Beilage
Dienstag, 12. August 1930
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärt
Die Heimatlosen
Schwarze Flecken auf der Karte unserer Jugendwohlfahrt
Die Not der Kinder wandernder Landarbeiter bedeutet schwarze, Flecken auf der bunten Karte unserer Jugendwohlfahrt. Und doch ist sie nur ein freilich besonders bösartiger Ausschnitt des Elends ihrer Mütter oder Eltern. Eng verknüpft ist
die Heimatlosigkeit ganzer Familien
mit der Gesamtlage der Landwirtschaft und ihrer Arbeiter. Auf die vielfältigen und höchst zwiespältigen Ursachen ,, der Krise der Landwirtschaft" ist hier nicht einzugehen. Nur eine der entscheidenden Ursachen, entscheidend auch für das vorliegende Problem, muß nachdrücklich betont werden: Die Technisierung. Die zweite Welt traftfonferenz brachte hierfür einblicsreiche Belege. Einmal, weil mit der Technisierung der Landwirtschaft unter den heutigen Berhältnissen( es muß nicht sein) die Schar der Saison- oder Freiarbeiter und Wanderarbeiter wächst. Dann, weil die neuen Betriebsmethoden gute Schul. und Berufsbildung for dern, die den Wanderarbeitern und ihrer Jugend jammervoll fehlt. Sind doch darunter, im ältesten Staat der Volksschulpflicht, Analphabeten oder Halbanalphabeten teine Seltenheit.
Kleidung, Besorgung der Mahlzeiten. Solche Paschpaare arbeiten, wohnen und schlafen auch meist zusammen. Die Folgen davon werden mit edler Berachtung seitens der Betriebsleitung, oft mit Entlassung der schwanger gewordenen Frau bestraft. Es kommt vor, daß das Mädchen nicht einmal den Namen des Kindesvaters weiß, der auf der Rückfahrt mit ihren Papieren und ihrem Verdienst verduftet ist.„ Er heißt Baule, mehr weiß ich nicht," ist alles, was cs der Wohlfahrtspflege zur Feststellung des Mannes angeben fann. ( S. Jaehn Schnitterpärchen. Wer wirft den ersten Stein.")
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Auch für die in ,, Schnitterfasernen" untergebrachten Familien fehlen vielfach getrennte Schlafräume, oder sie sind nur durch Decken und Bretter geschieden. Oft schlafen die Leute zusammen auf dem Heuboden. Ein Beispiel für zahlreiche ähnliche Fälle: In einer Stube vier Baschpaare mit fünf Rindern, Polen und Deutsche . Kein Eßraum, feine Waschschüsseln. Täglich Zank und Schlägereien. An dieser Mißwirtschaft beteiligt sind nicht nur Privatbetriebe, sondern auch Staatsdomänen und Stadtgüter!
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Im Jahre 1926 ergab eine Umfrage in der Provinz Branden burg , daß 2600 inländische Schnitter und Schnitte= Der Vorwärts" hat sich mit der stärksten Berufsgruppe land- rinnen 85 uneheliche Kinder hatten. Zustände ähnlich wirtschaftlicher Wanderarbeiter: den Schnittern, mehrfach befaßt. Das denen der Sowjetsaisonarbeiter.( Vgl.„ Borwärts" 2. Juli 1930, Agrarprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands for Beilage des Abend" Wie Sowjetjaisonarbeiter leben".) Die un dert Schutz der findlichen Arbeit; zur Förderung der land ehelichen unter den 1928 gezählten polnischen Kindern bis zu wirtschaftlichen Erzeugung" Ausbildung des landwirt 14 Jahren schäßt Wienten mindestens auf 30 bis 40 Pro3. schaftlichen Nachwuchses, in erster Linie Ausbau des ländlichen Bolts Bon 96 Rindern eines Pfarrbezirks waren 49 ehelich, 47 unehelich. Schulwesens, Schaffung von Wohngelegenheiten, Familien-, Säug- In mehreren Bezirken überwogen die unehelichen Geburten weit lings. und Kleinkinderfürsorge. Mit der Berwirklichung dieser auch stärker. von bürgerlicher Seite längst angestrebten Maßnahmen wäre mit den bodenständigen auch den wandernden Landarbeitern im Entscheidenden geholfen. Deren besondere Not ist das
Not und Berlaffenheit besonders dieser Kinder ift grenzenlos. Die Vormundschaftsrichter lehnen Bestellung eines Bormunds, die Wohlfahrtsämter die Fürsorgepflicht ab. Die unehelichen Bäter verweigern meist die Pflegegelder. Die Mütter fönnen nicht oder nicht ausreichend zahlen. Nicht selten verschwinden sie spurlos und lassen die halbverhungerten Kleinen in irgendwelcher Herberge oder auf der Landstraße liegen. Für Säuglinge und Kleinkinder in- und aus= ländischer Wanderarbeiter fehlt im Sommer durchschnittlich geregelte Aufsicht. So müssen die Eltern sie mit auf den Acker nehmen, wo sie jeder Witterungsbill preisgegeben find.
