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200-42302. Beilage des Vorwärts

Nr. Jahrgang

Die Fahrpreise der BVG.

Von Dr. Ing. W. Majerczik, Mitglied des Vorstandes der BVG.

Seit einigen Tagen beschäftigt sich die Presse in einer mehr oder weniger heftigen Weise mit der wirtschaftlichen Lage der BVG. Es sind Mitteilungen in die Deffentlichkeit gelangt, wonach das finanzielle Ergebnis des Verkehrsunternehmens im Jahre 1930 nicht den bisher gehegten Erwartungen entsprechen wird. Von bürger­licher Seite ist diese gewiß nicht erfreuliche Tatsache in einer Weise aufgebauscht worden, die an manchen Stellen zu einer Art Panik­stimmung geführt hat. Es regnet jetzt Borschläge, wie die Verkehrs­tarife umzugestalten seien. Zu einer Panitftimmung ist keine Ursache vorhanden. Die Einnahmen der BVG. werden im Jahre 1930 vor­aussichtlich nicht denjenigen Betrag erreichen, den man sich auf Grund der stattgehabten Erhöhung des Fahrpreises versprochen hatte. Der Verkehrsrückgang und als dessen Folge die Einnahme minderung sind in der Hauptsache hervorgerufen durch eine Arbeits­lafigkeit, wie sie in diesem Umfange und in dieser Ausdauer zu Anfang des Jahres nicht vorauszusehen war. Eine Panikstim mung ist um so weniger am Plaze, als sie nicht der geeignete Seelenzustand ist, in dem das hundertfältig verwide! te Problem der Tarifgestaltung bei der BVG. gelöst werden kann.

Grenzen der Tariferhöhung.

Meine Darlegungen gründen sich auf verkehrswirtschaftliche Tatsachen. Die Frage, die vom Standpunkte des Haushaltes der Stadt Berlin   aus gestellt werden muß, lautet: Wie ist das finanzielle Ergebnis der BVG. zu verbessern? Die verfehrswirtschaftliche Antwort darauf, in einem Sag zu fammengefaßt, lautet: Das Ziel, die finanzielle Lage der BVG. zu heben, läßt sich weniger von der Einnahmeseite her erreichen, als vielmehr von der Ausgabenseite her. In eine ein­fachere Sprache übersetzt heißt das: Durch Tariferhöhungen kann, mit Ausnahme des Omnibuffes, eine Steigerung des Wirtschafts­ergebnisses nicht mehr erzielt werden. Der einzige Weg find Er­sparnisje im Betriebe durch eine rationellere Bedienung des Verkehrs.

Daß wir mit dem Anziehen der Tarifschraube am Ende an­gelangt sind, beweisen die ungünstigen Ergebnisse der letzten Fahr­preiserhöhung. Die BBG. besitzt tein Beförderungsmono­pol in Berlin  . Sie befindet sich der starken Konkurrenz der feit furzem elektrifizierten Stadt, Ring- und Vorortbahnen gegenüber. Sie hat außerdem mit dem Wettbewerb der Autodroschken, der Fahrräder mit und ohne motorischen Antrieb und nicht am wenigsten der Schuhsohlen zu rechnen. Diese Konkurrenz und die ungünstige Wirtschaftslage weiter Bevölkerungsfreise lassen eine allgemeine Erhöhung der Fahrpreise einfach nicht zu.

Wirksamer für das zu erreichende finanzielle Ziel ist die Um­schichtung der Beförderungsleistungen innerhalb der drei Verkehrsmittel der BVG. Gegenwärtig ist die Sachlage die, daß die Fahrgäste zwar einheitlich 25 Pf. bezahlen. Die Beförderungskosten sind aber auf den drei Betriebsteilen sehr verschieden. Es verhalten sich die Betriebsselbstkosten( ohne Kapital­dienst) für einen Personenkilometer bei Omnibus, Straßenbahn und U- Bahn zueinander etwa wie 8: 5: 4.

