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Mchard Jiuldfchiner: JJKIT< Ms die Kameraden eines trüben Abend» im Spitalz immer bei- einander �chen. erzählt« Oberleutnant Sebald folgendes: Der Fichitrich Walter Stein trug«inen Ring am Finger, der mit drei kleinen schwarzen Perlen besetzt war. Sie bildeten ein Dreieck, das in seiner roten Emailfassung wie ein böses Auge in die Welt schaut«. Aber den Fähnrich facht dos weit«r nicht an. Er hatte den Ring von einem Mädchen bekommen, das er liebte. Eines Tages ging sie mit einem anderen davon. Den Ring legte er dennoch nicht ab. Er trug ihn in den Krieg und sechs Monate lang durch Gefecht und Dreck, bis er bei einer Rekognoszierung, von eiirem Schrapnell in die Halsschlagader getroffen, einsam hinter einem Bahndamm verblutete. Cr lag auf dem Gesicht, den linken Arm unter dem Körper, die Rechte wie zeigend ausgestreckt, und die drei Perlen des Ringes schauten,«in böses, rotg«rändcrt«s Auge, in das tief verschneite Land. Weit und breit schien kein Haus Licht und Wärme zu hegen, runde Hügel standen unter Schnee vergraben, die Tannen hielten die langen Aest« gesenkt, wo ein Vogel aufflog, stäubte weitzer Schnee lautlos herab, kein Zug donnerte mehr über die Schienen, die sich zwischen den Waldhügeln hinwanden, Freund und Feind waren fern, das Gefecht hatte sich nach Westen hinüber- gezogen, wütete jetzt unter den roten Wolkenstrciscn zwischen run- den Waldhügeln, ähnlich diesen da, zu deren Fühcn der tote Föhn- rich mit ausgestreckter Hand lag, vom Tod und vom eisigen Nord- wind erstarrt. Es vergingen zwei Tage.' Am dritt«n kam ein Mann in «eitzem Schafspelz, bückte sich über den Gefallenen, zog ihm den Ring vom Finger. Dann stieh er ihn mit dem Fuh an, wie man achtlos einen Stein anstößt, der im Wege liegt, und ging weiter, quer über den Bahndamm hinüber und dann geradeaus durch den Wald, über hartgefrorenen Schnee, der bei seinen Schritten ächzt«, als leide er unter dem Tritt der schweren, stinkenden Schaft- ftiefel. Der Mann trug den Ring immer noch in der Hand, drehte ihn manchmal lässig zwischen den Fingern, sah auf die drei Perlen herab und ging unbekümmert wie einer, der seinen Weg wohl kennt und kein« Störung zu fürchten braucht. Als es völlig dunkel war, kam er zu einer verfallenen Hütte, die sich an«inen Felsen lehnte, mitten im Tannendickicht. Ein Weib erwartet« ihn dort, jung, ober schmutzig und verwahrlost, üppig, mit gierigen unsteten Augen. Sie saßen am Feuer und zerrissen mit den Fingern das Fleisch eines Hasen, d«r sich in der Schling« gefangen hatte. Dann zeigt« der Mann den Perlenring. Das Weib wollte ihn haben, ober der Mann, den auf einmal der Geiz gepackt hotte, gab ihn nicht her. Als sie zum Streiten kamen, traf ein Futztritt das Weib in die rechte Seite und warf sie zu Baden, wo es liegen blieb. Der Mann ging schlafen. Am Morgen sah er, daß die Gefährtin sich nicht mehr regt«. Da nahm er den Kessel von der Feuerstätte und die zerrissene Deck« vom Lager, lud beides über die Schulter und ging durch den Wald, immer abwärts, über den gefrorenen Bach, an dem drei Pserdekadaver lagen, dann drüben wieder hinauf durch Jungwald, einem Felsen zu, der sich, rötlich van der Sonne beschienen, aus dem Birkengehölz aufreckte. Eine Lichtung war da, deren Boden einen verlassenen Schützengraben aufwies: frischgefallener Schnee deckte die noch unbegrabenen Toten. Der Mann zauderte einen Augenblick, horchte in dos Morgen- schweigen hinaus und betrat, als alles still blieb, die Holde. Als er den Schützengraben übersprungen