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Der Abend™
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47. Jahrgang
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Die Kopfsteuer muß fallen!
Sozialdemokratie zu Verhandlungen bereit- aber ohne Negersteuer.
Die Besprechungen, die gestern abend zwischen dem Reichstanzler Dr. Brüning, dem Vorsitzenden der Zentrumsfrattion, Abg. Esser, und den sozialdemokratischen Abgeordneten Dr. Breitscheid und Hermann Müller stattfanden, endeten mit der Aeußerung des Wunsches, die sozialdemokratische Fraktion möge heute bis 12 Uhr mitteilen, unter welchen Vorausfegungen sie zur posi tiven Mitarbeit bereit sein würde. Die Abgg. Dr. Breitscheid und Müller haben infolgedessen Herrn Effer folgende Mitteilung zugehen lassen:
Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ist bereit, in münd lichen Verhandlungen die Bedingungen bekanntzugeben, unter denen fie eine Verabschiedung der Deckungsvorlage mit ihrer Unterstützung für möglich hält. Sie hat jedoch schon gestern durch die Rede ihres Vertreters im Plenum des Reichstags erkennen
Sie wollen über Aufhebung des Verbots verhandeln.
Die Bertreter des Stahlhelms, die bisher es für unter ihrer Würde hielten, den preußischen Ministerpräsidenten aufzusuchen, sind heute mittag im preußischen Staatsministerium erichienen, um Rücksprache über die Gestaltung einer Neubildung des Stahlhelms in der Rheinprovinz zu nehmen.
Der Brief des Stahlhelms.
Der Brief des Bundesamts des Stahlhelms, Bund der Front lassen, daß die in der Dedungsvorlage enthaltene Kopfsteuer, soldaten, Berlin , vom 15. Juli 1930 an den preußischen Minister des Innern Dr. Waentig hat folgenden Wortlaut:
die sogenannte Bürgerabgabe für sie vollkommen unan. nehmbar ist. Boraussetzung für fruchtbare Berhandlungen wäre daher die Bereitwilligkeit der anderen in Betracht kommenden Parteien, auf die Bürgerabgabe zu verzichten. In diesem Falle wäre auch Gelegenheit gegeben, über notwendige enderungen der Vorlagen für Arbeitslojen- und Krankenversicherung in Verhandlungen einzutreten."
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Heute vormittag hat der Reichspräsident, wie offiziös mitgeteilt wird, dem Reichskanzler die ihm schon erteilten Boll. machten erneuert und bestätigt, nämlich die Vollmacht, das Dedungsprogramm durch Notverord nung auf Grund des Artikels 48 in Kraft zu setzen, wenn die Erledigung des Deckungsprogramms auf parlamentarischem Wege nicht möglich ist; ferner die Vollmacht, den Reichstag aufzulösen, falls er eine solche Notverordnung aufheben würde. Dasselbe soll geschehen, wenn ein Miß trauensvotum angenommen wird, schließlich soll der Reichstag auch dann aufgelöst werden, wenn die politische Notwendigkeit es erfordert!
Pensionsfürzung beschlossen.
Gegen die Stimmen der Rechten angenommen. Der Haushaltsausschuß des Reichstags genehmigte am Dienstag zunächst das Bautreditgeset 1930. Der Ausschuß fällte dann die Entscheidung über den von den Sozialdemokraten eingebrachten Gesezentwurf zur Bensionstürzung. Das Gesetz wurde in etwas veränderter Fassung angenommen.
Nach den Beschlüssen des Ausschusses werden die Bezüge der Ruhegehaltsempfänger, Bariegeldempfänger und versorgungsberechtigten Hinterbliebenen, wenn sie neben den Ber forgungsgebührniffen ein steuerbares Arbeitseinkommen beziehen, um die Hälfte des Betrages gefürzt, um den das Arbeitseinfommen 6000 Mart jährlich übersteigt. Die Höchstpenfion foll fünftig 12 000 Mart nicht übersteigen. Diese Bestimmung wurde mit den Stimmen der Linken, der Demofraten, des Zentrums und der Wirtschaftspartei angenommen. Abfindungs-, Renten- und sonstige Verträge, die in ihrer Gesamtauswirtung eine günstigere Regelung darstellen, werden aufgehoben.
