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Beilage Dienstag, 25. März 1930

Ewald Bohm:

Steine im menschlichen Körper

So merkwürdig es uns zunädyt erscheint, es ist durchaus nicht felten, daß auch in einem organischen Körper fteinähnliche Gebilde auftreten fönnen. Solche Steinbildungen entstehen stets in flüssigkeitsgefüllten Hohlräumen( Gallenblase, Harnblase, Nieren becken) durch Ablagerung von vorwiegend vorkristallinischen Bestand teilen. Die Ausfällung( Bildung) der Steinsalze erfolgt durch Ueberfättigung der Flüssigieit mit sogenannten Steinbildnern, das sind gewisse Stoffe, welche in der Flüssigkeit vorher gelöst enf­halten sind( wie Cholesterin, Kalt und Gallenfarbstoff bei Gallen­steinen, oder Harnsäure und Kalk bei Harnsteinen). Die Ausfällung fann aber auch infolge einer batteriellen Entzündung eintreten, durch die eine Aenderung der Löslichkeitsverhältnisse statt findet. Die Steinbildung kann demnach die Folge einer Sefret stauung( Säfteftauung) und Entzündung sein, fie fann aber auch ihrerseits eine vermehrte Stauung und Entzündung verursachen, eventuell auch den Durchbruch der Steine durch das betreffende Organ zur Folge haben.

werden.

Alle Steinleiden äußern sich im wesentlichen in denselben Symptomen, nämlich ungeheuren Schmerzen, während der Anfälle, der sogenannten Koliken( die Frauen vergleichen diese Schmerzen mit der Heftigkeit der Wehen ) und in häufigen hartnädigen Rückfällen dieser Koliten. Die Schmerzen entstehen durch trampfartige Zu sammenziehungen der Muskulatur( zum Beispiel Gallenblasenwand), die durch die Reizung der empfindlichen Schleimhaut ausgelöst Weitaus am häufigsten von allen Steinleiden sind die Gallen­steine. Die Gallenblase, der Sitz dieses Leidens, dient als Vorrats­speicher für das Gefret( Absonderung) der Leber, die Galle, eine dunkelgrüngelbe, fadenziehende Flüssigkeit, die zur Fettverdauung notwendig ist und durch einen Ausführungsgang in den Darm ab­fließt. Die Gallensteine treten meist erst nach dem 35. Lebensjahre auf, besonders häufig bei Frauen. Gelegentlich fönnen Gallensteine auch völlig symptomlos verlaufen, und so stellen fie einen zufälligen häufigen Nebenbefund bei der Eröffnung der Beiche eines Menschen dar, der bei Lebzeiten niemals über Gallen folifen geflagt hat. Leider machen sich aber die Steinbildungen der Galle sehr häufig durchaus unangenehm bemerkbar. Das erfte und eindrucksvollste Kennzeichen ist die Kolit selbst. Sie äußert sich in heftigen Schmerzen im rechten Oberbauch, die nach unten zu und besonders auch nach oben in die rechte Schulter aus­strahlen. Häufig ist dieser Schmerz von Frost und Erbrechen be­gleitet. Der Bauch ist während der Kolit gespannt und bisweilen in der Gegend der Gallenblase druckempfindlich, wo sie am unteren Leberrande hervorragt.

Die bekannte Erscheinung der Gelb sucht( Ikterus), das ist der Ausdruck des Uebertritts von Gallenfarbstoff, ist an sich viel seltener als die anderen Erkrankungen der Gallenblase und der Leber. Gelbsucht ist jedoch regelmäßig vorhanden, wenn der Aus führungsgang der Galle durch einen herabgerutschten Stein ver­schlossen ist. In diesem Falle ist die Gelbsucht auch ein indirektes Symptom für die Steinerfrankung, die dann mit einer Entzündung der Gallenwege, Leberschwellung und Fieber verbunden ist, oder es fann auch der Stein durchbrechen, im günstigsten Falle in den Darm, im ungünstigsten Falle aber in die freie Bauchhöhle,

Ernähren wir uns richtig?

