Llnfall- undInvalidenverficherung 1929 Steigerung Der Leistungen und der Ber sicherten. Das R«ichsversicherungsamt verösfentticht soeben die vorläufigen Geschäfts- und Rechnungsergebnisse der Träger der Unfall, und Invalidenversicherung für das Jahr 1329. Die Ausgaben für die U n f a l l o« r f i ch e r u n g im Jahre 1929 sind hiernach auf Fi9,7 Millionen Mark festgestellt worden. Das von den Betricbsunternehmern aufzubringende Umlagesoll beträgt für das Jahr 1929 bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften ZS3S05 800 M.(1928= 277 947100 M.). bei den landwirtschaft» lichen Berufcgenossenschaften 87 742 000 M.(1928— 79 364 100 M.). Die Zahl der versicherten Personen(teilweise geschätzt) ist bei den gewerblichen Berufsgenoflenschaften von 11 89S 70ö im Jahre 1928 auf 11 962 368 im Jahre 1929 gestiegen. Die Zahl der B o l l a r b e I t er(ebenfalls teilweise geschätzt) ist ebenfalls im Jahre 1929 g e st i e g e n, und zwar auf 10 630 368 gegen 10 601 204 im Jahre 1928(noch stärker stieg allerdings die Zahl der Kurz- a r b e l t e r: von 1 294 000 auf 1 332 000). Für vi« landwirtschaft» liche Unfallversicherung kommen 14068 000 Versicherte in Betracht. Die der Umlage zugrunde gelegten Löhne sind auf 22 723 058 000 M. festgestellt worden(1928- 21 827 472 000 M). Die größeren Zahlen für das Jahr 1929 werden in der Haupt- fache auf die Ausdehnung des Unfallschutzes durch das Dritt« Gesetz über Aeicherungen in der Unfallversicherung von 20. Dezember 1928(Reichsgesetzblatt I Seite 403) zurückzuführen sein. In der Unfall Häufigkeit ist nach den bisherigen Zahlen, bei denen aber noch geringfügige Aenderungen eintreten können, bei den gewerblichen Berufsgenosienschasten ein Rückgang zu verzeichnen. Es entfielen bei ihnen auf 1000 Vollarbeitcr im Jahre 1928: 6,89 erstmalig entschädigte Unfälle, im Jahre 1929: 6,83 erst. malig entschädigt« Unfälle. In der Invalidenversicherung betrug die Gefamtein- nähme im Jahre 1929: 1233,3 Millionen Mark gegenüber 1201,8 Millionen Mark mi Vorjahre. Hiervon entfallen 1092,4 Millionen Mark auf Beiträge, 73,3 Millionen Mark auf Zinsen, der Rest auf sonstige Einnahmen, unter denen 40 Millionen Mark o l l g e l de r" den Hauptbetrag bilden. Sie werden den Trägern der Invalidenversicherung auf Grund des Gesetzes über Zoll- ändeningen vom 17. August 1923 aus Zollmitteln vom Reiche zur Verfügung gestellt und sollen vor allem zur Förderung der frei- willigen Gesundheitsfürsorge dienen. Die Gesamtausgaben sind von 803,9 Millionen Mark im Vorjahre auf 930 Millionen Mark angewachsen. Unter ihnen nehmen die Rentenlcistungen mit rund 770 Millionen Mark den Hauptanteil ein. Das Anwachsen der Rentenleistungen gegenüber dem Vorjahre(671,6 Millionen Mark) ist nicht mir ans das An- steigen der Renten nach Zahl und Höhe, sondern vor allein auch auf die Wirkung des Gesetzes vom 12. Juli 1929 zurückzuführen, durch das die Steigenmgsbeträg« für Beitrag szciten vor dem 1. Oktober 1921 erhöht und der Kreis der Berechtigten erweitert wurde. Unter den Aufwendungen für freiwillige Leistungen(97,5 Millionen Mark gegenüber 78,2 Millionen Mark im Iahte 1928 für Heilverfahren. Jnvatidenhauspfleg«. Waisenhouspfleg« usw.) nehmen die zur Ab- wendung der drohenden Invalidität eines Versicherten eingeleiteten Hellverfahren sowie die in diesen Ausgabeposten miterfaßten allgemeinen Maßnahmen zur Verhütung des Eintritts vorzeitiger Invalidität unter den Versicherten oder zur Hebung der gesundheit» lichen Verhältnisie der versicherungspflichtigen Bevölkerung mit einer Ausgabesumme von 92,54 Millionen' Mark' den ersten Platz ein..Im Jahre 1929 wurden, von je 1009 M. der Beitragseinnahmen 89 M.(10W: 73 M) für freiwillige Leistungen aus- gegeben. Di« allgemeine« Berwältungskoften betrugen 41,2 Millionen Mark, dos sind SB Proz. der Baitragssirmahtnen. Aus Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben ergab sich bn JÄhre 1929 ein VermSgenszuwachs in Höhe von 303,3 Millionen Mark. Da die Gesamtheit der Träger der Invalidenversicherung End « des Jahre« 1928 über ein Reinvermögen von rund 1278 Millionen Mark verfügt«, dürft« dies Vermögen bis Ende 1929 auf etwa 1381 Millionen Mark angewachsen sein.
