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Beilage

Donnerstag, 3. April 1930

Der Abend

Shalausgabe des Vorwäre

Finanznot Schulhygiene Nie, nie wollen wir...

Ein Mindestprogramm

In Zeiten der Not müssen sich grundsäglich alle Einrichtungen ber Gemeinde wie des Staates nach der Decke streden. Nun erhebt fich aber sofort die Frage, ob bei Sparmaßnahmen gleichmäßig ver­fahren werden soll oder aber ob man die Beschränkung der Mittel abstuft nach der Bedeutung der einzelnen Einrichtung für die Gemein­schaft im ganzen. Durch die Tagespresse ging ein Entrüstungssturm mehr oder minder starken Grades, als die Frequenz der Volksschul­flassen um 1 hinaufgesetzt wurde. So sehr man die Einwirkung dieser Maßnahme mit Rücksicht auf die stellungslos werdenden Lehrer und Lehrerinnen auch bedauern muß, so ist doch durch diese minimale Frequenzerhöhung ein gesundheitlicher Schaden für den einzelnen Schüler nicht zu befürchten. Anders liegt die Sache, wenn durch die Finanznot die Schulhygiene als solche beeinträchtigt werden sollte. Das darf auf keinen Fall geschehen, um so weniger übrigens, als Berlin   noch in den Anfängen steckt; denn die Unter lassungsfünden der Vortriegszeit lassen sich in zwölf Jahren Nachkriegszeit nur teilweise beseitigen.

Was ist nun im einzelnen zu fordern?

1. Aufstockung und Ausbau der Turnhallen. Es muß der Zustand verschwinden, daß zwei Klaffen gleichzeitig die Turnhalle benuzen. Es müssen endlich überall Umkleideräume und Wasch gelegenheiten in den Turnhallen geschaffen werden, und es muß auch endlich eine Abortanlage eingebaut werden. Die Turnhallen dürfen auch nicht länger mehr des Linoleumbelags entbehren.

2. Die Abortanlagen in den alten Schulgebäuden dürfen nicht auf Jahre hinaus wegen Mangel an Mitteln auf dem Hofe verbleiben. Abgesehen von der Gefahr schwerer Erkältung, und abgesehen von der mangelnden Waschgelegenheit, sind besonders Mädchen auch Belästigungen durch verbrecherische Naturen, die sich die ,, Gelegenheit zum Ueberfall" zunuze machen, ausgefeßt.

3. Es dürfen die Leibesübungen auch in Form der vor­geschriebenen Wandertage nicht Not leiden. Das ist aber der Fall, wenn die bisherigen Wandergelder auf ein Fünftel zusammen. gestrichen werden. In manchen Schulen wurde durch die Rüd forderung der noch nicht verbrauchten Gelder der Wandertag dirett illusorisch, zumal durch die bisherige großzügige Bereitstellung von Wandergeldern restlos jedes arme Kind an der Wanderung teilnehmen konnte. Manche Anstalten umgingen den Wandertag, in­dem sie eisfrei" gaben. Diese Form des Wandertages entspricht wohl taum dem ministeriellen Erlaß. Es ist daran gedacht worden, die fehlenden Mittel durch Sammlungen innerhalb der Klasse unter Heranziehung der bemittelten Schüler aufzubringen. Diese Art der Förderung schulhygienischer Zwede ist jedoch mit einem Fragezeichen zu versehen; denn nach dem Ministerialerlaß Dom 18. Mai 1921 find Geldsammlungen unter Schulkindern für Zwede cller Art nur erlaubt mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde. Freilich nach dem Ministerialerlaß vom 25. Juni 1924 betreffend Ausstattung der Volksschule ist es gestattet, gelegentliche Einnahmen aus Elternabenden oder ähnlichen Veranstaltungen für Lehr­mittelbeschaffung zu verwenden, und es ist ausdrücklich verboten, derartige Einnahmen in die Haushaltspläne aufzunehmen. nicht wenigen Schulen bestehen Klassentassen, die die Schüler selbst verwalten. Wenn es sich dabei auch nur um fleine Beträge handelt, so fann doch manch armem Rinde gelegentlich eines Aus­fluges spürbare Hilfe zuteil werden.

