Ein Spionageprozeß, der seit einigen Tagen vor dem Brabanter Kriegsgericht geführt wird und im Anfang einige Sensation verursachte, scheint nach und nach zur Bosse auszuarten. Angeflagt ist der Leutnant Joris, Sekretär im Kriegsministerium. Er ist des Landesverrats beschuldigt und soll mehrere, die Landesverteidigung betreffende Schriftstücke einer Berson in Deutschland ausgehändigt haben. Ferner ist er der, Schriftstückfälschung in 1317 Fällen angeflagt. Er hat 1317 Briefe fälschlich in das Markenbuch eingetragen, um sich den Wert der Marken, etwa 4300 Franken, zum Schaden der Staatsfaffe anzueignen.
Eindruck gemacht. Er weigerte fich treh des Drängens der Verteidigung, irgendeinen Beweis für die Behauptung zu erbringen, daß das betreffende Schriftstück tatsächlich von einem jungen Deutschen einem belgischen Konsul verkauft und dem Außenministerium in Brüffel übermittelt worden sei. Die Forderung der Verteidiger, die betreffende Person als Zeugen zu laden, wurde auf Verlangen der Anklage vom Gericht abgelehnt. Als einzigen Beweis wollte man den Bericht des belgischen amtlichen Nachrichtendienstes gelten lassen. Auch die Befragung des Chefs dieses Nachrichtendienstes wurde zunächst abgelehnt. Gegen dieses Verfahren legten die Verteidiger durch eine Erklärung for dieses Verfahren legten die Verteidiger durch eine Erklärung formellen Brotest ein, indem sie den Standpunkt veriraten, daß unter folchen Umständen von einer Beweisaufnahme überhaupt keine Rede der Behauptung hinreißen, daß
an Neuwahlen tein Intereffe haben, Jabofferen bas Zustandekommen eines neuen Wahlgesetzes und erst jezt, fnapp vor Schluß der Tagung, stellten sie die ganze Angelegenheit dem Verfassungsauss schuß zur Debatte.
Merkwürdigerweise ist nun ausgerechnet vor drei Tagen bei der bayerischen Regierung ein Schreiben des Reichsinnenministers Dr. Wirth eingelaufen, in dem die Meinung aus gesprochen ist, daß die Richtlinien, die der Staatsgerichtshof über die Grundsätze der Gleichheit der Wahl aufgestellt hat, bei einem neuen bayerischen Wahlgesetz nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Das bisherige bayerische Wahlrecht stützt sich nämlich auf das Prinzip der sogenannten Bodenständigkeit, wodurch dem flachen Land insofern ein qualifiziertes Wahlrecht gegenüber den Städten eingeräumt ist, als bei Berechnung der Mandatszahlen in den Landkreisen ein kleinerer Teiler angewendet wird. Der Bayerischen Volkspartei sind dadurch bei der letzten Wahl über die aufgebrachte Stimmenzahl hinaus allein 4 Mandate mehr zugefallen. Auf diese offentundige Berlegung des Grundlages der Gleichheit aller Wählerstimmen bezieht
Entdeckt wurde der angebliche Landesverrat im Juni vorigen jein fönne. Demgegenüber ließ sich der Vertreter der Anklage ju fich das Schreiben des Reichsinnemministers, mit dem eine soge=
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Jahres, als das Ministerium des Aeußeren in Brüssel von einem belgischen Konsul im Rheinland davon benachrichtigt murde, daß ein junger Deutscher ihm ein die belgische Landes verteidigung betreffendes Schriftstück zum Kauf anbot, das er im Briefeingang seines Arbeitgebers, den er täglich im Boftamt von Dinslaken abholte, gefunden haben wollte. Unter der Post soll sich irrtümlich ein aus Brüssel datierter Umschlag befunden haben. Der darin enthaltene Brief bezeichnete als Absender die Firma„ Belgisches Kontor für Auslandstohle" und als Adressaten einen Herrn Delhaide, der Kohlenhändler ins Dinslaken sein soll. Die belgische Gegenspionage ging der Angelegenheit nach und will festgestellt haben, daß sowohl der Umschlag wie das Papier mit dem in der Dienstabteilung des Joris benutten identisch ist. Auch sonst sollen verschiedene, an sich nebensächliche Umstände den selben Ursprung verraten haben. Es wurde angeblich ferner feste gestellt, daß die Maschinenschrift des betreffenden Schrift stücks dieselben technischen Mängel aufmies, wie die in der Amts stube des Joris gebrauchte Schreibmaschine. Von dem angeblichen Adressaten Delhaide fonnte in Deutschland feine Spur entdeckt merden, obwohl festgestellt worden sein soll, daß er in Dinslaken tatsächlich ein Postfach gehabt hat. Als besonderes Verdachtsmoment wurde hervorgehoben, daß Joris, der mit der Deffnung des Briefeingangs im Ministerium betraut war, darüber hinaus auch in unbefugter Weise als geheim bezeichnete Umschläge ohne Zeugen öffnete und er sich insbesondere für
die geheimen Berichte der belgischen Militärattachés im Ausland, namentlich in Paris , start intereffiert zeigte. Als er verhaftet wurde, fand man in seinem Besitz die Abschrift eines geheimen Schriftstücks. Anfangs stand die Sache für den Angeklagten sehr schlecht. Insbesondere einer seiner Untergebenen im Ministerium madyte sehr start belastende Aussagen, die aber neben der offenbaren Voreingenommenheit des nicht besonders intelligenten Zeugen eher entgegengesetzte Wirkung erzielten. Seitdem scheint die Antlage ganz in sich zusammenbrechen zu wollen. Außerdem hat die juristisch wenig einwandfreie Haltung des Vertreters des Kriegsministeriums, der die Anklage führt, einen sehr ungünstigen
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Regierungshandlungen überhaupt nicht der Kompetenz der Juffiz unterliegen.