hotte und so di« erst«n Birken erreichte, versank plötzlich der Boiden unter ihm. Der Sturz war nicht tiefer als zwei Meter, aber der spitze Pfahl der Wolfsgrube durchdrang den Körper des Mannes zwischen Leber und Hüftbein- kämm. Schnee und Steine polterten nach und begruben sein« Füße. Seine Schreie verhallten ungchört im Schotten des Woldes. Am ersten Abend kam ein großer Uhu geflogen, saß auf einer nahen Birke, flog dann weiter in den Wald hinein und schrie vom Wipfel einer riesigen Tanne in di« Nacht. Am zweiten Abend war der Schrei des Mannes nur inehr wie ein Winseln. Der Schnee der Halde war etwas zusammengesunken, und es ragte da und dort ein« erstarrte Hand oder der Lauf eines Gewehres h «rvor. Die Nacht kam mit Stcrneflimmern und seufzen- dem Wind. Einmol vor Morgengrauen rollte aus weiter Ferne der Scholl einer Explosion über di« Halde und am Horizont stieg dunkle Röte auf. Aber als es Tag wurde, war es nur wie eine Dunstwolke, die an heißen Tagen aus den Tiefen quillt. Der Mann schrie nicht mehr, ober seine geschlossenen Augen- lider zitterten noch Drei Kosaken ritten aus dem Wald, näherten sich vorsichtig, stiegen von den Pferden. Der öltest« von ihnen zog dem Mann den Perlenring vom Finger, gerade als er noch einmal aufseufzte und sich im Tode streckte. Den Schafspelz nahm der zweite, die Decke der dritte. Dann ritten sie weiter; aber sie hatten sich ver- irrt, und als sie beim Dunkelwerden sich In den Schnee eingruben, kam es zum Streit wegen des Ringes. Am Morgen verliehen nur mehr zwei von ihnen den Platz. Der hritte Igg mit blutigem Schä- del im Schnecloch. Sein Pferd galoppierte neben dem des zweiten Kosaken her, den Ring hotte d«r sichere am kleinen Finger der Linken. Und der Krieg raste wieder über-dcn Wald; wurde es Na<!ht, so schwieg das Land noch tiefer als in den Zeiten des Friedens, der einmal vor undenklichen Zeilen gewesen war. Denn der Mund der Toten in den Gräbern war streng verschlossen. Nur der große Uhu kam von den Birken herüber und schrie seinen Sehnjuchtsschrei in die Nacht, bis das Knattern der Maschinengewehre aus versteckten Tiefen stieg. Den Ring trug nun ein Offizier, der mit schief aiisgesetzter Mütze, ein« Hand in die 5züfte gestemmt, lässig auf seinem Gaul saß euch hinter den langsam vorrückenden Leuten dr«inrilt. In dieser Nacht träumte dem Offizier von fernen Dingen, oan einer stillen Ruhe am singerch«n Samowar, vom Klang einer Gi- tarre, di« ein rotwangiges Mädchen spielt, vom Behagen einer Siesta auf breitem Diwan, in einem von persischen Teppichen erfüllten Zimmer, in das der bleiche Schein der Wintersonne fällt und in dessen Kamin di« Buchenscheite prasseln. Er erwachte sah die Kameraden mit offenen Mündern schnar- chcnd auf dem Boden der elenden Hütte liegen, und die Schwermut faßte ihn an. daß er aufstand, in die Nacht hinausging und sich auf den Brunnentrog setzte um seinen sehnsüchtigen Gedanken allein nachzuhängen. Den Kopf hatte er gesenkt und in die Hand gestützt. an der der Ring mit dem rotgeränderten Pcrlenauge boshaft in die Nacht zu lauern schien. Der Offizier sah die lampenhell« Stube, in der er mit Weib und Kindern die langen Winterabend« ver- brachte. Sem« Augen standen voll Tränen; er wußte, daß er sein« Stube nie mehr wiedersehen würde. Als er am dritten Tage nach dieser Nacht bei einem Sturm- angriff fiel, trugen seine Soldaten seine Leiche zurück und gruben ihr«in Grab. Der Ring und die paar Sachen, die er sonst noch hatte, wurden in Wachsleinwand verpackt und kamen aus«inen Leiterwagen, der di« Post zur nächsten Bahnstation befördern sollte. Aber der Wag«n erreichte sein Ziel nicht. Eine Granate zerriß Pferd and«egl-ttwaunschafl. all, er-m« Hohlweg zwijchea Bis­