Anmerkungen zum Roggenbrotgefeh

Anläßlich der gegenwärtig stattfindenden parlamentarischen Beratung des neuen Roggenbrotgejeges ist die Frage der Brot versorgung der arbeitenden Bevölkerung in den Bordergrund fozial bedingter Erwägungen getreten.

wo er, besonders nach einer Bereiterung, eine schmere Baudyfell entzündung hervorrufen tann. 3ft man aus irgendwelchem Grunde über die Ursache des Leidens noch nicht ganz im flaren, so fönnen die Gallensteine, die gewöhnlich im Röntgenbilde feinen Schatten ergeben, durch eine besondere Kontrastfüllung mit einem Jodpräparat, das auf dem Blutwege( intravenös) eingesprigt wird, röntgen ologisch sichtbar gemacht werden.

Die Möglichkeiten einer. Behandlung des Gallensteinleidens find noch sehr unvollkommen. Bei einem schweren Anfall hilft gegen die Schmerzen nur Morphium, sonst genügen oft heiße Um­schläge und Aspirin, eventuell auch Diathermie, das ist die innere Durchwärmung des Organes mittels elektrischen Stromes. Zur Ber­hütung von Rückfällen muß der Patient bis drei Wochen liegen unter weiterer örtlicher Anwendung von Wärme. Sehr ratsam ist eine Kur mit Karlsbader Salz oder mit dem Sprudel von Karlsbad , Mergentheim , Kiffingen oder Neuenahr. Es werden auch Substanzen empfohlen, die die Gallenabsonderung anregen wie Gallensäure­präparate, gemiffe Dele und neuerdings Hypophysen Substanzen. In ganz schweren Fällen hilft nur eine Operation, die aber als nicht ganz ungefährlich anzusehen ist.

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Wie schon oben gesagt wurde, haben die Nierensteine mit den Gallensteinen die Kolitartigfeit gemeinsam: äußerst heftige Schmerzen, einsehend von der Nierengegend, bis in die Genitalien und die Oberschenkel ausstrahlend und oft begleitet von Erbrechen. Die Anfälle dauern stundenlang, bisweilen sogar mehrere Tage. Die Kolik wird in diesem Falle verursacht durch Einklemmung eines Steines im Harnleiter, das ist das Verbindungsröhrchen| zwischen Nierenbecken und Harnblase. Rutscht der Stein in das Nierenbeden zurück oder in die Blase, so ist der Patient augen blicklich schmerzfrei. Der Stein fann aber auch im Harnleiter steden bleiben, wodurch ein Krampf der Muskulatur des Harnleiters ver­ursacht wird. Beides, Stedenbleiben des Nierensteines und der Krampf der Harnleitermuskulatur, führen dann eine Harn stodung herbei( eventuell mit tödlichem Ausgang) und bisweilen auch eine Wasserniere. Ein weiteres Symptom der Nierensteine ist die in der Nierengegend häufig überempfindliche Haut, Größere Nierensteine sind im Röntgenbild meist auch ohne Borbehandlung zu erkennen. Die Steine selbst bestehen aus harnsauren Oralat oder Phosphatfalzen.

Die Behandlung erfolgt bei barnsauren Steinen( dies ist durch Harnuntersuchung feststellbar) durch Sturen mit affalischen Bässern wie Fachinger. Biliner, Salzschlirser usw. Bisweilen fönnen die Harnleitersteine auch nach Zufuhr von Ginzerin oder Hyphophysin ( beides durch den Magen) entfernt werden. In schweren Fällen mit Bereiterungen helfen( genau wie bei Gallensteinen) nur Operationen.

Neuerdings bringt bei Nierensteinen auch ein Verfahren häufig Heilung, das die funstgerechte Entfernung mit Steinzerstücklern und Faßzange durch Blase und Harnleiter hindurch zum Gegenstand hat ( ohne Operation).

