Einem Gegner.
Zu Friedrich Naumanns 70. Geburtstag.
Demokratische Blätter erinnern daran, daß der vor elf Jahren verstorbene Friedrich Naumann heute 70 Jahre alt geworden wäre. Auch in sozialdemokratischen Kreisen wird man sich gerne des Mannes erinnern, der zu den glänzendsten politischen Streitern des Kaiserreichs gehörte und dessen politische Laufbahn dennoch zu einem Beweis für die Unüberwindbarkeit der Sozialdema. tratie geworden ist.
Als Naumann im Jahre 1896 seinen Nationalsozialen Verein " gründete, tat er es in der Absicht, die Sozialdemokratie abzulösen". Für diese Aufgabe brachte er mancherlei Qualitäten mit. Dieser evangelische Pfarrer aus Stöckers Schule hatte mit seiner wundervoll bildsamen Beredsamkeit Arbeiter in hellen Scharen in seine Kirche zurückgeholt. Mit seiner Bildung und seiner Fähig feit, alle Vorurteile hinter sich zu werfen, überragte er die meisten der zeitgenössischen Politiker turmhoch. An der Lauterkeit seiner Ueberzeugung, an der Echtheit seiner sozialen Gesinnung war fein Zweifel erlaubt. Friedrich Naumann wollte die sozialisti schen Arbeiter der Monarchie und dem Wehrgedanten zurüd gewinnen, nicht nur weil noch Refte an Romantit in ihm mohnten, sondern auch„, weil er der Meinung war, die Arbeiterbewegung schaffe sich durch ihre antimonarchistische und antiimperialistische Haltung überflüssige Hemmnisse, nach deren Beseitigung fie fich leichter ihre sozialen Aufgaben erfüllen könnte.
Naumann hat sein Ziel, die Sozialdemokratie abzulösen, nicht erreicht. Seine eigene Partei zerfiel. Ein Teil seiner Anhänger wandte sich der Sozialdemokratie zu, ein anderer fand, wie es scheint, seine Zuflucht bei der bürgerlichen Linken In der Zwischenzeit aber liegt eine Reihenfolge politischer Kämpfe, an die jeder, der sie miterlebt hat, mit Freude zurüddenken wird. Diese Kämpfe, in denen sich die besten Geister auf beiden Seiten maßen. hielten sich auf respektabler geistiger Höhe und wurden mit einer Bornehmheit geführt, von der man sich heute leider kaum mehr eine Borstellung machen fann.
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Die sogenannten ,, Nationalsozialisten " von heute haben darum durchaus Recht, wenn sie Naumann und die Nationalsozialen nicht als ihre Vorfahren anerkennen wollen. 3war bleibt der Grundgedanke Versöhnung der sozialen mit einem start betonten nationalen Gedanken derselbe; aber von dem echten Idealismus und der tiefen Bildung, die die Naumannjaje Bewegung auszeich neten, ist nichts zu bemerken. Heute glaubt man durch Ungeiftigkeit, Marktschreierei, Appell an die gemeinsten Instinkte erreichen zu fönnen, wofür die Nationalsozialen von einft mit vornehmen Waffen gefämpft haben: die Ablösung der Sozialdemokratie".
Naumann und die Nationalfozialen haben der Sozialdemokratie feine Anhänger weggenommen, sie haben im Gegenteil aufrüttelnd auf Schichten gewirft, die für die Sozialdemokratie noch nicht reif waren. Sie pflügten und säten, die Sozialdemokratie
erntete.
Wäre die nationalsoziale Bewegung Naumanns und die noch weiter zurückliegende Stöder Bewegung der jungen Generation beffer bekannt wahrhaftig, so manche politische Gottsuche würde sich qualvolle In- und Umwege ersparen!
Young über unsere Hilfsquellen.
Bertelen( Kalifornien ), 24. März.
