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47.Jahrgang
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Freitag
6. Juni 1930
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Die e1Ripattig. Nonpareillezetts 80 Pfennig. Reflame elle 5.- Reichs mart ,, Kleine Anzeigen das ettge druckte Wort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pfennig Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Bor 10 Pfennig Worte über 15 Buchstaber Arbeitsmai sablen für zwei Borte Seile 60 Pfennig. Familienanzeigen Ze le 40 Pfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.
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Die Deckungsgesetze.
Beitragserhöhung auf 4 Proz.- Notopfer der Festbesoldeten. Junggesellensteuer für Männer und Frauen.
Amtlich wird mitgeteilt: Das Reichskabinett trat unter dem| jenigen Orten, an denen unter wirtschaftlichen Gesichtspuntfen ein Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning geffern zu feiner letzten dringendes Bedürfnis bejaht werden kann, und an denen gleich Sigung vor Pfingsten zusammen. Die mehrwöchigen Be- zeitig besonders große Arbeitslosigkeit vorliegt, wird durch 3 urratungen der Reichsregierung über die Arbeits- verfügungstellung zufählicher Mittel gefördert werlosenversicherung und die übrigen mit der schwierigen den. Es ist im laufenden Jahre der weitere Bau von 35 000 bis Wirtschafts- und finanzpolitischen Lage zufammen- 40 000 Wohnungen vorgesehen, welcher bis 150 000 Bauarbeitern hängenden Fragen wurden in der heutigen Kabinettssitzung zu Ende Arbeitsgelegenheit verschafft. geführt.
Das Kabinett hat die Vorlegung eines Gesetzes beschloffen, das den Reichsarbeitsminister zu allgemeinen Anordnungen ermächtigt, durch welche die zweckmäßige Verwendung der zur Verfügung gestellten öffentlichen Mittel und fragbare Mieten für die minderbemittelte Bevölkerung sichergestellt werden. Diese Grundsätze follen bereits bei der Bergebung des zusätzlichen Bauprogramms Anwendung finden. Dabei wird der von dem Kabinett für die Wirtschaft im ganzen als notwendig angesehene Gesichtspunkt einer Herab. sehung von kosten und Preisen für das Gebiet der Bauwirtschaft mit Nachdrud verwirklicht werden.
Prag , Anfang Juni. Beunruhigende Nachrichten tommen aus Budapest . Madjarische Monarchisten wollen den Sohn des letzten österrreichischen Kaisers Karl, Erzherzog Otto, an seinem achtzehnten Geburtstage am 22. November d Is. zum ungarischen König erheben. Ministerpräsident Graf Bethlen weilte vor turzem in Rom und hat von dort die Zustimmung Mussolinis mitgebracht weiter wird gemeldet, daß der andere ungarische Thronanwärter, Erzherzog Albrecht , Sohn des berüchtigten habsburgischen Oberkommandierenden im Welttriege, Friedrich, den Erzherzog Otto im Schloffe Steenockerzeel in Belgien aufgesucht, ihm den Treuschwur geleistet und als dem einzig rechtmäßigen Erben der ungarischen Krone gehuldigt hat. Diese Aussöhnung der beiden Thronprätendenten vereinfacht die Situation im ungarischen Monarchistenlager, das bisher in zwei Parteien gespalten war: die Legitimisten mit Otto als Kandidaten und die Anhänger der freien Königswahl, die für Albrecht eintraten. Albrechts Berdichtleistung hat einen erotischen Beigeschmad: er will die geschiedene Gattin eines ungarischen Diplomaten, mit der er sich in ein Liebesverhältnis einließ, heiraten. Diese nicht Sodann verabschiedele das Kabinett die weiteren Gesehenfwürfe, standesgemäße" Ehe würde ihn aber auch den größten Teil Ein allgemeines Straßenbauprogramm, das den feines Besizes, die Fideikommißgüter, fosten, und um ihrer die den Ausgleich der Ausgaben auf sozialem Gebiete und der notwendigen Ausbau des vorhandenen Nehes vorfieht, ist in Aus nicht verlustig zu gehen, wollte er sich bei Otto, als dem Mindereinnahmen des Haushalts zu deden bestimmt find, nämlich ficht genommen. Die Beschaffung der Mittet wird vorbereitet. Das tünftigen Chef des Hauses Habsburg . die Zustimmung zu ein Gefeh über die vorübergehende Reichshilfe Kabinett trat alsdann in eine Beratung über die Möglichkeit einer einer Heirat