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Beilage
Freitag, 28. März 1930
Der Abend
Shalausgabe des Vorwäre
Vater, warst du im Krieg?
Was sollen wir unseren Kindern vom Kriege sagen?
Die Frage, ob es noch einmal Krieg geben wird oder ob der| furchtbares Ereignis, das nicht geeignet wäre, die Erlebnis: Weltfrieden gesichert ist, wird von uns Erwachsenen leidenschaftlich neugierbe zu wecken auch gerade bei den Beften, in denen diskutiert. Aber entschieden werden wird sie erst von den kommender Trieb lebt, sich vor sich selbst jeder Not und Gefahr gewachsen zu zeigen. Ich fürchte, daß das vielfältige Schrifttum der den Generationen. Wie die Entscheidung fallen wird, hängt ab Kriegsromane, auch soweit es nicht friegerischen Instinkten, von dem Geist der Menschen, die heute noch Kinder sind, und darum mißt man der Schule als Wegbereiterin der Zukunft mit sondern gerade der Friedensgesinnung dienen will, tatsächlich nicht im Sinne der Friedensgefinnung wirtt, vielmehr einen dem Schwindel Recht die größte Bedeutung zu. Stärker aber noch als der Ein- gefühl verwandten Zustand hervorruft: Grauer vor der Tiefe, aber fluß der Schule ist der des Hauses, der Familie und vor allem zugleich den unwiderstehlichen Zug in die Tiefe. Man sollte vom des Baters. Die meisten Bäter unserer Zeit haben den Welt- Kriege nicht zur Phantasie fprechen, sondern nur zum trieg als Teilnehmer miterlebt, fie müssen jetzt über ihr Erleben, Berstande, ihn mit aller Selbstverständlichkeit als die große und thr Handeln und Unterlassen, ihren Kindern Rechenschaft ablegen. nicht mehr zeitgemäße Torheit der Menschheit behandeln, die er ft, das scheint mir die Richtlinie ,, Bater, warst du auch im Krieg?". ,, Bater, was hast du denn ihn dadurch sozusagen entzaubern der Friedenspädagogik zu sein. im Krieg gemacht?"- ,, Bater, warum bist du denn in den Strieg gezogen?" Das sind Fragen, die heutzutage millionenfach gestellt werden. Wie follen wir sie beantworten? Darüber foll hier eine Aussprache eröffnet werden. Bir haben den ehemaligen Reichsjustizminister Prof. Dr. Radbruch in Heidelberg gebeten, in ihr als erster das Wort zu ergreifen. Er tut es mit den folgenden Ausführungen:
Lieber Genoffe!
Sie wollen im„ Borwärts" eine Aussprache über die Frage era offnen, wie wir einstigen Feldsoldaten unseren heranwachfenden Kindern die geheimnisvollen und abenteuerlichen Tatsachen unseres Borlebens begreiflich machen follen", insbesondere ,, wenn man Draußen gewesen ist, ohne gemußt" zu haben". Ich kann darauf nur antworten: indem man sagt, wie es mirtlich gewefen i ft. Diese Antwort nätigt mich aber, persönliche Bekenntnisse abzulegen, die fich besser für eine Aussprache unter vier Augen eignen würden als für einen Zeitungsauffag. Gerade als Ihr Brief ein traf. hatte ich meine Notizbücher aus der Kriegszeit durchgesehen, und was ich Ihnen heute schreibe, lehnt sich an diese Aufzeichnungen meist wörtlich an, ist also nicht nachträgliche Konstruktion.
Die landläufige Kriegsideologie mußte mir nach meiner Ber anlagung fern liegen. Ebensowenig besaß ich die glückliche Eigen fchaft, alles Recht, alle Moral und alle Kultur nur auf der eigenen Seite zu fuchen. Aus diesen Quellen floffen qlso die Gesinnungen nicht, die mich veranlaßten, allen freundschaftlichen Bemühungen Iroß zu bieten, welche mich vor dem Geschicke dieses Krieges bewahren mollten.
Aber ich glaubte mur mit den Ehrenzeichen dieses Krieges auf ber Brust, Beweisen, daß persönliche Furcht oder Weichlichkeit an meinen Gesinnungen teinen Anteil hätten, später wirffum gegen die Mächte, die diesen Krieg zu verantworten hatten, protestieren zu fönnen. Ausschlaggebend war jedoch nicht dieses pazifistische Moment, sondern das soziale.