Beiter beschloß der Ausschuß, daß die Vorschriften auch für die Ruhegehalts- und Wartegeldempfänger der Reichsbahn und Reichsbant gelten. Ebenso werden die Länder verpflichtet, ähnliche Borschriften spätestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes durchzuführen. Als Termin für das Infrafttreten ist der 1. Oktober bestimmt. Für die Annahme im Plenum bedarf das Gefeß einer 3 meidrittelmehrheit.
9 Todesopfer einer Sturzwelle.
Beim Baden an der thrrhenischen Küfte.
In der Nähe des an der fyrrhenischen Küfte gelegenen Badeortes Montalto di Caftro wurde eine Gesellschaft von zwei Männern, fieben Frauen und einem Kind, die troh des heftigen Sturmes badeten, von einer Sturzwelle ins Meer hinausgespült. Alle Bersuche, sie zu retten, waren vergeblich. Die fieben Frauen, das Kind und einer der Männer sind er#taaten, nur der andere konnte gerettet werden.
Sehr geehrter Herr Minister!
Das Schreiben vom 14. Juli 1930 II 1420 b 39 habe ich erhalten und den beiden Herren Bundesführern vorgelegt. Die Bundes führer find indes nicht in der Lage, die von Ihnen vorgeführer find indes nicht in der Lage, die von Ihnen vorge. schlagene Erklärung in Ihrem Wortlaut zu unter zeichnen. Insbesondere haben sie Bedenten gegen die Faffung des Bunties 1, weil sie sich dadurch selbst Lügen strafen würden. Bir fönnen von unserer, der Wahrheit entsprechenden Ansicht, daß es sich bei der Veranstaltung am 21. und 22. September 1929 im Raume von Werden- Kupferdreh , Langenberg und Kettwig - Beibert Newigen um feine im Sinne des Gesetzes vom 22. März 1921 und seinen Ausführungsbestimmungen verbotene militärische Beschäftigung gehandelt habe, nicht abgehen. Sonst würde für die Zukunft polizeilichen Verwaltungsmaßnahmen, gegen die es feine Berufung auf richterliche Entscheidung gibt, Tür und Tor geöffnet werden mit dem Hinweise darauf, daß schon diese Veranstaltung auch vom Stahlhelm selbst als militärisch" anerkannt worden sei. Zudem möchten wir auch den bloßen Anschein vermeiden, als ob wir bereit wären, um der Wiederherstellung unserer Verbände willen eine Schuldlüge auszusprechen. Die Erflärung, die wir ab zugeben bereit sind, haben wir in unserem Briefe, vom 23. Juni
1930 an den Herrn Reichskanzler genannt."
Hindenburg läßt mitteilen, daß seine Anschauung, daß er nicht ins Rheinland reisen könne, falange das Stahlhelmverbot bestehe, allen Beteiligten seit längerer Zeit, mindestens aber seit der Rückfehr des Reichskanzlers aus Neuded, betannt sein mußte Ferner läßt der Reichspräsident erklären, daß hinter seinem Brief an den preußischen Ministerpräsidenten feinerlei politische Mo
Der Glückspilz von Röntgental
Bors: Woher hatten Sie die Stahlrute?" Angel: Die habe ich mal auf der Straße gefunden."
"
Bors: Woher hatten Sie den ReDolver?"
Angel.:,,Den habe ich mal im Walde
gefunden."
( Aus dem Röntgental- Prozeß.)
Ich ging im Walde so für mich hin Und nichts zu suchen, das war mein Sinn. Da plötzlich seh' ich vor mir im Moos
Ein Schießeisen na was fagt man bloß?
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Ich wollte vorüber, da sprach es fein: Ach lieber Nazi, sted mich doch ein. Ich hab' so bequemes Taschenformat, Hier liegen auch, Sustenbonbon" parat! Ja, wo ich gehe und wo ich steh', Immer ich Waffen herumliegen seh'. Stahlruten[ prießen im Trottoir. Ist das nicht einfach wunderbar? Behutsam nahm ich das Ding nach Haus. Und ziehen wir gegen das Reichsbanner aus, Dann fühl ich in meiner Tasche drin, Wie schön warm angezogen" ich bin!
( Mit Anleihen bei Goethe.) Jonathan.
tine stünden; derartige Motive hätten dem Reichspräsidenten , als er in diesem Brief seinen eigenen persönlichen Ent schluß nach langer Ueberlegung mitteilte, vollkommen ferngelegen.
