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Morgenausgabe

Ar. 153 A 77

47.Jahrgang

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Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

Berliner Bolksblatt

Dienstag

1. April 1930 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einipaittge Ronparetezeile 80 Bfennig. Reflame eile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen das etige brudte Wort 25 Pfennig( zufäffig met fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig. jebes weitere Bort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben Bählen für zwei Borte. Arbeitsmartt Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglic Don 8 bis 17 Uhr.

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Borsig stürzte Müller- Wiffell.

Bur Borgeschichte der Regierungskriſe.

policing Bur

Die Regierung Brüning- Schiele Treviranus Dabei meift fie darauf hin, daß die vom Kabinett vorgesehene Bei.| bei diefer Sachlage u. E. ber Umweg über den Vorstand der Reichs­stellt sich heute nachmittag dem Reichstag vor. Morgen wird tragserhöhung auf 4 Broz. praktisch einer Beitragserhöhung von man von ihrem Programm reden müssen. Wir beeilen uns 1 Broz. gleichkommt, da die derzeitige Beitragshöhe von 3% Proz. Daher, heute noch von ihrer Entstehungsgeschichte bis zum 30. Juni 1930 befristet ist. Bei dieser pflichtgemäß von der zu sprechen: fie liefert einen Koramentar zu ihrem Pro- Arbeitgeberleite einzunehmenden Haltung, die auch der Reichsregie gramm. rung auf Grund der bisherigen Berhandlungen nicht unbekannt sein dürfte, ift es völlig unmöglich, daß im Vorstand der Reichs­anstalt ein Beschluß über eine Beitragserhöhung zustande tommen tann. Da die an den Borstand zu erteilende Ermächtigung fich lediglich auf die eine Seite, nämlich die Beitragserhöhung, be Ichränkt, ist damit die Möglichkeit zu produktiver Arbeit auf diesem Gebiete auf der Grundlage des Beschlusses des Reichstavinetts im Borstand der Reichsanstalt nicht gegeben.

Am 27. März zerfielen die Parteien der Großen Roa­lition in zwei Lager. Die Sozialdemokraten verwarfen einen Kompromißvorschlag der Parteien zur Arbeitslojen frage und bekannten sich zu dem Regierungsent wurf. Die Bürgerlichen weigerten sich, zu dem Regierungs­entwurf, der mit den Stimmen ihrer Minister befchloffen mar, zurüdzukehren und und verharrten bei der Kom promißlösung. So tam es zum Bruch. Der Reichs= fanzler fonnte entgegen feiner Absicht nicht mehr an den Reichstag gehen, weil ihm die bürgerlichen Minister weg­gelaufen waren. Jetzt bilden die Anhänger der Kompromiß­lösung die Regierung, und die Anhänger des von den Bürger lichen im Stich gelaffenen Regierungsentwurfes sind in der Opposition.

Wie fam es nun, daß die Bürgerlichen den von ihnen mitbeschlossenen Regierungsentwurf im Etich ließen? Diese Frage wird beantwortet durch den folgenden Brief, den Herr v. Borsig namens der Bereinigung der Deutschen Arbeit geberverbände Anfang März an den Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer gerichtet hat:

Sehr geehrter Herr Minister!

In der Vorstandssitzung der Reichsanstalt für Arbeitsvermitt fung und Arbeitslosenversicherung sind von dem Herrn Vertreter des Reichsarbeitsministeriums, Ministerialdirektor Dr. Beigert, dem Vorstand der Reichsanstalt offizielle Mitteilungen über das Gr gebnis der Kabinettsbeschlüsse gemacht worden, soweit fie die Sanierung der Reichsanstalt betreffen. Hiernach soll neben Darlehen des Reiches in Höhe von 150 Millionen Mart und einem Zuschuß des Reiches aus den Industrieobligationen in Höhe von 50 Millionen Mar! dem Vorstand der Reichsanstalt die Ermächti. gung erteilt werden, die Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bis zu 4 Proz. zu erhöhen. Ueber die Erhöhung beschließen unter Borsiz des Präsidenten der Reichsanstalt lediglich die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeisiger mit qualifi zierter Mehrheit.

Eine Ermächtigung, von der Leistungsseite Er­sparnismaßnahmen zu beschließen, foll für den Vor­stand der Reichsanstalt nicht vorgesehen werden. Kommt ein Beschluß des Vorstandes in der Frage der Beitrags­erhöhung nicht zustande, so beschließt die Reichsregierung über die Erhöhung, wobei das Reichsfabinett schon jetzt von der Grund. auffaffung ausgeht, daß angesichts der Lage des Arbeitsmarktes die Einnahmen der Reichsanstalt durch Beitragsherauffegung erhöht werden müssen. Der§ 163 des Gesetzes bleibt im übrigen durch die im Etat angesetzte Summe von 130 Millionen Marf unberührt, lo daß im Bedarfsfalle bei entsprechender Lage des Arbeitsmarttes

auch über die Summe von 150 Millionen Mart hinaus, d. h. über

die im Etat vorgesehenen Mittel, Darlehen an die Reichsanstalt zu gewähren sind.

