erteilen. Er hat mit einem Wort ousgesorgt. aus vier Jahre ist«r bei glänzendem Gehalt angestellt» dann(wenn er nicht längst eine reiche Frau gefunden) wird er bei einem reichen Freunde seines überraschend schnell gefundenen Gönners in England unter- gebracht. Aber dos Zlllermerkwürdigste ist das: der reiche Mann hatte in einem Fachblott annoneiert und darauf nicht eine einzig« Antwort erhalten! Man sollte, das hatte der reiche Mann dem armen Stu- denken ans Herz gelegt, täglich eine Stunde mtt Lesen und Beant- warten der Annoncen verbringen: oller Annoncen.(Er weiß offenbar nicht, daß es Menschen gibt, die nicht einmal eine Frei- marke besitzen.) Jedenfalls zog eine fröhliche und zuversichtliche Stimmung in den verrauchten Keller der Göttinnen ein, alle, sogar der alte Hund fühlten sich wieder jung und frisch und der Stammgast mit der abgebissenen Nase sang mit grölender Stimme: Ich habe den Frühling gesehen Ich habe die Blumen gegrüßt! (?et rieh qujek. Ich hatte dieses wörtlich wahr« Erlebnis am Stämmtisch er» zählt, weil da einer kummervoll saß. dem wir nicht so viel Geld als gute Lehren geben konnten und kaum hatte ich geendet, so be- gann mein Nachbar: Ihr kennt all« Schreyhqls, sagte er. Seine Devise war: tc> get rieh quick, werde schnell reich. Es ist sonder­bar, daß oft gerade Leute, die unbedingt schnell reich werden wollen, länger dazu brauchen als andere. Weil sie sprunghaft vorgehen. Sie machen tolle Sprünge und landen meist viel später an den von ihnen ersehnten Gestaden, die andere, schlauere, immer zielbewußt im Aug« behalten. Schreyhals hotte sich ursprünglich in S ü d w« st- o s r i k a herumgetrieben, und«s gibt wohl kaum einen Menschen der ganzen Umgebung, der ihn nicht kennt oder zumindest einige von seinen Streichen zu erzählen wüßte. Da war z. B. die Sache mit derschwarzen Mari«". Schreyhals, nachdem er als Spe- diteur und Verproviantierer von Farmern nicht reich geworden war, befaßte sich mit der etwas kitzlichen Aufgabe, schwarze Arbeiter von Angola nach den Vergwerken von Nord-Rhodesien Hinüber, zu» schmuggeln, wofür er eine ansehnliche Prämie bezog. Dieschwarz Marie" war ein Schiff mit schwa'-zen Segeln, das er ausgerüstet und voll von Negern gepackt hatte: aber auf der zweiten oder dritten Fahrt schnappten ihm die Portugiesen sein«schwarze Marie" iveq und er euttom gerade noch zur Not, so wie er ging und stand. Schreyhals ließ sich nicht entmutigen, rüstet« kleine Trupps aus und zog(sich ein wenig, wie Charlie Chaplin im..Pilger" mit einem Fuß aus der einen, mit dem zweiten auf der anderen Gren.ze haltend) an der deutsch -portugiesischen Grenze zu Fuß mit ihnen nach Rho. desien Das gelang«in oder das andcreitzal herrlich, dann fing man den guten Schreyhals selber ein. Er wurde seiner Neger und seiner Ausrüstung beraubt und ins G c: ä n g n i s gesteckt. Es ging aber dem Delinquenten der Ru, voraus, der beste Ge- sellschafter von ganz Südwestostika zu sein, und eines Abends, als der portugiesische Polizeihouptmann und fem« holde Gemahlm ein- ander nichts mehr ZU sagen wußten und sich langw�lten. ließ der Machthaber voll Neugier, was sich ereignen wurde, Schreyhals aus dem Gefängnis zum Abendbrot in sein Haus herüberholen,«chxey- hals war bei bester Laune und verstand es. dem Herrn Hauptmann.

