wähnt. Koburg-Gotha läßt durch Z KS felneS VerfassungsgefetzeSvom 3. Mai 18K2 für grobe Verschuldungen seiner Slaatsbcamtenden Staat hasten, ß 3S des Versassungsgesetzes für Reuß ältererLinie vom 28. März 1867 lautet:„Jeder Staatsdiener ist für seineDienstleistungen verantwortlich....„Kann der Vermögensverlust,welcher durch gesetz- oder verfassungswidriges Verfahren einesStaatsdieners im Bereich seiner amtlichen Thätigkeit dem Be-»heiligten zugefügt worden ist, von dem betreffende» Staatsdienernicht ausgeglichen werden, so tritt aushilflich der Staat ein."Werden die ZZ 823 und 824 des Entwurfs Gesetz, so würde derBeamte fast nur dann haften, wenn er eine strafbare Hand-lung begangen hat. Es ist selbstredend, daß ein Sozialdemokrat,ja auch nur ein Anhänger eines Rechtsstaats solcher Aufforde-rung an die Beamten, schneidig und wenn es auch ungesetzlichist, vorzugehen, nicht zustimmen kann. Daneben wird zu ver-suchen sein, eine Haftung des Reichs, des Staats, derGemeinden für von ihren Beamten herbeigeführte Schädigungenanzustreben.—— Die Prügelstrafe an Gefangenen findet beivielen Musterpatrioten bekanntlich eifrige Verfechter, wird auchin Preußen, Sachsen und anderen Bundesstaaten immer nochgeübt. Ihre Abschaffung ist oftmals gefordert worden, aberdiese Forderung scheiterte an dem Schlagworte„Humanitätsdusel",mit dem die heuligen Kraftmenschen das Verlangen nachAbschaffung der Prügelstrafe bekämpfen. Da ist ein Urtheil be-merkenswerth, das der Direktor des NürnbergerZellengesängnisses in Uebcreinstinimung mit anderenPraktikern kürzlich zu Nürnberg in einem Vortrage über diePrügelstrafe der„Augsb. Abend-Ztg. zufolge gefällt hat:„Ich will gern zugeben, daß ich als Richter, als Staats-anwall in vielen Fälle» hätte prügeln lassen, wenn es angegangen wäre! Aber meine nahezu IZjährige Erfahrung alsVorstand einer großen Strafanstalt haben mich zu einem ent-schiedenen Gegner der Prügel st rase gemacht.Wohl giebt es Fälle, wo sich Gesangene wie Bestiengcberden— aber Bestien zähmt man sicherer durchHunger, als durch Prügel. Ich bin sicher,in hundert Fällen, in denen ich hätte prügeln lassen,hätte es mich in neunundneunzig hinterher gereut. Sinddie Prügel einmal aufgemessen, so kann man sie nicht mehrherunterklauben. Dem Hungernden kann ich zu essen geben,wenn ich sehe, daß die Strafe wirkt.... Ich erachte es desStaates, der für seine Angehörigen die Strafgewalt ausübt,unwürdig, die Rohheit mit Rohheit zu er-widern. Ich hasse darum die Prügelstrafe und verwerfe sie,weil sie von jeher sich unwirksam erwiesen hat. Ich verwerfesie, weil sie u n n ö t h i g ist. Ich habe noch stets auch denverzweifeltsten Individuen gegenüber mit anderen Mittelnausgereicht.... Die Prügelstrafe ist ein U e b e r r e st derBarbarei."—— Graf Mirbach, der bekannte Agrarier und Silber«apostel, hatte im Herrenhause eine Rede gehalten, die zu einerscharfen Auseinandersetzung zwischen ihm und dem Reichskanzlerführte. Er hat nunmehr selbst die fragliche Stelle seiner Redenach dem unkorrigirlen stenographischen Bericht veröffentlicht.Danach sagte er:„ Meine Herren, die Situation istalso die: Wir Landwirthe, die wir den Dingen näherstehen, haben die Ueberzeugung, daß man hier die Situationnicht richtig kennt, sie unterschätzt; aber im Lande hat man aller«dings ein anderes Gefühl, das Gefühl nämlich, daß man,möchte ich sagen, sich freut über jede Existenz,die auf dem platten Lanjde vernichtet