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BERLIN Montag

24. März 1930

Der Abend

Erfdetnttaglio enter Sonntags Bugleich Abendausgabe des Vorwärts Bezugspreis betde Ausgaben 85 Vf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat.

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Nr. 140

B70 47. Jahrgang

66 ansetgenprets: Die einfpaltige Nouvareillezcils

Spätausgabe des Vorwärts

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Der Ueberfall auf Struveshof .

Neues fommunistisches Wildwesttheater.

Ein standalöse und natürlich völlig finnlose fommunistische Afflon wurde in der Nacht zum Sonntag auf das Städtische Erziehungsheim Struweshof versucht. Gegen Mitter. nacht erschienen vor der Anstalt etwa 100 kommunisten, zum größten Teil Jugendliche am Alter von 20 Jahren, um die 3öglinge gegen ihre Lehrer aufzuwiegeln. Es sollten dann, wie dem Leiter des Heims, Direktor Rafe, fchon am Freitag zu Ohren gekommen war, die 3öglinge dazu überredet werden, das Heim zu verlassen und zu flüchten.

Bon den beabsichtigten Borgängen war sofort das Pots. Damer Polizeipräsidium in Kenntnis gesetzt worden. Regierungsrat Dreier, der Leiter der politischen Polizei, traf die notwendigen Anordnungen und en fandte in der fraglichen Nacht eine größeres Kommando Landjäger nach Struweshoj, die rings um das Heim postiert wurden. Bon zwei Seiten rüften| die kommunistischen Kolonnen heran. Sie waren bei ihrer Ankunft

Die neue Kreditverbilligung.

Der Reichsbantdisfont auf 5 Prozent herabaefekt. Der Zentralausschuß der Deutichen Reichsbant hat in seiner heutigen Sigung beschlossen, den Zinssat für Wechsel( Diskont) von 5% auf 5 Proz. und den Zinssah für Lombards( Kredite gegen Wertpapiere) von 6% auf 6 Proz. zu ermäßigen.

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Struveshof kat nich geflappt. Aber nächstens fommt Plößensee dran, Jungefen, da sollste tieten!"

Die Reichshant hat damit feit dem November vorigen Jahres Eierschlamm vor Struveshof

thre fünfte Distontjentung durchgeführt und den Zinssatz für Wechsel insgesamt von 7% bis auf 5 Proz. ermäßigt. Damit ist der niedrigste Distontsaß seit dem Frühjahr 1927 er­reicht. Da die Reichsbant mit ihrer 3inssenfungspolitik nur der internationalen Kreditperbilligungsmelle gefolgt ist und teine Anzeichen vorhanden sind, daß die Verflüssigung des inter­nationalen Geldmarktes in absehbarer Zeit einen Umschwung er. fährt, ist mit dem Halten des fünfprozentigen Reichsbantdisfonts auf langere Sicht zu rechnen. Die Voraussetzungen zur Wirtschaftsbelebung sind erneut verbessert.

in Struweshof beim Anblick der Polizei jo überrascht, daß es gar nicht erst zu Gewalttätigkeiten fam. Die ganze Horde, in der sich auch 15. Frauen: befanden, wurde auf drei bereitgehaltenen Last. autos geladen und nach Potsdam transportiert. Die Vers nehmungen, die von Regierungsrat Dreier vorgenommen wurden, maren erst am Sonntag gegen 19 Uhr beendet. Die Aussagen waren zum größten Teil sehr widersprechend; es wurde natürlich bestritten, daß überhaupt die Absicht bestanden habe, die Zöglinge zu befreien. Die Festgenommenen find im Laufe des Sonntags fämtlich wieder entlassen worden.

Ein Teil der Zugteilnehmer war wieder mit Waffen aus gerüstet. Auf der Chauffee und freiem Pflaster wurden mehrere scharfgeladene Bistolen, Dolche, Schlagringe und andere Hieb instrumente gefunden. Die Besizer der Mordmaffen halten sich an gesichts der Polizei in der Dunkelheit ihrer schnell durch Fortwerfen entledigt. Bie noch aus Botsdam mitgeteilt wird, handelt es sich größtenteils um Berliner Kommunisten, nur ganz wenige Mitglieder der Potsdamer und Nowaweser Gruppe befanden sich unter den Zugteilnehmern.