sichern. In Belgien hielt er sich vor seiner Abdurch die Festbefoldeten im öffentlichen Dienst und in der allgemeinen Sentung der Produktionstoffen reise nach Südamerika auf, wohin ihn seine Mutter Isabella Privatwirtschaft. Das Gefeh sieht auch einen Beitrag aus den und Preise ein. Diese Beratungen werden nach Pfingsten fort- zu Studienzwecken" in der Hoffnung fandte, er werde dort Tantiemen der Aufsichtsräte vor, ferner einen Son- gefeht. Die Sigung des Kabinetts schloß mit der Prüfung der vom feine Liebe zur schönen Gesandtenfrau vergessen. derbeitrag in Höhe von 10 Proz.) der Einkommensteuer der gefeht. Die Sitzung des Kabinetts schloß mit der Prüfung der vom Reichsfinanzminister, vorgelegten Ausgabenjentungs- und Ledigen. Dazu tritt ein durch Kürzung der Steuerfristen in der Spargefehe. Es erklärte fich mit ihren Grundzügen einver- Die verhältnismäßig schwache und politisch unbedeutende Gleichzeitig mit Budapest rührt sich aber auch Wien . Zigarettenindustrie für das laufende Jahr zu beschaffender flanden. Eine weite Cefung und Beschlußfaffung über die Betrag, der mit einer Verlängerung der Kontingierung standen. Eine zweite Lesung und Beschlußfaffung über die für die Zeit bis zum 1. April 1932 verbunden ist. Hierdurch wird Einzelheiten wird in einer Sigung unmittelbar nach Pfingsten statt
Das Reichskabinett beschloß die Reform der Arbeitslofenversicherung in weitgehender Anlehnung an die Beschlüsse des Vorstandes der Reichsanstalt der Arbeitslosenversicherung, jedoch mit der Maßgabe, daß der Beitrag von 3% auf 4% Pro3. erhöht wird. Die wesentlichen Renderungen im Gesetz, darunter die Beitragsfefffehung, find bis 31. März 1931 begrenzt. Eine Entlastung der Wirtschaft soll durch gleichzeitige Vorlage eines Gesetzes über die Reform der Krankenversicherung angestrebt werden.
zusammen mit den durch nochmalige Durchprüfung des Haushalts 1930 herbeizuführenden Ersparniffen ohne neue, die Wirtschaft belastende Steuern, eine volle Dedung des Haushalts gefunden werden.
Das Kabinett beschäftigte sich sehr eingehend mit dem Kernproblem der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzlage, dem nicht in ausreichendem Tempo stattfindenden Absinken der Arbeitslofigteit. Es legt entscheidendes Gewicht auf die Wiedereinbeziehung von Arbeitslosen in den Wirtschaftsprozeß durch Einleitung größeret den wirtschaftlichen Notwendigkeiten entfprechenden Arbeiten. d
Die Reichs post wird in der nächsten Zeit eine umfangreiche Auftragserteilung über das bisher vorgesehene Maß hinaus vornehmen. Mit der Reichsbahn werden morgen die eingeleiteten Verhandlungen mit dem Ziele fortgesetzt, fie gleichfalls in die Cage zur Bergebung dringender Aufträge zu versehen. Berschiedene Wege hierzu erscheinen gegeben. Der& leinwohnungsbau an den
Reichsgericht gegen Frid.
Verbot der„ Eisenacher Volkszeitung" aufaehoben.
ceipzig, 5. Juni. ( Eigenbericht.) Der IV. Straffenat des Reichsgerichts hat am Donnerstag auf Antrag des Rechtsanwalts Dr. Rosenfeld das von dem thüringischen Innenminister Dr. Frid erlassene Berbot der sozialdemokratischen„ Eisenacher Volkszeitung" mit fofortiger wirtung aufgehoben. Dem Berlag der„ Eisenacher Boltszeitung" wurde der Beschluß vom Reichsgericht telegraphisch mitgeteilt. Das Blatt wird am Freitag wieder erscheinen.
Mit der Aufhebung des Berbots ist das letzte Wort in der Sache noch nicht gesprochen. Zunächst wird Frid für den der„ Eisenacher noch nicht gesprochen. Zunächst wird Frick für den der„ Eisenacher Bolkszeitung" durch das durch das gesetzwidrige Verbot entstandenen Schaden haffbar zu machen sein.
Fabricius im Nazi- Paradies.
Weimar , 5. Juni. ( Eigenbericht.) Der im Reich wegen seiner Agitation gegen die Republik seines Amtes enthobene nationalsozialistische Regerungsrat Fabri cius wird voraussichtlich als Angestellter in die Sonne berger Stadtverwaltung aufgenommen werden. Er ist dert ausgerechnet als Bearbeiter von Rechtssachen in Aussicht ge= Aus dem Plan der Sonneberger Nationalsozialisten, Febricius als Bürgermeister in Sonneberg unterzubringen, ist nichts geworden.
nommen.
finden.