,, Familien- und Wanderheim". Die Lage der übrigen, in verlauften Herbergen überwinternden Leute, wird als äußerst bedenklich ge= schildert.
Bom Oftober 1928 bis April 1929 famen nach Güstrow : 114 Polen , darunter 34 Frauen und 39 Kinder, 383 Deutsche mit meit geringerer Frauen- und Kinderzahl, 40 Frauen, 26 Kinder. Einige Familien waren vorübergehend in städtischen Asylen. Im übrigen mußten sie sich, sagt der amtliche Bericht, in Herbergen herumdrüde.n. Die Kinder litten unter Nahrungs- und Kleidungsnot, mangelnder Gesundheits- und Erziehungsfürsorge. Geregelten Schulunterricht gebe es noch weniger als im Sommer. Das Organisationsamt für Säuglings- und Kleinkinderschutz hat statistisches Material über die schwere Säuglingsgefährdung in Medlenburg- Strelitz zusammengestellt. Noch ausstehende Berichte lassen nichts Besseres erwarten.
Was bleibt zu tun?
Was geschah bisher zur Abhilfe? as bleibt zu tun? Heimen wurde berührt. Der Karitasverband müht sich, den polDie begrenzte, mehr oder minder geeignete Zuflucht in städtischen urkunden zu beschaffen, Vormundschaften für die unehelichen Kinder nischer Wanderarbeitern die zur Eheschließung erforderlichen Heimatund deren Unterbringung zu erwirten. Bu tun bleibt im übrigen alles. Ziel ist: Seßhaftmachung der Leute, Gewinnung und Heranbildung eines bodenständigen geschulten Arbeiterstammes, fähig, mit Saisonarbeit für den Großbetrieb die Besorgung einer eigenen Kleinsiedlung oder eines Anwesens mit sonstiger Werftätigkeit zu ver binden. Unmittelbare Aufgaben sind: Bereitstellung
auch im Winter benuhbarer, angemessen ausgestatteter Wohnräume,
Ergebnis großbetrieblicher Gewinnberechnung mittels Ersparnis an Baus, Wohnungs- und Lohntosten beim Had fruchtbau, namentlich beim Zuckerrübenbau, aber auch bei den gesamten an Jahreszeit und Witterung gebundenen Bestellungs- und Erntearbeiten. Des näheren nachzulesen in Aerebos ,, Agrarpolitik". Jede Bermehrung der Wanderarbeiter habe, beweist dieser erstklassige Sachkenner, die Möglichkeit des Geldverdienens für den Großgrundbesitz in hohem Maße gesteigert. Besonders word die Bevorzugung unterbietender, bedürfnisloser ausländischer Wanderarbeiter zum stärksten Antrieb der Landflucht und damit zu einem der folgenschwersten Berbrechen an der deutschen Landwirtschaft". Wanderarbeit spielt feine Rolle in Süd- und Westdeutschland. Ihre Standorte sind vorwiegend Freistaat und Provinz Sachsen , Bommern , Mecklenburg , Brandenburg , Schlesien und die oftpreußischen Grenzländer. Das Problem der ausländischen ist von dem der wechsel eine halbwegs ausreichende Lernmöglichkeit. Und auch diese Landarbeiter, die in anständigen Zweizimmerwohnungen mit Küche