Die

Der Omnibus ist also in feinen Betriebskosten am teuer sten. Aus diesem Grunde ist es gerechtfertigt, den Ominibusfahr­preis höher festzusetzen als den der Schienenbahnen, der Omnibus­fahrschein mit Umsteigeberechtigung soll in Zukunft 30 Pf. fosten. Für das Uebersteigen von Straßenbahn bzw. U- Bahn auf den Om nibus sollen 5 Pf. nachgezahlt werden, wobei der Einheitsfahrschein von 25 Pf. bei den Schienenbahnen aufrechterhalten wird. Fahrpreiserhöhung beim Omnibus wird besonders dann verständ­lich, wenn man erfährt, daß ein Teil der in Berlin   betriebenen Autobuslinien wegen der hohen Betriebskosten finanzielle Zuschüsse erfordert. Auch haben die Betriebskosten des Autobus die Tendenz zu steigen.( Vgl. z. B. die mit Gesetz vom 15. April dieses Jahres eingeführte Mineralölsteuer. Durch diese Steuer wird auch der Benzinpreis erhöht.) Der Omnibusverkehr umfaßt nur ein Fünftel des Gesamtverkehrs der BVG., nach der Zahl der be­förderten Personen gerechnet. Ein Teil der bisherigen Fahrgäste des Omnibus wird sich der Tariferhöhung dadurch entziehen, daß er auf parallellaufende Straßenbahn- oder U- Bahn- Linien übergeht.

Berbilligung auf der U- Bahn.

Im diametralen Gegensatz zum Omnibus steht die U- Bahn. Diese ist, wenn man von ihrem enormen Anlagekapital absieht, das im Betriebe billigste der drei Berkehrsmittel. Es ist deshalb wirtschaftlich zweckmäßig, der U- Bahn eine erhöhte Zahl von Fahr­gästen zuzuführen. Die U- Bahn ist auch, bezogen auf ihre Leistungs­fähigkeit, der am wenigsten ausgenutzte Betriebsteil der BVG. Es soll deshalb auf der U- Bahn ein kurzftredenfahrschein

man muß

ohne Umsteigeberechtigung eingeführt werden. Dieser Fahrschein soll zur Zurücklegung von fünf Streckenabschnitten, das ist im Mittel etwa 3,6 kilometer, berechtigen und soll 20 Bf. fosten. Die Ver­billigung, die in diesem Kurzstreckenfahrschein enthalten ist, stellt in einem gewissen Sinne eine Kompensation dar für die Ber­teuerung des Omnibusverkehrs.

Bei der Benutzung der Straßenbahn soll nichts geändert werden, ebenso nichts an den Preisen der Monats= farten bei U- Bahn und Straßenbahn.

Schließlich sollen die Bestimmungen über den Umsteige verkehr geändert werden. Das Umsteigen soll in Zukunft inner­halb einer Stunde nach Ausgabe des Fahrscheins( bisher eineinhalb Stunden) erfolgen. Die zweite Fahrt soll nur noch im unmittelbaren räumlichen Anschluß an die erste Fahrt gestattet werden. Diese Verschärfung der Bestimmungen hat sich als notwendig erwiesen, weil der Umsteigefahrschein, besonders feit Er­höhung des Preises auf 25 Pf., zunehmend mißbraucht wird. Wie groß der finanzielle Schaden ist, der der BVG. dadurch bisher zugefügt wurde, läßt sich schwer schätzen. Er geht wahrscheinlich jährlich in die Millionen Mart.

Richtzahlen der Wirtschaftlichkeit.

Es betrug im Jahre 1929: Straßenbahn Omnibus  Der Anteil des Um- und

U- Bahn

lebersteigeverfehrs an dem Gesamtverkehr des einzelnen Betriebsmittels. 29,2 Proz. 36,6 Proz. 42,0 Proz Die durchschnittliche wagen­filometrische Besehung, Pers/ Wgfm.