wird.Meine Herren, Sie werden noch sehr bittere Stimmungen er-leben. Es ist ein hartes Wort, das ich ausgesprochen habe;aber ich spreche es in voller Ruhe und mit voller Ueberlegungaus. Man wird ja lächelnd an dem Ministertischeüber diese Dinge hinweg gehen, bis man eineBewegung erlebt, die der Regierung nicht mehr angenehm seinwird u. s. w."In der offiziösen„Köln. Ztg." wird diese Auslassungso charakterisirt:„Das ist in der That«ine Aus-artung sogenannter konservativer Gesinnung,wie sie gemeingefährlicher kaum gedacht werdenkann. Wir glauben, unsere verantwortlichen Rcgierungskreisenicht ernstlich genug mahnen zu können, diesem Treiben unerbilt-lich entgegenzutreten."Das wird aber schließlich die Regiernngsmänner nicht hindern,mit Herrn v. Mirbach gelegentlich wieder gemeinsame Sache zumachen.—Bunzlau. Das„Pädagogische Wochenblatt für den aka-demisch gebildeten Lehrerstand Deutschlands" erzählt folgendes:„Eine wunderbare Nachricht kommt aus Bunzlau. Dort waran Ostern ein Sekundaner bei der Abschlußprüfung durchgefallen.Darauf schickte die Mutter das Weihnachtszeugniß ihres Sohnesan den Minister und der verfügte, ohne eine nochmalige Prüfungich bin gewöhnt an Tadel, an Verunglimpfungen, an Feind-schaft jeder Art, und ich habe gelernt, lächelnd alle demzu trotzen, aber gewöhnt an Lob bin ich nicht, und das hat michso überrascht. Wir Sozialdemokraten sind ja nach dieser Richtunghin überhaupt nicht verwöhnt, auch unter uns üben wir scharfeKritik, und deshalb hat mich das, was mir seit einigen Tagengeboten wird— denn ich feiere meinen siebzigjährigen Geburtstagmerkwürdigerweise heute schon zum dritten Mal— in eine neueLage gebracht. Ich stehe wirklich in großer Verlegenheit da.Den Dank, den man mir gespendet hat. muß ich zum großenTheil zurückweisen, denn das, was ich gethan habe, hätte ichnicht thun können, ohne meine Lehrer, einen Marx, einen Engels,ohne einen Laffalle, ohne die Mitkämpfer hier, ohne Sie alle.Mehr und mehr sind in den Kampf hineingekommen, mehr undniehr Kräfte sind entfesselt worden, aber desto gewaltiger wurdeauch die Wirkung und die Thätigkeit.Von dieser Stelle hier habe ich früher ausgeführt, daß dieganze Menschengeschichte eine Kollektivarbeit ist, daß nicht dereinzelne die Geschichte der Menschheit auf seinen Schulternträgt, sondern daß das blos die Arbeit der Gesammtheit ist.Der einzelne kann nichts anders thun als seine Pflicht. Werweniger thut, verdient Tadel, und darum verdient man kein Lob,wenn man seine Pflicht erfüllt. Was ich aber mit Dank an-nehme, das ist die Freundschaft, die herzliche Gesinnung, die ichbei Ihnen finde. Das hat mir stets im Verkehr mit demVolke so wohl gethan. Ich bin ja nicht aus dem eigentlichenArbeiterstand im engeren Sinne hervorgegangen. Als in meinerJugend die Nachricht in meine Vaterstadt drang, daß sich hierin Berlin ein Maschinenbau-Arbeiter-Vercin gegründet habe, daß einArbeiterverein entstanden sei, da fühlte ich eine» heiligen Schauer.und es ging mir, wie es den russischen Sozialdemokraten ge-gangen ist: ich wollte nnter daS Volk gehen, ich kam in die Ar-beitervereine in der Schweiz, in England, und da lernte ich dasHerz des Volkes kennen. Ich war niemals ein Schmeichler desVolkes, aber das eine habe ich begriffen, was mir hernachdurch einen Marx klar gemacht wurde, die Befreiung derMenschheit kann nur ausgehen von der Arbeiterklasse, und istauch nicht jeder Arbeiter das Ideal eines Menschen, so ist erdoch ein Träger der modernen Ideen, der Ideen der Freiheit,denn er ist gezwungen, sich durch seine Arbeit emporzuraffen,anzuordnen, der Schüler sei nach Obersekunba zu versetzen.