Weiterbehandlung des
Reftes empfohlen.
Amtlich wird mitgeteilt:
Schlichtungstommis. sion hat den Bericht über die Ergebnisse der diesjährigen ordentlichen Tagung fertiggestellt und den beiden Regierungen zur Bestätigung vorgelegt. In einem Teil der der Schlichtungstommiffion überwiesenen Fragen gelangte die Kommission zu gemeinsamen Empfehlungen an die beiderseitigen Regierungen, cin anderer Teil konnte durch einseitige Ertlärungen der Parteien geregelt werden. Endlich wurden einige Fragen, die für eine abschließende Erledigung durch die Schlichtungstommiffion nicht geeignet waren, für Spezialberhandlungen zurückgestellt.
Im Vordergrund standen die Fragen des Niederlassungsabfommmens. Deutscherseits handelte es sich in erster Linie darum, die Rechtsstellung der in der Sowjetunion ansässigen Reichsdeutschen, u. a. auch im Zusammenhang mit der in der letzten Beit planmäßig durchgeführten Rollektivierungspolitit, zu klären und nach Möglichkeit zu sichern. Die Fragen fanden auf Grund der Erklärungen der Sowjetmitglieder der Schlichtungstommiffion eine praktische befriedigende Regelung, ebenso wie auch die Wünsche, die die Sowjetregierung hinsichtlich der NiederTaffungsfragen vorbrachte, durch entsprechende deutsche Erklärungen erledigt werden konnten.
Bei verschiedenen Fragen des Wirtschafts- und Seefchiffahrtsabfommens gelangte die Kommission zu praftischen Empfehlungen, die das Ziel haben, gewisse Hemmnisse im gegenseitigen Wirtschaftsverkehr zu beseitigen. Mehrere Wirtschaftsfragen prinzipieller Art wurden eingehend durchberaten und den Regierungen empfohlen, Spezialperhandlungen darüber einzuleiten. Ebenso wurden in einzelnen Fragen des gewerblichen Rechtsschutes praktische Ergebnisse erzielt, bzw. der Meg hierzu vorbereitet.
Wenn auch nicht in allen Fragen, die der Schlichtungsfommisfion unterbreitet waren eine Uebereinstimmung erreicht werden fonnte, so hat doch die Aussprache, die darüber stattgefunden hat, eine Grundlage für die weitere Behandlung der Probleme geschaffen. Der Bericht unterliegt zur Zeit der Prüfung durch die Regierungen, die sich gemäߧ 5 des Schlichtungsab kommens auch darüber verständigen müssen, ob der Bericht im ganzen oder teilweise veröffentlicht werden foll
Ernte mit Propaganda.
Es fehlen 13 von 18 Millionen Gäden für die Gowjeterate.
Kowno , 16. Juli. Einer amtlichen Meloung aus Moskau zufolge ist bei dem Kom miffariat für Boltsbildung ein besondereer Ausschuß gebildet worden, dem die Aufgabe übertragen wurde, während der Ernteerfaffung in den Dörfern wirksame Propaganda für die Ge treide ablieferung zu treiben. Es ist geplant, Hunderttausende von Aufklärungsschriften und Broschüren zu drucken, mit denen das Dorf überschwemmt werden soll. Außerdem wurden besondere Fonds geschaffen, aus denen Belohnungen für pünktliche und reich liche Getreideablieferung gezahlt werden.
Gleichzeitig wird im Handelskommissariat ein eingehender Plan der Getreideerfassung ausgearbeitet. Einem besonderen Studium wird die Frage unterzogen, wie die Dörfer in den Hauptbezirken mit Waren und Artikeln des täglichen Bedarfs im ,, Stoßtempo" 3u beliefern seien. Es wird darüber Klage geführt, daß die Misstände auch auf diesem Gebiet überhandnehmen. So ist die Anzahl der für den Getreidetransport notwendigen Säde mit 18 Millionen angegeben worden; bisher fonnten aber nur 5 Millionen Säde geliefert werden.
Man schreibt uns.
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Ausbildungsmethoden bei der Schuhpolizei. Es gibt heute faum noch einen Schußpolizeibeamten, der nicht bavon überzeugt wäre, daß eine Ausbildung der Polizeibeamten notwendig ist, um die Waffen, die sie im Dienste tragen, fennenzu= lernen und im Notfalle auch davon Gebrauchy machen zu tönnen. In erster Linie kommt der Gummitnüppel und dann die Pistole in Frage. Hier müßte die Ausbildung einsetzen. Leider geschieht dies nicht, weil man wohl annimmt, daß sich diese Ausbildung der B2amte von selbst aneignet.
