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Morgenausgabe

Rr. 232

A 117

47.Jahrgang

Böchentlich 85 Bt. monatlich 3,60 TR im voraus zahlbar. Boftbezug 4,32 m. einschließlich 60 Pig. Poftzeitungs- und 72 Bfg. Boftbestellgebühren. Auslands abonnement 6.-M. pro Monate *

Der Borwärts" erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Volk und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen". Frauen ftimme". Technit"," Blid in bie Bücherwelt" und Jugend- Borwärts

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Dienstag

20. Mai 1930

Groß- Berlin 10 pf. Auswärts 15 Pf.

Die etnipattige Ronpareillezetle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs martleine Anzeigen das iettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig met fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengesuche das erfte Bort 15 Pfennig, jedes weitere Wor 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaber gählen für zwei Borte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt gefchäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Donboff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Frick gegen Wirth.

Hafenkreuzler zu Polizeidirektoren in Thüringen ernannt.

Bostscheckkonto: Berlin 37 536. Banffonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt. B. u. Disc.- Gef.. Depofitenkaffe Lindenstr. 3.

Der Fall Parfer.

Kritische Stimmung in USA .

Von Tony Sender .

New York , Mitte Mai. Amerita ist mit seinem neuen Präsidenten, Herrn over, nicht zufrieden. Große Erwartungen hatte man auf das wirken dieses Mannes gejezt, der als Vertreter der Republikanischen Partei mit der Barole der prosperity", der Wirtschaftsblüte, zum Präsidentenstuhl erhoben worden. Bei einem Amtsantritt hat Hoover schöne Aeußerungen getan von der Notwendigkeit der Mitmirfung der öffentlichen Meinung

Weimar , 19. Mai. nach denen diese Stellen belegt wurden, zur Kenntnis bringen In der heute vormittag abgehaltenen Sigung des Thüringer wird. In diesem Schreiben soll der Kernpunkt sein, daß nach Kabinetts wurde die Besetzung der Polizeidirettoren Auffassung der thüringischen Staatsregierung National­posten in Thüringen geregelt. Für Weimar wurde Oberregie- fozialisten, die den Eid auf die Verfassung leisten, grund rungsrat Hellwig bestimmt, für Gera Polizeimajor sehrl, der fäßlich zu Beamten ernannt werden können. bisher in Weimar täfig war, für Jena der bisherige Leiter der Dies Schreiben, der Zeitpunkt, in dem es erfolgt und sein in einer Demokratie und der daraus entspringenden Pflicht Höheren Polizeischule Major Finte, für Gotha der bisherige Inhalt, bedeuten unstreitig einen Affront für das Reichs des Staatsmannes, der Presse laufend die notwendigen In­

Fachreferent für das Meliorationswesen im Thüringer Wirtschafts­minifterium, Oberregierungsrat Rohde Gotha. Für Hildburg hausen wird wie bisher der Landrat die Leitung der Polizei in der Hand haben. Für Zella- Mehlis wurde noch feine Entscheidung getroffen.

Das Thüringer Landeskriminalamt wird mit dem fächsischen vereinigt. Zum Zwede der Ueberleitung der Geschäfte in das gemeinsame Sächsisch- Thüringische Landeskriminalamt wird in Weimar eine Art Vermittlungsstelle gefchaffen, die mit dem bisher am Weimarer Landgericht tätigen nationalfozialistischen Gerichts­affeffor Dr. Ortlepp besetzt werden soll.

Oberregierungsrat Hellwig gehört seit turzem der Nationalsozialistischen Partei an, Polizeimajor Rehrl steht zu ihr in engsten Beziehungen.

innenminifterium.

Das sind die Folgen der Aufhebung der Sperre der Polizeizuschüsse, und so wirken sich die beruhigenden Zusicherungen aus, die der thüringische Staatsminister Baum Herrn Wirth gegenüber abgegeben hat! Die Duldung der thüringischen Zustände unter Frid durch die Reichsregierung würde nicht nur Unsicherheit in die öffentlichen Zustände in Deutschland bringen, sondern zugleich das Kabinett Brüning auf das schwerste belasten!