Gleichzeitig wurde die Anklage außerordentlich geschwächt durch die unerwartete Zeugenaussage eines Borgesezten von Joris, wonach dieser von ihm beauftragt gewesen sei, auch die als geheim bezeichneten Eingänge zu öffnen. Die Verhandlung zeigte mehr und mehr ein Bild völliger Zerrissenheit.
Am Dienstag fam es im Verlauf der Verhandlungen zu einem 3 wischenfall, der schließlich die Bertagung der Bernehmungen bis Donnerstag zur Folge hatte. Das Gericht hatte ein angeblich sehr wichtiges anonymes Schreiben aus Stavelot erhalten, von dem aber der Vorsitzende auf Berlangen der Anklage den Berteidigern feine Mitteilung machen wollte. Dagegen proteftierten die Verteidiger, so daß schließlich nichts anderes als die Bertagung übrig blieb.
Der
Aber der Bayerische Landtag hat feine Zeit.
Berfassungsausschuß des Bayerischen Landtags hat den sozialdemokratischen Entwurf eines Wahlgesetzes und die Anträge auf Auflösung des Bandtags abgelehnt.
Jene Entscheidung des bayerischen Staatsgerichtshofes, in der die Berfassungswidrigteit des bayerischen Lanbeswahlgefeßes in verschiedenen Punkten festgestellt wurde, liegt schon seit fünf Monaten vor. Die sozialdemokratische Landtags fraktion ist damals sofort dafür eingetreten, daß der Landtag so rasch als möglich die Konsequenzen aus diesem Urteil ziehen muß, also ein neues Wahlgefeß zu machen und dann sich aufzulösen habe. Zu diesem 3med hat die Sozialdemokratie bereits am 10. April einen ausführlichen Entwurf eines neuen Wahlgesetzes im Landtag eingebracht. Die Bürgerblodparteien, insbesondere die Bayerische Bolkspartei, die nach dem jämmerlichen Versagen ihrer Regierung
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Die
nannte Mängel rüge angefündigt ist für den Fall, daß das neue bayerische Wahlgesetz den vom Staatsgerichtshof aufgestellten Richt linien nicht Rechnung tragen sollte.
Die Mahnung des Reichsinnenministers haben die Regierungsparteien zum Anlaß genommen, die Entscheidung über die Konsequenzen aus dem Urteil des bayerischen Staatsgerichtshofes noch weiter hinauszuzögern. Sie erklärten, daß durch das Schreiben eine ganz neue Situation geschaffen sei, die gründ= liche Ueberlegung und eingehende Verhandlungen notwendig mache. Dazu sei der gegenwärtige Zeitpunkt aber nicht geeignet. Aus dieser Auffassung heraus lehnten sie den sozialdemokratischen Wahlgesehentwurf ab, obwohl er den Richtlinien des Staatsgerichtshofes in vollem Umfange Rechnung trug. Eine Neugestaltung des bane. rischen Landeswahlgesetzes ist nunmehr erst für den Herbst zu erwarten. Eine Neuwahl des Landtags steht noch in weiter Ferne.
Religionstumulte der Protestanten.
In England gegen fatholischen Bischof.
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In Liverpool ist es zu einem Straßentumult gefom men, der auf Religionsgegenfäge zurückzuführen war und bei dem sowohl auf leiten der Polizei wie im Bublifum eine ganze Anzahl von Personen verlegt worden find. In dem Stadtviertel, in dem nach Schilderung des Blattes der aggressive eng lifche Protestantismus früherer Perioden noch sehr starf vertreten ist, hatte sich das grundlose Gerücht verbreitet, daß der römisch- latholische Bischof von Liverpool dem Biertel einen Besuch abstatten werde, um ein dort im Bau befindliches Kultgebäude zu besichtigen. Es sammelten sich darauf in den in Betracht tommenden Straßen große Maffen erregter menschen an und an verschiedenen Stellen wurden Plakate und Bettel mit den Worten Reine Papisterei" angebracht. Berantwortl. für die Redaktion: Wolfgang Schwarz, Berlin ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin . Berlag: Borwärts Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Borwärts Buch bruderei und Berlagsanstalt Baul Ginger& Co., Berlin SW 68, Lindenstrake 3.
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