Dafür ist die Ausbildung mit dem Karabiner auf dem Kojernenhof um so ausgiebiger. Keine Dienststelle tann sich eine Ausbildung ohne Karabiner vorstellen, weil doch in allererster Linie Griffe dazu nötig sind. Diese geistreiche Tätigkeit wird' stundenlang geübt. Erst einzeln, dann in Gruppen, Zügen und zuletzt in der ganzen Bereitschaft. Klappt der Griff gut, ift die Schlacht schon gewonnen, genau so wie früher auf dem Kasernenhof. Klappt er nicht, so geht es weiter.
Gerade bei der glühenden hise wurde täglich stun. denlang auf dem Rajernenhof ausgebildet. Barum? Beil im Sommer die Besichtigungen stattfinden. Man muß sich mal überlegen, was das bedeutet. Lediglich, weil einzelne Herren Gefallen Baran finden und eine Abwechslung brauchen, müssen die Beamten täglich Waffenstrahl üben, um bei der Besichtigung wie die Buppen aufmarschieren zu können. Ob die Dienstfreudigkeit damit gehoben wird? Ob sich nicht endlich eine höhere Dienststelle findet, die hier Einhalt gebietet und dem Unfug ein Ende bereitet?
Weimarer Erlebnis.
Borm Goethehaus in Weimar stehen zwei Ausländerinnen. Zwei Hitlerjünglinge fommen vorbei, pflanzen fich vor den Damen auf, die sie offenbar des südländischen Aussehens wegen für Jüdinnen halten, und der eine fagt laut:„ Wenn Frid Sie sehen würde, würde er Sie verhaften lassen." Erstaunt und erschreckt schauen die Damen auf, indes die teutschen" Jünglinge frech grinsend davongehen."
So verschaffen diese deutschen Kulturträger" dem deutschen Namen ,, Achtung." Das Traurige ist nur, daß die Zeche legten Endes andere zahlen. Schon jest zeigt sich die Auswirkung des Hafentreuzregiments auf den Fremdenverkehr, der in Thüringen in diesem Jahre sehr zu wünschen übrig läßt, wie die Kreise flagen, die auf ihn angewiesen sind. Es zeigt sich hier dieselbe Erscheinung, wie in allen Fremdenverkehrsgebieten, in denen die Hatentreuzler fich breitmachen. Die Fremben meiden die Hatentreuz gebiete. So war es por Jahren in Bayern , so mar es an ber Dftsee, vor Jahren in Kolberg , im nergangenen Jahr in Prerom, so ist es in diesem Jahre in Thüringen . Bie lange wird sich das Volk das Treiben der Nazis" noch gefallen lassen? R.S.
ME
In Wien bestallelen die Arbeiter den Genoffen Frans Domes, den langjährigen Führer des österreichisch . MetallarbeiterVerbandes und Präsidenten der Diener Arbeitskammer. Unfer Bild zeigt den gewaltigen Maffenzug, der den Sarg zum Krematorium begleitete.
Wer wird Harnacks Nachfolger?
Man schreibt uns: 95
Ein Kampf hinter den Kulissen.
Die Kaiser- Wilhelm- Gesellschaft zur Förderung der Wissen schaften" ist eine Stiftung, die von reichen Industriellen im Jahre 1911 dem früheren Kaiser gemacht und seitdem ständig vergrößert wurde. Die Gesellschaft sollte vor allem die Naturwissenschaften pflegen. Bis 1914 bestanden sieben wissenschaftliche Institute, acht wurden während des Krieges geschaffen. Die übrigen achtzehn entstanden nach dem Kriege. Die Stiftung verlor durch Krieg und Inflation ihr Vermögen. Seitdem
bestreifen Reich und Länder den Hauptfeil der Ausgaben.