ten passiert«, und zerstreut« alles Gut, das e? trug, über den fest- gefrorenen Schnee. Der Ring gfitzcrte in der Sonn«. Ein großer dunkler Dogel kreiste in der Höhe, schoß dann steil herab, stellte die Flügel schräg zum Landen und kam mit wippenden Beinen langsam auf den Boden. Er äugte nach links und nach rechts, reckte den einen Flu- gel, fallet« ihn wieder ein, hackte nach dem Ring und hob sich, den Ring im Schnabel, pfeilschnell in die Lust. Er flog gegen Norden, über die runden Woldhügel hinweg, in deren Falten sich strohgedeckt« Hütl«n schmiegten. Weiß vom Schnee dehnte sich das Land und glitzert« in der Sonne. Aber die Wälder schienen blau. Im Westen standen weiße Wölkchen in der Luft, die schnell zerstoben. Der Qualm eines Brandes drang aus der Tief« einer Senkung. Unregelmäßige Linien zerhackten die Halden. Und obschon überall Menschen lauerten, den Finger am Drücker eines Gewehrs, schien es, als sei die Welt ausgestorben. so sehr deckte sich jeder Mann. Der Unsichtbare schritt wider den Unsichtbaren. Der Bogel flog gegen Norden, von sausenden und schnelleren Vögeln überholt, di« dann auf einmal in einer weißen Wolke bar. sten. Und da war es, daß er selber in eine solche Wolke geriet. Der Ring aber entfiel dem erlahmten Schnabel und stürzte mitten in einen Schützengraben hinein, einem Soldaten in den Schaß, der mit drei anderen aus einer irdenen Schüssel Kartoffelsuppe löffelte. Sie riefen die Kameraden herbei um des Wunders willen, das Pcqlenringe aus der Luft fallen ließ. Auch der Leutnant kam, dvchtc den Ring in der Hand, warf ihn dann zu Boden, wischte sich die Finger im Schnee ab und sagte:Tut ihn lieber weg, er bringt nichts Gutes mit seinem roten Auge. Die Soldaten sahen einander betreten an, einer stieß mit dem Fuß nach dem Ring, daß er ein Stück weiterrollte, aber ein kleiner'Unteroffizier mit hängen­dem Schnurrbart, tiefliegenden Augen und vernarbter Hosenscharte hob ihn auf, putzte ihn am Aermel ab, daß er in der Sonne glitzerte, und sagte:Wird so schlimm nicht sein, ich behalte ihn gern, wenn ihn keiner mag." Aber er blleb den ganzen Nachmittag still und mürrisch und nahm, als es dunkel wurde, einen Kameraden auf die Seite, um ihm zu sagen, an wen er schreiben sollte, wenn ihm, dem Sprecher, etwas widerführe. In der Nacht kam«in dicker Nebel wie Rauch aus der Tal- schlucht. Um zwei Uhr morgens geschah ein Ueberfall niit schnellen Schüssen und witoem Geschrei, das das ganze Land der Waldberge

ntudi sinu; JUfUtUor im 3)orf Scharfer Wind fegt über die Höhen,. beißt sich in die Aeste der Tannen und Fichten, reißt dos letzte rote Laub von den Buchen, deren Wipfel on den Himmel stoßen. Tief hängen die grauen Regenwolken und ziehen rasch über das Tal. Krähen verlassen krächgend ihre Horste, kreisen langsam über Wiesen und braunen Aeckern, fliegen hinunter nach dem kleinen Dorf, das zwischen Hängen und Bergen, wie in einen allen Schmuckkasten gepreßt liegt. Der einsame Wanderer, der am Ortseingang stehen blieb. Lest seinen Namen auf einem Plakat, dos on einer Telegraphenstang« klebt. Dann schreitet er weiter auf der regendurchweichten Straß«. Ein Entenpaar kreuzt gemächlich seinen Weg und vor ihm, an den niedrigen, NeiNen Häusern entlang, schleicht ein« Katze, bis sie in einem Kellerfenster verschwindet. In den Ställen brüllt dos Vieh irnd ruft die Mägde zum Melken. Bäuerinnen schließen die Fenster- läden