Rr. 311 47. 3ahrgang
anders
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Liebe Frau. Da wäre ich also jest in Mailand . Es ist alles als Du und ich es uns vorgestellt hatten. Soviel weiß ich heate schon, daß ich Dich und die Kinder nicht hierher fommen faffe. Meinem zweijährigen Anstellungskontratt muß ich natürlich nachkommen sind aber die zwei Jahre um: dann nig mie nach Hause! Du denfft, warum es mir hier nicht gefällt? Darum nicht, weil der Arbeiter in Italien nicht frei ist und ein Arbeiter bin ich doch, wenn mich auch mein Chef Signore" nennt. Signor Cartografo, fagt er zu mir, bitte dies sind die Entwürfe, machen Sie der deutschen Tüchtigkeit Ehre! Gemiß arbeite ich gerne, ich vertiefe mich ins Landkartenbild, ich zeichne, denke und erlebe. Also: meine Arbeit hier in Mailand befriedigt mich, aber das Drum und Dran der Arbeit, der gesellige Verkehr der hier unter dem Drud faschistischer Spionage leidet, der befriedigt mich nicht. Soll heißen: du darfst hier nicht alles aussprechen, mas du denkst, deine Worte stehen sozusagen unter faschistischer Zenfur. Alle Türen scheinen Ohren zu haben, lange schwarze Mauleselohren der Verkehr von Mensch zu Mensch ist so, daß ein jeder fürchtet, über den anderen zu stolpern. In solchen Lebensverhält niffen fann sich ein freier deutscher Gewerkschaftler nicht wohlfühlen Wenn der Sozialist in mir schweigen muß, dann schweigt
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mein Bestes in mir. Adjes.
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Lieber Mann. Dein Brief war mir eine. große Enttäuschung. Wir hatten doch beide gehofft, nach Verlauf etwa eines Jahres gemeinsam in Mailand zu leben. Wie hatte ich mich auf Milano gefreut. Du hattest doch gesagt, Mailand sei Klein- Paris. Das wäre doch eine ganz andere Welt für mich gewesen in einer Millionenstadt zu leben, anstatt hier in der deutschen Kleinstadt, wo eine Nachbarin der anderen in den Kochtopf gudt. Ich weiß gar nicht, wie ich es aushalten soll, fast noch zwei Jahre ohne Dich zu leben. Ich kann mir doch keinen Ersatz- Mann nehmen? Am Ende holst Du mich doch noch-? Ich füsse Dich.
Liebe Frau. Ein halbes Jahr bin ich nun hier in Mailand , ich habe mich in unserem Zeichensaal tüchtig eingearbeitet. Mein Chef ist mit mir zufrieden und meine Kollegen haben mir ihr Herz geöffnet. Alle freiheitliche Not des italienischen Arbeiters ist meine Not. Wir leben fast wie Verschworene untereinander, wir Kartographen des großen Mailänder Verlages. Was einst die Kollegen hier als freiheitlichen Gehantenbau aufgerichtet hatten, das ist zer ftört: feine freie Gewerkschaft mehr, teine sozialistische Partei. Ich felbft bin gezwungen worden, der faschistischen Gewerkschaft bei zutreten, die eigentlich ein Unding non Arbeiterorganisation ift, denn sie vertritt die Interessen der Arbeitgeber und nicht die Inter essen der Arbeitnehmer. Mailand an fich wäre sonst mohl eine ganz schöne Stadt, wenn ich Geld hätte, aber ich muß Dir und den Kindern doch die Hälfte meines Lohnes schicken, und was dann noch bleibt na, Du kannst Dir ja denken. Küsse die Kinder
herzlichst von mir und sei auch Du
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Adjes.
Lieber Maun. Bein Geld tommt immer pünktlich an. Beften Dant. Ich habe Deinen Verband bezahlt und für Dich und mich die Partei. Den Kindern habe ich neue Kleider geschneidert und für die Hühner habe ich fünfzig Bfund Korn getauft. Das eine Saninchen merde ich meh bald schlachten müffen, denn es ist furdy bar fett. Wenn ich es noch 1% Jahre leben lasse, so bekommt es cinen Herzschlag vor lleberfettung. Die Kinder meinen manchmal mann tommt unser Papi zurück? Und ich meine dann mit. Für eine Frar ist ein Leben ohne Mann überhaupt kein Leben, felbst dann nicht, wenn sie zmei meiße fette Kaninchen im Stall hat. Wenn Du diesen Brief liest, dann gude Du abends mal auf die Sterne- jeder Stern ist ein Kuß von mir.