Zentrum und Konsumsteuer.

Ein Verschleppungsantrag.

formationen zu geben.

So tam es zunächst zu regelmäßigen Presse­empfängen des Präsidenten; nicht immer schienen den Pressevertretern die erteilten Auskünfte ausreichend, und sie stellten weitere Fragen. Die aber schienen dem Präsidenten nicht gerade immer willkommen zu sein, so daß er nach einiger verlangte. Aber auch dieser Modus schien ihm auf die Dauer nicht zu gefallen, so daß er allmählich dazu überging, die Presseempfänge durch einen Vertreter besorgen zu lassen, deffen Fragebeantwortung den Journalisten indessen noch weniger Freude bereiten dürfte. Eine gewisse Berstimmung war die unvermeidliche Folge. Dann fam sehr bald der große Börsentrach und in seinem Gefolge hatte auch Die Zentrumsfrattion des Reichstags erfucht in einem Antrag die lang gerühmte prosperity" einen schweren Knads er­die Reichsregierung, bis spätestens zum Herbst d. 3. einen halten. Die olsbald vom Präsidenten einberufenen Konferenzen Gefeßentwurf vorzulegen, wonach die im April im Umsag⚫init Städtevertretern und den Herren der wichtigsten Industrien Reichsinnenminister Dr. Wirth hat vor turzem in iteuergeset befchloffene Heranziehung der Konsumgenossen- beschlossen zwar eine Reihe wichtiger Wirtschaftsmaßnahmen, einem Schreiben an den thüringischen Staatsminister Baumschaften und Warenhäuser zur erhöhten Umsatzsteuer wieder der größte Teil davon scheint jedoch entweder auf dem Papier feine Bedenken geäußert; das Reichsinnenministerium hat bei beseitigt werden soll. der thüringischen Staatsregierung offiziell angefragt, ob die ftehen geblieben zu sein oder aber in der Ausführung sich auf Meldungen über die Ernennung von Nationalsozialisten zu eine fo lange Periode zu verteilen, daß feine fühlbare Wirkung Es fann nicht stärker unterstrichen werden, daß die eintreten tonnte. So dauert die Depression in der Wirtschaft Bolizeidirektoren richtig sind. Die Antwort der thüringischen Sonderumsatzsteuer ein Stüd übler Gelegenheits noch an, die 3 ahl der Arbeitslosen in diesem sonst Staatsregierung besteht in der Ernennung von Na gefegmacherei gewesen ist. ist. Die tionalsozialisten zu Polizeidirettoren, der forrigiert mit diesem Antrag ihre Abstimmung für die Kon- von den meisten Stellen auf 5 bis 6 Millionen geschäßt. Bentrumsfraktion so statistikbegeisterten Land von feiner Zählung erfaßt- wird umstrittene nationalsozialistische Assessor Ortlepp wird fumfteuer fie gesteht zugleich ein, wie überaus berech obendrein noch Leiter der Landesfriminalpolitigt die sozialdemokratische Kritik an der Hooper hat weiter Bech. Die Unzufriedenheit gewinnt meitere Kreise. Und Herr Beistelle. Das bedeutet, daß die Polizei in Thüringen Haltung des Zentrums gewesen ist. Einer der Richter des höchsten unter nationalsozialistischer Leitung steht. Reichsgerichtshofes, des jogenannten Supreme Court , der Bereinigten Staaten ist gestorben; der Präsident muß seinen Nachfolger vorschlagen, der sodann der Bestätigung durch den Senat bedarf.