— Soerzählt die Mutter den Vorgang. Wir wollen hoffen, daß sich dieSache anders verhalte."Vorstehendes war in Nr. 17 der gedachten Zeitschrift vom29. Januar er. zu lesen. Seitdem sind also fast zwei Monateverflossen; eine Berichtigung ist nicht erfolgt.Falls die Nachricht richtig ist, wäre es interessant zu er-fahren, welche Stellung der Vater des durchgefallenen Ober-sekundaners einnimmt.—Zittau. Das hiesige Garnisonkommando, unterzeichnetMeißner, Oberst und Garnisonällester, sandte der„ZittauerMorgenzeitung" folgende Berichligung:„Der geehrten Redaktion theilt das Garnisonkommando er-gebenst mit, daß das in Ihrem Blatte Nr. 6131 gemeldete Vor-kommniß, Verletzung eines Fuhrmannes mit dem Säbel durcheinen Offizier betreffend, in dem Artikel unrichtig wiedergegebenworden ist. Es hat sich folgendes zugetragen: Als ein Offizierdes Regiments am Freitag, den 29. d. Mls., kurz vor II Uhrvormittags mit der Kompagnie vom Exerzierplatze einrückendin die Straße am Parke eingebogen war, hörte er, mit gezogenemSäbel an der Spitze der Kompagnie reitend, hinter sich lauteAnrufe und sah beim Umdrehen ein Geschirr zwischen der aufder rechten Seite der Straße marschirenden Kolonne unddem rechts davon befindlichen Fußwege. Er ritt zurück, um denFuhrmann wegen seines ungebührlichen Benehmens zur Rede zustellen. Hierbei scheint das Pferd des Osfiziers über die Peitschedes Fuhrmanns erschrocken zu sein; es bäumte und wurde soheftig, daß der Offizier gezwungen war. mit der rechten Hand.in welcher er den Säbel hielt, in die Zügel zu greifen, wobeider Säbel überkipple und nach unten schlug. Daß durch diesenUmstand eine Verletzung des Wagenführers stattgesunden hat,wurde von dem Offizier nicht bemerkt, wie er überhaupt erst amSonnabend Mittag durch seinen Feldwebel erfuhr, daß der Fuhr-mann durch den Säbel verletzt worden sei. Den, Offizier hatmithin die Absicht vollständig fern gelegen, den Fuhrmann ver«letzen zu wollen."Hierzu bemerkt die„Zittauer Morgenzeitung":„Wirglauben nicht, daß mit derselben die Angelegenheit aufgeklärtund entschieden ist. Der Vorgang ist von mehreren in der Nähebefindlichen Zeugen beobachtet worden und die Aussagen, welcheuns der betroffene Kutscher Pracht sowie zwei Augenzeugen, diedie Szene aus 10—15 Schritt Entfernung beobachtet haben,machten, lassen sich mit dieser Berichtigung nicht vereinbare», be-stäligen vielmehr die von uns gegebene Darstellung des Sach«verhalts. Im übrigen bemerken wir, daß diese Berichtigungallem Anscheine nach nur auf grund der Darstellung des einenThcils erfolgt. Unseres Erachtens wäre zu einer gründliche»Untersuchung auch die Anhörung der übrigen, nicht militärischenZeugen des Vorsalles erforderlich gewesen. Das aber ist, so vielwir wissen, bisher nicht geschehe»; wir nehmen an, daß man dasVersäumte noch nachholen wird."—Hamburg, 29. März.