In meiner legten Kölner Rede habe ich in Abwehr der Kritit; die das Zentrum an der sozialdemokratischen Kampfes weise übt, ein Flugblatt des Volksvereins für das katholische Deutschland zitiert, in dem es heißt:
,, Sozialisten und Kommunisten haben einen gemeinsamen Schlachtruf: Bernichtung der Kirche Chrifti! Sie richten ihre Angriffe gegen die Kirche, Schule, Che, Familie, turz gegen alles, was uns teuer und heilig ist."
Diese Sätze habe ich als unwahrhaftig und als einen be flagenswerten und verabscheuungswürdigen Rückfall in vergangene unerfreuliche Zeiten bezeichnet.
Darauf erwidert mir jetzt die Kölnische Volks= zeitung", die sich ohne Einschränkung hinter den Volks verein und sein Flugblatt stellt und außer Anna Siemsen und Toni Pfülf mich selbst als ronzeugen gegen mich anruft. Sie erwähnt mein Schlußwort, das ich auf dem Magdeburger Parteitag nach der Diskussion meines Referats über die Politik der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion gesprochen habe, und nimmt den Baffus heraus, in dem ich mich mit einigen Parteifreunden, die an meinen Ausführungen über Kirche und Religion Kritik geübt hatten, auseinandersezte:
,, Ich habe nicht gesagt, daß mir gegenüber den Kirchen als Organisationen Toleranz üben sollen, sondern gegenüber religiösen und antirefigiösen Befundungen der einzelnen. Zwischen Kirche und Religion ist ein Unterschied zu machen. Wenn sich die Kirche anmaßt, ihre Rechte auf Gebiete auszudehnen, die unserer Ansicht nach dem Staate vorbehalten sein sollen, dann haben wir gegen einen solchen Uebergriff der Kirche mit aller Entschiedenheit Front zu machen."
Es kann feinem Zweifel unterliegen, daß die Auffassungen, die ich hier vertreten habe, denen des Zentrums und der fatholischen Kirche zuwiderlaufen. Das Verhältnis zwischen Staat und Kirche und zwischen Religion und Politik wird vom Zentrum unter wesentlich anderen Gesichtspunkten angesehen als von uns. Infolgedessen ergeben sich ganz selbstverständlich tiefgehende Meinungsverschiedenheiten über die Grenzen, die dem Einfluß des Kirchentums auf staatliche Betätigung zu fetzen sind. Es ist hier in der Tat ein Gegensat ber Weltanschauungen vorhanden, der sich schwer überbrücken läßt. Aber was hat das mit der Behauptung zu tun, daß die Sozialisten mit den Kommunisten gemeinsam den Schlachtruf: Bernichtung der Kirche Christi!" ausstießen, und daß wir unsere Angriffe gegen alles richteten, was der katho lischen Kirche heilig und teuer jei? Selbst wenn wir dem Ratholizismus das von ihm beanspruchte Recht zugestehen wollten, Stirche und zwar fatholische Kirche und Religion gleichzusetzen, so bliebe die Behauptung des Volksvereins
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immer noch eine Unmahrheit.
Was: von meinen Ausführungen gilt, gilt auch von denen von Anna Siemsen und Toni Pfülf . Aber wenn das Zentrum und der Katholische Bolfsverein jo fest davon über zeugt find, daß die Sozialdemokratie die Bernichtung der Kirche Christi und damit des höchsten Gutes des fatholischen Boltes anstrebe, so ist es doch im höchsten Maße verwunderlich, daß das Zentrum mit dieser verdammungswürdigen Sozialdemokratie im Reich Koalition gebildet hat und in Preußen soit langen Jahren in derselben Regierung sitt. Es hat damit doch, pon feinem Standpuntt aus gesehen, eine fchwere und unverzeihliche Sünde auf sich geladen, die dadurch noch vergrößert wird, daß es mit der Sozialdemokratie gemeinsam in Preußen das Kontordat durchbrachte, wohlgemerkt, ohne in der Zeit der Verhandlungen über diesen Vertrag uns Christenverfolgung und dergleichen zum Vorwurf zu machen.
Hier stimmt etwas nicht. Die Frage ist nur, ob unsere Religionsfeindschaft immer nur zu Zwecken der Wahlagitation entdeckt wird oder ob sich nicht in der legten Zeit überhaupt ein System wechsel innerhalb des 3entrums zu vollziehen beginnt.