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4. In vielen Schulen fehlen noch immer Fenstervorhänge, so daß die Kinder den grellen Sonnenstrahlen preisgegeben sind. Schon vor der jeßigen Finanznot sind die Anträge auf Beschaffung von Fenstervorhängen nicht gerade großzügig genehmigt worden. Der Hinweis darauf, daß das Sommerhalbjahr infolge der großen Ferien nur kurz ist, darf nirgends ausreichender Ablehnungsgrund fein; denn Fenstervorhänge sind auch im Winter nötig, um den Kindern in der Zeit der fünstlichen Beleuchtung allerlei mögliche Störungen ,, von draußen" zu ersparen.

5. In vielen Schulen ist die Beleuchtung der Klassen eine nicht ausreichende, besonders nicht für den Nadelarbeitsunterricht und die Tätigkeit an der Nähmaschine. Die Ursachen sind teils zu breite Klassen, tells ungünstige Lage der Schulzimmer an sich. Der Uebelstand kann nur beseitigt werden durch entsprechende elet trische Beleuchtung, und im Falle der Arbeit an der Näh­maschine durch Anbringung einer Spezialbeleuchtung an der Mas schine selbst. Hier darf nicht gespart werden; denn die Gefund schine selbst. Hier darf nicht gespart werden; denn die Gesund erhaltung des Augenlichts tann durch keine noch so, schwierige Finanzlage in den Hintergrund gerückt werden.

Eine Stunde Schule

Pazifismus? Ja! Gegen Prügel in der Schule? Ja! Das ist der sehr bestimmte Willensausdruck vieler Eltern. Wenn man dann aber Stichproben am häuslichen Herd macht, enthüllen sich diese Friedensfreunde gar nicht so felten, soweit es das eigene Re­gime betrifft, als Anhänger der Stockpädagogik und der Feldwebel diktatur. Was von eben diesen zu bedenken wäre...

Wie steht es min aber mit dem Kinde selbst? Wovon ich er­zählen will, das hat sich in der 8. Knabentiaffe einer welt ichen Schule zugetragen. Pazifismus und Gewaltgegner schaft hatten hier schon einen gewissen Nährboden. Und doch.. Als der Lehrer nach der Bause in das Klassenzimmer gehen will, hört er schon auf dem Flur einen Höllenlärm. Ein Chor fingt:

Nie, nie wollen wir uns schlagen, nie, nie woll'n wir wieder Krieg!

do Laßt die hohen Herren selber sich mal schlagen, wir wollen uns vertragen

und machen einfach nicht mehr mit!" Dazwischen hört man Schmerzensschreie und Poltern. Was da los ist?

Nein, nein, wir machen einfach nicht mehr mit!" Und der eine Harry Schilbert weint und schreit, indessen Gerhard Beck mann ihn verprügelt.

Hallo, mun seid mal ruhig!" Einige fingen noch weiter, schließ lich find auch fie still und man hört nur noch Harrys Schluchzen und sieht neugierig- blizende Augen, die auf das warten, was nun tommen wird. Nur Gerhard Beckmann blinzelt unruhig und rutscht verlegen lachend auf dem Plaze hin und her.

Herr Lehrer, Gerhard hat mich geschlagen", weint Harry. Er hat mich zuerst gepufft!" heult Gerhard los. Durcheinander von Jungenstimmen, die alle reden wollen. ,, Seid mal ruhig. Ihr habt eben ein Lied gesungen, wollt ihr mir das nicht noch einmal vorsingen? Ich fann es noch nicht." Ja, ja. Au, ja!"

Na, denn los!"

,, Nie, nie woll'n mir...!"

,, Das ist ja ein feines Lieb. Woher tennt ihr es denn?" Ich bin bei den Kinderfreunden, die fingen das immer!" Mein Bruder ist im Reichsbanner, der fingt das auch!" Seht mal an, da singt ihr: Wir wollen uns vertragen, und Gerhard prügelt Harry." ip

Harry hat mich auf dem Flur geschubst", sagt Gerhard und zieht ein Gesicht dabei, als erwarte er jetzt das Donnerwetter. Ne, ne, ich bin ausgerutscht", beteuert Harry.

Hört mal zu. Neulich bin ich auf einer Bananenschale aus­geglitten, die vielleicht einer von euch auf den Flur geworfen hatte,

Nicht dumm machen laffen!