(Eig. Bericht.) Ueber die Frage derKasernirung der Prostitution schweben gegenwärtig zwischen demHamburger Senat und der Stadt« Verwaltung von AltonaVerhandlungen. Im vergangenen Jahre sind sowohl inHamburg wie in Altona viele Straßen, in denen sichsogenannte Beherbergereicn— der Hamburger offizielle Ausdruckfür Bordelle— befanden, aufgehoben. Seitdem hat sich dasStraßendirnenthum zusehends vergrößert, vor allem habenaber die Verurtheilnngen von Inhabern sogenannter Absteigerwegen Vorschubleistung in ganz unglaublicher Weise zu-genommen. Abseiten der Stadtverwaltung von Altona möchteman nun gern wieder kaserniren, doch dagegen sträubt mansich in Hamburger Regierungskreisen. Möchte man doch sogerne das Wort des Bevollmächtigten zum Bundesrath,Senator Dr. Burchard:„In Hamburg giebt es keineBordelle mehr," wahr machen. Zurückzudrängen gesuchthat man die Bordelle seit jenem Worte des Herrn Senatorsmit großer Energie. Davon war ein klassisches Bei-spiel jener samose Erlaß des Polizeichess, Senators Dr. Hach-mann an die Hamburger Bordellwirthe, als vor etwa zweiJahren Deutschlands bürgerliche Journalisten und Schrift-steller in Hamburg tagten, daß sie während des Schrift-stellertages bei Strafe der Konzessionsentziehung ihre Wollust-tempel geschlossen haben sollten. Uns soll wundern, was beiden jetzt so eifrig geflogenen Unterhandlungen herauskommt.Alles mögliche jedenfalls, nur nicht die geringste Einschränkungder Prostitution oder gar deren Aufhebung.Oesterreich.— Die Wiener Bürgermeister-Wahl ist ausunbestimmte Zeit vertagt worden. Graf Badem sucht wohleinen Waffenstillstand mit den Antisemiten herzustellen.Ungarn.Budapest, 30. März. Die Untersuchung gegen den Direktorder hiesige» Gemäldegallerie Pulsky ist beendet und hat er-seine Ketten zu brechen, und durch seine Ketten die Ketten derMenschheit.Wenn mir die Arbeiter heute gedankt haben, so kann ichden Dank erwidern. Ich verdanke den Arbeitervereinen, daß ichdie Fühlung mit dem Herzen des Volkes behalten habe.und so danke ich Ihnen, Genossinnen und Genossen.für die mir erwiesene Liebe. Ich bin stolz, der Vertreter dessechsten Wahlkreises zu sein, ich bin stolz, hier unter Ihnen zuwirken, ich bin stolz, daß Hunderttausende jetzt an mich denkenals an einen Mann, der mit ihnen gekämpst, der für sie gekämpfthat, und der nach bester Kraft seine Pflicht erfüllt hat.Der Festredner sprach von dem bitteren Brot des Exils; jamanchmal hatten wir nicht einmal das bittere Brot,aber niemals ist mein freudiger Muth gesunken, niemals bin ich verzweifelt, und je schlechter es gegangen ist,desto besseren Muth habe ich oft gehabt, und jedenfalls destobessere Laune. Der Humor, d. h. die gute Laune, die Spann-kraft, die sich hinwegsetzt über das Elend dieses Lebens und dielächelnd auch in den Tod geht, das ist es, was inan braucht inden heutigen Kämpfen des Lebens. Ich habe bis jetzt noch keinenMoment geglaubt, daß unsere Sache verloren sei. Es gab jaMomente, wo man in sich ging, wo man zwar nicht verzweifelte,aber doch vielleicht zweifelte, aber diese Augenblicke sind raschvorübergegangen. Und da habe ich oft an die Worte Napoleon'snach der Schlacht bei Waterloo gedacht:„Diese elenden Eng-länder wissen gar nicht, wenn sie geschlagen sind!" Ja nach allenRegeln der Kunst waren die Engländer bei Waterloo geschlagen,aber sie gaben sich nicht geschlagen und haben gesiegt. So habeich mich nie für geschlagen erklärt, so hat das Proletariat sichnie für geschlagen erklärt.So lange ein Hauch in mir ist, werde ich fortfahren, zukämpfen. Das schwöre ich, und wenn eins mich an dem heutigenTage freut, so ist es, daß ich noch fühle, ich habe Kraft.Diese Kraft werde ich bis zum letzten Hauche anwendenzm Kampfe für das Volk, mit dem Volke für dieBefreiung des Proletariats. Meinen Dank. Ihr Genossen vonBerlin! Wir bleiben, was wir waren, ich werde fortfahren,meine Schuldigkeit zu thun, und das werdet auch Ihr. Ichchließe mit einem Hoch auf die internationale Sozial«demokratie."geben, daß derselbe nicht? veruntreut, sondern seine Ab-rechnungen nur zur unrechten Zeit eingeliefert hat.Es ist also wieder alles vertuscht,—Schweiz.Zürich, 26. März.