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. Liebste Frau. Ein Jahr ist um, juchhei, noch ein zmeites Jahr und ich bin wieder frei! Mein Chef hier versucht zwar, mich für ganz hier zu behalten. Er hat mir das Gehalt erhöht und er schmeichelt mir ins Ohr: O Dio, die deutschen Kartographen, die fönnen was! Diese seine Schmeichelei beleidigt mein sozialistisches Gefühl find denn meine italienischen Kollegen weniger als ich? Jedenfalls geben sie in der Arbeit ihres Bestes. ebenso mie ich und wenn die Berufsausbildung und die Fachschule hier nicht so gut sind mie in Deutschland , so sind doch die italienischen Kollegen nicht schuld daran. Manchmal habe ich bei meiner Arbeit ein schlechtes Gewissen, dann: menn ich das deutsche Südtirol mit einem schwarzen Strich dem Lande Italia angliedern muß. Ich deutscher Kartograph mache mich mitschuldig an faschistischer Groberungspolitik. Hoffentlich haben Euch die Drangen, Feigen und Mandeln gut geschmeckt? Ich schicke Euch jetzt alle Monate so ein füßes Patet. Mir selbst gehen alle Süßigkeiten ab, ich lebe mie ein Mönch wenn mich manchmal auch die Feueraugen der Mailänder Mädchen zu versengen drohen. Doch fürchte Du nichts. Adjes. Lieber Mann. Nun werde ich keine Nacht mehr ruhig schlafen fönnen. Ich werde wie auf Dornen liegen, wie auf Feuer werde ich schlafen uh, die Augen der Mailänder Mädchen! Gibt es fein Mittel, deinen Kontraft zu lösen? Du könntest doch in Sehnsucht zu
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Baris sein, menn ich zum Bahnhof gehe und meinen Jatobiner abhole, Dich! meinen herzallerliebsten Schaz.( Die beiden Kaninchen haben mir gegessen. Der Stall ist leer. Soll ich einen feinen Hirsch hineintun?)
Liebste Frau. Heute nur furz eine Ansichtskarte eine rote Herzenstarte vom blauen Comersee. Wir haben einen Ausflug gemacht. Die Kollegen haben ihre Frauen mit, eine unterschreibt hier: ,, Tanti faluti, Lisetta." Noch einen Monat, jopp, damn springe ich Dir ans Herz. Dein Bapi.
O Papi, was find das wieder für neue Sorgen aus Italien weiß ich denn, ob diese Lisetta" von der Ansichtskarte überhaupt
Wir haben nichts
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Wer alles hat, dem wird auch noch gegeben. Wir haben nichts, das heißt wir haben Wnt, Weil wir an jedem Tag das liebe Leben Mit Qual bezahlen müssen und mit Blut. Was heißt Erlösung? Das sind nichts als Phrasen, Mit denen sie uns alte Märsche blasen, Weil sie zufrieden, aufgebläht und satt sind Und weil wir müde, ausgedörrt und matt sind! Uns drückt die Not. Ein Brot war uns viel lieber, Und auf dem Brot ein guter Happen Wurst! Wir haben diesen Troft auf morgen über, Wir haben heute Hunger, heute Durst! Wir sollen glauben? Nein, wir wollen wissen! Wir werden drohend unsre Aufruhrsfahunen hiffen, Solang die Herren aufgebläht und satt sind, Solang wir müde, ausgedörrt und matt sind! Wer gar nichts hat, wird morgen alles haben. Nun schön, wir hättens heute alle gern. Die alles haben, wollen wir begraben, Die aufgeblähten und die satten Herrn! Wir sollen handeln? Ja, wir werden handeln, 3ur guten Heimat diese Welt verwandeln, Bir rücken an, bis alle Herren matt sind, Wir rücken an, bis alle Menschen satt sind! Max Barthel
eine Frau ist? Wenn sie nun ein Mädchen märe und Du bröchtest fie mit und sie befäme ein Kind von Dir? Schrecklich, zwei Jahre lang Witfrau zu fein eine wahre Kartographie von der Wüfte Sahara . Deine Hilde. München
. Liebe Frau. Die Zeit ist um ich afme wieder Freiheit und ich trinfe mal wieder deutsches Bier. Ich size mit den Kollegen im Hofbräuhaus, Du wirst auch bald hier im Hofbräuhaus fizen, an der Seite Deines Friederich: denn ich habe hier in München Stellung bekommen: Ostern trete ich an. Die Hühner von Meinstadt bringen wir hier mit nach München her, die sollen uns hier bunte Ostereier legen. Freust Du Dich? Nun kommst Du doch in die Großstadt. Und ich fomme an Dein Herz Hilde, Hilde, morgen nacht, morgen nacht! Das soll Dir ein Fest geben. Adjes, adjes.