In einer Ansprache bei der Jahresfeier der hiesigen Universität erklärte Owen Young , er habe großes Vertrauen zu Deutsch fands Zahlungsfähigkeit, obwohl nur die Zeit lehren fönne, ob die Deutschland aufgebürdete Last zu schwer sei. Deutschland besize allerdings teine großen Borräte an Bodenschäßen, es besige jedoch eine große Menge jener Rohstoffart, die in Weltangelegenheiten zu wenig in Rechnung gestellt werde, nämlich die Fähigkeit zu wissenschaftlicher Forschung und die Fähigkeit, sie in der Produktion richtig anzuwenden. Es sei nicht unwahrschein lich, daß in den tommenden Jahren diese besondere Rohstoffart, mit der Deutschland wohlausgestattet sei, das Reservoir sein dürfte, aus dem Riesensummen produziert und bezahlt werden. Falls Deutsch land feine Zahlungen aus einem solchen Reservoir leiste, müsse die übrige Welt acht geben, um die entkräftenden Wirkungen aus dem Empfang solcher Zahlungen zu vermeiden.
Unter dem neuen Plan übernahmen es die Gläubigerstaaten, Don Deutschland eine Summe einzufassieren, die ihre Gesamtschuld Amerita gegenüber um etwa 50 Broz. über stie g. Sie werden sich entsinnen, daß jedes dieser Länder gegen seine Schuldenlaft Amerika gegenüber protestiert hatte, selbst unter den erfolgten günſtigen Schuldenregelungen, und doch machten sie Deutschland das Kompliment, daß sie annahmen, es könne die Last aller nebst einer beträchtlichen Prämie tragen. Wir sollten alle bedenken, daß Disziplin, harte Arbeit und schwere Verantwortung ein Bolt dazu erziehen, viel zu leisten. Dies trifft ja auch für Einzelpersonen zu. Kein Mensch aber und feine Nation dürfte sicher sein, daß lediglich, weil sie Gläubiger eines anderen sind, sie auch start find und stets bleiben werden. Nichts geht aus den Erfahrungen des letzten Jahrzehnts Marer hervor, als die Notwendigkeit, unsere Wirtschaftsmaschinerie von der Herrschaft der Politik freizuhalten. Eine folierung ist für Amerika wirtschaftlich oder politisch un möglich. Reiner darf denken, daß der Lebensstandard Amerikas dauernd auf einem merklich höheren Niveau erhalten werden farm als in den anderen zivilisierten Ländern.
Ameritas, fchamlose" Bollerhöhung.
Neue Zarifvorlage angenommen.
Washington , 25. März.( Eigenbericht.) Der Senat nahm die seit fieben Monaten umstrittene Zollvorlage der Regierung am Montagabend mit 53 gegen 31 Stimmen an. Die Borlage fieht 3ollfäße vor, wie fle Amerifa bisher nicht gefannt hat. Sie werden eine allgemeine Berteuerung der wichtigsten Lebensmittel herbeiführen. Die Opposition bezeichnete das Gesetz als schamloses Produkt eines monatelangen Geheimschachers und des Intereffenhandels.
„ Europa " fährt am schnellsten.
New york , 25. März. Die„ Europa " ist um 5,54 Uhr amerikanischer Zeit vom AmbrofeFeuerschiff gesichtet worden. Die hat den Atlantic- Reford gebrochen. Die für die Ueberfahrt von Europa benötigte Zeit beträgt 4 Tage, 17 Stunden, 6 Minuten. Der Reford der Bremen " ift damit um 18 Minuten übertroffen.
Plaudereien im Tiergarten.
Von Hans Bauer.
