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Morgenausgabe quan

Nr. 343

A 173

gabesqu

47.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolt und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Frauenstimme", Technit"," Blid in die Bücherwelt"," Jugend- Borwärts" und Stadtbeilage".

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Freitag

25. Juli 1930

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einfpaltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs­mart. Kleine Anzeigen das ettges druckte Wort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt­geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

Fernsprecher: Dönboff 292–297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .

Krach in der neuen Rechten".

Westarps Rolle.- Landvolk gegen Konservative Volkspartei.- Krach im Reichslandbund.

Obwohl Graf Westarp zum Beirat der neugegründeten Konservativen Volkspartei gehört, bleibt seine eigentliche poli­tische Rolle noch dunkel. Er erklärt selbst, daß er sich für die eigentliche Sammlung der konservativen Kräfte in Reserve halte. Man kann daraus schließen, daß er noch auf eine Sammlung von Landvolk und konservativer Bolkspartei rechnet.

Indessen sind plötzlich Schranken zwischen der christlich­nationalen Bauern und Landvolkpartei und der Neugrün­dung aufgetaucht. Die Landvolkpartei sieht die neue Grün­dung mit Argwohn und Mißbehagen. Ueber ihre Stimmung wird folgendes mitgeteilt:

,, Gegenüber den Mutmaßungen, daß zwischen einer Stadt­liste" estarp Treviranus und den Landvolklisten Listenverbindungen hergestellt werden sollen, erklärte der Vorsitzende der Christlich- Nationalen Bauern und Landvoltpartei, Staatsrat a. D. Höfer, einem Vertreter der ,, Landvolk- Nachrichten", solche Listenverbindungen tämen nicht in Frage. Eine Aufgabe der Selbständigkeit der Partei stehe außerhalb des Rahmens jeder Erörterung. Die genannte Korrespondenz bemerkt hierzu, nachdem die Konservative Boltspartei gestern gegründet wor­den sei, und da die Landvolkpartei schon rein organisationsmäßig der Ausgangspunkt der Landvolkbewegung sei, gewährleiste nur der Fortbestand der bestehenden Partei die Zusammen­führung der konservativen Kräfte."

Der Konkurrenzkampf beider Parteien ist also schon im schönsten Gange. Die Landvolkpartei pocht auf ihr höheres Alter und will als alleinseligmachende neue Rechte gelten! Das ist eine ziemlich schroffe Absage, die den Westat, und Treviranus einen Strich durch die Rechnung macht. Es regnet schon durch das neugezimmerte Notdach durch! non

Aber auch die Landvolkpartei hat ihre Schmerzen. Sie glaubte, durch den Reichslandbund ein Monopol erhalten zu haben, als allein tonzessionierte Landvolklifte zu gelten. Nun hat der Pommersche Landbund beschlossen, sich nicht Durch den Reichslandbund binden zu lassen, sondern sich völlig freie Hand vorzubehalten.

Die Sphing Schiele aber hat sich noch immer nicht gelöft! Die Sammlung der neuen Rechten scheint demnach im Kampf aller gegen alle um die Mandate zu bestehen!

Das Gesicht der neuen Volkspartei."

Konservativ fchon- aber wo ist das Bolk? Am Mittwoch hielt die Konservative Volks­ partei " in Berlin eine Gründungsversammlung ab, an der nach der Berliner ,, Kreuzzeitung " auf Einladung u. a. folgende Persönlichkeiten teilnahmen:

Staatsminister a. D. Dr. Lenze, Staatsminister a. D. Schmidt Ott, Fürst zu Stolberg- Rosla, Graf Dohna- Brunau, Graf Arnim- Mustau, Freiherr von Braun, Freiherr von Lands­ berg

, Herr von Waldow- Reihenstein, Präsident Dr. h. c. von Oppen, intendent Bits, Reichsbankpräsident a. D. Dr. Schacht, kom­merzienrat Ernst von Borsig , Bankdirettor Dr. Solmisen, Dr. h. c. Dräger, Generai direttor Heubel- Annahütte, Universitätsprofessor Dr. Eduard Meyer , Exzellenz von Willamowiz Möllendorf."

Präsident von Hahnte, Generaf von Winterfeld, Generalsuper­

Der politische Charakter dieser neuen Gründung liegt nach dieser Anwesenheitsliste flar zutage. Was sich in dem neuen Verein zusammengefunden hat, ist kein Volf, das sind zum größten Teil Reaktionäre vom reinsten Wasser.

Grafen und Barone, Generaldirektoren und Bankdirek­toren, und zu allem Herr Schacht! Daher der Name ,, Bolts­partei"!

Geldie in Berlegenheit.

Er ist für Treviranus , Hugenberg und Hitler zugleich. Der Stahlhelm ist in schwerster Verlegenheit, für wen er fich angesichts des Durcheinanders auf der Rechten engagieren soll. In feiner Not hat der Bundesvorstand eine Kundgebung erlassen, in der es heißt:

,, Die Stahlhelmkameraden wählen nur diejenigen Par­teien, die mit uns Boltsbegehren und Bolfsent scheid durchgeführt haben, die entschlossen sind, den Kampf gegen die marristische Herrschaft in Preußen mit allen Kräften fort zusetzen, und die durch ihr Verhalten zum Stahlhelm eine solche Unterstützung möglich machen."