inländischen Wanderarbeit zu unterscheiden. Ueber jenes ist man schlecht, über dieses noch schlechter unterrichtet. Die deutsche 3entrale für freie Jugendwohlfahrt", der auch die Arbeiterwohlfahrt angehört, lenkte durch eine Sachverständigenfonferenz im April 1929 die zuständigen amtlichen Stellen auf die vorliegenden schweren Mißstände.( S. ,, Die Not der Kinder wandernder Landarbeiter". Bericht über die Konferenz, er= hältlich vom Deutschen Roten Kreuz, Berlin .) Am 1. Oftober 1929 unternahm die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eine Umfrage über Zahl, Geschlecht, Wohnfig, Beschäftigungsort und art inländischer Wanderarbeiter. Einige Landesarbeitsämter, so Ostpreußen , bezogen aus eigener Entscheidung Zahl und Alter mitwandernder Jugendlicher ein. Die Ergebnisse liegen zwar vor, sind aber infolge Ueberlastung der Beamten noch unbearbeitet. So muß man sich vorerst auf vorliegende Literatur, auf die an der Praxis erhärteten Angaben der Sachverständigen konferenz und anknüpfende weitere Teilermittlungen schüßen. Dies genügt zum Beweis unerträglicher Zustände.
Zahl und Schicksal der Wanderarbeiter Zunächst die Ausländer, zumeist Polen . Vor dem Krieg
Für Polenkinder besteht kein Schulzwang. Schulaufnahme wird häufig abgelehnt.
Die Zahl jugendlicher polnischer Analphabeten beträgt in einzelnen Landesteilen 15 bis 20 Broz. Allein auch für deutsche Kinder verhindern die mit dem Wanderleben verbundenen oft vier- bis fünfmaligen Unterbrechungen des Unterrichts und der ständige Schul. Kinder sind von den Lehrern und seßhaften Mitschülern ungern gesehen. Dazu fehlt, wie Dr. Ollendorf mit Recht betont, jeder Schutz vor übermäßiger Feldarbeit. So die Sachlage im Sommer.
Wenn es Winter wird...
Wie gestaltet sich das Schicksal der Wanderarbeiter und ihrer
Kinder im Winter?
Die Ausländer ohne Befreiungsschein müssen jetzt nach Been. digung der letzten Ernte, spätestens bis zum 15. Dezember, Deutsch land verlassen. Ihr Leben wird mit der Abschiebung wohl faum rofiger. Immerhin beffert sich zum Teil mit der verringerten Zahl und etwas gehobeneren Art die Unterbringung der Verbleibenden. Doch ist auch ihr Winterschicksal, das sich um 3 bis 5 Monate bewegt, höchst unerfreulich. Zunächst verlieren sie mit der Arbeitsstelle das Dach über dem Kopf; entweder stehen die Behausungen nicht mehr zur Verfügung oder sind, wie meist, für den Winter aufenthalt ( fehlende Defen, undichtigkeit usw.), unmöglich. Von Drt zu Ort abgeschoben, verzehren die Leute ihre Ersparnisse,
ziehen schließlich zu Fuß mit Kind und Kegel weiter und landen mit dem Rest ihrer Mittel in zweifelhaften, großstädtischen Quartieren oder völlig miffellos in Obdachlosenajylen.
getrennt nach Geschlecht und Familie. Wobei die staatlichen Domänen und Stadtgüter beispielgebend vorangehen sollten, anstatt ein gerüttelt Maß von Kulturlosigkeit mit privaten Arbeitgebern zu teilen. Ein solches Beispiel gibt( nach einem auch sonst sehr einblicksreichen Bericht des ,, Borwärts" vom 2. Juli des Jahres ,, Ueber die Landwirtschaft Groß- Berlins") das seit einem Jahr im Besitz der Stadt befindliche Gut Brusendorf. Die Stadt baute die absolut verwahrlosten Schnitterfasernen, in denen vorher 350 Schnit ter miteinander abwechselten, wohnlich aus, schuf Zentralheizung, ausreichende Wasch- und Badegelegenheit, Trodenraum, freundliche Tagesräume, luftige und saubere Schlafräume. Seither hat das Wechseln der vom Zentralarbeitsnachweis Berlin vermittelten Sie fühlen sich ansässig wie die ständigen
wohnen".