Ist vielleicht von höherer kirchlicher Stelle eine neue Barole ausgegeben worden? In der Neuen Rundschau" beschäftigt sich der frühere italienische Außenminister Sforza, einer der entschiedensten Gegner des Mussolinismus, anknüpfend an die Lateranverträge mit der Kirchenpolitif des gegen wärtigen Bapstes. Er stellt fest, daß Pius XI. im Gegensatz zu seinen Vorgängern eifrigst bestrebt sei, den Katholizismus von allem zu lösen, was nach Liberalismus und Demokratie ichmedi
" Daher auch, fo fährt er fort, fomohl in Italien als in jedem anderen Lande die Tendenz, die demokratischen Strömungen der fatholischen Parteien auszumerzen und durch das starre Gefüge des Brieftersystems zu ersehen. Wie Bius XI. in Italien die( katholische) Boltspartei zerstört hat, so bewirkte er in Deutschland , daß das tatholische Zentrum, um ein Gefeß zugunsten der Konfessionsschule durchzudrücken, sein Bündnis mit den Sozialisten qufgab und durch ein Bündnis mit der nationalistischen und militaristischen Rechten erjente.
Wir sind nicht genügend in die Geheimnisse des Batifans eingeweiht, um die Richtigkeit dieser Darstellung bestätigen zu fönnen. Aber gewisse Anzeichen sprechen für fie. Wir wissen fehr wohl, daß Rompilger, besonders solche aus den Kreisen des fatholischen Abels, beim Heiligen Stuhl in der Richtung arbeiten, von der Sforza spricht, und gewisse Aeußerungen Don politisch: täfigen fatholischen Geistlichen in Deutschland laffen ebenfalls den Schluß zu, daß sich bei ihnen in den letzten Jahren in der Beurteilung des Zusammengehens mit der Sozialdemokratie mancherlei geändert hat.
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Starke Position.
WESTARP
KONSERV VOLKSPART
SCHOLZ
2
O
STAATS PARTEI
HOPKER- ASCHHOFF
Scholz:„ Der Starte ist am mächtigsten allein!"
Russisches Industriefiasko.
Suche nach Sündenböcken.
Aus Rußland kommen wieder Nachrichten über Verhaf-| Kupfererz gefördert; 36 Prozent Gußeisen, 37,3 Prozent Balzeisen, tungen von Spezialisten. Was das bedeutet, ist bereits 26,7 Prozent Kupfer, 26,2 Prozent 3ement in Pulver, 25 Prozent zur Genüge bekannt. Ein Blick in die Sowjetblätter bestätigt die feuchte Ziegel, 23,4 Prozent gebrannte Ziegel usw. produziert. Die Bermutung. Die neuesten Rückschläge in der Entwicklung der In- Separatorenwerte haben nur 14,5 Prozent des Planes erfüllt. Der dustrie machen es erforderlich, wieder Sündenböcke zu finden. Wie Reford gehört aber den Werfen von Untersaldinst: sie haben nicht immer in den letzten Jahren ist es der Spez". Was liest man mehr als 15 Prozent des Planes geschafft. Bon anderen großen aber in den Sowjetblättern über die Schwerindustrie? Das Ben Werken wird von 27, 40 und 46 Prozent berichtet. Das Telegramm tralorgan der Gewerkschaften,„ Trud", meldet Anfang Juli über zählt 20 Metallwerte auf, die im Rückstand sind. unmögliche Zustände in den Metallwerten Stalin " in Slatouftowit. Das Arbeitstempo, heißt es da, ist geradezu ein schnedenhaftes von Ford ist also nichts zu merfen. Die Hochöfen haben mur 74 Prozent der Auflage erfüllt; die Martin Abteilung nur 66 Prozent, die Walzeisenabteilung nur 76 Prozent. Run will man es mit dem„ sozialistischen Wetteifer" versuchen.
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Die Pramda" vom 18. Juli berichtet: Der Juliplan der füdruffischen Metallurgie ist gefährdet. Der Halbmonatsplan in Gußeifen ist nur zu 88 Prozent erfüllt, in Stahl zu 84 Brozent. Die Arbeitsdisziplin sintt. Das Blaumachen steigt.
Dasselbe Blatt läßt sich aus Batu melden: Surachann hat in den ersten 15 Tagen des Juli nur 93,6 Prozent der planmäßig norgesehenen Naphthamenge erzeugt das macht einen Ausfall von 55 200 Tonnen Naphtha.