Wie geht es in den vornehmen Berliner Salons zu? Ich will nicht renommieren: aus eigener Anschauung weiß ich es nicht. Die " Salons", in denen ich verfehre, sind in der Regel möblerte Zimmer, in denen man nicht soviel Krach machen darf, weil sonst die Wirtin tommt und ihrerseits Krach macht. Aber ich muß andererseits auch lagen: hätte ich mich etwa in der Maste eines Berichterstatters der Deutschen Zeitung in einen vornehmen Berliner Salon einge schlichen und das Treiben darin belauscht, so würde ich doch noch immer Bedenken haben, meine Beobachtungen und Erlebnisse der Deffentlichkeit mitzuteilen, denn schließlich ist ein Berliner Salon. auch wenn er ein vornehmer ist, feine öffentliche Veranstaltung. Anders liegen die Dinge, wenn einer der ständigen Gäste eines solchen Salons nämlich„ Rumpelstilzchen", der Wochenplauderer der reaktionären Provinzpreffe, feine Kenntnis in die Welt hinaus pofaunt. In diesem Falle muß es erlaubt sein, feine kleinen Indiskretionen aufzugreifen.
Der Salon, den Rumpelstilzchen beschreibt, ist, wie er uns detail liert mitteilt, der der Frau von Dirksen, der Witwe des Wirklichen Geheimen Rats aus dem Auswärtigen Amt , der Mutter des deut schen Botschafters in Mostau, und er befindet sich im Tiergarten, Margaretenstr. 11. Es verfehren, nach Rumpelstilzchens Schilde rung, vornehmlich Leute der Rechten darin, und das müssen wir ihm wohl schon glauben, denn er berichtet uns weiter, daß Hofprediger Döhring, der wadere Borsigende des von ihm ins Leben gerufenen Luther- Bundes( soweit man hier Don Leben" reden kann), die Salonabende durch geistreiche Ansprachen zu würzen pflege, ein Vorgang, den gewiß nur Rumpelstilzchen- Naturen wider spruchslos ertragen. Wovon redet man nun in dem vornehmen Salon der Frau von Dirksen? Welche Sorgen haben die Leute, die dort verkehren? Ach, sie reden weniger von Kunst, Literatur und Philosophie und eigentlich auch weniger von Politit, dafür aber. nach dem, was Rumpelstilzchen uns mitteilt, sehr, sehr viel von den alten Herrscherhäusern. Da fizen nun also erwachsene Männer und Frauen, oder, wie wir in diesem Falle wohl sagen müssen, Herren und Damen, in einem prächtigen Saal, holen sich vom Büfett belegte Brötchen, trinken Wein und lassen sich folgende Probleme durch den Kopf gehen: Prinz Wilhelm, der Aelteste des Kronprinzenpaares. fei neulich mal pon Königsberg nach Berlin gefahren. Im Zug. und man denke sich: dritter Klaffe. Nein, sowas! Ein Bring in der Holzklasse! Ja, aber so sei Prinz Wilhelm. Er sei nämlich JungStahlhelmer, begeisterter Jung- Stahlhelmer, und aus Kameradschaft lichkeit bringe er, der goldige Junge, das Opfer einer Einschränkung feiner Lebensgewohnheiten.... Na, und dann Prinz Louis Fer. dinand, der Bruder des Prinzen Wilhelm, der sei jezt mal in Bal
Riddy Impefoven. Zanznachmittag in der Bolfsbühne.
Ich hatte nie den Borzug, die Tänzerin Nibby 3mpetoven in früheren Tänzen zu sehen. So fällt für mich das Interessante einer vergleichenden Kritik fort. Unter dem starten Eindruck, den Liebling eines großen Bublifums vor mir zu sehen, ließ ich die Persönlichkeit der Impefoven auf mich wirken; ich war gerührt, aber feineswegs aufgerührt.