In Rants Kritik der praktischen Bernunft" gibt es eine Stelle, baß es immer ein Gefühl der Schuld, eine Art Erbsünde bleibe, es besser zu haben als andere, ohne besser zu sein. Das ist für manchen nichtproletarischen Sozialisten das Grundgefühl seines Sozialismus und das ist auch das Hauptmotip meiner tätigen Teilnahme am Kriege. Mir ist die große Konspiration der Gebildeten, d. h. der Begüterten, dieses fie alle ohne Rücksicht auf ihre Individualität verbindende Klassenbewußtsein nie greifbarer geworden als beim Militär. Bielfältig streckten sich mir sofort Hände entgegen, die mich aus der vermeintlich unerträglichen Lage des gemeinen Mannes freundlich herausziehen wollten, und auch die Mannschaften waren zwar im allgemeinen darüber empört, fanden es aber im Einzelfall ganz felbstverständlich, daß der Gebildete fich ein möglichst ungefährdetes und mühelojes Pöstchen suche. Man verstand es faum, daß ich an solcher flaffenmäßig begründeten Beporzugung Anteil zu haben verschmähte und mich ihrer erwehrte.
Ich will nicht leugnen, daß mich während meiner Kriegsteilnehmerschaft zeitweise der Sinn für das Soldatische, der mir von Kind an anerzogen war, und der Reiz des Aben teuers mitgerissen hat. Es gab Wochen, wo ich es nicht über nich gewinnen fonnte, irgendeinem Patrouillemunternehmen fern zubleiben. Ich will mich deffen nicht etwa rühmen denn Mut benn Mut gehörte an unserer wenig gefährdeten Landwehrfront dazu nur in geringem Maße, vielmehr gerade dessen bezichtigen. Ich notierte mir damals, daß ich jetzt verdammt sei, jede Patrouille mitzumachen, meil ich als Bube zu menig Aepfel gestohlen hätte, tam mir also mit meinen 36 Jahren dabei ziemlich unreif und als eine Art Don Quichotte unter den besonnenen Kameraden vor. Dieje alten Bandmehrleute hatten den Grundsatz, pflichtbewußt zu tun, wozu fie tommandiert waren, aber nicht mehr; fie glaubten, das Risito jeder Art von Freiwilligkeit mit ihrer Pflicht gegenüber ihrer Familie nicht vereinbaren zu fönnen. Ich habe bald einsehen gelernt, daß diese Landwehrethit mit ihrem glanzlofen Pflicht hemußtsein und nicht der leichtfertige Bagemut im Rechte war. Ich fand bei den Mannschaften überhaupt cine viel menschlichere Be urteilung der aus dem Krieg erwachsenen Verhältnisse als bei den Difizieren, die durchschnittlich in den ausgetretenen Bahnen der handläufigen Kriegsideologie dachten.
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Da haben Sie, lieber Genosse, statt eines Zeitungsauffages ein persönliches Befenntnis, und ich überlaffe es Ihnen, ob es Ihnen auch als Zeitungsauffag geeignet erscheint.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Rabbruch.
reifen Kinde nicht nur auf die Sache, sondern auch auf die psychische Entwicklung selbst bezieht. Gind unsere Kinder erst zu 15, 16 Jahren herangereift, befürchte ich stehen wir vor einer neuen Gefahr. Dann werden unsere Kinder uns bedrängen, Kriegserlebnisse zum besten zu geben, und wir, werden wir uns dann versagen? Manche von uns werden sich noch an die eigene Kindheit erinnern, wie sie damals die Großeltern bedrängten, von dem Krieg 70/71 zu erzählen und mit welcher Gier jede noch so geringfügige Einzelheit verschlungen wurde. Ist auch nur: einer unter uns, den das Gehörte nach der friedensfreundlichen Seite hingeworfen hätte? Oder einer, der in den Krisentagen des Jahres 1914 daran gedacht hätte?