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Die Is mest ja" vom 21. Juli führen bittere Klage über die Metallindustrie auf dem Ural . In der ersten Hälfte des Juli find mur 39 Prozent des planmäßig porgesehenen Eisenerzes, 28 Prozent
Indische Unruhen.
3mmer neue Opfer.
Bei neuen Zusammenstößen in Sukkur ( Sind) wur. Sen heute früh zwei Personen getötet und sieben ver. wundet. Es werden weitere Fälle von Plünderungen Es werden weitere Fälle von Plünderungen und Räubercien gemeldet. Die Unruhen breiten sich nach
Norden aus.
Die 190 Ortsvorsteher, die zu Beginn der Gehorsamsverweige. rungs- Bewegung ihre Aemter niedergelegt hatten, haben ihre Tätig feit wieder aufgenommen.
Bandit Malaviya, einer der Führer der Unabhängigkeitsbewegung, der zu zwei Wochen Gefängnis und 100 Rupien Geld ftrafe verurteilt wurde, ist bald darauf in Freiheit gesetzt worden. Der Afridi- Einbruch.
Condon, 8. Auguft.( Eigenbericht.)
Die qufständischen Stämme an der indischen Nordwestgrenze find bis auf einen Kilometer an Peshawar herangekommen und griffen dort ihnen entgegenkommende englische Truppen an. Nach einem furzen Kampf zogen sie sich unter Zurüdlaffung eines Toten zurüd; fie follen 10 000 Mann start fein. Der Korrespondent des indischen Statesman" berichtet von der Nordwestgrenze, daß es nötig sein werde, Truppen ins Gebiet der Stämme zu entfenden, falls nicht die Operationen der Flug streit fräfte sich sofort als wirtfam erweisen. Die Unruhe habe auch auf Borerst sind die Nachbarstämme der Afridis übergegriffen. 54 Flugzeuge mit dem Bombardement der aufständischen Stämme beauftragt worden.
Tschu Mao.
Der Popanz des Temps".
Mostau, 8. Auguft.( Ost- Expreß.)
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Die Prawda wirft dem Barijer Temps" vor, sei es aus unwiffenheit, sei es aus Spekulation auf die Unwissenheit seiner Refer", die unglaublichsten Tatarennachrichten über die gegenwärtigen Kämpfe in China verbreitet zu haben. Nach der„ Branda" zeigen die Artikel des Temps" zunächst einen derartigen Mangel an geographischen Rentnissen über China , daß ihm Miß. verständnisse paffierten, etwa als ob man Spanien mit Jugoslawien
Run wäre sicherlich die Annahme falsch. als ob das ganze 3entrum bereit fein würde, politischen Wünschen, die von Rom tamen, Rechnung zu tragen. Dagegen spricht schon die Erfabrung nergangener Jahrzehnte. Aber immerhin muß man damit rechnen, daß auf gewiffe, insbesondere dem Klerus nahestehende Kreise, vatikanische Ansichten nicht ohne Einfluß bleiben, und menn pon einzelnen Zentrumsrednern mit dem Bruch der Preußentoalition gedroht wird, so liegt die Vermutung nur allzu nahe, daß der Grund nicht in der angeblid) Alexander Rau: gehäffigen Kampfesweise der Sozialdemokratie zu suchen ist,
sondern eben in einem Umschlagen des Windes an hohen Wiederaufnahme beantragt!"
Pirchlichen Stellen.
Regierungswechsel in Kanada . Die kanadische Regierung Mackenzie King ist zurückgetreten. Der Führer der bei der Neuwahl fiegreichen Konservativen Bennet hat die Regierungsgeschäfte übernommen. Er fündigte ein Arbeitsbeschaffungsprogramm und umfangreiche Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftslebens an. Das Arbeitslosenprogramm fol die Sondersession des Parlaments im September beschäftigen
Erftaufführung im Leffing- Theater.
Ein Tendenzstück gegen die falte Justizmaschinerie, das um Menschlichkeit wirbt und mit jellener Objektivität auch dem Gericht Gerechtigkeit widerfahren läßt. Das Bublifum geht intereffiert mit und spendet dem Schauspiel Otto Ernst Heises Alerander einen herzlichen und auch verdienten Rau ist ein Pseudonym Dgr. Beifall...