Draußen: stürzen Regierungen, stampfen Maschinen, frißt eine unbarmherzige Zeit jährlich viele hunderttausend Menschen. Drinnen: tanzt eine anmutige, feberleithyte Tänzerin mit dem Schelm, dem Ernst ihrer gläsernen Jungfräulichkeit Lyrit vergangener Jahre. hebt die Arme, lächelt, dreht sich fließend, mühelos, entbunden der Schwere. Tanzt: Ist die Buppe trant-?"
wir einmal so leicht zu beglücken? Wo ist bei der Tänzerin der Das Lächeln, das die Impeloven auslöst, ich wehmütig. Waren weg, der in die Zukunft weift? Einmal blitzt er auf: im ,, Lamento della Biancafiore" gibt es neue Nuancen, herbere. Sie berühren in diesem Programm der gleichmäßigen Heiterkeit und der wiedertehrenden Gesten wohltuend. mhy.
Sozialistische Bildungsarbeit.
Der Kreisausschuß für sozialistische Bildungsarbeit, Kreis Tier garten der SPD. , veranstaltet in der Aula des Friedrich- Werderschen Gymnasiums einen Kammermusifabend mit klassisch- romantischem Programm: Streicherserenade und erstes Klaviertrio von Haydn , ein Mozart- Streichquartett und zum Schluß Schumanns Klavier quintett. Mitglieder des neubegründeten Bach- Orchesters, das sich vor kurzem mit einem eigenen Konzert in der Singakademie sehr vorteilhaft eingeführt hat, haben sich zu einer fammermusikalischen Gemeinschaft zusammengeschlossen, sie musizieren mit Hingebung. ihr Spiel und Zusammenspiel zeugt von Können und hat schon tammermusikalische Kultur. Zwischen den Instrumentalnummern singt Lilli Dreyfus mit flangvollem, ausdrucksvollem Mezzosopran Lieder, die sich in den Stil des Programms fügen. Dr. Wolfgang Herbert fizt am Flügel, die künstlerische Leitung ist in gute Hände gelegt, und er gibt auch in einleitenden Worten, die durch anspruchs lose Sachlichkeit einnehmen, eine fnappe Einführung in die Werte des Abends, zugleich den Begriff Kammermusik und den Zweck der Veranstaltung erläuterno. Der 3wed ist gut, er ist, wie auch der Beifall der Hörer bewies, gut erfüllt worden, und es ist zu hoffen, daß diesem ersten Abend weitere folgen werden. K. P.
Eine fteinzeitliche Siedlung in Salzmünde . In der Kiesgrube öftlich Salzmünde ( Provinz Sachsen ) wurden beim Aufräumen der Humusschicht wieder vorgeschichtliche Spuren entdeckt. Es gelang, einen Teil einer größeren steinzeitlichen Siedlung freizulegen. So wurden acht vieredige Häufer von etwa 4X6 Meter Größe aus. gegraben. Die Bauten waren Pfostenhäuser, die Wände bestanden aus mit Lehm verpuztem Reisig. Eine Geltenheit bildeten in drei Häusern Bestattungen in der Herdgrube. Die Herdgrube war etwas vergrößert und dahinein der Tote gelegt worden. So fanden sich in einer fleineren Grube inmitten eines Hauses fünf Skelette dicht aneinandergepreßt vor. Darauf waren dann dicht die Scherben von mehreren großen Vorratsgefäßen und Lehmbewurf der Lehmwände gepackt. Die Gefäße gehören der jüngeren Steinzeit an, also etwa der Zeit um 2500 v. Chrifti Geburt.
100000 Mart für eine Zeichnung Dürers. Eine Feber- und Tufch. zeichnung Albrecht Dürers ift von einer Gruppe von englischen Runft. freunden zum Beise von 5000 Bfund Sterling für das Britisme Museum
erworben worden. Es handelt sich um das Porträt einer Frau, das von
1505 datiert ist.
Die Inpographia veranstaltet am 27. unb 30. März, abends 8 Ubr, in der Staatlichen Hochschule für Mufit zwei Konseite unter Mitwirkung von ulius Dablle und Maria Beschlin. Erstaufführungen sind ein Chorwert von Brudner Um Mitternacht" und Morgen an der Ditjee" bon Karl Rampl.
