Aufgeklärter Imperialismus".
G
London , Anfang April.( Eigenbericht.)
Bor wenigen Tagen find im Locarno - Saal des englischen Auswärtigen Amtes die englisch - ägyptischen Vertragsverhandlungen durch Außenminister Henderson feierlich eröffnet worden. Aller Welt sollte dabei vor allem fundgetan werden, daß zwei souperäne Staaten zufünftige Beziehungen zueinander festzulegen wünschen und daß es sich nicht um die Verhandlungen Groß britanniens mit einem Basallenstaate handele.
Während ein großer Teil der öffentlichen Meinung Englands in diesen Unterredungen zwischen Henderson und dem nationalistischen ägyptischen Ministerpräsidenten Nahas Bascha eine logische Folge der Politik der Vergangenheit sieht und die Methode billigt, durch die Henderson, geschickt und mutig zugleich, den Führer der Wafd( Nationalpartei) an den Verhandlungstisch nach London gebracht hat, zeigt sich ein fleiner Teil der konservativen Rechten aufs äußerste erregt und beschuldigt den britischen Außenminister
der Kapitulation vor dem ägyptischen Nationalismus oder gar des Bolschewismus, den die englischen Die- hearts hinter jeglicher Freiheitsbewegung innerhalb oder außerhalb des Empire
wittern.
Die Schwierigkeiten, denen sich Henderson in seinen Verhandlungen mit Nahas Bascha gegenüber befindet, haben zum Teil ihren Brund darin, daß der Bertrag seinerzeit nicht zwischen Nahas Pascha und Henderson, sondern zwischen Mamud Pascha, dem Vorgänger Nahas', und dem britischen Außenminister entworfen worden ist. Während Mamud das Haupt einer verfassungswidrigen, diftatur. ähnlichen Regierung war, ist Nahas der erwählte Minister präsident des ägyptischen Volkes. Seine Stellung ist moralisch stärker, und der nationalistische Drud, der auf ihn ausgeübt wird, unmittelbarer. Die Schwierigkeiten dürften sich jedoch weniger auf die geplante Allianz selbst und die sonstigen Klauseln des Vertragsentwurfs beziehen als auf die Frage des Sudans . Während Aegypten aus begreiflichen, wenn auch keineswegs durchaus gerecht fertigten Gründen die Alleinherrschaft über ben Sudan fordert, wünscht Großbritannien das sogenannte„ Rondominium" von 1899, d. i. die gemeinsame anglo- ägyptische Herrschaft über den Sudan fortzuführen. England hat Aegypten unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß der Bertragsentwurf in diesem wie in anderen Bunkten den äußersten Grab britischen Entgegen tommens" darstelle. Man darf unter diesen Umständen erwarten, daß Aegypten schließlich, nach Durchfeßung fleinerer Berbefferungen, den gegenwärtigen Vertrag annehmen und ratifizieren wird. Diese englisch - ägyptischen Verhandlungen werfen eine Reihe grundsäglicher Fragen auf, die nicht nur für das Verhältnis Englands zu Aegypten , sondern für eine ganze Gruppe britischer Intereffengebiete rund um das Rote Meer und im Mittleren Often Geltung haben. Sie finden auf eine ganze Reihe von Ländern auf dem Seeweg nach Indien , auf dem asiatischen Landweg nach Indien und auf die Brücken von Afrita nach Indien Anwendung. Die Arbeiterregierung sieht sich hier
-
Intereffensphären der britischen Politik gegenüber, die in jahrzehntelanger Arbeit vom britischen Imperialismuss aufgebaut worden sind. Sie findet politische und finanzielle Abhängigkeitsgebiete, Protettorate und Halb protettorate, souveräne und halbsouveräne Staaten, freiwillige und unfreiwillige Vasallen vor ein ganzes System von weltpolitischen Verspannungen, die in den Jahren 1918 bis 1924 starte Beränderungen erfahren haben. Aber auch heute ist noch alles im Fluß und ständiger Umformung unterworfen. Technisch gesprochen fällt die Politik diesen Gebieten gegenüber meist nicht unter die Berantwortlichkeit des britischen Kolonialministeriums, sondern unter diejenige des Außenamtes in London . Aber die Londoner Politik diesen Ländern gegenüber ist von Reichsgesichtspunkten bestimmt und von den wirklichen oder angeb lichen Notwendigkeiten des Empire diftiert. Sie sind der Brennpunft, in dem sich Außen- und Reichspolitit unmittelbar treffen. Die Labour- Party hat nach einer furzen, Zeit des Schwanfens den Reichsgedanken bejaht und sich zur Erhaltung des Empire befannt. Sie hat damit gleichzeitig auch die stärkste Verpflichtung des Reichsgedanfens,
Dienstag, 8. 4.
