Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts
66
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Nr. 138
B 69 47.Jahrgang
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Vorläufiger Rüstungsstillstand.
Ein Dreimächteabkommen geplant.
Baris, 22. März.( Eigenbericht.)
Tardieu und Briand halten am Freitag abend noch einmal einen furzen Meinungsaustausch über die Londoner Konferenz. Nach den übereinstimmenden Mitteilungen der Pariser Presse sieht man im franzöfifchen Lager das Londoner Abrüftungsunternehmen als prattis gescheitert an. Die Verhandlungen des Freifag hatten sich einzig und allein um eine sechsmonatige Bertagung der Berhandlungen und um den Abschluß eines vorläufigen Rüstungsstillstandsvertrages gedreht. Unter diesen Umständen halte es Tardieu für überflüffig erklärt der Petit Parifien" wieder nach Condou zurückzukehren. Briand werde dagegen noch einmal die Reise unternehmen, und sei es nur aus Gründen der Höflichkeit gegenüber Macdonald.
Die Aussichten auf Abschluß eines Fünfmächteabtome mens auf der Londoner Konferenz schwinden mehr und mehr. Bas auf der Konferenz, die nach einstimmiger Ansicht der Mehrzahl der Londoner Morgenblätter vor dem Zusammenbruch steht, zu retten sein dürfte, ist ein Drei mächteabfommen zwischen den Bereinigten Staaten, England und Japan . Gesichert ist aber ein soldjes Dreierábkommen bisher noch nicht, da das Zustande fommen in hohem Maße von der Antwort abhängt, die die ja pa nische Regierung auf die ihr übermittelten Abrüftungsvorschläge erteilt. Diese Borschläge sind, wie in Konferenzfreifen erklärt wurde, feineswegs mir Anregungen der amerikanischen Delegation an Japan , sondern das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den japanischen, englischen und amerikanischen Delegierten.
Er dementiert die Rücktrittsabfichten.
Mostau, 22. März.( Taß.) Die von der polnischen Preffe verbreiteten Meldungen über eine angebliche Demiffion Stalius auf dem bevorstehenden kongreß der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ist eine sinnlose Erfindung.
Stalin wirbt um den Einzelbauer.
Mostau, 22. März.( Off- Expreß.) Die Prawda fordert in einem längeren Leitartikel tatkräftige Unterstützung der Erweiterung der Anbaufläche durch die nicht follettivierten bäuerlichen Einzelwirtschaffen. Mangelnde Berücksichtigung der Interessen der mittleren und ärmeren Einzelbauern würde eine schwere Schädigung der russischen Bollswirtschaft bedeuten und die Zusammenarbeit des Proletariats mit dem Bauerntum ernstlich gefährden. Die Industrie brauche die Ueberschüsse der bäuerlichen Einzelwirtschaften, die noch immer die Hälfte der Gesamtzahl der russischen Bauernwirtschaften ausmachen. Auf dem Wege geduldiger Aufklärung" müsse der mifflere und ärmere Bauer davon überzeugt werden, daß eine Erweiterung der Anbaufläche unbedingt notwendig sei.
Hoheit unter dem Hammer.
Geit der Herzog Privatmann, muß er seinen Befih verfteigern Kahla ( Thür.), 22. März. Unter großem Andrang fand heute vormittag vor dem Amtsgericht Kahla die 3wangsversteigerung des Forstgutes Riefened aus dem Besiz des früheren Herzogs von Altenburg statt. Das Riefened hat einen Flächengehalt von 165 Heftar mit einem Bachtwert von 620 000 M. Den Antrag zur 3wangsversteigerung hatte die Bant für Landwirtschaft AB. in Berlin gestellt, die eine zweite Hypothet von 250 000 m. besitzt. Die erste Hypothet im Betrage von 250 000 mm. gehört der Berficherungsgesellschaft Germania in Berlin . Das Meistgebot von 400 000 m. gab die Bant für Landwirtschaft ab, während die Harpener Bergbau AG. in Dortmund 385 000 M. bot. Der Zuschlag wird am 25. April erteilt.