Schweigen oder sprechen:
Was also sollen wir tun? Unser Instinkt wird uns, wie das unseren Frauen und Kameraden gegenüber heute schon geschieht, dazu verleiten, dem Drängen nur allzu gern nachzugeben und je nach Temperament und Beranlagung sich selbst an der Erinnerung erregend zu schildern, zu prahlen, zu bramarbasieren, aufzuschneiden oder das llebel in trasfestem Licht auszumalen. Auf keinen Fall wird es ohne diese feltsame eigene innere Erschütterung abgehen. Und wer wollte zweifeln daß das auch die jungen Zuhörer mit
Gespräche und Zweifel reißt und mit der Sehnsucht erfüllt, das Grauen des
Meine Kinder, ein Junge und ein Mädchen, sind heute neun und sieben Jahre alt. Die Gespräche über den Krieg fingen nicht erst heute oder gestern an. Der Junge mochte knapp sechs Jahre alt gewesen sein, da gab es die ersten Debatten. Entscheidend an all diesen Gesprächen ist das eine: bis auf den heutigen Tag ist es nicht möglich gewesen, den Kindern eine klare Vorftellung von dem Begriff Krieg zu geben. Dafür fehlen in den kindlichen Gehirnen alle Borausseßungen. Krieg ist, menn man miteinander handgemein wird. Das ist das einzige, was ihnen verständlich ist, da sie es aus eigener Anschauung fennen. Unverständlich bleibt ihnen der Begriff des Truppenförpers, unverständlich der Begriff der Raumverschiebung in größerem Rahmen, um die sich die kriegerischen Operationen abspielen, unverständlich der Begriff der Kriegsdauer, unverständlich der Begriff feindlicher Nationen und Staaten, sowie der Begriff der Kriegsurfachen. Mit anderen Worten: Das Kind faßt den Krieg als individualisti fche Einzelhandlung auf, begreift ihn nur als einmalige eng begrenzte fämpferische Handlung, nicht dagegen als Kollettiv gefchehen und Dauerzustand.
Ein typisches Gespräch als Beispiel:
Sohn: Papa ist in den Krieg gegangen? Wohin ist er denn da gegangen?
Bater: Weit weit weg an die Grenze. Sohn: Was ist das?
Bater: Wo Deutschland aufhört und Frankreich anfängt. Sohn: Benn Berlin zu Ende iſt, tommt man dann nach Frankreich ?
Bater: Frankreich ist viel weiter. Da muß man einen ganzen Tag mit der Eisenbahn fahren.
Tochter: 3ft Berlin größer als Deutschland ? Bater: Nein, Berlin ist nur eine Stadt von Deutschland . Tochter: Aber wo Berlin aufhört, da fängt Göttingen an? ( Der Wohnort des Großvaters.)
Bater: Nein, dazwischen liegt noch viel Land, Tochter: Gehörr Göttingen schon zu Frankreich ? Bater: Göttingen gehört noch zu Deutschland . Wenn man nach Frankreich will, muß man noch viel weiter fahren. Sohn: Ist Papa abends immer vom Krieg nach Hause gefommen, Mutti?
Mutter: Nein, er ist immer dort geblieben. Sohn: Aber er muß doch essen! Hast du ihm das Essen gebracht?
Mutter: Nein, das haben sie dort bekommen. Sohn: Aber in der Nacht mar doch fein Krieg? Bater: Doch, es war immer Krieg, Tag und Nacht. Sohn: Aber mann habt ihr denn geschlafen?
Bater: Wir waren viele. Die einen haben geschlafen und Die anderen gewacht. Und wenn die müde waren, haben wir es umgefehrt gemacht.
Sohn: Aber wenn ihr geschlafen habt, war doch tein Strieg! Bater: Doch.
Gohn: Wenn man schläft tann man doch nicht lämpfen! Bater: Es wird auch nicht immer gefämpft im Strieg! Und so weiter.