Eike: Das Sündenregister
Man schrieb das Jahr 1706. Das fleine Arnstadt im Thürin gischen lag meltnerlassen im Schnee hinter den bemaldeten Höhenzügen des Gebirges. Es mar ein unfreundlicher, falter Februarfonntag, und die Kirchgänger hüllten sich fröstelnd in ihre Zücher und Mäntel und beeilten sich, in die Kirche zu kommen, in der der alte Rüfter bereits ein praffelndes Holzfeuer angezündet hatte.
An der Orgel saß schon der junge Kantor, und faum hatten die Gloden ausgeläutet, da tönten mächtige Akkorde durch den Fleinen Raum. Aber den guten Arnstädtern flangen sie ziemlich seltsam und vermorren in den Ohren, und manche alte, eifrige Kirch gängerin schüttelte bei allem Respekt, den man den Einrichtungen des Gottesdienstes zu zollen gewohnt war, manchmal den Kopf über das frause 3eug, das der junge Spieler da oben seinem Instrument ent lockte. Auch die Frau Pfarrer sah mißvergnügt in die Höhe und
Sonntag, 6. Juli 1930
Barbara Bach, der Base und heimlichen Braut des jungen Meisters. Endlich schwieg die Orgel nach einem weithin ballenden, mächtigen Schlußafford, und der Pfarrer, der schon lange unruhig in der Safristei hin und hergegangen mar, trat heraus und schritt eilig zur Kanzel, obwohl jezt eigentlich die zweite Strophe hätte folgen müffen. So war die feftgefügte Ordnung des Gottesdienstes heute umgestoßen, und die Gemeinde, die einen solchen Vorgang, der seit Menschengebenten noch nicht vorgefommen war, wie eine Revolution empfand, lauschte nur mit halber Aufmerksamkeit den Worten ihres Seelenhirten, obwohl der heute eine Straf- und Bußpredigt auf seine Schäflein herabsandte, die sonst einen gewissen Eindrud nicht verfehlt hätte.
Raum mar ber Gottesdienst beendet, da stand man schon var der Kirchentüre trotz des eisigen Februarsturmes zusammen und erörterte eifrig das ergernis von Arnstadt ". Denn so konnte das nicht weitergehen. Burde einem Chriftenmenschen denn nicht ganz wirr im Kopf bei einer solchen Musit? Hieß das, zur Ehre des Allerhöchsten spielen? Aber das Sündenregister des Organisten Johann Sebastian Bach war damit noch lange nicht erschöpft. Bier Wochen Urlaub hatte er angefordert, um bei dem Orgelmeister Burtehude in Lübeck weiter zu studieren. Im Oftober mar er aufgebrochen zur Wanderung, und gestern war er erst wieder zurüdgekommen, das eifrig zählte man an den Fingern ab nicht weniger als 16 Wochen! Dhne Erlaubnis, ohne Entschuldigung, ohne rechtzeitig Nachricht aus Lübeck zu senden! Nein so fonnte das nicht meitergehen!
maren
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Und schon menige Tage später stand der Sünder megen Langwierigen Verreisens und Unterlassener figural Musif vor seiner Dorgefeßten Behörde. Es wurde ihm vorgehalten, daß er in dem Choral ,, wunderliche Variationes gemachet, viele frembde Töne mit hatte er den Chorafgefang der Schultinder gröblichst vernachlässigt. eingemischet und die Gemeinde dadurch confundieret" habe. Ferner Endlich wurde ihm vorgeworfen, wo er so lange gewesen, und bei mem er dieffen Urlaub genommen"? Binnen acht Tagen solle er schriftlich auf diese Anflagen antworten.
Aber Johann Sebastian hatte anderes zu tun. Frühling, Som mer und Herbst zogen über den Thüringer Wald , und noch immer martete das Hohe Confiftorium auf Antwort. Da fub man den Sünder endlich am 11. November zum zweiten Male vor den Richterstuhl. Das Register seiner Uebertretungen war inzwischen noch länger geworden. Insbesondere hatte es schwere moralische Bedenken im Städtchen erregt, daß Maria Barbara sich neben die Orgel gestellt und die Tondichtungen des jungen Spielers eifrig gesungen und geprobt hatte. So wurde dem Angeklagten vorgehalten auß mas er ohnlängst die frembde Jungfer Maria Bar bara stammte aus der Gegend bei Ilmenau ! auf das Chor bieten und musicieren laffen?" Bach erwiderte zmar entschuldigend, daß er Magister Uthe davon gesaget" habe, aber das ergernis mar doch zu groß, und es schien dem jungen Komponisten selbst geraten, sich nach einer anderen Stellung umzusehen. Wenige Monate später erhielt er einen Ruf nach Mühlhausen in Thüringen , und bereits im Sommer des nächsten Jahres hielt er dort mit der frembden Jungfer" Hochzeit.