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paraiso gewesen, und da hätten ihn mit Orden und Ehrenzeichen behangene Mitglieder eines deutschen Klubs begrüßt. Nun stelle man sich vor: es seien daraufhin Gerüchte verbreitet worden, nach denen der Prinz diese Leute gefragt hätte, was der Blechladen vor ihrem Bauch bedeuten solle. Aber nein, das hätte der Prinz natürlich nicht gesagt, das sei eine böswillige Unterstellung, eine gift ge Berleumdung, Prinz Louis Ferdinand hätte vielmehr um Berzeihung gebeten, daß sein unzeremonieller Reiseanzug nicht ganz mit der Feierlichkeit dieses Empfanges harmoniere. So habe sich die Sache abgespielt und feineswegs anders.... Dann in Charleville , da habe ein Rittmeister einmal im Kasino verbreitet, der Kronprinz habe in Sedan eine Mätresse und die habe ein Kind von ihm. Aber ein Artillerieoffizier habe da dem Rittmeister schön h imgeleuchtet und fich männlich vor die Ehre des Kaisersproffen gestellt.
Man weiß, daß der Hitler mit der Republik nicht recht zufrieden ist und daß der Hugenberg gegen den Young- Plan eine gewisse Aversion hat. Man weiß auch, daß es noch immer furiose Menschen gibt, die für die Monarchie eintreten. Aber man ist doch ein bißen erstaunt, daß auch die vertrotteltste Form der monarchischen Gefimmung, der Kaisergeburtstag- und Kinderfibelbyzanthinismus heutzutage noch gedeiht, jene mur medizinisch zu erklärende Einstellung, die den Apfel eiligst wegtrug und konservierte, den das Roß eines Souveräns gnädig hatte fallen lassen. Anderwärts unterhalten sich die Menschen über die Arbeitslosenfrage, über den Fortschritt auf technischen Gebieten, meinetwegen auch über Herrn 3e'leis in Gallspach : im Salon der Frau von Dirksen hingegen zerbricht man sich über die Motive den Kopf, die für die Person des„ Prinzen" Wilhelm maßgeblich gewesen sein könnten, seinen allerhöchsten Bopo einem gemeinen Holzsiz anzuvertrauen.
Im übrigen flärt uns Rumpelstilzchen darüber auf, daß das Haus der Frau von Dirksen ein architektonisch auserlesenes Gepräge aufweise und daß einer der Säle in italienischer Hochrenaissance ge= halten sei. Auch berge das Haus überaus wertvolle Kunstschäße. Gin Heim". sagt er, auf das wir Deutsche stolz sein können!" Ein eisernes Wort in lascher Zeit. Fürwahr: Brust heraus, Arbeitsloser, den Kopf hoch und nicht länger nachgetrauert deiner vermeintlich trostlosen Situation. In der Margaretenstr. 11 im Tiergarten, wo die Männer der Rechten beim Verzehr belegter Brötchen den griste reichen Worten des Hofpredigers Döhring lauschen und die Mätressengeschichten deutscher Fürstenabkömmlinge mit allem Bier eifer dementieren, den ihr bequemer Alltag nicht für wichtigere Dinge absorbiert, befindet sich ein italienischer Hochrenaissancesaal.. Eine tröstliche Gewißheit, die manches Leid des fleines Mannes vergessen machen und seine Seele festlich erhellen dürfte.
So ist das Leben."
UZ. Kurfürstendamm.
Der Titel flingt beinahe wie eine Kampfansage. Der Film selbst aber, der erfreulicherweise gar nichts mit der üblen Durchschnittsprobuftion zu tun hat, wirft wie eine Fanfare, die ruft Neue Ta lente an die Front".