Staats- Oper
Unter d. Linden Teil- Ab. D. Di. No. 8 Jahres- Ab.- V. No. 94
20 Uhr
Cavalleria rusticana Bajazzi
Ende 22 Uhr
Staats- Oper Staatl. Schausph.
20 Uhr
am Gendarmenmarkt
St. R. 1 Di. Ho. 7 Jahres- Ab.- V. No. 84 20 Uhr
Salome Wallensteins
Ende n. 212 U.
Tod
Ende 222 Uhr
Staatl. Schiller- Theater, Charltbg.
20 Uhr
Boubouroche- George Dandin Ende gegen 221 Uhr
usw.
Volksbühne Deutsches Theater
die Sicherung der Verbindung mit Indien , auf sich genommen. Die politischen und strategischen Folgen, die sich aus diesen Voraussetzungen ergeben, zwingen jedoch zu Entscheidungen, bei denen eine sozialistische Partei mit ihren sittlichen und politischen Grundauffassungen auf Schritt und Tritt in Konflikt zu geraten droht. Hier hat eine britische Regierung mit Bölfern zu tun, die feineswegs im Sinne der Rassen in den tropischen und subtropischen Ländern zur üdgeblieben sind; hier findet sie Völker vor, die eigene Unabhängigteitsbewegun gen befizen und auf eine Anwendung des Prinzips der Selbstbestimmung pochen. Jede britische Regierung ist hier eine Gefangene der Reichsidee, und eine Arbeiterregierung muß in ihrer Praxis den Weg zwischen ihren Grundsägen und den politisch- strategischen Not. wendigkeiten des Empire zu finden trachten. Die Lösung, zu der die Arbeiterpartei in ihrer Regierungspraris gegriffen hat, liegt in der
Ersehung der offenen oder verdeckten Machtpolitit
-W
eine
Rampfwahlen. Sie mußten geführt werden gegen die von den Unternehmern ausgehaltenen Gelben und Wertvereinler sowie gegen die tommunistischen Oppositionellen".
Wochenlang hat die fommunistische Presse gegen die freien Ge werkschaften und ihre Kandidaten einen Verleumdungsfeldzug ge= führt. Mit den schofelsten Mitteln zur persönlichen Berunglimpfung der Gewerkschaftsführer glaubten die KPD. - Helden das Fundament der Gewerkschaften im mitteldeutschen Braunkohlenbergbau zerschlagen zu können. Sie suchten ihren bankrotten Parteiapparat durch Stützpunkte in den Betrieben wieder einigermaßen flott zu machen.
Das hindert
Trotz allem Lungenaufwand und all dem schönen Papier, das die Kommunisten verbrauchten, fonnten sie es nicht verhindern, daß fie eine fatastrophale Niederlage erlitten. jedoch die KPD. - Presse nicht, in ihrer Mobilmachung zum 1. Mai" zu prahlen, die KPD . sei u. a. auch in Mitteldeutschland und in zahlreichen anderen Gegenden bei den Betriebsräbewahlen von Erfolg zu Erfolg geschritten".
Den 523 freigewerkschaftlich organisierten Betriebsratsmit. gliedern flehen ganze 27 Kommuniffen gegenüber. Damit ist die KPD. im mitteldeutschen Bergbau erledigt. Sie hat jedoch das zweifelhafte Verdienst, daß infolge ihrer verbrecherischen Zersplitte rungspolitif die Gelben ihre Mandate gegen das Vorjahr vermehren konnten.
Im mitteldeutschen Braunkohlenbergbau ist augenblicklich eine ganze Reihe von Betrieben stillgelegt. Auf den meisten Werken sind umfangreiche Entlassungen vorgenommen, bei denen die Gelben geschont wurden. Meist flogen die freigewerkschaftlich organisierten Arbeiter auf die Straße. So ist es erklärlich, daß mit Hilfe der Unternehmer auf einer ganzen Reihe von Werken gelbe Listen eingereicht werden konnten und die unter Druck gesetzten Proleten den Gelben ihre Stimmen gaben. Doch in feinem einzigen Betriebe gelang es den Gelben, die mehr. heit der Betriebsratsmitglieder zu bekommen.
An der geschlossenen Front der Gewerkschafter müssen alle Zersplitterungsbestrebungen zerschellen.