Pilfudffi- Offiziere und Sejm . Die außerordentliche Sejmtommission zur Untersuchung der Vorgänge vom 31. Oktober vorigen Jahres stellte feft, daß die Bernehmung der vorgeladenen Offiziere unmöglich fei, ba teine Aussicht bestehe, eine Aussagegenehmigung von der vorgesetzten Militärbehörde zu erlangen. Die Kommission erklärte daher ihre Arbeiten für beendet und beauftragte den sozialiftischen Abgeordneten Liebermann mit der Berichterstattung im Sejmplemm
Prozeß Jakubowski Nr. 3.
Nogens Mutter und Söhne wieder vor Gericht.
Der Fall des Kriegsgefangenen Jakubowsti tommt nicht zur Ruhe. Noch harrt die Wiederaufnchmeverhandlung gegen den Hingerichteten ihrer Erledigung, aber jetzt schon muß vor Neu strelitzer Richtern zum zweitenmal der Komplex Rogens. Jakubowski in aller Ausführlichkeit aufgerout werden. Diese neue Verhandlung soll in nächster Woche vor fich gehen.
Das Reichsgericht hat das erste Urteil vom 17. Juni 1929 aufgehoben und es nebst den ihm zugrunde liegenden Feststellungen an die Borinstanz zurüdgewiesen. August Nogens war wegen ,, Mittäterschaft" bei der Ermordung des fleinen Ewald zum Tode, Friz Rogens wegen Beihilfe zu 4 Jahren Gefängnis und Frau Kähler, die Mutter der ersten beiden, wegen des gleichen Delifts zu 9 Jahren Buchthaus verurteilt worden. August Nogens und Frau Kähler hatten Revision eingelegt.
Die Urteilsbegründung erregte schon damals wegen ihrer 3mie spältigkeit. Bedenken. Das Neustrelißer Gericht hatte. erklärt, es fei nicht seine Aufgabe, endgültig über die Schuld oder Nichtschuld Jafu bomitis zu entscheiden. Das sei die Sache der WiederaufnahmeverAngaben der drei Angeklagten in bezug auf Jatubomitis Tälerschaft handlung. Für das gegenwärtige Verfahren genüge es, daß die zu ihren Gunsten nicht widerlegt werden können. Das Gericht sei durchaus nicht von der Unschuld Jafubomffis überzeugt. Im Gegen teil, wenn vieles, das gegen ihn gesprochen habe, in der Gerichtsver
Der deutsche Schiffahrtstruft
Zwischen der Hamburg - Amerita- Linie und dem Norddeutschen Lloyd ist eine enge Arbeitsgemeinschaft auf 50 Jahre abgeschlossen worden, die der Rationalisierung des Berkehrs auf allen Weltmeeren dienen soll. Beide Gesellschaften bleiben zunächst felbständig, werden jedoch durch Personalunion ihrer Borstände und durch eine Ausgleichstaffe für ihre Gewinne miteinander verbunden. Die so entstandene Einheitsreederei ver fügt über einen Schiffsraum von mehr als zwei Millionen Tonnen. Unser Bild zeigt oben das Verwaltungsgebäude des Norddeutschen Lloyd " in Bremen , unten das Haus der Hapag "
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handlung auch abgeschwächt worden sei, so hätten sich andere Mo. mente verstärft. Jakubowskis Rolle sei nicht endgültig festzustellen gemejen; es möge fein, daß die Angeklagten ihm manches in die Schuhe geschoben haben, was auf das Schuldkonto eines anderen tommen müsse.