Auch die meisten Blasensteine sind aus dem Nierenbeden herabgerutscht. Sie fönnen aber auch in der Blase selbst entstehen. Sie geben ebenfalls häufig zu Abflußhinderungen und Entzündungen mit starten Schmerzen Anlaß und müffen dann chirurgisch entfernt werden.

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Magenfefretion wieder normal gemacht werden. Die Mustelarbeit erfordert mun Kalorien, die Gehirnarbeit aber nicht. Der geistige Arbeiter muß also etwas essen, was wohl Magenjait ausströmen fäßt, aber möglichst wenig Kalorien liefert, und dieser Anforderung genügt am meisten das Fleisch, besonders das gebratene Fleisch. Dazu tommen die Wohnungsverhältnisse der Groß stadt. Infolge der großen Entfernungen zwischen Wohnungen und Arbeitsstätten ist die Zahl der Mahlzeiten eingeschränkt worden, be Bereits im Jahre 1923 veröffentlichte der Direktor des physio- ziehungsweise die Baufen zwischen den Mahlzeiten haben sich ver­logischen Instituts an der Hamburger Universität Prof . Otto längert. Diese Pausenverlängerung ist nur möglich, wenn Kestner in der Klinischen Wochenschrift"( Nr. 4) eine grundlegende die Mahlzeit einen hohen Sättigungswert hat, sonst tritt Abhandlung über die Frage Beruf, Lebensweise und in den Bausen Hunger ein mit dem Gefühl von Schlappheit und Ernährung". Reftner faßt die Anforderungen, die an eine rich Arbeitsverminderung. Das Br of hat einen sehr niedrigen Sätti tige menschliche Ernährung gestellt werden, in folgenden Leitfäßen gungswert; wirflich hohen Sättigungswert haben mur Fleisch und zusammen: Die Nahrung muß eine gewisse Menge Kalorien ett. Reftner verweist weiter darauf, daß im Laufe der Entmid. liefern. Die Nahrung muß eine bestimmte Menge Ciweiß lung das Roggenbrot immer mehr vom Weizenbrot verdrängt enthalten. Die Nahrung muß eine bestimmte Mindestmenge Bita wurde. Das Weizeneiweiß wird vom Körper viel besser ausgerust mine enthalten. Die Nahrung muiß die Tätigkeit der Bergls das Roggeneiweiß. Im feinen Weizenbrot tommen auf dauungsorgane anregen. Die Nahrung muß einen genügen den Sättigungswert haben. Die Nahrung muß eine be­stimmte Menge 3ellulose enthalten. Versucht man, jagt Kestner, diese sechs Erfordernisse gegen einander abzuwägen und in Be­ziehung zu dem Beruf und der Lebensweise der einzelnen Menschen zu bringen, so muß in den Vordergrund die gewaltige Kenderung geschoben werden, die in den letzten zwei Menschenaltern in der Arbeit des deutschen Boltes eingetreten ist. Sie besteht in einer Berminderung der Muskelarbeit. Die Maschine hat die menschliche Muskelfraft ersetzt. Das gilt für die meisten gewerblichen Berufe, in besonders hohem Maße für den Bauer und Bandarbeiter. Wie muß nun diese Verschiebung auf die Nahrung wirken? Die falorien reichen, aber eiweißarmen Nahrungsmittel wie Brot, Kartoffeln, Reis und Mais, müssen zurücktreten und 3. T. durch die eiweis reichen und falorienarmen Nahrungsmittel, Fleisch, Milch und Milchprodukte ersetzt werden. Sie waren früher erforderlich für die kleine Zahl der nicht förperlich Arbeitenden, heute sind sie phyfiologisch nötig auch für die große Mehrzahl der städtischen und einen guten Teil der ländlichen Bevölkerung. Diese Aenderung des Nahrungsbedarjes läuft mit der Sicherheit eines Naturgefeges. Zur Ernährung des Bauern fann man nur zurüdfehren, wenn man auch die ganze Lebensweise des Bauern aufnehmen will. Da das nicht geht, muß fich die Ernährung ändern. In der alten Zeit der schweren Mustel­arbeit war in Europa das Brot, und zwar das grobe. eimeisarme Brot, die Hauptnahrung. Reftner verweist auf den Rückgang des Brotgenusses in dem industriell hochentwidelten Amerita, wo schon 1904 eine von den Gewerkschaften aufgenommene Statistit ergeben hat, daß nur mehr 40 Broz. der Kalorien auf Brot, Mehl, Kar­toffeln und Reis tamen, dagegen 48 Proz. der Kalorien und 59 Proz. des Eiweißes aus dem Tierreich stammten. Zurüdtreten von Brot und Kartoffeln und stärkste Zunahme von Fleisch und Milch muß also die Folge der veränderten Lebens. meise sein. Kestner verweist außerdem auf zwei wichtige biologische Ursachen: Bei Mustelarbeit und bei Gehirnarbeit wird die Reaktion der Säftemaffe nach der fauren Seite verschoben, fie muß durch