Das thüringische Staatsministerium stellt sich nicht nur praktisch, sondern auch grundsäglich gegen die Bedenken des Reichsinnenministeriums. Es hat bekanntgegeben, daß der thüringische Staatsminister Baum in den nächsten Tagen an den Reichsinnenminister Dr. Wirth ein Ant mortschreiben auf dessen Anfrage wegen der national sozialistischen Bewerber um die Polizeidirektorenposten richten und ihm das Ergebnis der Kabinettsbeschlüsse,

*

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat einen Initiatioantrag für die Aufhebung der Sonderumfaß steuer eingebracht. Der Zentrumsantrag vermeist die An­gelegenheit an das Kabinett: es wird also eine Auseinander­fegung mit der Wirtschaftspartei im Kabinett er folgen. Sicherlich wird die Wirtschaftspartei Gegenforde rungen stellen.

Gegenüber dem sozialdemokratischen Initiativantrag bedeutet der Zentrumsantrag unstreitig eine Verschleppung.

Der Pariser Verbrennungsaft.

Milliardenschuldscheine in Rauch und Asche.

Paris , 19. Mai. ( Eigenbericht.)

Ueber die Schwierigteiten, die in den letzten Tagen vor der offiziellen Ingangsegung des Young Planes aufgetaucht waren und noch am Sonnabend bis zur legten Minute die Berzögerung des offiziellen Attes befürchten ließen, veröffentlicht der Temps Schwierigkeiten ihren Ursprung in der Frage der Redaktion des deutschen Schuldverschreibungszertifitates gehabt, das für die Annuitäten der letzten 22 Jahre nur ge. schüzte Zahlungen vorsieht, während die Gläubigermächte Die Forderung erhoben, daß auch bei den letzten 22 Annuitäten eine ungeschützte Tranche vorgesehen werde. Die Einigung erfolgte schließlich in der Form, daß das deutsche Zertifikat die ursprüng Ii che Fassung beibehielt( also nach wie vor eine ungeschützten Zahlungen vorfieht), die fünf Gläubigermächte, Großbritannien , Frankreich , Belgien , Italien und Japan jedoch in einem Brief, der als Anner dem Dokument beigefügt wurde, sich eine Anrufung des Haager Schiedsgerichtes vorbehalten. welchem Zeitpunkt allerdings die Anrufung des Haager Schieds­gerichtshofes, der über die strittige Frage der 22 letzten Annuitäten entscheiden wird, stattfinden soll, wird in dem Brief nicht gesagt. In Beantwortung des Briefes erklärte der Borsitzende der Krieg laften tommission, Dr. Ruppel, in einem zweiten Brief, daß Deutsch land an seiner Interpretierung des Bortragstertes nach wie vor festhalte.

am Montag ein offiziöses Kommuniqué. Danach haben diese

Rauch Milliarden.

Bu

In den Räumen der Reparationskommission wurde am Mon tag vormittag in Anwesenheit der Vertreter der Gläubigermächte und des Reiches, sowie des Vorsitzenden der Kriegslastenkom miffion die

feierliche Bernichtung der alten deutschen Schuldverschreibungsbonds

vorgenommen. Es wurden nacheinander verbrannt: Die so genannten A, B und C- Obligationen, die im Gesamtwert von 132 Millionen Goldmark auf Grund des ersten Zahlungsplanes Dom 5. Mai 1921 von der Reichsregierung ausgestellt worden waren. Weiter die Obligationen der Deutschen Reichsbahn in Höhe von 11 Milliarden Mark, die auf Grund des Dawes Planes Dawes- Planes im Jahre 1924 der Reparationstommiffion übergeben worden waren, schließlich die Industrieobligationen in Höhe von 5 Milliarden Mark, die ebenfalls auf Grund des Dames- Blanes von der Reichsregierung ausgestellt wurden. Die Archive der Reparationsfommission, die mit dem Young- Plan zu existieren auf. hören, werden in dem französischen Nationalarchip hinterlegt

werden.

Heute Räumungsbeginn.