Der Borstand der Reichsanstalt hat auf Grund dieser Mit­teilungen über diese dem Vorstand einzuräumende Befugnis ein­gehend verhandelt. Hierbei hat sich die Arbeitgeberseite geschloffen auf folgenden Standpunkt gestellt, von dem wir dem Herrn Reichs. finanzminister Renntnis zu geben für notwendig halten:

Die Arbeitgeberseite geht davon aus, daß eine weitere Erhöhung der Beiträge in der Arbeitslosenver ficherung mit der Lage der Wirtschaft und der auch von der Reichsregierung wiederholt program. matisch betonten Notwendigtett der Entlastung ber Wirtschaft nicht vereinbart werben tann. Sie sieht sich deshalb im Rahmen der ihr obliegenden wirtschaftlichen Verantwortung

völlig außerstande, bei etwaigen Verhandlungen des Borstandes der Reichsanstalt einer Beitragserhöhung über das bereits vorhandene ungewöhnliche Man hinaus ihre Zustimmung zu erteilen.

Die Arbeitgeberseite muß eine Mitbeteiligung an der artigen Verhandlungen im Vorstand der Reichsanstalt in dieser Frage um so mehr ablehnen,

als der Beschluß des Reichskabinetts zum Ausdruck bringt, daß im Falle des Richtzustandekommens einer Einigung im Borstand der Reichsanstalt das Reichskabinett felbst die Beitragserhöhung zu be schließen gedenkt. Wenn die deutsche Reichsregierung unter den gegenwärtigen Wirtschaftsverhältnissen die Verantwortung für eine derartige Mehrbelastung der Wirtschaft durch die in Aussicht ge nommene Beitragserhöhung übernehmen zu tönnen glaubt, so ift

anstalt pöllig zmedlos. Er ist dies um so mehr, als bei der gefenn­zeichneten Einstellung der Arbeitgeber diesbezügliche Verhandlungen im Vorstand der Reichsanstalt lediglich den Erfolg haben tönnen, die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeinehmern in der Selbstverwaltung der Reichsanstalt erheblich zu gefährden. Die Ermächtigungen, die nach den Beschlüssen des Reichs­fabinetts an den Borstand der Reichsanstalt erteilt werden sollen, bedeuten angesichts der oben geschilderten Einschränkungen in Wahr­heit nicht im entferntesten die Herbeiführung einer irgendwie ins Gewicht fallenden Selbständigkeit und Selbstverantwortung des obersten Selbstverwaltungsorgans der Reichsanstalt für deren Haushalt.

Die Arbeitgeberseite des Vorstandes hat sich daher bereits fehr ernfilich die Frage vorlegen müssen, ob von ihr

im Falle der Durchführung eines derartigen Kurses in der Regierungs- und Reichsanstaltspolitik die Uebernahme einer weiteren mitverantwortung in der Berwal­fung der Reichsanstalt im Rahmen der von ihr wahrzunehmenden wirtschaftlichen Interessen getragen werden kann.

Wir gestatten uns, Ihnen, jehr geehrter Herr Minister, von­dieser Stellungnahme der Arbeitgebergruppe des Borstandes der Reichsanstalt ergebenft Renntnis zu geben, wobei pir im übrigen

Vor der Regierungserklärung.

Die Haltung der Deutschnationalen .

Das Bünglein an der Waage.

Die deutschnationale Reichstagsfraktion wird sich heute darüber entscheiden, melche Stellung fie zur Regierung Brüning Schiele einnehmen will. Die Organe des Herrn Hugenberg rechnen Brüning vor, daß er von der Gnade der Deutschnationalen abhängt. Die reu eitung" estarps Organ bereitet vorsichtig eine Tolerierung der Regierung vor:

Kreuz­

,, Entweder lehnt die Partei geschlossen oder doch mit etma 15 bis 20 Stimmen das Mißtrauensvotum ab, oder aber es ist noch nicht einmal für die Duldung dieses Kabinetts eine Mehrheit zu er reichen. Das bedeutet natürlich Auflösung des Reichstags und würde unter Umständen eine hinauszögerung dring­lichster Agrarmaßnahmen zur Folge haben, weil nicht mehr genug 3eit, verbleibt, sie durchzuführen. Kann die Deutsch nationale Boltspartei diese Berantwortung übernehmen? Kann fie fich überhaupt Zeitpunkt und Mittel ist nicht vielmehr zu hoffen, daß sie von sich aus entscheidet, was threr Opposition von den Sozialdemokraten vorschreiben lassen, oder ist nicht vielmehr zu hoffen, daß sie von sich aus entscheidet, was zu tun ist, sobald sie einmal gesehen hat, wohin der Kurs von dem

neuen Kabinett gesteuert wird?"