100 Gramm Eiweiß nur 3300 Kalorien, im groben Roggenbrot 7600 Kalorien. Das feine Beizenbrot tommt also den tierischen Nahrungsmitteln am nächsten. In einem zweiten Auffay( Klinische Wochenschrift" Nr. 31, 1927) 30g Kestner die praktischen Schloßfolgerungen aus seinen physiologischen Untersuchungen in bezug auf die Rationalisierung der Ernährung. Die furchtbaren Kriegs- und Nachkriegsjahre" schreibt Kestner, haben es jedem flar gemacht, daß schließlich alles andere, Moral, Wirtschaft und Politik, gleichgültig wurde, wenn nicht die einfachsten Bedürfnisse befriedigt werden konnten, vor allem die Er nährung. Zu einem wirklichen Wiederaufstieg und zu einem er folgreichen Wettbewerb Deutschlands mit anderen, günstiger gestellten Bölfern gehört, daß der Deutsche vollständig und bis ins einzelnſte richtig ernährt wird. Das aber wird er heute leider noch nicht. Noch immer wird dem Brote eine viel zu große Bedeutung beigemessen. Der Fleischtonfum ist noch lange nicht so hoch, wie er fein müßte, die Milch hat noch nicht die Billig­feit der Bortriegszeit erreicht, Gemüse und Obst find viel zu teuer und werden immer noch als eine Art Lurus angesehen, auf den der Mensch schließlich auch verzichten fönnte."

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Der Abend

Shalausgabe des Vorwara

die schmere Arbeit nicht mehr selbst verrichtet, sondern die Maschine beaufsichtigt, hat der Gesamtbedarf an Nahrung abgenom men, der Eiweißgehalt aber ist gleich geblieben. Eine Labelle zeigt, daß in unseren wichtigsten Nahrungsmitteln bas Fleisch mit nur 500 Kalorien auf 100 Gramm Eiweiß an der Spize steht, während grobes Brot mit 7600 Kalorien am Ende der Tabelle steht. Seit dem Beginn des Maschinenzeitalters hat in allen Ländern eine mächtige Zunahme des Fleisch bedarfes eingefegt. Sie ist nicht willkürlich, sondern eine physiologische Notwendigkeit, fie gilt nicht nur für Kopjarbeiter, sondern auch für den größten Teil der industriellen Arbeiterschaft und für den größten Teil der landwirtschaftlich Tätigen. Der Fleischbedarf ist um so höher, je feiner und quali fizierter die Arbeit ist. Dazu kommt, daß Fleisch und Fett einen viel höheren Sättigungswert als Brot, Kartoffen oder Gemüse haben. Aus beiden Gründen, erklärt Kestner, ist ein reichlich er Fleischgenuß für den größten Teil unserer beruflich tätigen Bevölkerung dringend geboten. Die Gesamtmenge der Fleisch­nahrung ging von rund 52,4 Kilogramm 1911/13 auf rund 48,5 kilo­gramm im Jahre 1916 pro Kopf der Bevölkerung zurüd. Da mun aus den besprochenen physiologischen Gesetzen( vor allem Ersatz der menschlichen Handarbeit durch Maschinen, das heißt Verschiebung in der Richtung zur Kopfarbeit und Berdrängung der Mustelarbeit) eine Zunahme des Fleischverbrauches dringend erforderlich ist, der Berbrauch aber jetzt niedriger als vor dem Kriege ist, so ist und das ist der Kernpunkt der Kestnerschen Untersuchungen die Er­nährung falich.