Wiesbaden , 19. Mai.

Das Obertommando der französischen Rheinarmee hat dem Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten Gebiete mitgeteilt, daß das französische Kriegs. ministerium den Befehl erteilt habe, mit den Räumungsmaß nahmen am 20. d. m zu beginnen. Einzelheiten bezüglich der Durchführung der Räumung sollen nach ihrer Festlegung noch bekanntgegeben werden.

M.

Der Präsident der Reichsvermögensverwaltung ist am Sonntag zu den in Paris anberaumten Verhandlungen über die praktische Durchführung der Räumungsmaßnahmen, insbesondere hinsichtlich der Zurückgabe des befchlagnahmten Eigentums be rufen worden.

halten, um die an diese Wahl sich anknüpfenden Vorgänge und Man muß sich die Bedeutung dieses Gerichts vor Augen Aufregungen würdigen zu können. Aehnlich dem Deutschen Reiche sind die Vereinigten Staaten eine Föderation von Ländern, die ihre eigene Gerichtsbarkeit haben; daneben aber besteht ein System von Reichsgerichten mit Aufbau von unten in drei Instanzen: Ein Distriktsgericht, oder mehrere in jedem Staat, das Kreisappellationsgericht für mehrere zusammen­gefaßte Staaten, und als höchster Gerichtshof und legte Revisionsinstanz der Supreme Court . Alle diese Reichs­gerichte behandeln Streitfälle zwischen den Ländern oder zwischen Bürger der verschiedenen Länder; sie entscheiden in allen Fragen, die die Verfassung der Bereinigten Staaten oder auch die Reichsgeseze berühren. Der Supreme Court hat das, von den fortschrittlichen Elementen des Landes start bekämpfte Recht, über die Verfassungsmäßigfeit von den Parlamenten angenommener Geseze Beschluß zu fassen. Die Einstellung dieses Gerichtshofes ge= minnt dadurch an Bedeutung, daß die Richter auf Lebenszeit ernannt werden. Die liberalen Kreise des Landes bellagen es seit langem, daß dieser Gerichtshof nicht unähnlich dem anderer Staaten- den stärksten Hort der Reaktion darstellt. Die stärkste Beschwerde aber führt die Arbeiter fchaft. hat sie es doch wiederholt über sich ergehen lassen müssen, daß der höchste Gerichtshof arbeiterfreundliche Gesetze als verfassungswidrig erflärte und sie damit beseitigte. In anderen Fällen hat das Gericht die ungeschriebenen Rechte der Arbeiter zu beschränken versucht. Als Klassisches Beispiel hierfür gilt das unter dem Borsiz des ehemaligen Präsidenten Taft gefällte Urteil des Supreme Court , das in einem Streit, an dem viele Tausende von Arbeitern beteiligt waren, das Streifpoftenstehen als ungefeßlich erklärte. Nicht minder ver­bitternd wirften die Regeln für Einhaltsbefehle, die ebenfalls von den Reichsgerichten in der Hauptsache gegen die Kampf­maßnahmen der Arbeiterschaft erlassen zu werden pflegen. Erst in den letzten Jahren waren zwei Männer mit fort­schrittlicher Gesinnung in das höchste Gericht berufen worden: Oliver Wendell Holmes und Louis D. Brandeis ( Brandeis hatte früher wiederholt eine aktive arbeiterfreund­liche Rolle bei den Kämpfen der Bekleidungsarbeiter gespielt). hin und wieder gesellte sich zu diesen beiden ein dritter namens Stone; was aber half es, da die Majorität des aus neun Männern bestehenden Gerichts immer reaktionär blieb.

Als nun nach dem Tode des Borfizenden Taft zu dessen Nachfolger der ehemalige Bräsidentschaftskandidat Hughes bestimmt wurde, ein gemäßigi tonservatiper Herr mit etwas liberalem Einschlag, regte sich schon damals Proteft im Senat,