Der Rest wird durch Beiträge öffentlicher Körperschaften, der Brivatwirtschaft usw. aufgebracht. Dennoch haben die Regierungen in den elf Jahren der Nachkriegszeit sich jeden Einfluffes auf die nicht immer unpolitische Verwaltung der Gesellschaft enthalten. Bon 43 Senatoren find nur 20 vom Reich und Preußen ernannt worden, aber diese Minderheit sind nicht etwa Vertreter der Regierungen, aus deren Mitteln die größere Hälfte des Millionetats der Gesellschaft bestritten wird. Die Industrie ist in dieser Beziehung robuster. Scit Jahren versucht man in republitanischen Kreisen, den Namen der Gesellschaft zu ändern. Mit fast unbegreiflichem Langmut sahen die Regierungen, die republikanischen Abgeordneten, die dem Senat angehören, und die zahlreichen öffentlichen Körperschaften, auf deren Mitarbeit die Gesellschaft entscheidendes Gewicht legt, daß nicht nur der Name der Gesellschaft unverändert blieb, obwohl Reich und Breußen für die Gesellschaft mehr getan haben als der frühere Kaiser, sondern daß auch alle neuen naturwissenschaftlichen Inftitute, die nach dem Kriege entstanden, den Namen„ Kaiser- Wilhelm Institut " bekamen, obwohl sie mit Wilhelm nicht das geringste zu tun haben. Man fucht auf die republikanischen Kreise baburch einzuwirken, daß man die Zurüdziehung aller Beiträge aus der Privatwirtschaft androht, wenn der Name geändert wird.
Die Verwaltung der Kaiser- Wilhelm- Gesellschaft steht durchaus rechts. Um so entscheidender ist die Lösung der Frage, wer der Rachfolger des verstorbenen Präsidenten der Gesellschaft, des Professors oon Harnad, werden soll. Eine Korrefpondenz berichtet, daß die preußische Regierung dem Senat der GeDr. Beder zum Bräsidenten zu wählen. Einige Zeitungen schließen sellschaft vorgeschlagen habe, den früheren Kultusminister Professor daran die Bemerkung, daß die Gesellschaft eine solche Bolitisierung ablehnen müffe. Wieso Politisierung? Weil die preußische Regierung einen im In- und Auslande anerkannten Gelehrten vor schlägt, der sich zweifellos um Wissenschaft und Universitäten( gewiß nicht politische, aber kulturelle) Berbienfte erworben hat? Das soll der Versuch einer Politisierung sein?
liegen tiefer. Die Hugenberg- Bresse berichtet, daß man in der KaiserWilhelm- Gesellschaft als aussichtsreichsten Kandidaten den Berliner Physiker Bland, ferner als aussichtsvoll den Wiener Botaniker 23 ett ste in und den Großzindustriellen Dr. Krupp von Bohlen ansehe. Es handelt sich um nichts anderes, als um den Versuch,
die Herrschaft der ältesten Generation aufrechtzuerhalten, die das wissenschaftliche Leben Deutschlands immer noch regiert. Auch in der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft " und der KaiserWilhelm- Gesellschaft" sind dieselben Siebzigjährigen wie an den Universitäten maßgebend( unter unverständlicher Dulbung der jünist der gesamte Nachwuchs abhängig. Diese alten Brogeren Generation und der öffentlichen Körperschaften); von ihnen fefforen und Politiker, deren Verdienste um Wissenschaft und Staat ebenso unbestreitbar sind wie ihre jetzige, durch Alter und Lebensferne bedingte Einseitigteit, werden von jüngeren Leuten aus pelitischen und persönlichen Gründen als Aushängeschild benutzt, weil man ohne weiteres annimmt, daß der berühmte Name im Notfall Schutz sein wird. Im vorliegenden Falle ist es natürlich ein Standal, daß die Verwaltung der Gesellschaft es wagt, einen alten zweiundsiebzigjährigen Mann, wie den verdienstvollen Profeffor Bland, zum Bräsidenten vorzuschlagen, während die Größe der Verwaltung und die besonderen Umstände der Gesellschaft eine elastische und starte Persönlichkeit gebieterisch fordern.
Dazu kommt folgendes: vor geraumer Zeit behauptete eine Kleine Anfrage der demokratischen Landtagsfraktion, daß die Verwaltung der Gesellschaft nicht in Ordnung sei. Seltsamerweise ist die Kleine Anfrage bis heute nicht beantwortet. Beder scheint baraufhin während seiner Ministerschaft den Bersuch gemacht zu haben,
die notwendige Staatsaufficht über die Berwaltung der Gesellschaft auszuüben.
Daß er dabei auf den erbitterten Wiberstand berjenigen stieß, die an der Bublizität ihrer Berwaltung fein Intereffe haben, ist nur zu verständlich. Aus diesem Widerstand erklärt sich wohl die Gegnerfchaft gegen den pensionierten Minister.
nicht sehr fümmern fönnen. Krupp figt in Essen, Professor BettBland ist alt und wird sich um die Einzelheiten der Verwaltung stein in Wien . Es ist also dafür gesorgt, daß, wenn einer dieser Kandidaten gewählt wird, der neue Präsident fein Hindernis für die Verwaltung ist. Man darf mit Spannung abwarten, wie sich die Dinge bei der Kaiser Wilhelm Gesellschaft weiter entwickeln werden von der Wahl des Präsidenten wird es abhängen, wie fich in Zukunft die öffentlichen Körperschaften zu a
Die Gründe für den Widerstand gegen die Kandidatur Becker der Gesellschaft stellen werden.