Der Berliner Verein für Ferienkolonien" wird die ersten
Gruppen noch vor Ostern verschicken, damit die Kinder auch die Osterferien schon ausnüßen können. Die Fahrten gehen auch in einige Solbäder. diesem Jahre wieder an die Ost- und Nordsee , ins Gebirge und in
der konservativen oder liberalen Regierung der Vergangenheit durch ben Allianzgedanken. Dies ist der Weg, den die Labourregierung gegenüber Aegypten und in ihren Zukunftsplänen für Irat gewählt hat. Ein solcher Allianzvertrag geht von der grundfäßlichen Anerkennung der Souveränität des Vertragspartners aus, aber er schränkt diese Souveränität wieder ein, indem er von dem Vertragspartner im Mittleren Often und am Roten Meer einen freiwilligen Verzicht auf einen Teil seiner Rechte als souveräner Staat verlangt. So wird im Falle Aegyptens von Nahas Pascha die Zustimmung zur dauernden Aufrechterhaltung der britischen Besaßung am Suezkanal gefordert, Maßnahme, die die ägyptische Souveränität trotz aller gegenteiligen Behauptungen erheblich beschneidet. Ein Vertrag wie der Aegypten von England angebotene kommt gewiß der nationalen Würde des bisherigen Vasallen entgegen und stellt einen ungeheuren Fort ichritt gegen früher dar. Aber der Partner am Roten Meer ist nach wie vor fein freier und gleichberechtigter Meister seines Schidfals, sondern er steht als ein fleiner Staat dem moralischen Druc einer Großmacht gegenüber. Der Abschluß solcher Allianzverträge entspricht also taum den Grundfäßen einer Partei, die sämtliche zwischenstaatlichen Bindungen auf absoluter Freiwilligkeit im Rahmen internationaler Abkommen aufzubauen wünscht. Sie entwesentlich verändert. spricht wohl auch faum den zahllosen Resolutionen, in denen die Partei ihre Gegnerschaft gegen jegliche Politit der Allianzen Ausdrud verliehen hat. So wohnt diesem Vertragssystem, das die Arbeiterpartei in jenen Gebieten der Welt an Stelle der alten Machtpolitit zu setzen wünscht, ein Erdenrest von Imperialismus inne, der unvermeidlich sein mag, aber für eine sozialistische Partei zu tragen peinlich ist. Es ist ein aufgetlärter 3mperialis mus gewiß.- aber Imperialismus trotz alledem. Für Aegypten freilich stellt die Allianz mit Großbritannien einen entscheidenden Schritt nach vorwärts bar, und der ägyptische Ministerpräsident wird sich darüber feiner Täuschung hingeben können, daß Aegypten mehr zugestanden wird, als es von irgendeiner anderen Regierung Großbritanniens erwarten fann.
sds
Lehrreiche Betriebsratswahlen. 3m mitteldeutschen Braunfohlenbergbau.
Die im mitteldeutschen Brauntohlen, Kali- und Erzbergbauunter der Leitung des Verbandes der Bergbauindustriearbeiter durchgeführten Betriebsratswahlen in 102 Betrieben Deutschlands mit rund 44 000 Belegschaftsmitgliedern ergaben 34 042 abgegebene Stimmen. Davon entfielen auf die Liste der
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Freien Gewerkschaften Christlichen
Hirsch Dunderschen
Kommunisten
Gelbe
Wetter für Berlin : Zeitweise aufheiternd und am Tage ein Für Deutschland : Ueberwenig warm, schwache Luftbewegung. im Westen und Süden schon heiter. Temperaturen nirgends all etwas Wetterbesserung, im Osten Nachlaffen der Niederschläge,
FUNK
RUND
16.05 Aktuelle Abteilung.
AM ABEND
16.30 Von Leipzig : Aus deutschen Spielopern.
17.30 Jugendstunde( Sprecher: Prof. Dr. H. Reichenbach). 17.50 Virtuosen( Schallplatten).
18.10 Stunde mit Büchern. ,, Film und Funk."( Am Mikrophon: Hans Siebert von Heister.) 19.05 Aus dem Köllnischen Gymnasium: ,, Deutsch- Unterricht".
Eine Unterrichtsstunde in der Oberprima( Lehrer: Studienrat Dr. Hans Borchardt. Einleitung: Edlef Köppen ).
20.00 Aktuelle Abteilung.
20.15 Sendespiele. Wiederholung.„ Madame L'Archiduc". Operette von Offen bach.
Königswusterhausen.
16.30 Nachmittagskonzert von Leipzig .
17.30 Dr. Paul Herzog: Literatur- Revolutionen.
18.20 Dr. Holzlöhner: Ueber Riechen und Schmecken. 18.40 Französisch für Anfänger.
19.05 Mersmann: Schöpferisches Musikerkennen. 19.30 Ministerialrat Peters: Das Baugewerbe. 20.00 Unterhaltungsmusik.
28 635 Stimmen, 523 Mandate
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21.00 Richard Rößler spielt Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier " von Joh. Seb. Bach, F- Moll,
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1907
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Von den 523 Mandaten der freien Gewerkschaften entfallen Berantwortl. für die Redaktion: Wolfgang Schwarz, Berlin : Anzeigen: Th. Glode, 403 auf den Berband der Bergbauindustriearbeiter.
Die diesjährigen Wahlen waren für die Gewerkschaften
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