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Die heutigen Arnstädter haben das Aergernis, das Johann Sebastian einst bei ihren Vorvätern erregte, längst vergessen. Sie fennen mur den ehrwürdigen Meister, zu dem der junge Komponist langsam mit den Jahren heronreifte, und die feierliche Gedenktajel an der Arnstädter Liebfrauenkirche: Gott zu Ehren wirkte an dieser Kirche Johann Sebastian Bach 1703 bis 1707, ist ganz diesem reifen, abgeklärten Bach gewidmet. Der Besucher aber, der zuvor in alten Archiven und vergessenen Manuskripten blätterte, tann ein Schmun zein nicht unterdrücken, wenn er des jungen Organisten gedenkt, der hier„ Gott zu Ehren dem Hohen Consistorium ein Schnippchen nach dem anderen schlug...
Dagmar Sperk: Ihre Brüder
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Eine Stimme vom Gang: ,, Können Sie mir jetzt den Rest der Miete zahlen, Fräulein?" Ja, bitte, gerne." Sie fährt in die Schuhe, die ihr vom Fuß gefallen sind, steht vom Bett auf und geht hinaus. Bitte, nicht wahr, es maren noch 5 Mart, bitte.. Sie geht wieder ins Zimmer zurüd, eine Kammer eigentlich mur. Auf dem kleinen Tisch liegt die Geldbörse. Noch drei Mark fünfzig! Jetzt steht sie also an der Schneide! Zum erstenmal in ihrem Leben! Sieben Lage jeden Tag fünfzig Bjennige, vierzehn
Tage jeden Tag fünfundzwanzig Pfennige, dreieinhalb Tage jeden Tag eine Mart. Sie steht am Fenster und sicht hinaus. Ein Sof. Rückwärts ein Fabrikgebäude, gelblich graue Mauern, an manchen Stellen der Mörtel abgesprungen. Armselig, troftlos... Auf den Stufen vor der Haustüre fizt eine Kazze. Niemals früher hat sie ein so schäbig aussehendes, mißhandeltes Tier ge
sehen. ,, Die Kage ist wie das ganze Haus", denkt. fie, und tritt mit einem Schritt mieder in die Mitte der Kammer zurüd. ,, Hunger?. Ja. Sie wird sich anziehen und irgend etwas
mir nerventrant werden. Und einen nerventranten Rartographen atmete hörbar auf, als der Organist endlich nach einer fühnen Kadenz 311 effen taufen. Auf der Straße ist ein grauer Tag. Sie tauft
fann Dein Chef nicht gebrauchen, der würde schließlich vom italienischen Stiefel mit einem roten Strich die Fußspizze abschneiden. Mas Adelheid ist, die große meiße Henne, die hat acht Rüden aus. gebrütet. Wann werde ich wieder brüten dürfen? Ich frage die
Sterne. Deine traurige Frau.
. Liebste! Noch ein halbes Jahr und ich souse durch den Gotthardt hin mit dem schnellsten aller Blizzüge an Dein Herz. Neulich war die Polizei in meinem Zimmer, da hat sie alles durch stöbert, auf der Suche nach ,, revolutionären" Schriften. Den ,, Vorwärts" hat die Polizei mir beschlagnahmt, denn sie fand ein ver dächtiges Wort, groß gedruckt: Mateotti. Hat die Polizei hier ein Schlechtes Gewissen? Oder habe ich etwa Mateotti getötet? Ein Kollege von uns ist von der politischen Behörde auf drei Jahre nach Lipari verbannt, megen sozialistischer, lmtriebe". Sein Verbrechen bastand darin, daß er abends in unserer Stammfncipe ziemlich laut bie Carmagnole und die Internationale gefungen hat. Der Mein war schuld, er ist rot und start. Adjes. Bleibe Du ja Deinem alten Rartographen treu.
gere
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Lieber Mann. Gewiß gibt es hier junge Kartographen, junals Du es bist, aber Du bist doch auch noch nicht alt, Du irst ja erst dreißig. Du fönntest noch ganz gut ein halbes Dugend Rinder friegen was an mir liegt Neulich war ich beim Merbandsfest, da haben mir tüchtig getanzt, mir aber war es immer, als ob jeder Tänzer mein Mailänder: mein alter" Mailänder Kartograph sei. Die Kollegen im Verband haben viel nach Dir gefragt, und alle freuen sich, daß Du bald miederfommmst. Für die Bartei haben mir Frauen eine neue Fahne gestiftet, ich habe sie mit sticken helfen: das große goldene Wort Freiheit! Mailand be beutet mir schon gar nichts mehr. Unsere Seinstadt wird dann Groß
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voll einfiel.