und durch die Ritzen schimmert elektisches Licht. Dort liegt der Gasthof. Ein Wappen prangt neben der Tür, denn der Wirt ist zugleich Bürgermeister. In der Gaststube wird ein nasser Mantel an den Kleiderhaken gehängt. Wände mit ver- schösse»er Tapete, Reklamen von Brauereien und einer Räh- maschinenfabrik, zwei verblaßte Landschastsbilder. In der Ecke glüht ein Ofen. Es riecht noch harzigem Holz. Angenehmes Prickeln läuft über des Fremden Gesicht, gegen dos stundenlang Regen und Wind schlug. Durchfrorene Hände werden wieder warm. Eine behäbige Frau stellt Brot, Wurst.und dampfenden Kaffee airf die blanke Tischplatte. Wie gut dos schmeckt nach solcher Wan­derung. Eine Zigarre, die neue Zeitung aus der Tasche. Jetzt ist's gemütlich. Der alle Regulator zeigt wenige Mnnuten vor acht Uhr. Immer wieder klappt die Tür der Gaststube. Kleinbauern und Steinbruch- arbeiter kommen und setzen sich aus die langen Bänke. Kantige Gesichter, wie aus Bronze. Scharfgeschnittene Züge oerraten horten Daseinskampf. Breit und wuchtig liegen schwielige Fäuste aus den Tischen, greifen hin und wieder nach dem Bierglas, hallen die Pfeifen, aus denen in kleinen Wölkchen ein billiger Knaster zieht. Das Lokal ist übervoll besetzt. Aus der Wohnstube werden Stühle hcrbeigetragen, um Platz zu schassen. Ein Arbeiter mit intelligentem Gesicht spricht auf den Fremden in der Ecke ein, der jetzt einige Notizzettel aus der Rocktasche zieht. Dann klingt eine markige, dialektgesärbte Stimme aus:Cich eröffne die Ver­sammlung...* Der Fremde redet. Er zeichnet mit einfachen Worten ein Bild der politischen und wirtschaftlichen Lage. Er schildert die Arbeit der Gewerkschaften, der Partei und die Erfolge der Sozialdemokraten in den Parlamenten. Er charakterisiert die Feinde der Republik und der Arbeiterschaft. Zukunstsziele leuchten auf der Sozialis­mus. Gespannt lauschen die Bauern und Steinbrucharbeiter. Eine Stunde vergeht. Dann klatschen hart« Hände ineinander. Ein junger Bursche mit einem Hakenkreuzabzeichen hat das Wort ergrissen. Unruhe und Lochen... Und wieder klingt die Rede des Fremden im Raum Was der Nationalsozialist sprach, ist verwischt. Begeisterung schwellt die Herzen. Gläubige finden neue Kraft für kommend« Kämjtze. Und wieder trommeln Fäuste Beifall. Freude glänzt aus den Gesichtern der Versaimnlungsbesucher. Einige zahlen an der Theke und gehen, die Mehrzahl rückt zu­sammen. Der Redner erzählt von der Großstadt, von neuer Technik, vom kulturellen Fortschritt, von den Genossen in den großen Fabriken, von Streik und Elend. Er hört von den Kleinbauern, wie sie dem Boden, der dünn auf basaltenem Untergrund liegt, mühsam karge Frucht abringen müssen. Sie klagen über die Groß- agrarier, über die teuren Futtennittel, die es dem kleinen Landwirt schwer machen, Vieh zu halten. Rauh tönen die Stimmen der Steinbrucharbeiter. Gesteinsstaub fraß sich in ihre Lungen. Schwer ist ihr Tagewerk, niedrig der Lohn. Gefahr droht immer, wenn der Berg unter den Sprengschüssen wankt und berstet.. Gemein- same Not und der Glauben an den Sozialismus eint Kleinbauern und Arbeiter. Die Wirtsstube wird zu einem friedlichen Parlament. Mitternacht. Die letzten Gäste verlassen den Gasthof. Oben in der weißgetünchten Kammer sinkt der Agitator müde in ein großes Bauernbett. Frisch bläht die Nachtlust durch das.geöffnete Fenster. Der Mond bricht durch sagende Wolken und erhellt Giebel und' Dächer. Stille. Nur in den Ställen stampfen mitunter die Pferde und die Bäume knarren im Wind. Sanntogmoogen. Zfaff etaem Hos« unterhalt«! sich Säuern.