namentlich ober die Frau Hauptmann, aufs Trefflichste zu unter- halten. Die letzter« beschwätzt« er, ihm«in nächtliches Snlldichein zu gewähren, und er wurde tatsächlich in den ersten Morgenstunden aus dem Kerker gelassen. Statt sich aber bei der Frau Hauptmann einzustellen, entschlüpfte der ungalante Sünder in die Weiten und Leeren des afrikanischen Kontinents und war nicht wiederzufinden. Zwar rannte er später noch in eine Polizeipatrouille. die ihn anhielt und für verhaftet erklärte, Schreyhals grinst« aber die Leute so diabolisch an und pfiff so infernalisch in ein schrilles Pfeifchen, daß sie, einen Ueberfall vermutend, in vollem Galopp davon sprengten. Wohlbehalten, aber total verarmt, langte er in Swakypmund an. In einer späteren Zeitperiode wurde Schreyhals dabei ertappt, wie er mit einem Korren voll Whisky inid Sekt in Negerreservaten herumzog und von betrunkenen Häuptlingen preiswert Elfenbein ein. handelte. Auch dieses lukrative, wiewohl nicht eiitVandsreie Geschäft nahm ein böses Ende und Schreyhals verbrachte ohne Mittel noch Hilfe ein paar üble Wochen an Schwarzwasserfieber krankend auf einer verlassenen Farm, wo er zufällig ein Wosserloch«ntdeckl«. Nun: Der Krieg traf Schreyhals m Australien wieder, die In- flation in Berlin . Dann blieb er lange Zeit in Südamerika ver- schollen. Jetzt höre ich: er war dort zwar nicht schnell reich ge- worden ober er hat c-, nachdem er sich die Hörner abgestoßen, langsam doch zu etwas gebracht. Man soll nie verzweifeln. Das Spinnennetz. Ihr erinnert euch alle an Luf f", sagte jetzt ein dritter und wir lachten:es war der Mann, der im Gefangenenlager Liebes- gaben ahne Ende zugeschickt bekam, Dollarnoten aus Zündholz- schachteln, Stieselsohlen, Rasierklingenpaketen, Rosinenkuchen, Bibel- rücken und allen möglichen Dingen zog, die ständig aus USA . für Ihn einliefen. Luff kaufte sich alles, was für Geld zu hoben war, dos war auch im Lager viel ober es machte ihn nicht glücklich.

Er ging mit einem bekümmerten, verschlossenen Gesicht herum, denn er hatte eine schwierige Ausgabe zu lösen, eine Ausgabe, die sich reichlich lohnen würde, und wußte nur noch nicht recht, wie er es anpacken sollte. Luis war nämlich Paketezu st eller eines Rew-Vorker Warenhauses gewefen, abgehetzt, schlecht bezahlt, aber voll uner- schütterlichen Vertrauens. Als er einmal einer Notarssrau ein paar Lackstiefel gebracht hall«, führt« ihn diese, weil er so vertrauen?- selig aussah, das tut er immer, zu ihrem Mann und sagte, vielleicht kann's dieser junge Mensch schaffen, er sieht ganz danach aus. Der Notar war über eine Zeichnung gebeugt, die einem Spinnen- netz glich. In der Mitte war ein Erblasser, ein Toter, elf Striche, die seinerzeit überlebenden Verwandten, gingen nach ollen Rich- iungen aus, von jedem dieser viele andere, auf weitere Verwandten- Zentren weisend, und von diesen abermals Strahlenkränze von Nach- kommen, Nachkommen, Nachkommen. Wer(hundert Iqhre nach dem Tode) sich als der nächste Vlittsverwandte des Toten im Zentrum erweisen würde(so bestimmte ein spleemsches Testament), sollte die Erbschaft machen. Lust hatte dos Problem zu lösen und noch nicht gelöst. Er hotte die Erbanwärter der Reihe nach besucht, die Stammbäum« examiniert und rubruziert als er beim S72. Erben angelangt war, brach der Krieg aus und Luff wurde in Indien geschnappt und ins Gesangenenlager von Astrglien gesteckt". Und nun?" fragten wir neugierig. Nun, Luff hatte jetzt nicht nur Vertrauen, sondern auch Ent­schlossenheit. Er zog noch Kriegsende ireuerdings auf Erbsuche aus. sauste aber nicht lange vergeblich herum, sondern fand überraschend schnell den nächsten Blutsverwandten in Gestalt eines IKjährigen Mädchens, das sittsam bei ihrem Dater wohnte, am Fuße des Popokatepetl. Er heiratete sie auf der Stelle. Alle Hütt Erban- Wärter protestierten, am heftigsten die Frau Notar, aber sie waren dem Luff all« gleich. Luff, er ist heute ein reicher Mann, nur weil er Courage hatte. Man soll nie verzweifeln."