Tageszeitung": Sie wird dabei unterſtügt von der Deutschen

Bunächst wird es also darauf ankommen, was die Er­

11ärung enthält, mit der bie neue Regierung morgen nach mittag vor den Reichstag treten will. Sie muß wenigstens auf dem Gebiet der Agrar. und Ostfragen ein umfassendes, flares und greifbares Programm bringen, das volle fach lie Sierheit hinsichtlich der hauptsächlichen Maßnahmen Regierung sich auch die nötige Bertrauensgrundlage im Bolle wie wie ihrer Durchführung bietet. Geschieht das, dann wird die neue

im Parlament schaffen."

Sturz oder Blafatierung des Bürgerbloccaratters das ist die Alternative, vor der das Kabinett Brüning steht!

Herr Treviranus erklärt.

berg in die Hand fiel und zu einem Ausschlußverfahren gegen Treviranus und dann zur Sezession aus der deutschnationalen Partei führte. In diesem Brief heißt es wörtlich u. a.: mendig erachtet worden, für den Fall, daß eine Erneuerung in der ,, Es ist inzwischen von mir und meinen Freunden als noi­deutschnationalen Parteileitung sich als nicht gangbar erweist, eine

neue Form vorzubereiten, unter der eine fortschrittliche fonser= vative Politit, die ihre konservativen Grundlagen nicht verleugnet, weitergeführt werden kann.

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Der Tod Stresemanns hat für viele, die bisher in der DVP. waren, die Bahn freigemacht für eine Neuorientierung. Das 3en trum wartet. Dafür fann ich mich verbürgen nur auf die Klärung in der Rechten, um den Bruch durchgreifende Reichs und Finanzreform mit mit der Sozialdemokratie aufzunehmen und eine uns im Bunde durchzuführen. Die Person Hugenbergs präsidenten, als unübersteigliches Hindernis." und die Tendenz der Aldeutschen gilt, wie beim Reichs­

Herr Trepiranus hat also einigen Anlaß, sich als Bater des Kabinetts zu fühlen, und so hat er feine Hemmun flärungen für diese Regierung abzugeben. Einer gen, sofort nach seiner Ernennung die positipsten Er­Reihe von Zeitungen des Inlandes und des Auslandes hat er gestern die folgenden Darlegungen übergeben:

,, Die bisherigen Bersuche, die die lehte Koalitionsregierung Mo­nate hindurch unternahm, um dem meiterschreitenden Unheil zu

Steuern, haben versagt. Aus diesem Grunde hat der Reichspräit­

dent eingegriffen.

Auch diese Regierung ist selbstverständlich bereit, mit der Boltsvertretung zufammenzuarbeiten. Sie fann fid aber durch Mißtrauensvofen oder parlamentarische Niederlagen vor Ablauf der Sanierungsarbeit nicht von der Erfüllung ihrer Pflichten Ablauf der Sanierungsarbeit nicht von der Erfüllung ihrer Pflichten abhalten laffen.

Wenn jetzt Bermutungen über die Haltung der Deutschnatio nalen Bortei angestellt werden, so gehen sie an der Tatsache vorbei, daß der Versuch, Neuwahlen zu erzwingen, nur für die Parteien ein Risito wird, nicht aber für die Reichs­regierung, die mit dem Motstandsartitel der Ber­fassung die praktische Arbeit weiterführen würde."

Damit hat der neue Minister gegen die Räumung der Er fann die Regierungserflärung nicht abwarten. besetzten Gebiete sehr vorlaut einen der wichtigsten Bunkte der Regierungserklärung vorweggenommen. Der Entschluß. Das politische Spiel.maßgebender 3entrums.Etatsgefeße mit dem Artitel 48 zu machen, ist politifer und des voltsfonfervativen Abge orbneten Treniranus, das mit der Bildung des Salo schwerwiegend und fann sp weittragende Konsequenzen binetts Brüning feinen vorläufigen Abschluß gefunden hat, war von langer and vorbereitet. 3m November des vergangenen Jahres schrieb Treviranus an einen seiner Freunde in Bremen einen Brief, der schließlich Hugen

haben, daß es allein die Aufgabe des verantwortlichen Reichs­tanzlers wäre, ihn öffentlich anzufündigen. Aber Herr Tre biranus scheint beeinflußt durch die Borgeschichte dieser Regierung zu glauben: bas Rabinett bin ich!