Die durchschnittliche Reise. länge nach der Zählung vom 23. 10. 1929

5,2

6,6

4,8

4,0 km

4,3 km 5,5 km Die Aufstellung enthält sowohl eine Begründung derjenigen Tarifänderungen, die vorgeschlagen werden, als auch gibt fie eine Erklärung für die Ablehnung gewisser anderer Tarifvor schläge. Zum Beispiel ist aus den Zahlen der Straßenbahn ersicht lich, daß der Vorschlag der Einführung eines Kurz streden

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Freitag, 6. Juni 1930

fahrscheines auf der Straßenbahn feine finan ziellen Mehrerträgniffe erwarten läßt. Die Reiselänge auf der Straßenbahn ist fürzer als die auf den beiden anderen Ber­fehrsmitteln. Auch der Um- und Uebersteigeverfchr ist bei der Straßenbahn prozentual am geringsten. Der Straßenbahnfahrgast ist also bereits unter den heutigen Verhältnissen in einem gewissen deren Kurzstreckenfahrscheins zu 20 Pf. auf der Straßenbahn würde Sinne ein Einfach- Kurzftreckenfahrer. Die Einführung eines beson­deshalb eher eine Verminderung als eine Vermehrung des finan­ziellen Ertrages bewirken.

geforderte Wiedereinführung der zweiten Klasse auf

Ebenso zeigen die obigen Zahlen, wie die von manchen Seiten ist dasjenige der drei Berkehrsmittel, deffen wagenkilometrische Be­der U- Bahn verkehrswirtschaftlich zu bewerten ist. Die U- Bahn ist dasjenige der drei Berkehrsmittel, dessen wagentilometrische Be fegung am niedrigsten ist( dies, obgleich die U- Bahn- Wagen und die Autobusse). Die Einführung der zweiten Wagenklaffe würde ein größeres Fassungsvermögen haben als die Straßenbahnwagen nur bdeenten, daß man den schon jetzt ungenügend besetzten Wagen auf der U- Bahn weitere Wagen hinzufügt, die noch schlechter besetzt find. Es ist sehr zweifelhaft, ob die Minderbesetzung der 2.- klasse­Wagen finanziell ausgeglichen wird durch den Mehrertrag der 2.- Klaffe- Fahrscheine.

Troß der Abstufung der Preise ist das Prinzip des Einheits fabricheins aufrechterhalten geblieben. Die Ein führung zweier verschiedener Fahrscheinarten, eines teureren mit und eines billigeren ohne Umsteigeberechtigung, wäre für Berlin  höchst unzweckmäßig. Eine solche Differenzierung würde zur Folge haben, daß sämtliche Stadtteile neue direkte Verbindungen mit anderen Stadtteilen verlangen würden. Die LVG. würde ge­zwungen werden, die Zahl der direkten Linien zu vermehren, wäh rend im Gegenteil die zukünftige Entwicklung danach trachten muß, die Zahl der Linien zu vermindern. Der Einheitsfahrschein ist ein, wenn auch bisher wenig ausgenutztes Inftrument des technischen Fortschritts.

Zum Schluß ist zu betonen, daß die obigen Tarifvorschläge zu­nächst nur Vorschläge sind. Sie bedürfen, um wirksam zu werden, noch der Zustimmung des Aufsichtsrats der BBG. Man kann von den oben beschriebenen Tarifänderungen fagen, daß sie die Bevölkerung mit einem Minimum an Härten treffen und daß sie mit dem Kurzstreckenfahrschein der 11- Bahn sogar eine Tarifherabfegung bringen. Die in Aus­ficht genommenen Tarifänderungen bedeuten nicht die Lösung aller finanziellen Probleme unseres Verkehrsunternehmens, die Vorschläge sind aber geeignet, das wirtschaftliche Ergebnis der BVG. zu heben.

Ursachen der Mansfeld   Krise.

Der Geschäftsbericht bestätigt die Verantwortlichkeit der Verwaltung.