(Eigener Bericht.) Während sich dieFinanz- und Sozialpoliliker die Köpfe darüber zerbrechen, woherdie 7 bis 8 Millionen Franken genommen werden sollen, welcheals Bundesbeitrag an die Kranken- und Unfallversicherung vor-gesehen sind, giebt plötzlich die eidgenössische Staats-r e ch n u n g einen orientirenden Fingerzeig. Sie schließt näm-lich für 1895 mit einem Ueberschnß von 4 602 630 Franks bei81 005 586 Fr. Einnahmen und 76 402 630 Fr. Ausgaben ab. Zuden günstigen Rechnungsergebnissen haben eine Reihe Mehr-einnahmen und Minderausgaben beigetragen. Budgetirtwaren 76,5 Millionen als Einnahmen und 73,9 Millionenals Ausgaben; das vorgesehene Defizit hat sich in einen Ueber-schuß verwandelt. An den Minderausgaben partizipirt auch dasMilitärdepartement, das 1,5 Millionen weniger ge-braucht hat, als budgetirt war. Der günstige Rechnungsabschlußhängt aber in der Hauptsache von den erhöhten Zollerträgen ab,welche um 4 230 060 Franks mehr betrage», als sie im Budgeteingestellt waren. Ließen sich die 4�/2 Millionen alljährlich ausden bisherigen Bundeseinnahmen für die Kranken- und Unfall-Versicherung verwenden, so wäre die bezügliche Finanzfrage zueinem großen Theil gelöst.—Im Kanton Solothurn finden am 3. Mai die G r o ß-raths-Wahen zum ersten Male nach dem Proportionalsystem statt. Genosse Für holz erörterte im Basler„Bor-wärts" die Wahlsituation, welche nicht die günstigste ist. Dieliberalen Fabrikanten arbeiten mit Hochdruck an der Verführungder Arbeiter zu ihren kapitalistische» Zwecken und auf der anderenSeite rühren sich die Ultramontanen mit ihren kalholiffchenMänner- und Gescllenvereinen. Immerhin ist die Lage in einigenBezirken für unsere Partei nicht ungünstig. Als Ziel dieser Wahlfür die sozialdemokratische Partei bezeichnet Fürholz die Ver-Hinderung, daß eine der beiden bürgerlichen Parteien die Mehr-heit erhält. Bisher saß ein Dutzend Sozialdemokraten im solo-thurnischen Kantonsrath.Frankreich.Paris, 30, März. Deputirtenkammer. Unter leb-hafter Bewegung verlangt Delafosse, über die e g y p t i sch eFrage zu interpelliren. Lebon und Charmes beantragenüber die auswärtige Politik das Kabinet zu interpelliren.Ministerpräsident Bourgeois schlägt vor, die Debatte über dieseInterpellation auf Donnerstag festzusetzen. Die Vertagungder Debatte bis Donnerstag wird einstimmig angenommen.—Belgien.Brüssel» 28. März.(„Magdeburg. Ztg.") Die liberalePartei erläßt einen Ausruf anläßlich der bevorstehenden Kammer-wählen, in dem sie jedes Wahlbündniß mit denKlerikalen oder Soziali st en ablehnt und überallselbständige Kandidatenlisten aufstellen zu wollen erklärt. Damitist die cndgiltige Spaltung der antiklerikalen Opposition voll-zogen.Für die belgische Sozialdemokratie kann diese reinlicheScheidung nur erwünscht sein.