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stattfaiſertreue faifertreue Partei" in Desterreich will die von ungarischen Legitimisten vorbereitete ,, einseitige Lösung" der HabsburgerRestauration nicht zur Kenntnis nehmen, da ,, die ungarische Königstrone und die österreichische Kaisertrone unbedingt und Das ist also die Patentlösung des Kabinetts Brüning! immer auf einem Haupte vereinigt sein müssen". Dasselbe Die Vorentscheidung des Borstandes der Reichsanstalt für gilt auch den der böhmischen Wenzeistrone und Arbeitslosenversicherung ist zum Gesetzentwurf erhoben worder froatischen". Der Appetit des Wiener Hochadels und den die Krankenversicherung soll ,, reformiert" werden. der abgebauten Generalstäbler ist nicht gering! Es unterliegt Dazu Notopfer und Ledigensteuer sowie die übrigen Maß aber feinem 3weifel, daß zwischen der Wiener Heimwehrnahmen. Es wird behauptet, daß damit völlige Dedung ge- leitung und den ungarischen Legitimisten eine Verabredung schaffen sei. Zahlen werden nicht gegeben. Wieviel hun besteht, im geeigneten Augenblick gemeinsam loszuschlagen. dert Millionen sollen aus der Krankenver Auch bemüht sich der ehemalige österreichische Bundeskanzler sicherung herausgeholt werden, damit das Defizit voll ge- Seipel nicht wenig, den Habsburgern den Weg nach Wien deckt sei? zu ebnen, und seine Besuche bei Ottos Mutters 3ita, bei Mussolini , dem Papst, in Budapest und anderwärts find in dieser Hinsicht sehr verdächtig. Otto soll an eine italienische Prinzessin verheiratet werden. Borerst muß er aber noch- die Gymnasialreifeprüfung vor einer madjarischen Kommission ablegen, dann wird er streng infognito durch die europäischen Staaten reisen und sich hierbei auch seine fünftigen österreichisch- ungarischen Erbländer" und seine Braut ansehen
Die Maßnahmen, die für Arbeitsbeschaffung angekündigt werden, fönnen zu einem Teil erst nach sehr langer Frist wirksam werden, zu einem anderen Teil sind sie reine Bersprechungen.
Vor allem aber: wo ist die Mehrheit für dies alles?
Die Verhandlungen der Verbände.
Wiederaufnahme völlig ungewiß.
Zu den Verhandlungen, die in letzter Zeit zwischen den seitenden Persönlichkeiten der Arbeitgeberorganisationen und der Arbeiter. und Angestelltengewerkschaften stattgefunden haben, wird aus den Streifen der freien Gewerkschaften erklärt: Die Berhandlungen find nunmehr ohne Ergebnis abgeschlossen morden. Es steht teineswegs feft, ob sie nach Pfingsten wieder aufgenommen werden Gegenwärtig wird sowohl im Lager der Arbeitgeber wie innerhalb der Spikenorganisationen der Gewerkschaften über neue Bor. fchläge verhandelt. Ob diese Borschläge aber nach Pfingsten zu neuen Berhandlungen zwischen beiden Wirtschaftsgruppen führen oder ob jede Gruppe mit thren Vorschlägen gesondert an die gesetzgebenden Körperschaften herantreten wird, ist noch eine offene Frage gebenden Körperschaften herantreten wird, ist noch eine offene Frage
Parteiaufmarsch in Sachsen . Zentrum und Wirtschaftspartei Arm in Arm.
Dresden, 5. Juni. ( Eigenbericht.) Dem Wahlkommissar sind bisher neun Wahllisten über. mittelt worden und zwar die der SP D., der Deutschen Boltspartei, der Kommunistischen Partei, der Deutschnationalen, des sächsischen Landvolks, der sogenannten Altsozialisten. der Boltsnatio nalen Reichsvereinigung, der Kommunistischen Oppofi. tion und des Christlich jozialen Boltsdienstes.
dürfen.
Allen diesen Nachrichten gegenüber, die jeßt so zahlreich auftauchen, verhält sich die offizielle Tichechoslowa. ei ruhig und abwartend, zumal auch die offiziellen ungari Ichen Stellen sich in Stillschweigen hüllen. Bethlen hat bisher auf Drängen der Opposition nur ein sehr vorsichtiges Ver Die tschechischen Blätter, legenheitsdementi herausgegeben. sowohl die bürgerlichen als auch die sozialistischen, betonen aber, daß die Kleine Entente in Attion treten müßte, falls Ungarn entgegen den Bestim mungen des Trianoner Friedensvertrages die Habsburger Dynastie wieder einsehen wollte. Es wäre dies nach ihrer Auffassung teine Einmischung in die inneren Verhältnisse Ungarns , sondern nur ein Aft zur Wahrung des europäischen Friedens.
Horthy- Ungarn baut seinen Zukunftsplan insbesondere auf den Gegensatzwischen Italien und Frank reich auf. Das madjarische Bolt steht allen monarchistischen Limtrieben ganz fern und die madjarische Sozialdemokratie hat bereits im Budapester Parlament gegen die Gelüste der Magnaten energische Berwahrung eingelegt.
Am 27. April d. J. wurde in Paris ein Vertrag mit Ungarn wegen strittiger Bodenreformangelegenheiten abgeSchloffen und dadurch die sogenannte Ost reparations. frage ganz bereinigt. Bei dieser Gelegenheit wurde von tschechischer Seite darauf hingewiesen, daß der Vertrag imstande ist, das gegenseitige Berhältnis Ungarns und der