Nzs felezne Sfadf Versuch einer Typenschilderung/ Von nudoit Zimmev

Man braucht ihren Nomen nicht zu nennen. In: Grundzug ihres-Wesens gleicht eine dieser Kleinstädte der anderen. Weit draußen vorgelagert finden wir den Bahnhof. Die fürsorglichen Sladtväter verflossener Tage hatten Sorge, daß die neue technisthe ErrungenschaftEisenbahn " zuviel! Konkurrenz in die Stadt bringen und dadurch das eingesessen« Gewerbe schädigen würde. Heute weiß der Postautobusvcrkehr ans den Fehlern dieser Ausfassung Nutzen zu ziehen. Der Weg zum Ring oder Markt führt meist schnurstracks gerade- aus. Inmitten des weiten Platzes, den dl« Gasthöfe und großen Geschäfte säumen, steht ein altes schönes Rathaus. Es berichtet von dem eigenen Kulturwillen seiner Zeit und sticht wohltuend ab von der Gleichförmigkeit öfsentticher Bauten im wilhelminischen Stil, denen außer Bahnhof, Kaserne und Strafanstalt oft genug auch Schülgebaud«, Londratscrmt und ,chie neue Kirche" zugezählt werden müssen. Seit diese Kirche errichtet wurde, Hot sich das äußere Bild der Stadt wenig geändert. Neu« Wohnhäuser sind vereinzelt und fallen aus. Wenn ein altes Varockhaus die Fassade erneuert, dann ist dies für di« Stadt«in Ereignis. Draußen, noch halb ins freie Land geschmiegt, ist auch da oder dort eine freundliche Siedlung ent- standen. Während aber die großstädtischen Zentren des Verkehrs eine umwälzende Wandlung durchgemocht haben, so daß man sich oft kaum mehr zurechtfindet, gestattet die Veränderung einer kleinen Stadt gut die Rekonstruktion dessen, was früher hier gewesen ist. Wer die kleine Siadt in der Still« eines sonnigen Vormittags betritt, hat das Gefühl, daß sie keinen fortdauernden unangenehmen Lärm ertragen könne: sie bedors der gleichmäßigen Ruhe, die schon durch ein scharfes Aulosignal peinlich zerrissen wird. Diesem un- geschriebenen Gesetz fügen sich auch die Menschen. Nur nichts Auffallendes, das den Eindruck erwecken könme. man tanz« aus der Reihe und breche mit den durch die Gewohnheit geheiligten Bräuchen. Wer es aber doch wagen sollte, den werden neugierig« oder strafende Blick«, Zischeln, das bei seinem Nahen rasch ver- stummt, bald belehren, daß ungekonnte Mächte fein Verhalten nicht billigen. Ihre vereinte Wirksamkeit kann dem Betroffenen hier, wo einer den andern kennt, recht fühlbar werden. Freilich sind auch die Kleinstädter Menschen und eine allzu strenge Moral ist da, um heimlich ab und zu übertreten zu werden. Heimlich? Wo man an jedem Schlüsselloch«in begieriges Ohr und an jedem Spalt «in wachsames Auge getrost vermuten darf?! So muß es sich jeder Sünder gefallen lassen, eine Weile als Gesprächsstoss Abwechslung in das Einerlei des Alltags zu bringen. Der Zeiger der Radhausuhr weist den Fortschritt der Zeit: drinnen steht sie oit scheinbar still. In uralten Regalen schmücken oerstaubt« Akten die Wände des Amneldeziimners: ein Telephon erscheint als Fremdkörper in dieser Umgebung. Mit einer laut- losen Ehrfurcht geht man um das Zimmer des Stadtober- Hauptes, di« man oft nicht in halber Stärke empsindei, wenn man dem Bürgermeister gegenübersitzt, um dann sesizustellen, er sei eigentlich ein recht ongenehmer Mensch. Dos Vorzimmer gibt ihm Distanz und Gloriole.. In der Stadtverordneten- Versammlung ist Radau auf der Tribüne nur sehr schlecht denkbar. Bon der verwirrenden Fülle der Erscheinungen, di« nur das Sensationelle, Einmalige gelten läßt, wandert der Blick des Menschen in der Kleinstodk mehr auf das einzelne. Es ist keine Zufalls- erscheimmg, daß fast jede klein« Stadt ihrenHeimat- forscher" hat, der verborgene Schönheit als Zeugnis früherer Tage sucht und bei dieser Beschäftigung meist selbst ein Original, ein lebendiges Stück Siadtgeschichte wird. Der ebenso unvermeid- licheHeimatdichter" sorgt siir ihre poetische Verbrämung. Selbst die kleinste Gemeinde liegt innerhalb der Welt und muß der Jetztzeit krast dieser Verbundenheit folgen. Die Großstadt erzeugt rauschendes Leben aus stch, dank vielfacher Möglichkeiten gestaltet