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Bon zuständiger Stelle wird hierzu noch folgendes mitgeteilt: Am Freitag mittag erschienen vor dem Landerziehungsheim Strupes hof zwei Radfahrer und unterhielten sich längere Zeit mit zwei 3öglingen, die auf einer Wieße Fußball spielten. Sie fragten sehr eingehend nach den Zuständen in der Anstalt und erfundigten sich, wieviel Kommunisten unter den Zöglingen seien.

Schließlich schlugen fie den beiden Jugendlichen vot, die Zög. linge follien in der Sonnabendnacht das Aufsichtspersonal über. fallen und aus dem Heim ausbrechen. Man würde ihnen von außen her Hilfe bringen.

Heut besinge ich die mutige Attacke, Wie Kolonne Eierschlamm, au backe, Während tief zur Nacht die Weltstadt schlof, Fast erobert hätte Struveshof .

Teils kam man, die Jungens aufzuhetzen, Teils den,.Ali" und den Pipel" zu ersetzen. Denn die Lücken klafften in der mackern Schar, Seit dies Helden paar verschütt gegangen roar. Durch die Finsternis ziehn hundert zwanzig, Kalten Muts entschlossen- gottverdanzig! Teils von vorn, teils hinten anzugreifen. Schon hört durch die Nacht man Louistriller pfeifen. Doch die Jungens, statt zu hören die Signale Hatten selbst gepfiffen und mit einem Male Aus dem Boden wächst die Polizei. Last kraftwagen hat sie gleich dabei. Hundertzwanzig kriegt am Wickel sie zu packen. Liquidiert, als wären sie Kulaken, Muß die Heldenschar die Händchen heben. Weh, jetzt hat Rotfront sich übergeben! Aber die Moral des Nachtgefechtes: Kommunisten beiderlei Geschlechtes, Drängt euch nicht zu einem Institut, In das sowieso ihr bald gelangen tut!

Jonathan.

holt Schüffe abgegeben. Unter den Verhafteten befand sich auch der eine der am Freitag vorgeschichten Radfahrer. Den Berhafteten wurden Revolver und Schlagringe abgenommen. Die Potsdamer Kriminalpolizei hat am Sonntag abend sämtliche Verhaftete nach Feststellung ihrer Personalien entlassen.

Innerhalb des Heims blieb während dieser Borgänge alles ruhig. Auch am Sonntag unternahmen die Jugendlichen ihre üblichen Wanderungen in die Umgebung oder gingen ihren Spielen innerhalb des heims nadh.

Der eine der beiden Jugendlichen hielt nach seinen Aussagen diese Angaben für einen schlechten Scherz, der andere aber erstattete feinem Lehrer Anzeige, der sie an den Direktor des Erziehungs­heims weitergab. Der Direktor benachrichtigte die Landjägerei. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag näherten sich auf ver schiedenen Begen von Großbeeren her zwei Trupps von zusammen chma hundert Bersonen der Anstalt. Sie wurden nacheinander non der hereitstehenden Landjägerei verhaftet und in Transportautos rach Potsdam gebracht. Aus den Trupps heraus wurden wleder- rath auf.

Schmierfinken.

Düffeldorf, 24. März.

In der Nacht zum Sonntag wurde in Krefeld eine Reihe von Kirchen mit roter farbe beschmiert. Wie in Berlin , so fonnte man auch hier in großen Lettern die Aufschriften lesen: Religion ist Opium"; Richt Rom gegen Mostau, sondern Arbeiter gegen Kapital" ulm. Dieselben Beschmierungen und Beschriftungen wies am Sonntag morgen die St. Antonius- Kirche in Ben­

Bantraub am hellen Tage.

Lleberfall auf eine Raffierin. Jagd durch die Straßen.