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Sowjetbürokratie.
Die neue Beamtengeneration trägt die Schuld!
ist der Prozentjak der Beamten, die die Hochschule nach 1918 besucht haben, unter den Kommumisten; er macht 91,4 Bros. aus; 60,5 Proz haben die Hochschule erst nach 1926 absolviert.
Aus all diesem ist der Schluß zu ziehen, daß die Verantwortung Die Klagen über Bürokratismus des Sowjetapparates find für die Gestaltung des Sowjetlebens, für die Rückschläge in der betannt. Fast in jedem sowjetrussischen Blatt tann man darüber Industrie, die Zerstörung des Transportwesens, für die ganze Mißwenig Schmeichelhaftes lefen. Als Entschuldigung wird unter wirtschaft in Sowjetrußland auf die neue Generation der anderem angeführt, daß es sich um ein Ueberbleibsel des Sowjetbeamten fällt. Gerade das ist ja auch mit die Urfrüheren Bürokratismus handelt, der im Sowjetstaat all- fache, weshalb die Sowjetregierung von Zeit zu Zeit die alten mählich mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden würde. Unter Spezialisten zu Sündenböden macht und mit Hilfe von Monstrefolchen Umständen ist es äußerst lehrreich, in der Februarnummer prozeffen, in denen Anklage wegen wirtschaftlicher Spionage und ber Statistischen Umschau" eine Statistik über die Herkunft der Konterrevolution erhoben wird, die Welt glauben zu machen fucht, 11000 Beamten der Zentralbehörden fennenzulernen. Es ergibt sich, daß nicht die Unwissenheit und die Unfähigkeit der neuen Sowjetdaß hiervon nur 10,9 Proz. in der vorrevolutionären bürokratie die eigentliche Schuld an den Mißerfolgen des„ soziaBeit im Staatsapparat tätig gewesen waren. Die liftischen Aufbaus" trifft, sondern die sogenannten Schädlinge. Die übrigen, also ganze 90 Prozent der Sowjetbeamten, stammen aus Statistische Umschau" beweist das Gegenteil! der Zeit nach der boljchemistischen Revolution. Unter dem höheren Verwaltungspersonal find 65,7 Pro3. Kommmunisten. Mehr als die Hälfte davon ist jünger als 34 Jahre; das besagt, daß sie im Augenblick der November revolution erst 22 Jahre alt waren. Besonders stark sind die Mitglieder der Kommunistischen Partei beim Bolkskommissariat der Arbeiter und Bauerninspektion und beim Bolkskommnissariat des Aeußeren vertreten mit 48,4 resp. 40,8 Proz.
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In unterrichteten Kreisen verlautet, daß die thüringischen Schulgebete, die durch das Urteil des Staatsgerichtshofes vom 11. Juli als verfassungswidrig erklärt wurden, dadurch aufgehoben werden sollen, daß im Amtsblatt des thüringischen Ministeriums das Urteil des Staatsgerichtshofes mit seiner Begründung veröffentlicht wird. Dies werde dann als Aufbebung des Erlasses gelten.
Bon großem Interesse ist die soziale Abstammung der Sowjetbeamten, 73,6 find frühere Angestellte und Söhne von Angestellten; 16,4 Pro3. stammen von Arbeitern und 6,3 Proz. von Bauern. Eine alte Beamtengeneration gibt es überhaupt nicht. Tur 10,8 Broz. tönnen auf eine längere Beamtenlaufbahn zurücbliden; 28,2 Bros. auf eine solche von 5 bis 8 Jahren; 20,4 Bros. find 3 bis 4 Jahre im Dienst und 23,5 Proz. 1 bis 2 Jahre. Beamte älter als 44 Jahre gibt es mur 20,9 Proz. Nicht ohne Belang ist der Umstand, daß selbst unter den sogenannten Die Zahl der Todesopfer unter den mit Calmette- Bräparat geSpezialisten und wissenschaftlichen Funktionären nährten Säuglingen hat sich nach dem Bericht des Lübecker Gefund37,4 Proz. jünger als 34 Jahre sind, sie haben also ihre Hochschul- heitsamtes vom Mittwochvormittag um einen weiteren Todesfall bildung während der Bolschewistenzeit erhalten. Besonders groß auf 58 erhöht
Lübed, 16. Juli.