Es ist also nicht möglich, dem Kinde eine Borstellung vom Striege zu geben, sofern er sich über die fämpferische Einzelhandlung heraushebt. Die Frage ist nun, was man dem Kinde von der lämpferischen Einzelhandlung jagen foll, ohne ihm und damit auch der pazifistischen Ideologie zu schaden. Ich erinnere mich, einmal in Gegenwart der Kinder von einem schmeren Kriegserlebnis ere zählt zu haben. Ueber der Erinnerung hatte ich fie vergessen. As sie zufällig in mein Blickfeld tamen, war ich über die molluftig grufeinde Atemlosigkeit erschroden. mit der fie der Er zählung folgten und bog schnell ab. Seitdem vermeide ich es, mit ihnen über die allmähliche Aufklärung abstrafter Begriffe hinaus über den Krieg zu sprechen, da ich zu der Ueberzeugung gelangt bin, daß es ihren Nerven und ihrer geistigen Entwidlung schadet. Bermeide es um so mehr, als ich mir im flaren darüber sin, daß die Erinnerungen an den Krieg, die mich von Seit 3 Beit ( in immer größeren Zeitabschnitten übrigens und immer blasser) überfallen und mich drängen, von ihnen zu sprechen, jenseits aller pazifistischen Gesinnung liegen. Ich für mein Teil tann nicht leugnen, daß die Teilnahme am Krieg zum stärksten Wenn ich nun von diesem eigenen Kriegserlebnis aus Ihre Erleben meines Daseins gehört. Die Grinnerung daran packt und Frage nach der Pädagogit des Friedens zu beantworten fuche, so wäre erschüttert mich jenseits von gut und böfe, mag ich den Krieg verihre erste Aufgabe, dem natürlichen jugendlichen Abenteuer und Bestandesgemäß auch noch so sehr verdammen. So wie mir, glaube währungstrieb rechtzeitig andere Bentile in Sport, Spiel und ich, geht es jedem, der mit dabei war. Sonst würden die Gespräche Banderung zu öffnen, die zweite, alles zu vermeiden, was der Kriegsteilnehmer nicht immer wieder auf den Strieg tommen. diefen Trieben in der Richtung auf den Krieg Nahrung geben tönnte. Dahin gehört aber fast jede fonkrete Erzählung vom Krieg, auch wenn sie nicht der Kriegsromantik huldigt, sondern den Striegs. fhreden nadi barzustellen bemüht ist, denn es gibt lein noch so
Durch das enge Zusammenleben mit Boltsgenoffen jedes Berufs bedeutete mir das Kriegserlebnis etwas Aehnliches wie das ins Bolt Gehen" für die russischen Narodniki, die endgültige Bestärtung meiner fozialistischen Ueberzeugung. Das war der pofitive Ertrag meiner Kriegszeit außerdem das enge Zusammenleben mit der Natur, daß Nacht wieder Nacht und Lag Tag und Bald Schatten und Deckung ist usw., und etwa noch die Bewußtwerdung mancher Schlummernden Fähigkeit zum Leisten wie zum Ertragen.
Das im Rahmen des Themas einzuschalten ist notwendig, meil es Klarheit darüber schafft, was man feinem Kind vom Kriege fagen foll. Gerade in der Biebergabe des persönlichen Erlebnisses sehe ich eine große Gefahr, die sich beim tleinen und beim halbe
Krieges zu erleben. Sollen wir also schweigen oder sollen mir fühl und falt berechnend versuchen, unter möglichster Ausichaltung alles Abenteuerlichen und Erregenden ein Bild von dem nuglofen und verheerenden Uebel des Krieges zu geben?
Hier stehen mir vor entscheidenden Fragen. Erster Impuls und verstandesgemäße lleberlegung reden eine verschiedene Sprache. Die Wahrheit ist relativ: sie hat zwei Gesichter. Würden wir dem hemmungslosen Gefühl folgen, so ergäbe sich ein Bilderbuch des Krieges, das, mag es noch 10 abschreckend sein, jene unheimliche Anziehungskraft des Abenteuerlichen und Graufigen ausstrahlt( wie. ja die Wollust des Schredens, nehmen wir nun ein Eisenbahnunglüd, einen Hauseinsturz, ein Grubenunglück oder eine Ueberschwemmungskatastrophe, überhaupt eine taum ganz eindeutig zu erklärende Gewalt über den Menschen hat). Das ,, Vater war in Krieg" würde, ob man will oder nicht, in das verlockende Zwitterlicht des Heroismus gerückt. Felgen wir dagegen der ver itandesgemäßen Ueberlegung, so ergibt sich ein Gesamtbild des Krieges, das zwar als solches abstraft richtig sein mag, das aber. das persönliche Erleben fälscht.