Demgegenüber beharrt die preußische Staatsregierung darauf, nicht davon unterrichtet worden zu sein. Es wird hinzu gefügt, daß die zuständige Reichsstelle, nämlich das Reichs ministerium des Innern, mit der Sache amtlich nicht befaßt worden ist und auch nicht amtlich mit dem preußischen Ministerpräsidenten darüber verhandelt hat. Nur in privaten Bes prechungen des Reichsinnenministers Dr. Wirth und des
Reichskanzler Dr. Brüning mit dem preußischen Ministerpräsi denten habe der Reichstanzler auch einmal gesagt, es bestünde die Gefahr, daß der Reichspräsident aus seiner Berstimmung über die Aufrechterhaltung des Stahlhelmverbots seine Rheinlandreise abfagen würde. Darauf hat Ministerpräsident Braun erwidert, er tönne sich das nicht denken, denn der Reichspräsident werde sicher einsehen, daß die einzige Borausjehung in einem Rechtsstaat wie Preußen für die Aufhebung dieses auf gesetzlicher Grundlage erlaffenen Berbots der Wegfall feiner Boraussetzungen sein müsse. den Reichskanzler war deshalb nicht nötig, weil nach der Verfassung Eine Gegenzeichnung des Briefes Hindenburgs an Braun durch mur Anordnungen und Verfügungen des Reichspräsidenten dieser Gegenzeichnung bedürfen.
Bei Hugenbergs ist man empört.
Hugenbergs Nachrichtenbüro verbreitet die Meldung, daß man in Mainz über die Preußenregierung empört sei. Das nimmt schon
wunder, da Mainz im hessischen Gebiet liegt und von dem Konflikt
gar nicht betroffen wird. Aber mit großer Offenherzigkeit plaudert ugenbergs Sorrespondent die wahren Gründe der Mißstimmung" aus: Reichsbanner Schwarzrotgold habe zur Mainzer Befreiungsfeier 20 000 Teilnehmer angemeldet. Da die türgerlichen Vereine nicht imstande sind, mit ähnlichem aufzuwarten, wir zitieren wörtlich ,, hat dies dazu geführt, daß eine große Anzahl bürgerlicher Verbände dem Empfang fernbleiben wollen." Hoch, das Vaterland über die Partei!
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In dem Konfüittbrief des Reichspräsidenten ist nur von einer Differenz wegen des Stahlhelmverbots die Rede. Trotzdem behauptet heute die Hugenbergpresse mit seltsamer Bestimmtheit, daß für Hindenburgs Berhalten ein anderer Grund maßgebend oder mindestens mitbestimmend sei. Nämlich der Einspruch Preußens gegen die Amnestie der Fememörder. So schreibt der ,, Tag":
,, Es war eine unerhörte 3umutung an den Reichspräsi denten, sich bei den Rheinlandfeiern neben dem preußischen Ministerpräsidenten zeigen zu sollen, nachdem dieser im Reichsrat die Rheinlandamnestie sabotiert hat."
Ganz im gleichen Sinne schreibt der Lokalanzeiger", Hinden burg würde seine Absage nicht zurückziehen,
,, am wenigsten Herrn Braun zuliebe, der ja auch durch sein Beto gegen das vom Reichstag mit Zweidrittelmehrheit beschlossene Amnestiegeseh das Geinige zur Störung des Rheinlandfriedens getan hat."
Die Hugenberg- Bresse sezt das Ansehen des Reichspräsidenten geflissentlich herab, indem sie die Meinung verbreitet, die Befreiung eines Klapproth fei wichtiger als die Be freiung der Rheinlande.
Der Kriegslaftenetat.
Der Ausschuß für den Reichshaushalt begann in seiner Sigung Dom Mittwoch die Beratung der in zweiter Lesung noch ausstehenden Einzeletats der Kriegslaften, der allgemeinen Finanzverwaltung und des Haushaltsgesetzes. Die Verhandlungen werden sich über mehrere Tage erstreden, da in der Mittwochsizung noch nicht einmal die Beratung des Kriegslaftenetats zu Ende geführt werden fonnte. Die einzelnen Bositionen des Etats wurden zum größten Teil nach den Anfägen im Entwurf der Reichsregierung genehmigt.