Zum Kapitel: Aufstieg der Begabten

Es find bei den fich immer wiederholenden Warnungen vor dem llebertritt begabter Volksschüler in die höheren Schulen im allgemeinen durchweg die gleichen Gründe, die ins Treffen geführt werden, um den Eltern den Versuch zu verleiben, ihren Kindern eine gründlichere Bildung und damit ein besseres Rüstzeug für den Lebenslampf zu verschaffen, als sie ihnen selbst zuteil werden formben. Man weist darauf hin, daß von 100 Schülern oder Schülerinnen, die in die Segta einer Real, einer Oberrealfdyule oder eines Gymnasiums eintreten, im Durchschnitt nur etwa 20 die Abiturientenprüfung bestehen, was abgesehen von der etwas niedrig gegriffenen Biffer, die besser 25 heißen sollte durchaus nichts Neues ist und faum jemals anders war. feine passende Stellung finden kann, vergißt aber darauf aufmert­jam zu machen, daß in den allerwenigsten nichta fademischen Berufen die Arbeitslosigkeit ebenso groß, in den meisten sogar verhältnismäßig noch weit größer ist.

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Man nennt beschwörend die große Zahl der Akademiker, die

Man rechnet aus, daß im letzten Borfriegsjahr etwa 17 000, heute dagegen über 30 000 Schüler fich mit Erfolg um das Abitur bemüht haben bzw. bemühen, unterläßt aber häufig die An­merkung, daß im Gegensatz zu früher jetzt nur etwas mehr als die Hälfte dieser Schüler aus Mangel an Mitteln zur Universität geht, so daß der alte Stand dort eigentlich wieder hergestellt fein

müßte.

Man entwirft

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6. Es gibt noch viele Klassenzimmer, in denen Doppel­fenster fehlen. Das hat zur Folge, daß die in der Nähe der Fenster sizenden Kinder unausgefeht einem mehr oder minder starten Luftzuge unterliegen. Die Folge sind in zahlreichen Fällen Erkältungsfrankheiten, wenn sie auch nicht immer auf den geschil­herten mißstand bewußt und klar zurückgeführt werden. In Schulen mit an der Straße gelegenen Klassenzimmern sind Doppelfenster zum Teil start übertriebene- Bilder don auch deshalb unerläßlich, damit der Großstadtlärm die Aufmerksam dem Elend der Wertstudenten beiderlei Geschlechts, operiert feit der Kinder nicht so oft zur Unmöglichkeit macht. auch mit ziemlich albern anmutenden Schilderungen über die An­7. In der ersten Nachkriegszeit haben wir es erlebt, wohin esforderung von Studenten als Kohlenhilfsarbeiter und für ähnliche führt, wenn man die Sparmaßnahmen auch auf die Reinigung Stellungen, die faum jemals im Ernst von einem Studierenden für der Schulen ausdehnt. Wir fahen aber auch, wie durch die längere Zeit angenommen sein werden. jahrelang unterlassene Renovierung der Räume die Schul­zimmer stallähnlichen Charakter annahmen. Die notwendigen Bor aussetzungen für Lebenswillen und Arbeitsfreude sind unter solchen Zuständen nicht mehr vorhanden. Es wäre daher eine schlecht an= gewandte Sparmaßnahme, etwa die tägliche Reinigung der Schul­räume durch eine dreimalige in der Woche zu erseßen, und es wäre auch aus dem angedeuteten Grunde tief zu beklagen, wenn die an­erkennenswerte Linie, unsere Volksschulen durch Bandanstrich und Malereien zu schmüden, auf absehbare Zeit verlaffen werden sollte. Stadtschulrat Nydahl hat sich das unzweifelhafte Berdienst erworben, im Rahmen des nach dem Kriege überhaupt Möglichen auch die schulhygienischen Einrichtungen in wesentlichem Maße zu fördern.

Der Raum verbietet es, auf andere Notwendigkeiten und alte Wünsche der Elternschaft einzugehen. Es sei wenigstens noch an folgende Punkte flüchtig erinnert: Wartezimmer für Eltern, geheizte Aufenthaltsräume für zu früh erscheinende Kinder, Speiseräume mit Baschgelegenheit, Trint. und Baschgelegen heit auf den korridoren, Linoleumbelag auch in den Klassen ( besonders in Parterreräumen) usm. Nach allem wird niemand be streiten, daß man bei dem Wohnungselend wenigstens die Schul­räume hygienisch zu einwandfreien Stätten machen muß, wenn nicht die Bolksgesundheit durch Beeinträchtigung des Nachwuchses aufs Ichwerste erschüttert werden soll, Dr. Otto Seeling  .