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Prof. Kestner macht weiter darauf aufmerksam, daß eine vers mehrte Fleischnahrung zur besseren Berdaulichkeit die Zuführung zellulosereicher und kalorienarmer Stoffe verlangt, das sind vor allem alle Arten von Obst und Gemüse.

Eine Zusammenfaffung der Kestnerschen Untersuchungen führt zu folgendem Ergebnis: Wenn wir den arbeitenden Deutschen aller Be­rufe richtig ernähren wollen, so müssen wir alles tun, um den Genuß von Fleisch, Obst und Gemüsen aufs äußerste zu steigern. Das erfordert Umstellung eines Teiles der Land­wirtschaft, erfordert aber auch in den Städten, den Orten des Kon­fums, ein öffentliches Eingreifen, um die Preise von Obst, Salat und Gemüse zu erniedrigen. Vor allem müssen alle Maßregeln vermieden werden, die eine Preissteigerung von Fleisch und anderen notwendigen Nahrungsmitteln herbeiführen. Erst dann wird der Mensch richtig ernährt werden.

Eine Steigerung des Roggenbrottonjums allein ist ernährungs. physiologisch fein Fortschritt. Sie widerspricht dem natürlichen Be. dürfnis der arbeitenden Benölferung, das sich unter den modernen maschinellen Broduktionsmethoden auf eine Erhöhung der Ei meißzufuhr richtet. Höher als die landwirtschaftlichen Inter­effen steht das gesundheitliche Wohl des arbeitenden Boltes. Durch eine Umstellung des landwirtschaftlichen Betriebes wenigstens zum Teit auf Biehzucht und Fleischproduktion, auf Obst, uitd Gemüse­bau, ferner auf den Anbau der Sojabohne, deren Mehl als hoch­wertiger Eiweißträger den Eiweißgehalt des Roggenbrotes aufwertet und dadurch die Beizeneinfuhr herabmindert, fann beiden Teilen, Produzenten und Konsumenten, geholfen werden.

Dr. Mosés.

Experimente an Menschen

Neue Richtlinien des Reichsgefundheitsrates. Aerzte über dem Bemühen, neue Wege in der Krankheitsbekämpfung Gewisse Borsälle in der Pragis haben ergeben, daß manche zu finden, die Achtung vor dem menschlichen Körper als dem Ber­suchsobjekt allzu sehr vergaßen. Im Borwärts" und im Abend ist feinerzeit unter Darlegung zahlreicher Fälle gegen derartige mißstände energisch Protest erhoben worden. Reichstag und Reichsgesundheitsrat beschäftigten sich mit ihnen. Das Resultat der Beratungen des Reichsgesundheitsrats find Richt linien, die wir hiermit veröffentlichen:

Im Reichsgesundheitsrat ist unter dem Vorsitz des Präsidenten des Reichsgesundheitsamts am 14. März 1930 die Frage, inwieweit experimentelle Untersuchungen am Menschen zulässig sind, eingehend beraten worden. Referate wurden hierbei von den Mitgliedern des Reichsgesundheitsrats, Reichstagsabgeordneten Dr. Moses, Ge­heimen Rat Professor Dr. von Müller München, Geheimen Medizinalrat Profeffor Dr. Schloßmann- Düsseldorf und Ge­heimen Sanitätsrat Dr. Stauder Rürnberg erstattet. Die von ihnen vorgelegten Richtlinien finden die einmütige 3ustim mung des Reichsgesundheitsrats.