Ein verwegener Ueberfall wurde am Montag früh turz nach 9 Uhr in der Filiale Z der Commerz- und Privatbant in der Müllerstraße 182/183, an der Ede der Sellerstraße, verübt. Die Täter waren im Auto vor­gefahren und haben auch von Schußwaffen Gebrauch gemacht, fonnten aber dank der Geistesgegenwart eines Bant­angestellten nur einen fleinen Teil des Geldes erbeuten. Die Firma Gebr. Wittler in der Marstraße 3/5 hatte am Montag früh drei Angestellte mit einer größeren Geldsumme føtt­geschickt, die auf zwei Banken eingezahlt werden sollte. Der erste Teil des Auftrages mar ungefährdet ausgeführt worden. Während zwei der Angestellten bei dieser, Bant verblieben, um noch der Ab rechnung beizumohnen, ging die 42 Jahre alte Raffiererin Marie Billerbed weiter nach der Commerz- und Privatbant. Ele trug in einer Tasche aus braunem Beder noch etwa 20 000 Rart bei sich. Sie stellte am Bankschalter die Tasche neben sich auf den Tisch und nahm nach und nach die Bündel heraus. Gleich nach ihr hatte ein Mann die Bankräume betreten, der so tat, als molle er auch Geld einzahlen. Da er auf Abfertigung warten mußte, jo ging er auf und ab. Plöhlich frat er neben die Frau und griff nach Tasche und Geld. Er marf es schnell in die Tasche hinein. Fräulein Billerbed wollte den Räuber packen.

Der zog eine Waffe und schoß fie in die rechte Hand. Er scho noch ein zweites Mal, ohne zu zielen und stürmte dann aus den Bankräumen hinaus.

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Die Banfangestellten, die zum Teil noch mit dem Ordnen ihrer Bücher beschäftigt maren, ließen alles stehen und liegen und eilten bem Räuber nach. Zwei jeßzten über die Tische hinweg, als erster

Berliner Genesungsheim abgebrannt. Haus der Berliner Ortsfrantentasse in Krummhübel . Hirschberg( Riefengebirge), 24. März. Am geftrigen Sonntagnachmittag entstand in dem Neubau des Sanatoriums Cichlenberg, das der Ortstranten­taffe Berlin gehört, und das sich in Oberkrummhübel am Wege nach Brüdenberg befindet, ein verheerender Brand. Der nach dem Tal zu gelegene Teil des großen Neubaues wurde vollständig ver­nichtet. Das Feuer griff rasch um sich, so daß die Krummhübeler Feuerwehr infolge der ftarten Rauchentwidlung nichts ausrichten fonnte. Erst später, als die zu einer Berbandsübung in Schmiede. berg befindlichen Wehren der Umgegend einfrafen, gelang es, das Feuer zu befämpfen, so daß abends die Macht des Feuers gebrochen war. Der Brand ist wahrscheinlich durch die Trodenheizung enfftanden. Der Schaden ist sehr groß, da das Gebäude voll. ständig ausgebrant ist. Der Neubau sollte im Juni eröffnet werden.

der 20 Jahre alte Franz Backhaus. Sie waren dem Flüchtigen schon im Eingang dicht auf den Fersen, als dieser sich umdrehte und abermals mehrere Schüsse abgab. Er gewann das Freie. Bor dem Hause Sellerstraße 2, vom Bankausgang in linfer Rich tung, stand wartend mit laufendem Motor eine dunkelblaue Limousine. Der Räuber sprang in die offengehaltene Tür hin­ein und der Wagen fette fich fofort in Bewegung. Badhaus war inzwischen ebenfalls an dem Auto angelangt. Er sprang auf das Trittbrett und riß die Tür auf. Im Fond sah er zwei Leute sizen, die die Tasche hatten. Er griff zu und packte sie. Auf den Zuruf des Chauffeurs Schieß doch!" erhielt der junge Mann einen Schuß ins Geficht. Er taumelte geblendet zurüd, hat aber anscheinend die Belbtajde dod) mit herausgeriffen. Sie wurde später gefunden. Ein Sajupobeamter, der zu Rah vorüberfam, fagte dent Wagen nach, tonnte ihn aber nicht mehr einholen. Auch ein zweiter Bo amfer follte ein Glüd haben. Er hatte etwa 80 Meter non dem Magen entfernt gestanden und fah die Aufregung. Er sprang in eine Tage und gab dem Fahrer den Auftrag, nachzufahren. Die Jagd ging durch die Fennstraße zum Nordhafen. Dann versagte die Tage, weil es ein Wagen älteren Inps war. So entfam die Limousine.

Nach den Aussagen non Chauffeuren, die in der Nähe des Tat­ortes gehalten hatten, muß es ein Ford- oder Adlerwagen gewesen sein. Die Baffe, deren fich der Räuber bediente, muß eine Schred fchußpistole gewesen sein, die mit Schrot geladen mar, denn es find teine Schrotkugeln gefunden worden. Auf der Flucht zum