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Nur diejenigen Parteien das heißt alles was rechts von der Deutschen Volkspartei ist. Das sind heute immerhin- wenn wir richtig zählen fünf, vielleicht sogar sechs Parteien! Bon Mumm über Treviranus und Hepp zu Hugenberg und Hitler alles über einen Kamm geschoren; denn sie alle haben ja damals mitgemacht!

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Es ist eine erleuchtete politische Weisheit, die in diesem Beschluß zutage tritt! Die Erklärung ist einfach: dar Stahlhelm fürchtet seine völlige Zersplitterung nach dem Muster der Deutschnationalen , des halb nimmt er die Umgruppierung rechts nicht zur Kenntnis.

Stärkt unseren Wahlfonds!

Der Interessentenhaufen" der bürgerlichen Parteien" sammelt sich zum Wahlkampf, die Sozialdemokratie nieder­zuringen. Bald wird im Lager der Großagrarier, der Groß­industriellen und der Bant. und Börsengewaltigen der Bettel­fad für die antimargiftische Front" geschwungen werden.

Schon vor Jahresfrist erscholl aus Industriellenfreisen der Ruf nach einem Wahlfonds gegen die Sozial. Kopf der von ihm beschäftigten Arbeiter abführen. Aus den demokratie. Jeder Arbeitgeber soll in ihn 1 Mark pro Schweißtropfen ausgebeuteter Proletarier expreßte Millio­nenbeträge werden dem bürgerlichen Interessentenhaufen zufließen.

Redner, Zeitungsredakteure und Flugblattschreiber, die fich dem Meistbietenden verkaufen, werden davon gedungen, Intereffentengruppen" und Kandidaten damit fubventio­niert, die politischen Sitten forrumpiert.

Kampf zu führen gegen diese Berlumpung des politischen Wähler, die ihr willens und bereit seid, mit uns den Lebens, gegen die Bedrohung der Demokratie, gegen die Herabdrückung der kauffraft der Maffen, gegen wirtschafts­und fortschrittsfeindliche Steuerpläne, gegen die foziale Re­affion,

stärkt unseren Wahlfonds!

Berlin , den 24. Juli 1930.

Postscheckkonto: Berlin 37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten, Wallstr. 65. Dt. B. u. Disc.- Gef.. Depofitentasse Lindenstr. 3.

Platz für die Arbeit!

Der Sinn des Wahlkampfes von 1930.

Von S. Aufhäuser.

Die Entstehungsgeschichte des Kabinetts Brüning, seine gejeßgebende Tätigkeit und sein diktatorischer Schlußaft vor der Reichstagsauflösung zeigen eine gerade Linie: 3u= sammenschluß der bürgerlichen Parteien im, rücksichtslosen Kampf gegen die Sozialdemokratie als der Berfechterin der Arbeiterrechte. Bourgeoisie gegen Arbeiterklasse war der Zweck der Bürgerblockidee Brünings und seiner großkapitalistischen Auftraggeber. Ar­beiterklasse gegen Bourgeoisie wird die Antwort im Wahl­fampf sein müssen.

Auch die Absonderung der Hugenberge bei der Schluß­entscheidung vor der Auflösung des Parlaments darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß in dieser historisch bedeutsamen Entscheidung Klasse gegen Klasse gestanden hat. Die Hugen­ berg - Partei wünscht zwar das Tempo zur Erreichung der reinen Kapitalistenrepublik noch rascher, als es Brüning zu beschleunigen in der Lage war. Darum der Krach bei den bürgerlichen Parteien. Im Ziel sind alle bürgerlichen Bar­teien einig. Ihr Programm des Antimarrismus ist nichts anderes als der Angriff auf das Leben des arbeitenden Volkes!

Der Klassenkampf in Deutschland ist in ein neues Stadium getreten, in dem die parlamentarische Kraft= entfaltung der Sozialdemokratie, als der Partei der schaffenden Bolfskräfte und damit die Verteidi­gung der Demokratie von ausschlaggebender Bedeutung sein werden. Bereits die Wahlen vom Mai 1928 haben dem Bürgertum gezeigt, daß die Arbeiterklasse das demokra= fratische Wahlrecht als Waffe in ihrem Bea freiungstampf zu nugen weiß. Die Angst des Bürger­tums hat seit dem sozialdemokratischen Wahlerfolg vom Mai 1928 ständig zugenommen. Die Demokratie soll nur fo lange gelten, als die bürgerlichen Parteien ihre sichere Mehrheit im Barlament sehen. Je mehr indes die großen Maffen der Werftätigen draußen in Betrieb und Wirtschaft demokratischen Staatsgewalt zum entscheidenden und maß­auch dazu übergehen, innerhalb des Parlaments und der geblichen Faktor zu werden, um so schneller entfernen sich Das Unternehmertum und seine politischen Vollzugsorgane im Bürgerbloc auch von den Grundlagen der Demokratie. Darum ist in diesem Wahlkampf die soziale Sicherung tischen Berfaffung nicht zu trennen. Das arbeitende der Arbeitnehmerschaft vom Schutz der demokra­Staatsvolt steht gegen die kapitalistischen Haufen und Artikel 48 jeden Augenblick zu vertauschen, sobald sie in

der parlamentarischen Minderheit sind.