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Neben die Wohnungssanierung muß Bekämpfung des Paschwesens seitens der Arbeitsämter treten, sowie sorgfältige Auswahl und Prüfung der zu vermittelnden Stellen, Pflicht der Wohlfahrts- und Jugendämter ist, Kinder und Jugendliche weitestmöglich dem Wandern zu entziehen und geordneter Aufsicht zu unterftellen. Die Schulbehörden sollten regelmäßigen Schulbesuch durchsetzen. Nur dann kann auch diesen Kindern die Fordedurch reichsgesetzliche Regelung, Schulentlassung vor dem 14. Jahre rung der Gewerkschaftsvertreter im Reichswirtschaftsrat nüßen: zu verbieten.
Gewinnung der Unterlagen für durchgreifende Reformen ist: Weitaus am wichtigsten, sowohl als Sofort- Programm, wie zur
Schaffung eines zentralen Winterheimes
zur Aufnahme obdachloser inländischer und ihnen hinsichtlich des Verbleibs in Deutschland gleichgestellter ausländischer Wanderfamilien. Zunächst sozusagen als Experiment. Ein solches Experiment ist für den kommenden Winter geplant in Prenzlau . Berlin hat zugesagt, seine in Buch untergebrachten Frauen und Kinder mit ihren in der Fröbelstraße beherbergten Männern und Vätern dort hinSelbstmelder zu überweisen, die zwar eine Heimat haben, für
waren es weit über 400 000. Mit rund 534 000 erreichte ihre Zahl Die große Mehrzahl fommt nach Berlin . Die übrigen verteilen zugeben. Nach dort wären auch die landwirtschaftlichen
im Jahre 1918 den Höhepunkt. 1924 war sie auf etwa 130 000 ge=
funten. Seither wird die Zulassung von Wanderarbeitern, die nach Saisonschlußz Deutschland verlassen müssen, bestimmt von der Reichs. anstalt für Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Die Vermittlung erfolgt durch die Deutsche Arbeiterzentrale in Berlin und ihre Filialen im Reich, die gewiffe gesundheitliche Voraussetzungen der Arbeitsstellen vorsehen sollen.
Für 1930 sind froh der erschreckenden Masse deutscher Arbeitslofer noch immer 109 000 Ausländer zugelassen. Dazu kommen solche mit Befreiungsscheinen", die vor 1919 nach Deutschland tamen und dort bleiben dürfen, solche mit Grenzläuferfarten, die hinüber und herüber wandern, namentlich aber viele im Winter in großstädtischen herbergen, meist übelften Spelunken vertrochene illegal Verbleibende. Die Zahl der in Deutschland heimatberechtigten polnischen Rinder schäßt der Raritas direktor Kuratus Bienten auf 26 000. Eindringlich verfolgt er ihre Not und forscht nach Wegen der Abhilfe. Inländische Wanderarbeiter wurden 1928 durch die Arbeitsämter rund 43 500 vermittelt, davon rund 30 000 männlich. Man rechnet mit mindestens 10 000 Familien mit 20 000 Kindern. Gemäß dem Ausfall an Ausländern schätzt Bastor Braune, Leiter der Hoffmannstaler Arbeiterfolonie, ein ausgezeichneter Sachkenner, die eigentlichen Wanderarbeiter( vielleicht zu hoch) auf 400000. Das sind jene, die soweit sie ein Heim haben, es auf Monate verlassen und in den Bestellungs- und Erntezeiten, Heu-, Getreide, Kartoffel-, Rübenernie bis Mitte November von einer Arbeitsstätte zur andern wandern, um im Winter meist völlig mittellos in der Großstadt unterzuschlüpfen.