Hier greift das Reichsgericht mit seiner Kritif ein: Sofern das Urteil im Prozeß Kähler- Mogens nicht den Richtern porgreifen mollte, die über die Schulb oder Nichtschuld Jakubowskis in der Wiederaufnahmenerhandlung zu entscheiden haben werden, fei gegen es nichts einzuwenden. Aber der Berdacht bestehe, daß das Gericht die Beteiligung Jafubomitis auf sich habe beruhen lassen mpülen, daß es sich nicht für zuständig gehalten habe, darüber zu befinden. Indes fei das Gericht nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ge ber Tat und über die Beteiligung Jafubomitis an ihr zu bilden, wefen, sich eine eigene Webergeugung über den Hergang gleichpiel, zu welchen Ergebnissen die Wiederaufnahmeverhandlung gefomunen märe. Mittäterschaft und Mithilfe der Angeflagten fönne nur bei festgestellter Schuld, eines Haupt täters vorliegen.
So wird nun in der zweiten Berhandlung gegen die Brüder bomitis gerungen werden müssen. Der Brozeß gegen die Familie Nogens und Frau Kähler um die Schuld oder Nichtschuld Jakus Nogens wird somit zum Prozeß gegen Jatubomsti. Endgültig kann aber über seine Schuld oder Nichtschuld bloß in der Wiederaufnahme verhandlung entschieden werden.
Raiffeisen- Feststellungen.
Mit einem Zeil der Rechtsstimmen angenommen.
Der Raiffeisen- Untersuchungsausschuß beschäftigte sich am Somt abend vormittag mit der Abstimmung über die Fest stellungsanträge des Berichterstatters Rutiner. Borher gab es noch einen scharfen 3usammenstoß, weil der deutsch nationale Abgeordnete Baeder seine unhaltbare Position damit zu retten suchte, daß er dem Berichterstatter mangelnde Objektivität vorwarf. Herr Baeder hatte jogar die Stirn, das für seine Auffassung fatastrophale Ergebnis der legten Beweisaufnahme noch als ein ihm günstiges zu bezeichnen. Der Berichterstatter Kuttner erflärte, daß zwischen ihm und Herrn Baeder eine Einigung nicht möglich sei, da Herr Baecker entweder nicht willens oder nicht fähig sei, ein. deutige Beweisergebnisse anzuerkennen.
Es erfolgte dann die Abstimmung. Alle Aenderungs. anträge der Deutschnationalen zu dem Feststellungsantrag des Berichterstatters wurden abgelehnt. Diese Feststellungen wurden mit großer Mehrheit angenommen. Für sie stimmte auch die durch ihre Juristen Eichhoff, Kriege und Losenhausen vertretene Deutsche Boltspartei. Der Vertreter der Christlichnationalen Bauernpartei war nicht zugegen, der Vertreter der Wirtschaftspartei hatte fich vor der Abstimmung entfernt. Gegen den Antrag des Berichterstatters ftimmten daher allein die Deutschnationalen und mit ihnen natürlich die Kommunisten, die bis zum Schluß ihrer Rolle als tomische Personen des Ausschusses getreu bleiben. Ferner wurde mit großer Mehrheit beschlossen, über die Raiffeisenfache einen Sonder bericht an das Plenum zu erstatten.
Explosionsunglück in New Jersey .
Amerikanisches Armeearsenal in die Luft geflogen. New Bort, 22. Zärz.
mit gewaltigen Explosionen, denen ein großes Jeuer folgte, flog gestern das Armeearsenal bei Dover im Staate New Jersey in die Luft. 3wei 3ivilpersonen und eis Offizier wurden getötet. Es ist jedoch möglich, daß noch mehrere Menschen ums Leben gekommen sind, da man bisher noch nicht in der Lage war, einen Ueberblick über die in dem Arsenal beschäftigten Personen zu gewinnen. Das Feuer drohte auf das angrenzende Marinearjenal überzugreifen, was eine ungeheure Katastrophe zur Folge gehabt hätte. 3m Jahre 1926 war dieses Arsenal in die Luft geflogen, wobei 21 Personen getötet worden waren.