Es ging seit dem Mai 1928 um den Lohn. Ende 1928 erfolgte von der Nordwestecke Deutschlands der Angriff auf das staatliche Schlichtungswesen, um auf diesem Wege den Lohnabbau betreiben zu können. Die da­gestellt. Der Angriff war abgeschlagen. Das malige Regierung Müller- Severing- Wissell hat sich schützend vor die ausgesperrten 250 000 Metall- und Hüttenarbeiter großindustrielle Unternehmertum richtete von nun ab seine Bfeile auf die nächste staatliche Einrichtung des Lohn= chuß es, auf die Arbeitslosenversicherung. schußes, Auch hier leistete die Regierung Müller, getragen von Sozialdemokratie und freien Gewerkschaften, erfolgreichen Widerstand. Bis zum März 1930 blieb die Arbeitslosenversicherung in ihren Leistungen gesichert. Das Unternehmertum fah deshalb in der Großen Koalition ein unüberwindliches Hindernis für sprengt werden, um freie Bahn zum Abbau der gesamten Sozialversicherung zu gewinnen.

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands die Zerschlagung der Arbeitslosenversicherung, sie mußte ge­

Verschärfte Arbeitskrise.

In Berlin und Brandenburg 450 000 Arbeitsuchende.

schäftigung in der Metallindustrie auf einen seit Jahren nichter­reichten Tiefstand angelangt. Auch in der Berichtszeit sind Fachkräfte in großer Zahl zur Entlassung gekommen.

In der ersten Hälfte des Juli hat sich die Lage auf dem Berliner | Braunkohlenbergbau hielt die Befferung an. Dagegen ist die Be­und Brandenburger Arbeitsmarkt bereits wieder verschärft. Nach dem Bericht des Landesarbeitsamtes Brandenburg( Berlin , Brandenburg , Grenzmark) stieg vom 1. bis 15. Juli die Zahl der Arbeit­juchenden um 27 705 auf 448 994; davon enffielen auf Berlin 353 751, auf die Provinz Brandenburg 89 985 und auf die Grenzmark Posen- Westpreußen 5258 Personen. Die Zahl der Hauptunterstützungsempfänger in der versicherungs­mäßigen Arbeitslosenunterstützung betrug 239 164, in der krisen­unterstützung 64 048, zusammen 303 212 Perfonen. Von den Hauptunterstühungsempfängern in der Arbeitslosenversicherung ent­fielen auf Berlin 179 941, wozu noch 52 673 Krisenunterstützte treten.

Im einzelnen hat sich die Nachfrage nach ländlichen Arbeits­fräften infolge der beginnenden Getreideernte verstärft. Auch im

Das Baugewerbe bildet nach wie vor den schwersten Krisenherd. Während die allgemeine Arbeitslosigkeit am Schlusse des ersten Halbjahres 86 Pro3. höher als am gleichen Tage des Vorjahres war, betrug bei den Bauarbeitern die Steige­rung unter Einbeziehung der Bauhilfsarbeiter rung unter Einbeziehung der Bauhilfsarbeiter 278 Pro 3.

Philipp Scheidemann 65 Jahre alt. Am 26. Juli vollendet der sozialdemokratische Abgeordnete und Reichskanzler a. D. Philipp Scheidemann fein 65. Lebensjahr.

Brüning. der einstige christlich- soziale Gewerkschafts­sekretär, fühlte sich als der starte Mann, den Bernich= tungsfeldzug gegen die Sozialdemokratie und Arbeiterschaft zu führen. Er wollte es so lange jeder der ihm nahestehenden Interessentengruppen recht machen, bis schließlich das Staats- und Boltsinteresse unter tausend egoistischen Einzelforderungen völlig ver­schüttet war.

Aus allen Gegensäken blieb nur ein einheit liches Ziel von den Demokraten bis zu den National­sozialisten: 3 erfchlagung der Sozialperfiche= rung! Hier allein hatte Brüning vollen Erfolg vor Augen. Der Soziale Reichstagsausschuß hatte mit Mehrheit den Ab­bau der Arbeitslosenunterstützung beschlossen. Alle furz­fristig beschäftigt gewesenen Erwerbslosen sollten nach ein­getretener Arbeitslosigkeit nur noch die Säße der Krisenfür forge erhalten. Männer und Frauen, die aus sozialer Not zur Doppelarbeit der Familienmitglieder gezwungen sind, follen bis auf die Hälfte der Unterstüßung gekürzt werden. Scharfe Bestimmungen gegen die erwerbstätige Frau sollen sie dem Lohndruck gegen die männlichen Ka­Imeraden gefügig machen. Drakonische Strafbestimmun­