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BERLIN Mittwoch

23. April 1930

Der Abend

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Nr. 189

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47. Jahrgang

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Zwanzig Mörder verbrannt.

Die Katastrophe im Zuchthaus von Ohio .

April.

dun

Columbus ( Ohio), 23. pen Grenzmanöver nach Räumung emblich in ſchärffter Form durchzugreifen. Die Bevölkerung muß die

Wie ergänzend gemeldet wird, befinden sich unter den Toten der Brandkatastrophe im hiesigen Zuchthaus mehr als zwanzig Mörder, die zu lebenslänglichen Frei­heitsstrafen verurteilt waren. Beinahe alle 317 Opfer hatten lange Freiheitsstrafen zu verbüßen, größtenteils wegen Raubes oder Einbruchs.

Die Strafanstalt war genau vor hundert Jahren er baut worden. Während bereits eine Kommission des Staates Ohio hier eingetroffen ist, um festzustellen, wie das Feuer ent standen ist, und warum die Gefangenen nicht rechtzeitig aus ihren Zellen gelaffen wurden, haben sich die Bundesbehörden in Washing­ ton angesichts der allgemeinen Entrüstung über die Ratastrophe veranlaßt gesehen, ebenfalls eine Untersuchungs fommission an Ort und Stelle zu entfenden. Entgegen einer ersten Meldung verbleibt der Gefängnisdirektor auf seinem Posten. Der Direktor fagte aus, daß die Hauptschuld den Aufseher Watkinson treffe, der sich geweigert habe, die Zellenschlüssel herauszugeben. Diefer wieder will auf Befehl seines Borgesezten Kapitän Hall gehandelt haben. Diese Behauptung widerrief allerdings Thomas Jahre

Die Patrioten müssen beruhigt werden.

Paris , 23. April. ( Eigenbericht.) Wie der Matin" berichtet, finden zwischen Metz und Verdun in den ersten Tagen des September große Feldmanöver der franzöfifchen Grenzschuhtruppen statt. Was diesen Manövern ihren besonderen Charakter gibt, ist die ungewöhnlich hohe Zahl der dazu mobilisierten Truppen. Augenscheinlich hat der Kriegs­minister eine fleine Demonstration vor, um die französischen Patrioten nach der Räumung des Rheinlandes von der Schlagkraft der französischen Armee zu überzeugen. An den Manövern nehmen nicht weniger als vier Armeekorps( Besançon, Nancy, Met und Straßburg ) teil, dazu die zweite Division Kolonial- Infanterie von Toul , die dritte und fünfte Kavalleriedivision von Luneville und Cyon fowie zahlreiche Tanksregimenter und Flugzeuggeschwader. Die Manövertruppen werden in ihrer Stärke etwa die doppelte Zahl der augenblidlichen Befahungstruppen im Rheinland erreichen.

fühlen, sollte den in Frage kommenden Behörden Anlaß geben, mun unbedingte Gewähr haben, daß fein Reichs-, Staats- und Koma munalbeamter sich mit irgendeiner auf gewaltsamen, blutigen Um sturz hinarbeitenden Organisation identifiziert.

Wirt schießt betrunkene Gäste nieder.

Der eine getötet, der andere schwer verletzt. Eine blutig verlaufene Revolverschießerei spielte sich in der Nacht zum Mittwoch in einem Lokal in der Greifswalder Straße 13 ab. Dabei wurde der 38jährige Kellner Hermann Anger aus der Mehnerstraße 12 im Verlaufe des Streites durch einen Kopfschuk getötet und der 28jährige Kellner Otto Gaab aus der Rückertstraße 3 ebenfalls durch einen Schuh in den Kopf lebensgefährlich verlegt. Als Schüte wurde der Wirt des Lokals er: mittelt, der bei seiner Bernehmung angab, in Notwehr scheinen seine Angaben auch zu bestätigen.

Stellvertreter beauftragt haben, den Befehl innerhalb der Mauern Nazis überfallen Reichsbannermann. gehandelt au haben. Die bisherigen Zeugenaussagen

des Gefängnisses zu übernehmen, während er selbst außerhalb der Anstalt befehligte. Weiter wurde bisher festgestellt, daß das Berfonal des Gefängnisses feinerlei Anweisungen bezüglich der Abwehrmaßnahmen für den Fall eines Brandes hatte.