Carl Junghans schrieb, ohne einen störenden Zwischentext zu gebrauchen, das Manuskript und führte, restlos auf optische Wirkung eingestellt, die Regie, um das Leben und Sterben einer Waschfrau zu schildern. Er schuf sein Meisterwerf und zugleich ein Sunstwert von bleibendem Wert. Es zeigt eine Mutter als geplagtes Arbeitstier, eine Frau aus dem Proletariat als Madonna im allerfärglichsten Gewand. Das Lebensschicksal dieser Frau, die einen Trinker zum Mann hat, deren blutjunge Tochter sich das schwere zu einer Anklage ohne jede politische Tendenz Los aufbürdet, unerwünscht Mutter zu werden, es wird zur Anklage.
Dulderin, die durch ihre erlebte Leistung tief erschüttert. Theodor Vera Baranowitaja, diese wunderbare Frau, ist die stille Pistet, der Mann, steht als Darsteller mit den größten Schauspielern in einer Reihe. Ebenso wirft Mania 3enistova als Tochter echt. Jeder andere Darsteller ist lebenswahrer Typ. Lasko Schäffer erreicht als Photograph stets fein gewünschtes Ziel, seine Aufnahmen haben oft reine Gemäldewirkung.
Freilich droht diesem vorzüglichen Film die Gefahr, geschäftlich nicht zu dem Ergebnis zu kommen, das er unbedingt verdient.
Der Beifilm Martt in Berlin " ist eine ganz famose optische Reportage. Wilfried Basse hat bei dem Wochenmarkt auf dem Wittenbergplatz unbeobachtete Menschen vor seine Kamera gebracht. Geschickt mischt er start bewegte Bilder mit ganz ruhigen und ausgezeichnet bringt er Spiegelungen in Schaufensterscheiben und Wasserpfüßen.
Beide Filme wurden wirkungsvoll illustriert durch Otto Stenze el mit seinem erstklassigen Orchester. c. b.
B
Zwei Kulturfilme.
Der Betrieb unserer Uraufführungstheater bringt es mit fich, daß neue Kulturfilme nicht die gebührende Berücksichtigung in der Filmbesprechung finden. Entweder werden sie im Beiprogramm einer Sensation" abgetan oder in einer Maffenschau von Kulturfilmen für geladene Gäste tot gemacht. Am Sonntag zeigte der ufa Balast am 300 den mit beträchtlichen Mitteln von ber Ufa aufgenommenen Film ,, Die Alpen", am Montag die Ka mera den Elbefilm des Instituts für Kulturforschung Bom Fels zum Meer". Beide Filme wollen für ein bestimmtes Gebiet interessieren, jener für die Schweiz , jener für die Elbland. schaften. Beide bringen eine Fülle hervorragend guter Naturimpressionen und darüber hinaus Städtebilder und Reportagen über Wirtschaft, Bolkskunde usw. Der Alpenfilm bietet darüber hinaus Geschichtsbilder, die unter Anführung bekannter Gedichtstellen die Rütliszene, Winkelried und Zwingli u. a. verkörpern. Damit ist der Rahmen des Wirklichkeitsfilms überschritten... eine 3wiespältigkeit hervorgerufen, die störend wirkt. Diese gestellten Geschichtsbilder mit den meinigerhaft drapierten Gestalten wirken deplaciert neben den grandiosen Landschaften und selbst den Bildern aus dem' Bolks. leben( wie dem ofenlupf"). Budem ist diese Geschichtsklitterung allzu billig und legendenhaft. Die Schweiz hat soviel Naturschönheiten und technische Wunder( Bergbahnen und Tunnel), daß es dieser kitschigen Zutaten gar nicht bedarf. Der Elbefilm. den Dr. Curti zusammen mit Walter Türd hergestellt hat, meidet diesen Fehler. Er weiß aber aus einer viel bescheideneren Natur soviel Interessantes herauszuholen und derart gut gewählte Städtebilder ( Prag , Dresden ) und Szenen der Arbeit( der toloffale Bagger, ein Braunkohlenbergwert und der ungeheuer belebte Hamburger Hafen ) zu ergänzen, daß ein starker Gesamteindrud von dem Elbstrom und feiner wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung entsteht.