Und last not least fucht man die Steuerzahler gegen die bildungshungrige Jugend mobil zu machen, indem man ihnen vor­hält, daß jeder höhere Schüler dem Staat jährlich einen Betrag von 600 m. tostet. Mitunter befommt man hierbei zu hören, daß etwa die Hälfte dieses runden Betrages auch für die Ausbildung jedes Bolfsschülers aufgewendet werden muß, mitunter wird diefes ver­schwiegen. Immer aber wird ein erheblicher Unwille darüber aus gelöst, daß der Staatsbürger mit seinem Gelde Schülerbeihilfen be­zahlen soll, die sich später als zum Teil zum Fenster hinausgeworfen erweisen, weil nicht jeder Schüler den in ihn gesetzten Erwartungen später entspricht. Nur sehr wenige der Erzürnten denken daran, daß nicht nur die verhältnismäßig geringe Zahl der umgeschulten Bolts Schüler ihnen diese Ausgabe verschafft, sondern daß er sie auch für den anderen und größeren Teil aller höheren Schüler bezahlen muß, und daß sich die Summe nur wenig erniedrigen würde, wenn der Wechsel von der Volksschule in die höhere Schule entweder durch freiwilligen Verzicht der stuzzig gemachten Eltern aber durch entsprechende staatliche Bestimmungen wieder inhibiert werden würde.

Was ist zu alledem zu sagen?

Sind die angeführten Gründe einschließlich des letzten und auf die Allgemeinheit am stärksten wirkenden ausreichend, um auch nur einen Teil ber Eltern begabter Boltsschüler von der Umschulung in die höhere Schule abzuhalten?

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und das war hinter Herrn Bogels Tür. Herr Bogel kam gerade aus seiner Klasse und im Fallen habe ich Herrn Bogel mächtig in den Bauch gestoßen. Ich habe Herrn Bogel sicher ordentlich mehe getan. Wißt ihr, was ich da zu Herrn Vogel gesagt habe? Ich bitte um Berzeihung, Herr Bogel". Bitte, bitte", sagte Herr Bogel  und hat mich untern Arm gefaßt und dann sind wir zusammen ins Lehrerzimmer gegangen. Was meint ihr, wenn Herr Bogel mich nun auch verprügelt hätte, wie Gerhard den Harry? Herr Bogel tönnte es, denn er ist stärker als ich."

"

Alfred Naumann steht auf: Lehrer hauen sich doch nicht!" Nein, Alfred. Alle anständigen Leute schlagen

fich nicht. Geht, wenn Herr Bogel mir ordentlich eins auf die Nase gegeben hätte, er hätte mir die Nase entzwei schlagen fönnen." ,, Neulich haben sich in unserer Straße zwei Männer geschlagen. Der eine hat mit' nem Meffer gestochen!"

Und da?"

" Da ist ein Schupo gekommen, und die Männer mußten mit zur Bache!"

Geht ihr, das tommt vom Prügeln. Der eine Mann kommt schließlich vors Gericht und gar ins Gefängnis. Der andere muß vielleicht ins Krankenhaus. Und dabei hat der eine den andern vielleicht auch nur geschubst. Und wenn er sich entschuldigt hätte, wäre es sicher nicht zu einer Schlägerei gelommen. Wißt ihr auch, was noch schlimmer ist? Wenn sich viele Leute prügeln. Sich totschießen und totſtechen."

Eine Stimme: Im Krieg!"

Ja, im Krieg haben sich die Deutschen   mit den Franzosen  , Engländern, Ruffen geprügelt." Günter Hugmann: Karl Winters Bater war auch im Krieg, jetzt hat er nur ein Bein!"

,, Und Willi Haberlands Bater ist gefallen!"

Im Krieg sind viele Leute verwundet worden und gefallen. Und warum? Da hat auch jemand den andern gestoßen. Und statt sich zu entschuldigen, ist es zum Prügeln gekommen. Meint thr nicht, daß es besser gewesen wäre, die Deutschen   und Franzosen   und Engländer und Russen hätten sich nicht gegenseitig totgeschossen und verwundet? Dann würde Willis Bater noch leben, und Karls Bater hätte noch beide Beine. Wollt ihr später auch Krieg machen?"

Nein, nein!"

Nie, nie woll'n wir..." beginnen die Jungen. Dann dürft ihr euch auch nicht prügeln, denn wenn ihr fingt: Wir wollen uns vertragen, müßt ihr es auch tun. Und wenn ich noch einmal sehe, daß ihr euch schlagt, gehen wir nicht wieder in die Turnhalle." Das ist eine schreckliche Strafe, denn die Jungen wollen immer gerne in die Turnhalle, weil ihnen das Turnen an der Sproffen­Erich Preuße. wand viel Spaß macht.