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In diesen Richtlinien wird die Unentbehrlichkeit missenschaftlicher

Bersuche an Menschen für die notwendigen Fortschritte in der Er­fennung, der Berhühmg und der Heilung pon Krankheiten an erkannt, andererseits die besondere Berantwortung, welche die Bor nahme folcher Versuche dem Arzt auferlegt, betont. Jeder Versuch am Menschen soll nach seiner Notwendigkeit wie auch noch der Art seiner Durchführung den Grundfäßen der ärztlicheit hit entsprechen. Abgelehnt wird jedes grund- und planloſe Experimentieren, somie jeder Versuch am Menschen, der durch dest Tierversuch zu ersetzen ist, ferner alle Versuche an Sterben­den, soweit sie nicht zum Zweck der unmittelbaren Lebenserhaltung unternommen werden müssen, sowie alle Versuche, mit denen eine Ausnutzung sozialer Rotstände verbunden ist.

Borbedingung jeden Versuchs am Menschen ist, daß zupor alle Sicherungen, die durch den Laboratoriums- oder Tierversuch ge­wonnen werden fönnen, getroffen worden sind. Ein Versuch darf lichenfalls ihr gefeßlicher Bertreter auf Grund einer vorangegangenen nur eingeleitet werden, nachdem die betreffende Person oder erforder. Belehrung fich hiermit einverstanden erklärt hat. lleber jeden Versuch ist eine genaue Aufzeichnung zu fertigen. Bersuche in Krantenanstalten aller Art dürfen nur von dem leitenden Arzt selbst oder in dessen Auftrag und unter seiner vollen Berantwortung von einem anderen Arzte ausgeführt werden. Bei Kindern sind Versuche, die sie auch nur im ge. ringsten Gefährden könnten, nur insoweit gestattet, als sie zur Fest­ftellung der Diagnose oder zur Berhütung und Heilung von Krant heiten geboten sind.

Die Form der Veröffentlichung der Ergebnisse von Bersuchen darf die gebotene Achtung vor dem Kranten keinesfalls vermissen laffen. Schließlich wird noch gefordert, daß schon in akademischen Unterricht auf die große Berantwortung, welche die Vornahme von Versuchen am Menschen für einen Arzt mit fich bringt und auf die Notwendigkeit einer auch in ethischer Hinsicht einwandfreien Bekanntgabe der Verfuchsergebnisse besonders hingewiesen werde.

In sehr flarer Weise erläutert Restner die physiologischen Not­wendigkeiten, die sich aus den Aufgaben der Nahrung ergeben: Die Nahrung liefert das Brennmaterial für die Tätigkeit des Körpers und sie dient dem ständig erforderlichen Auf- und Umbau des lebenden Rörpers. Die erste Aufgabe erfüllen alle Nah­rungsstoffe ohne Unterschied, die zweite nur das Eiweiß. Die Größe des Um- und Anbaues ihres lebenden Körpers ist für alle Menschen ziemlich gleich. Daher ist der Eiweißbedarf in allen Ländern und Berufen recht gleichmäßig. Die Menge Brennmaterial, die der einzelne braucht, richtet sich dagegen wesentlich nach feiner Mustelarbeit. Der förperlich Schmerarbeitende braucht viel mehr Nahrung als der Mensch ohne Mustelarbeit. Dieses physio logische Gesetz steht über dem Willen und den Neigungen des einzel­nen. Ihm zufolge hat sich mit der Aenderung der Arbeit zwangs läufig auch die Ernährung des Menschen geändert. Seit die ma. schine die menschliche Mustelarbeit verdrängt hat, und der Menfchnahmen geben,

Die vom Reichsgesundheitsrat empfohlenen Richtlinien werden vom Reichsministerium des Innern den Landesregierungen über mittelt werben und dürften diesen Anlaß zu entsprechenden Maß.