Die Mansfeld A.-G. für Bergbau und Hüttenbetrieb, die jetzt den größten Teil ihrer Arbeiter ausgefperrt hat, hat der Deffentlich feit ihren Geschäftsbericht für 1929 übergeben. Die Gesprächig feit der Verwaltung ist im Gegensatz zu früher gewachsen. Diese Neigung zu erhöhter Publizität ist erfreulich, freilich aber auch nicht ganz unverdächtig, denn als es beffer ging als heute, war das Mitteilungsbedürfnis geringer. Die größere Publizität dürfte also etwas 3 wed charakter haben; und der verfolgte 3wed ist auch erreicht: die bürgerlichen Zeitungen bringen große Ueberschriften Mansfeld   in Not". Diesem SOS Ruf entsprechen die Ziffern für 1929 nicht: 1927 1928 1929 ( in Millionen Mart) 37,88 37,88 37,88 6,00 6,00 6,00

"

Aktienkapital

Reservefonds

Anleihen( alte)

1,71

1,71

1,59

Dollaranleihe

12,18

11,73

11,27

Hypotheken

0,86

0,82

0,71

Banken und Rembourse  

22,60

29,77

30,47

Sonstige Gläubiger

21,47

12,48

1.1,75

Aktienschuld

3,15

Anlagen

45,21

47,08

46,15

Anzahlungen

1,00

0,17

0,18

Kaffe, Banten, Wechsel.

6,10

5,53

4,38

Außenstände

26,21

24,05

21,36

Wertpapiere u Beteiligung.

17,47

16,81

15,86

Borräte

9,33

9,64

15,31

Bilanzsumme

105,83

103,54

103,24

Ertrag und Vortrag.

12,72

13,37

15,07

Allgemeine Unkosten.

6,22

6,15

6,86

Anleihe abschreibungen

3,64

4,34

4,76

Abschreibungen auf Beteilig. Reingewinn Dividende

3,30

2,86

2,87

7 Broz

7 Prog.

Der Rohgewinn ist erhöht, die Abschreibungen sind erhöht. der Reingewinn ist gestiegen, und die Dividende fehlt nur des halb, weil man den gestiegenen Reingewinn zu Abschreibungen bei den Wertpapieren benutzt. Aber auch die Bilanz selbst zeigt Verbesserungen, die alten Marfanleihen und die Dollaranleihe wurden weiter abgezahlt, ebenso die Hypothekenschulden; die laufenden Schulden sind verringert, eine Schuldenverschlech= terung zeigt sich nur für 3,15 Millionen, die aus der verfehlten Aktienspekulation Stolberger Zink stammen. Der Wert der Anlagen ist troz innerer Verbesserungen der Substanz niedriger ein­gesetzt. So ist das gesamte Bilanzbild günstig. Der ausgewiesene, aber für die verfehlten Spekulationen benutzte Reingewinn von 3,45 Millionen Mark hätten eine neunprozentige Dividende möglich gemacht, gegen nur je 7 Proj. in den beiden vorhergehenden Jahren. Die Dividendenlosigkeit und die hauptsächlichen Schwierigkeiten bei Mansfeld   find nicht hervorgerufen aus Gründen der Wirtschafts­entwicklung.

Diese Erkenntnis, wird noch durch eine andere Ueberlegung ver­tieft, die sich aus Angaben des Geschäftsberichtes ergibt. Der Ge­schäftsbericht stellt fest, daß im Durchschnitt des Jahres 1929 der Kupferpreis um etwa 23,7 Proz. höher lag als im Borjahr; entsprechend seien die Bruttoerlöse aus dem Kupfergeschäft gestiegen. Eine einfache Nachrechnung zeigt, daß der Mehrerlös rein aus dem Metallgeschäft rund 5% Millionen Marf betragen haben muß und rund 7% Millionen Mark, wenn man die Mehr gewinne aus dem guten Stein- und Braunkohlen-, Koks- und Brikettgeschäft hinzu nimmt. Es rechtfertigt sich daraus die Ver­mutung, daß der ausgewiesene Gewinn zurechtfrisiert worden ist, und daß der tatsächliche Gewinn erheblich höher war. Dafür spricht auch, daß die Mansfeld A.-G. eine Aftienlieferungs­0,15(+ 3,30) fchuld in Nominalwerte von 1,02 millionen Mark be­gleichen fonnte, und zwar durch freihändigen Ankauf von

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