aus dem Schlaf zu wecken schien. And der Unteroffizier, der den Ring on der Hand trug, warf sich noch rückwärts, von einem holt« losen Schrecken erfaßt. Aber ein« Kugel bohrte sich durch das linke Auge in fein Gehirn und streckt« ihn mit gebreiteten Armen in den Schnee. Ein riesiger Tatar mit breiten Backenknochen, blatter. narbig und kahlköpfig, riß ihm di« Brieftasche aus der Bluse und den Perlenring vom Finger. Ein Kolbenhieb streckte den Plün« derer zu Boden. Aber der blutjunge Jäger, der di« Sachen des toten Kameroden nun an sich nahm, um sie der zu senden, für die sie bestimmt waren, sah sich umzingelt und durch einen Stoß.zu Boden geworfen. Als er aus seiner Betäubung erwachte, lag er waffenlos im Schn«e und hörte rings um sich in Nähe und Ferne das weiche Zischen russischer Gespräche und sorgloses Kohllachen tind war«in Gefangener. Der Nebel war verschwunden, di« Tannen standen aneinanbergeschmiegt und verflochten die Aeste wic lebende Arme. Die Sterne blinzelten der Morgenröte zu." Der Erzähler schwieg«inen Augenblick, dann hob cr den Zeige- finger und sagt« langsam:Ich weiß, daß der Jäger, von dem ich euch sprach, der junge Kriegsgefangene, auf dem Wege nach Si- birien von einem betrunkenen Wachfoldaten erschlagen worden ist. Den Ring trägt ein anderer. Ich weiß nicht wer und ich weiß nicht wie lange. Aber es ist kein Ende, bis nicht einer kommt, der her- geht und den Ring mit einem Hammer zerstört oder mit dem Fuß, wie man den Kopf einer Schlang« zertritt." Einer der Zuhörer lachte, aber Sebald hob wieder den Zeig«, fing« und sagte:Der Ring ist immer noch in d« Well; er wan- dert an einer schmutzigen 5)and nach Sibirien , aber er kommt wieder zurück, wenn ihn nicht doch noch zuvor das Geschick ereilt. Hundert- tausend Soldaten kauern in den Schützengräben, hunderttausend Seelen erwarten den Tod. Denn der Ring mit den drei Perlen im roten Dreieck ist noch auf der Welt. Und auch der Krieg wird nicht aus fein, bevor nicht der Ring verschwunden ist. Man muß ihn töten, wie man den tückischsten Feind tötet, der einem selbst ans Leben will." .Woher weißt du das alles?" fragte einer. .Ich selbst habe ihn«ine Minute lang in der Hand gehabt; damals, als ihn der Dogol in unseren Schützengroben fallen ließ." .Ja, ober alles ander«? Wie willst du dos erfahren haben? Wenn alle tot sind? Ah geh, du willst uns nur gruselig machen." Der Erzähler gab keine Antwort, stand auf und ging langsam mit verschlossenem Gesicht zu seinem Bett an der Fensterwand des Spitalzünmers. Di« anderen zuckten die Achseln, als wollten sie feine Worte von sich abschütteln. Aber keiner mehr fand den Mut, mit einem Scherz die Spannung des Augenblicks zu lösen.