So tommt es, daß es zwar gar nicht so schwer ist, bem reiferen Kinde abstrakt das Erbübel des Krieges darzulegen und das Kind verstandesgemäß für den Pazifismus zu gewinnen, daß aber die Lösung der Aufgabe Jehr schwer wird, sobald es sich darum handelt, fie nach der Gefühlsfeite hin zu lösen. Es liegt nahe, hier die Schweigetaltik einzuschlagen, und doch würde ich das nicht für richtig halten. Das Indianer, Trapper oder Kriegsspiel unserer Knaben, die Neigung gerade der heutigen Jugend zu der Soldatenspielerei der verschiedenen Verbände beweisen deutlich, daß der Gefühlsfaktor, der uns selbst bei der Betrachtung triegerischen Erlebens in so große Berlegenheit bringt. bei unseren Kindern nicht ausichaltbar ist. Man wird versuchen fönnen, ihn abzulenten, unterdrücken fönnen wird man ihn nicht. Ja, es fann vorkommen, daß, wenn wir schweigen, unfere Jungen desto lauter reten. Ich erinnere mich, daß mein Junge einmal, als das Gespräch unter Altersgenossen auf die Kriegserlebnisse der Väter kam, das Blaue vom Himmel herunterlog und mich als einen wahren Dschingis Khan darstellte. Die Anbetung blutrünstiger Gewalt( siehe die Verehrung, die Sowjetrußland, der Faschismus, der gewalttätige Kommunismus und der Nationalfozialismus in weiten Kreisen genießt) und das Bedürfnis, fich an diesem Idol orientierend aufzuschneiden, sind eben auch heute noch im Menschen sehr tief verwurzelt. Die noch nicht gehemmte und unbewußte Jugend ist nur ein besonders flares Spiegelbild dessen. Und ich befürchte, wenn bei einem elementaren Ereignis dieses Gefühl bis dahin unterdrückt und abgelenft plöglich wad gerufen wird, dann rächt sich die Schweigetaltik bitter.
Klarheit
Deshalb, denke ich, ist es besser, vollkommene Klarheit zu schaffen, indem man sich bemüht, vollkommen wahrhaftig zu sein. Eine Wahrhaftigkeit, um die man mill man nicht heucheln doch nicht herumfommt, wenn das Kind die Frage an einen richtet: Bater, weshalb warst du im Krieg?" Gewiß wird es unter den reifen Menschen und vor allem unter den Familienväfern sehr viele gegeben haben, denen 1914 lediglich Pflichtgefühl und 3wang die Waffe in die Hand drückte. Aber ich glaube, unter den jüngeren gibt es nicht sehr viele, die nicht u. a. auch Abenteurerluft und der unwiderstehliche Drang, bei diesem außergewöhnlichen Erleben mit dabei zu sein, in den Krieg hineintrieb. Und das muß ausgesprochen werden.
Freilich kommt es hier sehr auf das Wie an. Wie fich bei der Schilderung persönlichen Erlebens Temperament und Charakter des einzelnen nicht ausschalten lassen, so werden auch die Jugendlichen je nach Veranlagung und Temperament verschieden reagieren. Es ift dasselbe wie bei einem Unglücksfall. Während die einen neu gierig dabeistehen und sich mit der Rolle des Zuschauers begnügen, Die anderen erschreckt davonlaufen, werden die dritten helfend e- greifen. Das läßt sich nicht ändern und allgemein gültige Berha tungsmaßregeln aufzustellen, ist unmöglich. Aber das eine läßt sich wohl doch sagen. Man mag veranlagt sein wie immer mal den Krieg als ein nach besten Kräften zu bekämpfendes Uebel erkannt hat und sich diese Aufgabe gerade dann vor Augen hält, wenn er vom Kriege und von seinen Kriegserlebnissen spricht. wird auch in diesem Augenblick im Sinne der pazifistischen Ideologie wirken, chyme fein gefühlsmäßiges Erleben verfälschen zu müffen, und der Appelí an bie Einsicht wird faum vergebens sein.
mer ein:
Ein offenes Schuldbekenntnis ist das Beste und die Mahnung: Mach's beffer wie wir und fämpfe dein Leben lan wie wir Alten es jetzt auch tun dafür, daß ein menfchenunwürolger Atavismus wie der Krieg von der Menschheit ebenso in Acht und Bann getan wird, wie das bei fonftigem Mord und Totschlo Lepère. schon der Fall ist.