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Nicht besser sieht es in den 3iegelbrennereien aus. So hat zum Beispiel der Bautrust 16 Millionen Ziegel zu wenig ge liefert. Eine Anzahl Genossenschafts- Biegelbrennereien 24 Millionen zu wenig. Die Arbeitskraft wird in den verschiedenen Brennereien nur bis zu 15 Prozent ausgenugt, das Blaumachen erreicht 25 Prozent, der Bruch beträgt 20 Prozent, Mischung und die Brenntemperatur merden aufs Gerademohl bestimmt. Mit dem Trans
port ist es geradezu jämmerlich bestellt. In den Kleinbrennereien herrscht völlige Anarchie. Statt 182 Millionen Ziegel haben sie mur 31 Millionen geliefert. Die Bautätigkeit muß aber in vielen Fällen wegen Mangel an Ziegeln stillgelegt werden.
Nicht besser liegen die Dinge in der Glashüttenindustrie. Während einige Fabriken den Plan überstiegen haben, bleibt der größte Teil der Hütten im Rückstand. Die hier an
Die Beispiele fönnen beliebig vermehrt werden, geführten genügen aber. Amerikanisch ist das Tempo bestimmt nicht zu nennen. Es ist echt fo wjetrusfish bois chemistisch.
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Derwechselt" Mit besonderer Schärfe und Ironie greift aber die Bramba" einen China - Bericht des Temps" vom 2. August an, in welchem gemeldet war, daß ein chinesischer General Ich u Mao , der in Deutschland militärisch ausgebildet worden sei. als Sowjetagent die ,, kommunistischen Horden" führe, und zwar nur zum Zweck des Plünderns, des Mordens und Zerstörens. Die ,, Prawda" bemerkt dazu, daß dieser General überhaupt nicht existiere! Wenn mit dem fagenhaften Tschu Mao etwa der Führer des vierten Roten Korps gemeint sein sollte, so heiße diejer Tschuh Deh, habe sich niemals in Deutschland aufgehalten, wohl aber in Frankreich , wo er die tommunistische Lehre fennen lernte. Außerdem gebe es bei den chinesischen Kommunisten einen Kommissar namens Mao Tse- Tun. Aus diesen beiden Männern habe der ,, Chinafenner" offenbar den schrecklichen Mord brenner Tichu Mao geformt, mit dessen Greueltaten der französische Spießbürger unmehr erschreckt werde.
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Berdächtige in den Ostkarpathen.
Utrainische Expropriateure verhaftet.
Uzhorod( Karpathorußland, Tshechoslowakei), 8. August).
In der Gemeinde Ryzne Beresti in der Nähe der polnischen
Grenze wurden abends von Gendarmen zwei unbekannte Aus. länder angehalten. Man fand bei ihnen zwei Revolver und einen größeren Geldbetrag in Dollarnoten. Es besteht der Verdacht, daß sie Mitglieder der verbotenen utrainischen Militär. organisation find, deren Mitglieder vor einigen Tagen in Ost galizien einen Post wagen überfallen, den Rutscher und einen Bolizisten niedergeschossen und das Geld geraubt hatten. Die beiden wurden in das Polizeipräsidium gebracht.
Pommereller Arbeitslosenfrawall.
In der Gemeinde Nyzne Berezki in der Nähe der polnischen 150 Arbeitslose von der technischen Leitung des Eisenbahnbaus die Entlassung von 12 auswärtigen Arbeitern. Als dies abgele. wurde, überfielen die Demonstranten diese Arbeiter mit Spaten und Stöcken und zwangen sie zum Berlassen der Arbeitsstätte. Dabei wurden mehrere Berfonen verlegt. Polizei hieb mit der blanken Waffe ein, da die Arbeitslosen die Entwaffnung der Polizei versucht hatten. Sieben Personen wurden verhaftet.
Konftantinopel, 8. August.
Wie aus glaubwürdiger Quelle verlautet, hat Persien auf die türkische Anregung einer Grenzberichtigung eine ablehnende Antwort erteilt. Man nimmt an, daß der Generalstabschef Femz: Pascha sich in die östlichen Wilajets begeben wird, um die Truppen im Hinblick auf neue Operationen zu inspizieren.
Zur Befreiung gefangener Miffionarinnen ist der britische Konful in Futfchau( China ) nach Jenping abgereift, um mit dem Führer der Aufständischen zu verhandeln.