Steinbrucharbeiter stehen vor einer Haustür. Man diskutiert über das, was d« fremde Genosse am letzten Abend berichtete. Er ist nicht mehr im Dorf. Schon im Morgengrauen marschierte«r nach der abgelegenen Bahnstation, denn stundenweit hinter den Bergen liegt sein neues Reifeziel. Dort steht auf einem roten Plakat fein Name zu lesen. Und am Nachmittag füllt in dem fernen Dorf seine Stimme wied« die Wirtsstube eines Gasthofes und Bauern und Arbeiter hören sozialistische Botschaft. Sin geheimnisvoller See Er hat nicht seinesgleichen auf der ganzen weiten Erde, dieser See, der auf der kleinen Insel Kildin an der Murmanküfie im Norden Rußlands liegt. Höchst seltsam« Tatsachen sind es, di« durch die Veröffenllichungen besonders des russischen Forschers Derjugin einem weiteren Kreise bekannt wurden. Man findet in ihm ganz echt« Süßwossertiere, wie z. B. den jedem Aquariumbesitzer bekannten Wasserfloh, neben Seerosen und Dorschen und einer ganzen Reihe anderer echter nirgends im Süß­oder Brackwasser vorkommender Meerestiere. Daß auch Bewohner des brackigen Wassers angetraffen werden, läßt sich nach dem oben Gesagten leicht vermuten. Und mit der Pflanzenwelt ist es genau so. Die kleinen zierlichen Algenformen, wie das Zackenrädehen und andere Arten des Süßwassers gedeihen neben Formen, die sonst nur im Meere zu Hause sind. Woraus beruht nun diese höchst seltsame Zusammensetzung der Bewohnerschaft dieses Sees? Auf der nicht minder merkwürdigen Tatsache, daß sich fast süßes und stark salzhaltiges Wasier in dein- selben Seebccken nebeneinander gelagert vorfinden. Bis in eine Tiefe von ö bis 6 Met« ist das Wasser fast süß, während dann der Salzgehall sehr rasch zunimmt, bis zu Größen, wic wir sie im Meere finden. Nun müßte man eigentlich erwarten, daß im Laufe der Zeit das Salz der tieferen Schichten auch on die oberflächlicheren vordringen würde. Dieses an sich unumgänglich« Ereignis wird -aber durch die einzigartige Lag« des Sees verhindert. Er liegt nämlich ganz dicht am Meer«, nur durch eine Landborre von 84 bis 63 Meter Breite davon getrennt. Diese Barre nun besteht aus Kieselgeröll, das mit feinerem Materiol uberschüttet ist: so ist es leicht erklärlich, daß ein Wassertousch durch den trennenden Damm möglich ist. Aber nicht in ihrer ganzen Ausdehnung ist die Barriere wasserdurchlässig, soiü>«rn wie die Forschungen ergeben haben, nur in einer Tiefe von 6 bis 12 Meter. Und durch dies« Tatsache läßt sich nun dos Nebeneinanderbestehen der oerschiedenen Wassersortcn oerstehen. Bei Flut liegt nämlich der Meercswasierspiegel höher als der des Sees, und es wird also durch den porösen Trcnmings- rücken salziges Wasser in den See eindringen� bei Ebbe dagegen kommt der Mcercswasserjpiegel beträchtlich unter den Seespiegel zu liegen, so daß nun das eingedrungene Wasser wieder ausfließt, ehe sein Salz das darüberliegende, von Zuflüssen und Schmelzwässern natürlich ständig erneuerte süßere Wasser zu durchdringen vermag. So ist es zu verstehen, daß zwar das unbewegliche Wasser der Tiefe allmählich salzreich geworden ist, während sich in dem darüber- liegenden, infolge feiner ständigen Erneuerung durch Zufluß kein Salz ansammeln kann. So finden sich auch die verschiedenen Tier- orten nicht bunt durchcinondergemischt, sondern in den oberflöch- lichcn Schichten leben Süßwassertiere, dann folgen nach der Tiefe die Brackwasserform, und dann die echten Seetiere, während die tieffte Tiefe unbelebt bleibt, denn hier liegt eine Zone, die sehr arm ist an dem so lebensnotwendigen Sauerstoff, dafür aber reich an dem giftigen Schweselwasserstofsgas ist, was durch den völligen Mangel einer Wassererneuerung bedingt wird. So stellt der Mopilnosa-Se« einwahres Wunder der Natur" vor, das als ein prächtiges Naturdenkmol«inen ganz besonderen Schutz und weitere eingehende Erforschung erfordert.

Da» bekannte hellmittel Chinin hat einen so scharfen Geschmack, daß ein mit normalem Geschmackssinn ausgestatteter Mensch es noch in einer Lösung von 1 zu 152 OOO schmeckt, d. h. also, wenn man ein Gramm in 152 Liter auflöst. Eine Salzlösung schmeckt man erst. wenn ein Teil auf 640 Teile Wasser kommt. Zuck« sogar erst be« 1 zu 288 und Soda beä 1 zu 48. tab(Labkäse) nennt man ein im Magen der Säugetier« vor. kommendes lösliches Ferment, das die Fähigkeit besitzt, bei 30 bis 40 Grad Celsius Milch in kurzer Zeit zum Gerinnen zu bringen. Aus demLabmagen" noch säugender Kälber, die besonders reich an Lob sind, wird dieses Ferment in Form eines Extraktes oder als Lab» power fabrikmäßig hergestellt.