New Bort, 23. April. ( Eigenbericht.)

Hafenfrenzler wie immer schwer bewaffnet.

Gegen 42 Uhr nachts erschienen in dem Lofal die beiden Kellner Gin Reichsbannermann, der am Dienstagabend durch die Bahnhofstraße in Tegel ging, wurde plötzlich von mehre Anger und Gaab. In ihrer Begleitung befand sich der 28jährige Schlächter Willi Zielfe aus ren Nationalsozialisten umringt und mißhandelt. Es gehören dem Bergnügungsverein Berolina" als Mit­der Winsstraße 13. Alle drei Die vorläufige Untersuchung der Brandkatastrophe gelang dem Ueberfallenen jedoch, sich zu befreien und die Polizei glieder an. Das Trio hatte offenbar dem Alkohol schon an anderer Em Staatsgefängnis von Columbus ergibt zweifellos eine zu alarmieren. Der Reichsbannermann hatte noch beobachten können, Stelle reichlich zugesprochen. Der Wirt mußte die peinliche Fest­wie die nationalistischen Rowdys im Lokal von Lewart, Bahnhof- stellung machen, daß es sich bei den Angekommenen um alte Schuld des Wach personals an der verzögerten Freilassung Straße 1, verschwanden. Die Beamten des Ueberfalltommandos um­der Gefangenen. Der feines Amtes enthobene Wächter Wat stellten das Lokal und entdeckten im Innern etwa 40 National­finson will auf Anweisung seiner Vorgesezten gee sozialisten, die sich zu einer Versammlung eingefunden hatten. handelt haben. Zwei Wächter mußten ihm gewaltsam die Schlüssel Sämtliche Anwesende wurden festgenommen und mit entreißen. Die Strafanstalt hatte ungenügende Brandvorrichtungen. einem Lastauto zum Polizeipräsidium transportiert, wo sie der Bo­Feuerinstruktionen waren nicht vorhanden. Der Anstalts litischen Polizei übergeben wurden. direttor war vollständig hilflos. Die Presse greift die standalösen Verhältnisse, die Ueberfüllung der Strafanstalten und die mangelnde Voraussicht der Behörden des Ohioftaates an,

Untergrundbahnunglück in Paris . Acht Fahrgäste schwer verletzt.

Paris , 23. April.

Nach Räumung des Versammlungslokals fanden die Polizei beamten auf dem Fußboden verstreut und an versteckter Stelle noch folgende Mordinstrumente: 11 Schlagringe, zahlreiche Gummifnüppel, einen Dolch und einen scharfgelade­nen Revolver. Die Burschen, unter denen sich auch nach Mit­teilung des Polizeipräsidiums ein Justizinspet: tor und ein Magistratsjefretär befunden haben, hatten sich beim Auftauchen der Polizei der Waffen schnell entledigt. Diese letzte Tatsache, daß sich vermutlich aktive Staats- und Kommunal­beamte zu dem gefährlichsten Gesindel unserer Zeit hingezogen

Fein de handelte, die vor etwa Halbjahresfrist in seinem Lokal Iiert hatten. Das Ueberfallkommando schritt damals ein und nahm einen Streit entfacht und den Schantraum völlig demo­die Bandalen fest. Sie find inzwischen wegen diefer Tat auch ab­

geurteilt worden.

ihm eins auswischen" wollten. Jedenfalls begannen sie, nachdem Man glaubt nun, daß die drei an dem Wirt Rache nehmen umd sie knapp das Lokal betreten hatten, mit dem Wirt Streit.

Anger zog plöglich eine Pistole, legte auf den Wirf an und gab einen Schuß auf ihn ab!