Diese Frage muß verneint werden.

Daß der beste und auserwählte Teil der Volksschüler, der ja allein auch heute noch für die Umschulung in Frage kommt, es in geistiger Beziehung mit jenen Schülern aufnehmen fann, die ver möge der befferen Lebensstellung ihrer Eltern nicht erst die Bolksschule zu besuchen brauchen, ist ohne weiteres far. Außer den gezeigten Spikenleistungen in der ersten Schule bietet hierfür das Ergebnis der vor der Versetzung meistens noch abzu­legenden Sonderprüfung Gewähr.

Daß die Möglichkeit des späteren sozialen Aufstiegs mit dem Reifezeugnis größer ist als ohne dasselbe, ist eine ebensolche Selbst­verständlichkeit. Hinzu kommt, daß von immer mehr Arbeitgeber­freisen die bessere Vorbildung durch die höhere Schule beim Eintritt in das Berufsleben heute gefordert und dadurch die Wahrscheinlich feit, als( wenn auch noch so tüchtiger) Bolfsschüler eine gehobene Stellung zu erlangen, ständig geringer wird.

Daß eine Erweiterung der vermittels des höheren Schul besuchs erworbenen Kenntnisse durch nachfolgenden Universi­tätsbesuch erhebliche gelbliche Mitte! erfordert, ist sicher. Ebenso sicher ist es aber auch, daß bei genügend vorhandenen geistigen Fähigkeiten den bedürftigen Schülern umfaffende Siffe aus Staatsmitteln geboten wird und daß diese Hilfe um jo größer werden muß, je mehr in allen Volksschichten die Ueber­zeugung Bahn bricht, daß auch in den minderbemittelten Kreisen Kräfte schlammern, die sich zum Segen für das Ganze auswirken fönnen, wenn ihnen nur erst einmal die Möglichkeit ge­boten wird, ans Licht zu gelangen. Die Bezeichnung Bolts. sta a t" würde zur Farce werden, wenn dieses nicht angängig sein follte. Gegen ein schärferes, wenn nur gerechtes Prüfungssystem wäre nicht das geringste einzuwenden; ein solches haben die aus der Volksschule übernommenen Extraschüler auch nicht zu fürchten. Ebensowenig wäre gegen eine umfassende Aenderung großer Teile des Studienplanes und gegen die vermehrte Schaffung von Fach­hochschulen und Spezialschulen für bestimante Ber­waltungs- und Wirtschaftszweige zu sagen.

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Abgelehnt werden muß aber der Gedanke, daß irgend jemand ganz gleich, wer es ist auf die Möglichkeit einer höheren Geistesbildung bei guten Anlagen deshalb verzichten soll, weil Staat und Wirtschaft angeblich nicht in der Lage sind, ihn später entsprechend zu beschäftigen. Diese Behauptung hat eine ver­zweifelte Aehnlichkeit mit der mittelalterlichen Forderung Das Bolt muß dumm bleiben!" Die gilt es zu bekämpfen.

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Wissen ist Macht!" Das ist ein altes und wahres Wort. Je größeren Teilen des Bolles solches Wissen vermittelt wird, desto mehr wird seine Weltgeltung steigen; desto größer wird sein Einfluß auf die Gestaltung aller politischen und sonstigen Dinge sein und werden, wenn die Völker der Erde sich dermaleinst erst dazu durch gerungen haben, ihre Streitigkeiten nicht mit Granaten und Gift­gafen, sondern ausschließlich mit geistigen Waffen auszutragen.

Und weil dem so ist, sollte trotz aller zum Tei sicher ehrlich gemeinden, zum Teil aber auch ausschließlich reaktionäre Ziel ver. folgender Unfenrufe tein Elternpaar, dessen besonders be­gabter Junge oder deffen ebenso tüchtiges Mädel in der Voltsschube gut vorangekommen ist, sich davon abhalten lassen, das Kind zu gegebener Zeit in die höhere Schule zu überführen. Es unterlassen, hieße eine Pflicht sich selbst, dem Kinde und auch dem Bottsganzen gegenüber verfäumen, das jede tüchtige Geistes. traft heute mehr braucht den je. Rudolf Gajewski,