aus dem Bedürfnis und dem Willen ihrer Bewohner. Die Klein- stadt empfängt Leben in diesem Sinne immer wieder von außen. Sie ist Knotenpunkt einiger Straßen und muß den Automobil- verkehr über sich ergehen lassen. Tankstationen künden den Sieges- Zug des Neuen. Sie ist auch Mittelpunkt eines Wirtschaftsgebietes und stellt diesen Zusammenhang mit dem Lande jode Wach« eim mal klar: am Markttag. Schon am Abend vorher ist für den Fremden nirgends mehr ein Zimmer frei. In allen Schenken sitzen die Bauern, Fuhrleute. Händler. Das elektrische Klavier prasselt die Schlager der ver- slossenen Saison herunter die Slimmung wird laut und heiter. Der neue Tag bringt aus dem Marktplatz ein Gewimmel von Plan- wagen und Hökersrauen, dieStadibewvhnerin" geht musternd durch den Wirrwarr und versorgt sich für die ganze Woche. Wenn nach polizeilicher Vorschrift die Körbe und Kisten um die Mittags- stunde wieder gepackt werden müssen, bleibt von der geräuschvollen Herrlichkeit nur ein Hausen Unrat übrig, den ein Markthelfer mit weitausholendem Rutenbesen zusammenkehrt. Auch für den Ge- schästsmann bringt der Markttag Freude die Bauern kaufen ein. Eine weitere belebende Not« kommt aus der Großstadt: Da? Wandertheater. Bestaunt naht es im Autobus, der Zugleich alle Requisiten birgt in kurzer Zeit ist der annehmbarste Saal des Städtchens zum Musentempel geworden, und eine orgonijierto Gemeinde lauscht, donkbor für dies« unerläßliche Abwechslung. Früher hatte man sie ja auch aber doch weit minderwertiger alsSchmiere", deren ÄünstlerensemMe oft nur von einer Familie gebildet wurde und wöchentlich drei Borstellungen zusanirnenschludem mußt«. Ganz nahe an die Zeit und ihr« Probleme konemt die Klein- stadt durch di« Politik. Der allgemeine Kampf ums Dasein in der kapitalistijchen Wirtschaft zerspellt die Menschen in Interessen- gruppen, stellt sie täglich gegeneinander. Weil jeden der Schuh irgendwie drückt, bleibt die Politik kein« Angelegenheit der Parla» mente, die man vom häuslichen Lehnftuhl aus beschaulich verfolgen könnte sie wird selbst im kleinsten Neste aktiv und geht auf die Straße. Die Autos der Nazi jagen durchs Land: Kundgebungen und Gegenmaßnahmen folgen sich. Ein W a h l k a m p f läßt die Hölle wirrer Meinungsunterschiede auf die Kleinstadt los, die man sonst der ständigen politischen Erziehung lutt> Ausklärung für unwert hält. Der Einfwß desneutralen" Stadt- oder Kreisblattes wird dabei meist unterschätzt. Um dieRoten " schwebt immer noch dag Odium einer leisen Berachtung. Wer Mißstände auszeigt, Forderungen stellt, neu? Wege weist, stör: die Ruhe derer inPensionopolis" oder der anderen, die vom Althergebrachten nicht loskommen und denen jeder formende Wille Frevel erscheint. Aber der kleine Geschäftsmann oder Unter- nchmcr, der mit Hilfe des politischen Einflusses derRoten " etwas zu erreichen hossi, weiß sie doch zu sindcn, wenn auch hcimuch und- möglichst ungesehen: der Arbeiter selbst kennt d>e Leute, an die er sich wenden muß, wenn es nm die Vertretung seiner Ansprüche und Forderungen geht. Technik und Wirtschast schweißen die Welt und das menschliche Leben zur großen Einheit: nur dos tägliche Dasein der kleinen Stadt birgt Stille und Muße dem großen Rhythnms des Geschehens kann sie sich nicht entziehen, um in idyllischer Abge- schiedenheit«in Eigenleben beschaulichster Art zu führen. Mit der Gcbundenhcil an das Ganze und mit den elektrischen Wellen, welch« die R a di o st a t i o n Tag um Tzig in die Einförmigkeit klein- städtischen Lebens sendet, kommen auch die Kämpfe und Pro- bleme unserer Zeit. Bor ihnen gibt es kein Entrinnen. Ihre Lösung wird um so rascher möglich, je verständnisvoller sich die Arbeitenden zusammenfinden, ganz gleich, ob die geräuschvolle Groß- stadt, das weite Land oder die- an Traditionen gebundene Kleinstadt ihnen Wohnung geben.