Genug vom pilsudfti-Kurs! Fortschreitender Zerfall des Regierungsblocks. Warschau , 31. Mai. (Oft-Expreß.) Die Erklärung des aus dem Regierungsblock ausgeschieden«, früheren Finanzministers Czechowicz , daß da« Pilsudfki- Regime durch eine Atmosphäre der Unsicherheit das Aus- landskapital abschrecke und die Gefahr eines finanziellen Zusammenbruchs für Polen heraufbeschvwr«, beschäftigt intensiv die polnische Oeffentlichkeit. Die Oppositionspresse bezeichnet den früheren Finanzminister als„eine Ratte, die da» sinkende Schiff verläßt". Gleichzeitig mehren sich die Nachrichten von einem fort- schreitenden Zerfall des Regierungsblocks. Zahlreiche prominente Persönlichkeiten sollen ihrer Zusammenarbeit mit der Pilsudski - Grupps überdrüssig sein und sich zunächst aus dem politischen eben überhaupt zurückziehen wollen. Diese Absicht wird unter an- deren dem Abg. Koscialkowski, Führer der Arbeitspartei, der Lintsgruppe des Regierungsblocks, zugeschrieben, der früher«ine Hauptstütze des Pilsudski -Regimes war. Auch der Bauernführer Abg. Rojko, dessen Austritt aus der oppositionellen Piast -Partei seinerzeit al»«in großer Erfolg Pilsudski » bezeichnet wurde, hat sich neuerdings über den gegenwärtigen Kurs mit großer Erbitte- rung geäußert. Besonders beunruhigend wirkt im Regierungs - fuger das Gerücht, daß Professor Krzyzanowski von oer Krakauer konservativen Gnippe, der seine Zusammenarbeit mft Pll- sudskl bis jetzt stets mit der von besten Regierung zu erwartenden wirtschaftlichen G« s u n d u n g begründet«, sein Moudatnieder- zulegen gedenkt. Krzyzanowski war bisher der führendste Wirt- schafte sachverständige der Regierung und sein Abrücken vom Regime würde im Auslande dem polnischen Kredit schaden.
Oer Oikiaior von gestern. Machtlos zwar, doch mletefr«! wohnend. Sowno, A. Mai.(Ost-Exprsh.) Der Kampf zwischen Woldemaras und der Regierungspartei wird Mit immer kleinlicheren Mittel» geführt. Der offiziös« .Lletuvos Aidas* schreibt höhnisch, daß Woldemaras nach feinen Rücktritt erklärt habe, er begebe sich auf Wohnungssuche, bis heute leb« er noch immer in seiner Dienst wohnung. Der stellvertretende Generaldirektor der Bank von Litauen , Pakschta», der das Haus, m dem sich die Dienstwohnung befindet, verwaltet, erklärt in einer Presteunterredung, daß Woldemaras bisher überhaupt keine Miete bezahlt habe. Die Bank von Litauen steh« auf dem Standpunkt, daß die R e g i« r u n g für die Mietzahlung auskommen müsse, da die Bank nicht Woldemaras als Privatperson, sondern ol» Ministerprästdenten die Wohnung vermietet habe.
vis ewige
Drehscheibe
Neue Partei in LIGA, gegründet. Zum Kampf gegen kapitalistische Oiktatur.
Washington, 31. Mai. (Eigenbericht.) Die Jqhrestagung der I.eague kor Inäepenäent Lolitical �.ctiem(Liga für Unabhängige Politische Aktion), die von zahl- reichen Delegierten aus allen Landestcilen beschickt war, beschloß einstinmilg die Gründung einer neuen Partei. Aufgabe der neuen Partei soll in erster Linie die wirtschaftlich« und soziale JnteressenvertretungderMassen gegenüber den immer brutaler hervortretenden Machtgelüsten de» amerikanischen Kapita- lismus sein. Außerdem fordert die Partei, die sich, ohne irgend» welche Bindung an»in Weltanschauungsprogramm, eine möglichst große politische Ellbogenfreiheit oorbehalle« will, eine stark« Kön- trolle der Industrien durch den Staat und soziale Schutz, naßnahmen für die arbeitende Bevölkerung. Den Vorsitz der Tagung führte der bekonnte ameritamsche Liberal«, Pröfesteir John Dewey , heut« die größte amen» kanische Autorität auf dem Gebiet des Erziehungswesens. Der
sozialistisch« Gewerkschaftsführer James Maurer war als führender Vertreter der amerikamschen fortschrittlichen Arbeiterschaft einer der Hauptredner. Seine Ausführungen fanden außcrordent- liches Interesse und lebhaften Bestall. Maurer warnte vor der Auffassung der American Federation of Labor(Getnerkschastelnmd), die giciubt, daß«ine aktive politische Betätigung der amerikanischen Arbeiterschaft im Schöße der republikanischen und demokratischen Parteien die beste Gewähr für eine Förderung der Interessen des Proletariats gibt. Die beiden strengbürgerliehen Parteien hätten bei Wahlen zwar stets weitgehende Versprechungen gemacht. e« aber dabei bewenden lassen. Trotz der wachsenden Schwierig- keiten auf dem amerikanischen Arbeitsmarkte wunde von den Be- Hörden und den bürgerlichen Politikern nichts Durchgreifendes gegen die Arhcstslosigkeit unternommen. Dorstestungen der Arbeiterschaft würden mit vagen Beruhrgungspillen der ämdichen Stellen abgetan.
Oer Kampf um den Kanaliuuuel. Militärs noch immer dagegen, Wirtfchastler dafür. London . 81. Mai.(Eigenbericht.) Obwohl das Landesverteidigungskomitee den Bau des Kanaltunnels zurückgewiesen hat, ist über diesen Plan noch nicht dos letzte Wort gesprochen. Die Arbeiterregierung steht auf dem Standpunkt, daß diese Frage in erster Linie ein« wirtsehoftlich« Angelegenheit sei. Außer dem Landesver- teidigungskomitee hat sich inzwischen«in Wirtschaftstomit« mit dem Kanalprojekt besaßt und sich entgegen den Militärs fürdenBau geäußert. » Es ist ein erschreckendes Armutszeugnis, das sich die englischen Militärs selbst ausstellen, wenn sie stch für unfähig erklären, die Landesverteidigung des Britischen Inselreiches zu garantieren, wenn der Timnel gebaut und England mft dem Kon- tinent durch ein unterirdisches Doppelgleis verbunden wird. Es ließen sich die einfachsten technischen Borrichtungen an- bringen, wn im Fglle eines Krieges den Tunnel hermetstch abzu- riegeln, abgesehen davon, daß der Gedanke, daß auch nur ein ein- ziges feindliches Bataillon von der Tunnelmündung auf englischer Seite hervorstürmen könnte, ohne sofort niedergemäht zu werden, einfach kindisch ist. Und schließlich: eine einzige Dynamitladung. von London aus durch Femkabel zur Entzündung gebracht, könnte im Augenblick das ganze Kulturwerk zu höheren Ehren der„Landes- Verteidigung" vernichten. Dos Veto der britischen Militär« klingt so unglaublich, daß man fast dahinter den Einfluß bedrohter Schiffahrtsinteressenten vermuten möchte. Skandal um pirandello. Lessing -Theater. Im Lessingtheater wurde das Schauspiel.Leute wird aus dem Stegreif gespielt" aufgeführt. Schon in der Mitte des Stücke» entstand im Theater ungewöhnlich« Unruhe. Bald wurde aus dem Parkett und von den Rängen gepfiffen und gejohlt. Minutenlang kämpften die Schauspieler gegen diesen Skandal an. Da nach dem Willen des Autors im Zuschauerraum und auch auf der Bühne gespiell werden soll, wurde dieser Länn zunächst Äs«in Regietrick angesehen. Ball, aber zeigt« sich, daß nur die Un-, zufriedenen geradezu tobsüchtla manifestierten. Es wurde gerufen, daß der Vorhang fallen müsse. Ptst„Lausejunge " und..Last die Schnauze" traktierten sich Herren im elegantesten Frack. Jedes Wort des Stückes wurde' als Stichwort für einen richtigen Berliner Klamauk aufgegriffen. Schließlich ging das Stück doch zu Ende. Der in Berlin weilende Pirandello wagte stch trotz seiner Gegner aus die Bühne. Nun entbrannt« der Skandal. Nun verwilderte der Skandal erst recht. Man weiß nicht, ob nur das mißlungene Werk des Dichters ausgepfiffen wurde, oder ob auch politische Gegner, die den faschisinustreuen.Pirandello attackieren wollten, bei diesem Skandal mitmachten. Auf jeden Fall zeichnete sich dieser Festabend, der einen.Hölzepunkt der Berliner.Kunstwochen bedeuten soll, durch diesen ganz ungewöhnlichen, im Berliner Theaterleben noch nicht volUcanmen«ingebürgerten, Skandal au». dl. H.
Heimwehr provoziert in Wien . Roter Fackelzug augestänkert. AHcn, ZI Mäi. Gestern abend fand als Auftakt zur Sportwerbewoch« der Ar- befterfportbewegung auf der Ringstraße«n großer Fackelzug der Arbeiterjugend statt. Während des Fackelzuges kam es zu einigen Zusammenstößen mit Heimwehrleuten, die von einer Versammlung zurückkehrten. Die Polizei trennte die Gegner meist ohne größere Mühe, nur in einem Falle mußte sie vom Gummiknüppel Gebrauch machen. Insgesamt wurden 12 Sozialdemokraten und Heimwehrleute v e r h a f t e t. Aufmarschverbot für die Sommerfrischen. Wien , 31. Mai. (Eigenbericht.) Der Landeshauptmann für Niederösterreich hat für die Zeit vom 2. Juni bis 2. September.für all« Kurorts und Sammer- frischen" ein allgemeines A u f m a r s ch v e r b o t erlassen. Zsts Sommerfrischen werden über 300 Ort«, darunter all« größeren I n d ust r i« o r t e, angeführt, so daß nalzezu für ganz Nieöeröster- reich Aufmärsche bis aus weiteres untersagt sind. Am morgigen Sonntag sind aber noch zwei Heimwehraufmärsche und«in großer Schutzbundzug nach den Kurorten Baden und P ö s l a u, in dessen Aufmarschlin!« die eine Heimwchrveranstaltung geradezu hm- eingelegt fft!., � Die Christlich -sozialen sind unschlüssig. Wim. 31. Mai. (Eigenbericht) Der Große Klub der Christlichsozialen, bestehend aus der chrlst- lichsozialen Fraktion des Nationalrats und den christlichsozialsn Landeshauptleuien, hat beschlossen, von dem Bundeskanzler ein« neu« Formulierung des Eiüwaffnungsgesetzes zu fordern. Usber seine Haltung zur He im wehr konnte icx Graß« Klub der Christlichsozialen nach der gleichen Quelle nicht zur Klarheit gelangen! Aid» a Ast- Wirklichkeit. Triumphzug in Addis Abeba . .- Mailand . 31. Mal. In der abessinstchen Hauptstadt Addis Abeba wurde au? Anlaß der Rückkehr der kaiserlichen Truppen von ihrer siegreichen Straf- expedition gegen die Nebellen in Nordabessinifn ein so pnrnk- voller. Trrumphzug.veranstaltet, wie im zweiten Akt der„Aido", ober viel größer. An der Truppenparade nahmen 30 000 Krieger teil, dis mit ihren Siegestrophäen am Kaiser und seinem Hof vorbeizogen. Unter den Gesan g e N«N befanden sich auch die bellen Brüder des Rebellensührers Gugsa Olic, des gc- schiedenen Gatten der verstorbenen Kaiserin Z I u d i t o. und seine Ratgeber, d« alle mit einem Stein um den Hol» vor- beigesührt wurden.." Begnadigung von Arabern In Palästina. Der Oberkommissar von Palästina hat von 23 Arabern, die im Zusammenhang mit den Unruhen zum Tode verurteilt worden waren, 20 zu lst«nsläng- lichsm Gefängnis begnadigt.