—Englaud.London, 29. März. Der Unterstaatssekretär C u r z o n hieltgestern Abend in Southport eine Rede. Er führte aus, Englandhege den Italienern gegenüber, die alte Freunde Englands seien,sehr freundschaftliche Gesinnung. Eine Niederlage der Italienerin Kaffala würde eine Gefahr für Egypten sein, und EnglandsMitwirkung bei der D o n g o l a- E x p e d i t i o n sei keine Her-ausforderung Frankreichs. Es bestehe keine Absicht, FrankreichsGefühle zu verletzen. Die vermehrte Sicherheit Egyptensinteressire Frankreich ebensowohl wie England und Egypten.Englands Haltung gegenüber Frankreich sei während der ver-gangenen 6 Monate andauernd entgegenkommend gewesen, under hoffe, daß Frankreich bei näherer Prüfung der Sachlage dieegyptische Frage anders ansehen werde. Die Schwierigkeiten be-züglich Südafrikas und Venezuelas beständen fort, sieverlangten weitere Achtsamkeit und Sorgfalt, aber er hoffe, daßes gelingen werde, den Sturm abzuhalten.—Dänemark.Kopenhagen, 30. März. Da es nicht sicher ist, ob dasordentliche Budget dem Parlamente bis zum 1. April vorliegenwird, brachte der Finanzminister v. Lüttichau heule ein pro-visorisches Finanzgesetz im Folkcthing ein, welches dieRegierung ermächtigt, vorläufig für höchstens zwei Monate dieSteuern zu erheben und die norhivendigen Ausgaben zu machen.—Italien.Rom, 25. März.(Eigener Bericht.) Nächst seinem Sturzeselbst dürfte nichts Herrn Crispi größeren Schmerz errege», alsder Umstand, daß der englische Beschluß einer kriegerischenDie Versammlung stimmte brausend in das vomRedner ausgebrachte Hoch ein und sang stehend das alteKampflied, die Marseillaise. Immer freudiger wurde dieStimmung, immer mehr schwoll die Begeisterungan, die ihren Höhepunkt erreichte, als sich der Vorhang derBühne hob und ein von der Arbeiter- Bildungsschulearrangirtes lebendes Bild jsichtbar wurde: Inmitten standdie Freiheit in einer schönen Mädchengestalt verkörpert.Zur rechteil der Freiheit standen die Vertreter aller Ge-werke in ihrer Arbeitstracht und unter Führung destäuschend ähnlich dargestellten Liebknecht, dieser Gruppegegenüber stand eine Gruppe: Bismarck, Stumm, Hammer-stein mit seiner Flora Gaß und seinem Stöcker, Gendarmenund Polizisten.Damit war der offizielle Theil des Festes beendet.Konzert und Gesangsvorträge hielten die Theilnehmer nochbis in früher Morgenstunde zusammen. Wohl einem jedenwird die Feier unvergeßlich sein. Wenn nur ein kleinerTheil der Wünsche, die die Anwesenden hegten, in Erfüllunggeht, dann wird es Unserem Liebknecht vergönnt sein, inderselben geistigen Frische und derselben ungebrocheiteuKörperkraft auch seinen 30. und seinen IVO. Geburtstagzu feiern im Verein mit denen, unter denen er am liebstenweilt, dem arbeitenden Volke.Am eigentlichen Festtage, dem 29., erschienen zahlreicheDeputationen im Hause Licbknecht's, als erste die der Re-daktion des„Vorwärts", dann die des technischen Personalsunserer Druckerei, an die sich Deputationen der BerlinerWahlkreise, der Charlottenburger Genossen, von Gewerk-schaften und Freunden anschlössen. Ununterbrochen kamenDepeschen und Glückwunschschreiben aus allen Län-dern an. Die meisten Glückwünsche kamen natür-lich aus Deutschland, aber fast ebenso zahlreich warendie Glückwünsche, die aus Amerika kamen. Sehrzahlreich waren auch die Depeschen und Glückwünsche, dieaus Frankreich, England, Oesterreich, der Schweiz undRumänien eintrafen. Tie sozialdemokratischen Fraktionenaller Parlamente, die Parteileitungen aller Länder hattenGlückwünsche telegraphirt.Aus der Zahl der Depeschen, die sich noch immer mehrvermehrt und sich einem halben Tausend nähert, könnenwir blos einzelne Stichproben geben. Folgende Depeschenhaben wir aus der großen Masse aufs Geradewohl hervorgehoben: