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Morgenansgabe

Nr. 256

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47.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wiffen"," Frauen ftimme". Technit". Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Mittwoch

4. Juni 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die

taipattige Ronpareillezetle 80 Pfennig. Reflame eile 5.- Reichs mart. Aleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 Pfennig( zulässig zwet fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes wettere Bor 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstabe zählen für zwei Worte Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Ze.le 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt. geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich oon 81%, bis 17 Ubr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Verlag: Berlin   SW 68, Lindenstraße 3 Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Dönhoft 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Kabinett und Wirtschaftsnöte.

Verhandlungen zwischen Unternehmern und Gewerkschaften.- Geplanter Schritt Hindenburgs.  - Zunächst alles gescheitert?

ginnen unerträglich und machen mit Ernst auf die darin liegende Gefahr aufmerksam.

Das Reichstabinett Brüning ist gestern abend zu­sammengetreten,' um über die schwebenden Fragen der Finanzpolitik zu beraten und womöglich auch Beschlüsse zu Der Gesamtvorstand verkennt keineswegs die schwierige Lage faffen. Im Zusammenhang mit dieser Kabinettssigung, die des Reiches und die große Not vieler Boltsgenossen. Er ist darum bis in die späten Nachtſtunden hinein dauerte, sind in der ziehung aller Bolksschichten nach dem Grade ihrer Leistungs. der Auffassung, daß dieser außergewöhnlichen Notlage durch Heran Preffe allerhand Meldungen über Beratungen des Reichs- fähigteit begegnet werden sollte, wobei unter eine nach so. verbandes der Industrie und über einen angeblich bevorzialen Gesichtspunkten bestimmte Grenze nicht heruntergegangen stehenden neuen Schritt des Reichspräsidenten v. Hinden werden dürfte. Er erwartet von der Reichsregierung und Reichs. burg   veröffentlicht worden. Angeblich sollte der Reichs- tag, daß diesem Standpunkt Rechnung getragen und eine Sonder. präsident im Einverständnis mit dem Reichsverband ein Not belastung der Beamtenschaft abgelehnt wird. Wer opfer der Festbesoldeten in Vorschlag bringen. Jedoch ist die ein Notopfer allein von seiten der Beamten fordert und es für ganze Aktion, bei der auch die Gewerkschaften aller einen geeigneten Weg aus der Finanznot des Reiches hält, ver drei Richtungen eine bedeutungsvolle Rolle spielten, fennt die wirkliche Lage des größten Teiles der Beamtenschaft. ins Stocken geraten. Darüber meldet nun der Soz. Preffe- führende Borstand getroffen hat, um rechtzeitig den drohenden Ge­Der Gesamtvorstand billigt Maßnahmen, die der geschäfts­fahren entgegenzuwirken. Er fordert die angeschlossenen Organi fationen auf, alle Kräfte gemeinsam und geschlossen einzusehen, damit die Beamtenschaft vor den geplanten Schädigungen und vor einer ungerechten Behandlung bewahrt bleibt.

dienst":

Das Präsidium und der Vorstand des Reichsverbandes der Industrie befaßten sich am Dienstag in einer gemein­famen Sigung mit dem Vorstand der Vereinigung der deutschen   Arbeitgeberverbände mit dem Thema: Reichshaushalt und Arbeitslosenversicherung". Die Beratungen führten zu feinem Ergebnis, so daß die inzwischen mit verschiedenen gewerkschaftlichen Körperschaften eingeleiteten Verhandlungen bis auf weiteres vertagt wurden.

Groener gegen Sozialdemokratie. Abbruch der Beziehungen.

,, Anliegend wird Ihnen ein Schreiben zurückgesandt, welches Sie gelegentlich der Reichstagsverhandlungen dem Generalmajor von Schleicher zur Nachprüfung ausgehändigt hatten.

Dent Reichstagsabgeordneten Gen. Franz Künstler Im Mittelpunkt der Erörterungen der industriellen Verbände stand nach unseren Informationen vor allem der Versuch einer ging unter dem 2. Juni folgendes Schreiben des Gruppe maßgebender Persönlichkeiten im Reichsverband der Reichswehrministeriums zu: Industrie, mit den Gewertschaften zu einer Berstän­digung über Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu fommen. Dabei sollten sowohl die Arbeits­lofenversicherung wie der Reallohn gesichert werden. Es scheint aber, als ob sich der radikale schwerindustrielle Flügel des Reichsverbandes, der die Arbeitsmarktfrise für den Abbau der Sozialversicherung und der Löhne ausnuten will, durchgesetzt hat. Offiziell wird gemeldet, daß die Verhandlungen bis nach Pfingsten vertagt worden seien.

Inzwischen aber wird die Regierung Brüning mit ihren Borschlägen zur Behebung der Wirtschafts- und Finanznot hervortreten müssen. Ob für eine außerparlamentarische Initiative dann noch Raum bleiben wird, die die parlamen tarischen Verhandlungen erleichtern soll, steht dahin. Einst weilen spricht so ziemlich alles dafür, daß sich diese Berhand­lung im Zeichen nicht der Verständigung zwischen den Klassen, sondern vielmehr des schärfsten Kampfes vollziehen

werden.

Stegerwalds Vorschläge gebilligt.

Gegen Mitternacht wird gemeldet:

Das Reichstabinett beschäftigte sich unter dem Vorsitz des Reichs­fanzlers zunächst sehr eingehend mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung der Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen­versicherung. Das Kabinett billigte grundfählich die vom Reichsarbeitsminister vorgeschlagenen Abänderungsbestimmungen, deren definitive redaktionelle Festlegung am fomemnden Donnerstag erfolgen foll

Beamtenbund gegen Moldenhauer.

Gegen Sonderbelastung der Beamten.

Der Gesamtvorstand des Deutschen Beamten. bundes trat am 3. Juni im Plenarsaale des Reichswirtschafts rates zu einer außerordentlichen sehr stark besuchten Sigung zu fammen, um sich mit der gesamten beamtenpolitischen Lage zu be schäftigen; er nahm dazu durch folgende Kundgebung Stellung:

Der Gesamtvorstand des Deutschen Beamtenbundes hat Kennt nis genommen von dem Bericht über ein Ausgabenfen tungsgeset", das den Rahmen bilden soll für eine Reihe von Bestimmungen, die eine Verschlechterung der rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Stellung der Beamter: dar stellen. Er wendet sich mit aller Entschiedenheit gegen Maßnahmen der angekündigten Art, die weder notwendig noch berech tigt sind und in der Deffentlichkeit hoffnung auf eine Er leichterung der Finanzlage des Reiches erwecken, die sich feines falls erfüllen können. Die sichere Folge solcher Maßnahmen wäre dagegen eine alle Schichten der Beamtenschaft erfassende Beun­ruhigung, verstärkt durch die Tatsache, daß die angekündigten Rechtsminderungen nur unter enderung der Reichs verfassung möglich sind. Das muß zu einer Rechtsunsicher­heit führen, die den Glauben und das Vertrauen in die verfassungs­mäßigen Garantien erschüttert und sich dadurch auch nachteilig für Bolt und Staat auswirkt. Die Beamten finden ein solches Be­

Auf Anordnung des Herrn Reichswehrmini­frers wird Ihnen auf irgendwelche mündlichen oder schriftlichen Anfragen teine Antwort erteilt werden.

Selbstverständlich wird trotzdem die fachliche Bearbeitung der Angelegenheit fofort in Angriff genommen."

Boftschedkonto: Berlin   37 536.- Banffonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Wallitr 65 Dt B. u Disc- Gef Depofitenkaffe Lindenstr 8.

Tardieus Hoffnungen.

Lockrufe an die Radikalen.

Von unserem Pariser   Korrespondenten. Paris  , 3. Juni.  ( Eigenbericht.) André Tardieu  , Frankreichs   gegenwärtiger Mi­nifterpräsident, der seltsamerweise in der Bresse   fast stets als ,, junger Polititer" angesprochen wird, obschon ihn nur noch ein Jahrfünft vom sechzigsten Lebensjahr trennt und drei Jahrzehnte politischer Hochattion hinter ihm liegen, ist sich in Frankreich   ebensowenig wie in irgendeinem anderen Land der feinem Innersten klar darüber, daß die politische Zukunft in Rechtsreaktion gehört. Er hat sich zwar ohne Widerstreben von der Rechten zur Macht emportragen lassen und ist augen­blicklich zweifellos immer noch ihr Jool. Aber im geheimen hat er es nicht aufgegeben, eine Verständigung mit den zur Linten gehörenden Demokraten, den französischen   Radi­falen, herbeizuführen. In der Hinsicht hätte Tardieu, ohne seine brutalen manieren, ohne die grausamen An­griffe, zu denen er sich bei verschiedenen Gelegenheiten in der allerlei erreicht. Denn so scharf die Abneigung des linken Rammer gegen die Radikalen hinreißen ließ, vielleicht schon Flügels der Radikalen gegen die Person Tardieus auch fein mag, so tief bedauert der rechte Flügel, daß man Tardieu der Rechten auslieferte, anstatt sich mit ihm auszu­föhnen.

Tardieu weiß das. Er weiß auch, daß die lautesten Schreier gegen ihn nicht unter allen Umständen entschlossen sind, ihm die politische Hand zu verweigern, Das hat ihn jüngst veranlaßt, die Dienste guter Freunde in An­spruch zu nehmen, um bei gut gebedtem Tisch vertrau Borsigenden der Radikalen Partei. dem Abge liche Besprechungen mit dem gegenwärtigen

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bneten Daladier, zu führen, obwohl gerade Daladier vor der großen Deffentlichkeit als einer der Hauptfeinde der Tardieuschen Tendenzen gilt. Auch der ehemalige Minister­präsident Caillaug war dabei. Was die Verhandlungen im einzelnen ergeben haben, wird bis auf weiteres authentisch natürlich nicht zu erfahren sein. Aber merkwürdig bleibt, daß eine ganze Reihe radikaler Blätter, die vor wenigen Wochen noch mit bösen Augen auf die Tardieu tiefergebene radikale Volonté  " blickten, heute ihre Lefer ebenfalls auf die Mög rien vorzubereiten suchen. Der Augenblick dafür ist zweifel­lichkeit tommender Konzentrationsministe los nicht schlecht gewählt. In den Reihen der radikalen Wähler über im Zweifel befunden haben, daß er mit seiner Anord- listen wegen gewisser Erscheinungen bei den in den letzten Herr Groener fann sich wohl feinen Augenblick dar- besteht eine tiefe Berstimmung gegen die Sozia nung gegen den Gen. Künstler zugleich auch die Beziehungen Monaten stattgefundenen Kammernachwahlen. Die Re zur Sozialdemokratischen Partei und Reichstagsfraktion abgierungspreise gibt sich alle nur erdenkliche Mühe, diese Ver­gebrochen hat. Die Erregung des Ministers ist darauf zurück- ftimmung möglichst aufzupeitschen und den Radikalen flarzu­zuführen, daß Künstler jüngst in einer Reichstagsrede an den machen, daß sie dazu bestimmt find. von den Sozialisten ganz aufgefressen zu werden, wenn sie sich nicht rechtzeitig in Beziehungen der Reichswehr   zur sowjetrussischen Armee bas antifozialistische Wahllager der übrigen bürgerlichen Gen. Künstler noch sonst ein Sozialdemokrat durch Aeuße Mittel, die der Dispositionsfonds einem Ministerpräsidenten Kritik geübt hat. Selbstverständlich wird sich weder der Parteien flüchten. Tardieu selbst wird wohl die reichen rungen ministeriellen Unwillens in seinem Recht auf Kritik zur Verfügung stellt, so zu benutzen wissen, daß der anti­beschränken lassen. Auch wird die sozialdemokratische Reichs sozialistische Feldzug nicht aufhört. tagsfraktion nicht zulassen, daß das Reichswehrministerium 3war ist sich der französische   Ministerpräsident klar dar­darüber entscheidet, welchen ihrer Mitglieder es auf ihre über, daß er innerhalb der Radikalen Partei vor allem mit Anfragen Antwort erteilen will und welchen nicht. Die Ein- der Feindschaft Herriots rechnen muß, dessen Ein­teilung der Abgeordneten in solche, denen man antwortet und fluß wieder gewachsen ist. Aber andererseits haben die kürz andere, denen man nicht antwortet, ist eine Ueberheblich gehaltenen Reden des Abgeordneten Montigny, der lichkeit, die gegen den Geist der Verfassung verstößt und zu den Bertrauten Caillaug gehört, und des Abgeord gegen die sich zu wehren der Reichstag   alle Veranlassung hat. vorstand, das von der gegenwärtigen Tardieu- Mehrheit ge neten Chau temps der dem radikalen Eintagsfabinett stürzt wurde gezeigt, daß der Gedanke, bis zu den Neu­wahlen im Jahre 1932 in der Opposition zu bleiben, in der Radikalen Partei an Boden verloren hat. Tardieu, der viele Späher hat, ist über die Entwicklung auch der nicht offen zutage liegenden Dinge in den einzelnen Parteien gut unter­richtet. Er hofft jetzt, daß der Parteitag der franzö fifchen Sozialistischen Partei, der Pfingsten in Bordeaux   stattfindet, innerpolitische Linien festlegen wird, die den Konflikt mit der Radikalen Partei verschärfen und die Mehrheit der Radikalen dann rasch seinen Konzentra tionslockungen gefügig machen würden.

Palästina Debatten in Genf  . Bon der Mandatskommission des Völkeröunds.

Genf  , 3. Juni.  ( Eigenbericht.) Die Mandatstommission des Bölkerbundes, die am Dienstag in Genf   zusammentrat, begann ihre Beratungen mit der Entgegennahme eines Berichts über die Unruhen in Palästina im Herbst des vergangenen Jahres. In dem Bericht der Shawo- Kommission wird der Ueberfall von Arabern auf die Klagemauer von Jerusalem   als dirette Ursache für die späteren Kämpfe zwischen Arabern und Juden bezeichnet. Den tieferen Grund für die blutigen Zusammenstöße sieht der Bericht jedoch in der allgemeinen Gorge der Araber por leberbevölkerung des Landes durch die Juden Dor Ueberbevölkerung des Landes durch die Juden und der zunehmenden Enteignung der arabischen Boden befizer. Der Vertreter der Labour- Party in der Shaw- Kommission Snell hat dem Bericht eine längere 3ujagerflärung an gefügt, in der es heißt, daß die Palästina Regierung taum von jeder Schuld an den Unruhen freigesprochen werden könne.

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Der Mandatskommission liegen von jüdischer Seite zwei fri­tische Memoranden gegen den Shaw- Bericht vor. Außerdem sind Memoranden des jüdischen Weltbundes und von der revisionistischen Bionisten- Organisation eingegangen. Für die Araber fordert die stän­dige syrisch- palästinensische Delegation in Genf   die Aufhebung der Balfour Deflaration   und des Mandatsvertrages.

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Das würde sicherlich der Fall sein, wenn etwa der Kon greß von Bordeaur die Regel der sogenanten republi. fanischen Disziplin nicht streng aufrechterhalten würde, jene Regel, nach der seit Jahren im zweiten Wahlgang nur diejenige Linkskandidatur aufrechterhalten bleibt, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten hat, und alle andern Linkskandidaturen zugunsten der einen Kandi datur zurückgezogen werden. Auf Grund dieser Taktik sind bei den Kammerwahlen von 1928 im zweiten Gang etwa fünfzig bis sechzig Sozialisten und ungefähr ebensoviel Radi­tale gewählt worden. Ließe der Kongreß von Bordeaug megen gewisser Vorkommnisse bei den jüngsten Nachwahlen diese Regel fallen, so würden die Freunde Tardieus inner­halb der Radikalen Partei leichtes Spiel haben. Nicht minder zerseßend auf die bisherigen politischen Beziehungen zwischen den Sozialisten und Radikalsozialisten würde es wirken, wenn etwa der Kongreß von Bordequr, wie es einige Sektionen