Es handelte sich aber, wie später festgestellt wurde, um eine Schre d schuß pistole. Zu gleicher Zeit hatte auch der Schlächter Zielfe in dem entstehenden Handgemenge ein Terze rol gezogen und machte Anstalten, auf den Wirt zu schießen. In seiner Bedrängnis griff nun auch der Gastwirt zur Waffe und feuerte auf feine Biber. facher mehrere Schüsse ab. Hermann Anger wurde von einer Kugel so unglücklich in die Stirnhöhle getroffen, daß er augenblicklich tot zu Gaab wurde gleichfalls in den

Die Zentrale braucht Leichen" petroffen. In bewußtlofem Zustande wurde er durch

Heute vormittag erfolgte im südlichen Stadtteil in­folge Versagens eines Signals ein schwerer Zu sammenstoß zwischen zwei Untergrund. bahnzügen. Beide Triebwagen wurden zerstört und" mehrere Personenwagen schwer beschädigt. Acht Fahrgäste wurden schwer, dreißig weitere leichter verlegt. Da der offizielle Hilfsdienst voll­tommen versagte, mußten die Verlegten mehr als eine halbe Stunde im Untergrundbahntunnel liegen bleiben und mußten auch noch von den Reisenden in die Kranken­häuser geschafft werden.

Die Polizei hat sofort eine genaue Untersuchung eingeleitet. Der Sachschaden ist sehr bedeutend. Die Sizbänke gingen in Trümmer, wobei verschiedene Reifende durch Holzsplitter schwere Ber legungen davontrugen. Ueber eine halbe Stunde war es den unfreiwillig Eingeschlossenen nicht möglich, fich aus ihrer bedrängten Bage zu befreien. Nur dank der Kaltblütigkeit einiger Baffagiere gelang es, eine Panit zu verhindern.

Mordduell auf der Polizeiwache. Rommunist und Polizeibeamter schießen aufeinder.

Wien , 23. April. ( Eigenbericht.) Als der von der jugoslawischen Polizei von Cetinje verhaftete fommunistische Agitator Maschanovitsch auf der Polizeiverwal tung in Cetinje vernommen werden sollte, zog er plötzlich einen Revolver und gab mehrere Schüsse auf die ihn vernehmenden Be­amten ab. Ein Polizeisekretär, der seinen schweren Verletzungen in­amifchen erlegen ist, erwiderte das Feuer und tötete Mascha­povitih mu der Stelle.

Blutige Ostern

in Leipzig !

Gildrahtet nach Moskau : Zwo Schupo tot. Erbitten Bestätigung unserer Führerstellung und Rubelsendung baldigft."

einen Wagen des Städtischen Rettungsamtes in das Krankenhaus am Friedrichshain gebracht. Seine polizeiliche Bernehmung war bis zur Stunde noch nicht möglich. Zielke, der unverlegt geblieben war, und der Gaftwirt, der die verhängnisvollen Schüffe abgab, wurden fest­genommen. Die Priminalpotizeliche Unterfuchung wird weitergeführt.

Großfeuer am Zentralviehhof. 190

Edhausdachfluhl in Flammen.

Durch ein Großfeuer wurde heute mittag der Dachstuhl des umfangreichen Edhauses Pettentoferstraße 30, das gegenüber dem Gelände des Zentralviehhofes liegt, völlig zerstört. Gegen 12 Uhr bemerkten Passanten, wie aus den Dachlufen des Hauses dicyte Rauchmolten emporstiegen. Die fofort alarmierte Feuerwehr hatte schwere Arbeit und mußte Verstärkung heran­ziehen. Von der Straße mußten fogar drei mechanische Leitern hochgewunden werden; auch von den Nachbardächern mußte mit acht Schlauchleitungen gegen das Feuer vorgegangen werden. Bei Schluß des Blattes find die Wehren noch on der Brandstätte tätig. Die Entstehungsurfache ist bisher unbekannt.

Eine ungeheure Rauchfahne, die den Drt des Großfeuers meit­hin tennzeichnete, hatte zahlreiche Schaurlustige ongelodt, so daß eine Hundertschaft der Schutzpolizei umfassende Absperrungen vor. nehmen mußte.

Banfier als Staatspräsident. Der Banfier Eugen Roy ist vom Staatsrat in Haiti zum vorläufigen Präsidenten von Haiti gewählt worden.

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