Zwischen den einzelnen 2ttorden schlängelten sich Läufe und Triller, Aber mas mar das plöglich für eine feltsame Begleitung! und die Schuffinder jahen vermirrt zu ihrem Magifter auf, der feinerseits energisch seine dröhnende Baßftimme erhob und, die ganze Gemeinde übertönend, die Melodie angab. So ging die erste Strophe glücklich zu Ende. Aber anstatt daß nun, wie gewöhnlich, der zweite Bers gleich anschließend gesungen wurde, spielte der Organist ein Zwischenspiel, das niemand erwartete. So sangen die meisten unbefümmert eine Zeitlang weiter und hielten erst nach und nach erSchreckt inne, als sie ihren Irrtum gewahrten. Unruhig steckte man die Köpfe zusammen. Aber der Organist schien von allem, was um ihn her vorging, nichts zu sehen und zu hören. Er faß meit zurück. gelehnt auf der schmalen Orgelbanf und blidte über die Notenblätter hinweg. Dann wandte er den Kopf und fah mit glücklichem, weltentrüdtem Lächeln durch das geöffnete Kirchenfenster gerabewegs in den blauen Himmel. Das Instrument aber fang und jubelte unter seinen Händen. Immer verzweigter und verschlungener flang die Choralmelodie. Es mar, wie wenn Flöten und Klarinetten, Geigen und Celli sie sich zuriefen, bis sie sich schließlich vereinigten. Die Gemeinde aber blickte verständnislos und unschlüssig teils zu ihrem Organisten auf, teils zu der Frau Pfarrer hin, die mit unverhohlenem Verger vor sich niedersah. Andere blätterten in den Gesangbüchern und gähnten. Ein paar junge Dinger steckten die Köpfe zusammen und ficherten. Nur ein einziges Augenpaar fab verständnisvoll zu dem Komponisten auf. Es gehörte cinem jungen Mädchen, das halb versteckt in seinem Kirchenstuhl saß, Maria
billiges Zeug, das wie viel aussicht.
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Als sie zurückkommt, steht vor der Wohnungstür ein junger Wen wünschen Sie, bitte, es ist, glaube ich, niemand zu Hause." Mensch mit Intelligenzbrille und zieht die Klingel .- ich bin ein arbeitsloser Kaufmann, dürfte ich um Berzeihung. eine fleine Unterstützung bitten." Schweigen. ,, Ent. ent= ich habe eigentlich selber nichts aber. schuldigen Sie, ich. Er geht schon die Treppen hinunter. Sie steht vor der geöffneten Wohnungstür. Sie möchte mit ihm sprechen, ihn etwas, irgend etwas fragen; was? Sie ist wieder in ihrer Kammer und sist auf dem Bettrand, lange, lange, denkt. Sie ist tief drin in ihren Gedanken, ist von ihnen ganz umhüllt, so wie einfame Bergfuppen on trüben Tagen non Rebel verhüllt werden. Wie ist das nur ja, wie ist das nur, wenn man bei fremden Leuten an den Türen um Unterstützung bittet?... Drei Mart noch!... Ja, das hätte Er ist zu schnell megfie ihn fragen wollen. Vielleicht, daß sie. gegangen. Gie fist in fich zusammengefunfen, grübelnd.-- Wenn zu Hause jemand an die Türe tam, gab die Mutter immer etmas. Ja, damals. Manchmal tamen in den Hof des Nebenhauses Mufitanten, dann lief fie eine Treppe höher und warf vom Flurfenster aus über die Hofmauer ein paar in Bapier gemidefte Pfennige hinüber... Was sind das für Menschen? Woher fommen sie?: Und dann dachte sie wieder, sich selbst irgendwie beruhigend: Sie sind meit, meit meg von mir." Heute?.
Sonderbar, sie wird nicht, aufstehen, menn jemand 21her sehr nahe sind sie ihr in den Hof mufizieren kommt, nein. iegt, fast Brüder, ja. llnd fic. fie fann ihnen nichts mehr geben...
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