Ueber den Familienffand
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der in- und ausländischen Wanderarbeiter wiffen wir dies: Es handelt sich um Eheleute, eheähnliche Verhältnisse und Zufalls beziehungen. Für bestimmte Beschäftigungsarten werden sogenannte Baschpaare" angefordert: je ein Männlein und Weiblein. Das Mädchen muß neben der Feldarbeit für beide Teile allerlei Berrichtungen übernehmen: Instandhaftung der Untertanft, der
sich auf Breslau , Stettin , Stendal , Güstrow , Küſtrin und andere Bentren, wo sie Unterkunft und günstigsten Falles Arbeitsgelegen heit erhoffen. Die Akten der Stadt Berlin geben in dieses Wander: elend erschütternde Einblicke. Von 362 Familien, die 1929 im Berliner Obdachlosenasyl 3uflucht suchten, tamen 107 nach oft tagelanger Fußwanderung an. Die frühere nächtliche Unterbringung in der Fröbelstraße war trostios. Die Tage verbrachten die Leute Wochen und Monate auf den Straßen, in Wartesälen und Kaschemmen. Nach vorübergehender Ueberführung der Familien in angemessene. Räume des Rum melsburger Arbeitshauses wandelte die Stadt Berlin im Jahre 1927 einige Schnitterfasernen in Buch in freundlich gelegene Winterheimstätten. Buch, nimmt aber nur Frauen und Kinder auf. Die Männer und Familienväter müssen in Berlin bleiben. Einmal wegen der Schwierigkeiten des Zusammenlebens in nicht für Familien eingerichteten Baraden. Namentlich aber, weil in Buch kein Arbeitsnachweis iſt. Dies wirkt sich auch für die Frauen ungünstig aus. Des weiteren zeitigt die Trennung üble Folgen: Nicht nur führt sie zur Lösung eheähnlicher Verhältnisse. Auch Familienväter lassen Frau und Kinder im Stich. Im Januar 1929 übernachteten in der Fröbelstraße rund 1540 Wanderarbeiter. 1928/29 beherbergte Buch 377 Frauen mit Kindern. Darunter Angehörige von Saisonarbeitern der Berliner Stadt: güter. Den städtischen Behörden und den Stadtverordneten ins Album! Schon zu Beginn des Winters 1929 waren in Buch 108 Frauen mit 10 Säuglingen, 38 Kleinkindern und 19 Schulkindern. Für die letzten wurde ein Junglehrer bestellt,
weil die Reife für die Volksschule fehlte und sie dort, wie im Sommer auf dem Lande, von den Mitschülern mißachtet und unfreundlich behandelt wurden. Eine besondere Form der Winternot Jugendlicher bilden die sogenannten Selbst melder, die allein wandern und bei der Wohlfahrtsstelle im Polizei präsidium Rat und Hilfe suchen. Eine im Winter 1929/30 gemachte Umfrage bei der zuständigen Stadtbehörde ergab für Stettin einwandfreie Unterbringung eines Teiles der Wanderer im städtischen
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die sich aber Rückbeförderung wegen unbefriedigender Familienverhältnisse nicht empfiehlt. Neben gesundheitlichen Borkehrungen, wie fie in Buch getroffen sind, soll für guten Schulunterricht, Berufsausbildung und nüßliche Beschäftigung gesorgt werden. In Prenzlau kann das zuständige Arbeitsamt im Frühjahr geeignete Stellen vermitteln, Mitwirkung von Arbeitsämtern und Fürsorgeſtellen ist namentlich auch erforderlich, um die Familien von der legten herbstlichen Arbeitsstätte möglichst umgehend in das Winterheim zu befördern, ehe Ersparnisse und evtl. Arbeitslofenunterstützung aufgezehrt sind. Dringend zu wünschen wäre,
die Kinder auch im Sommer im Heim zu belassen. Erst eine derartige zentrale Familiensammelstelle ermöglicht genaue Durchmusterung der Leute und Auslese solcher Erwachsener und Jugendlicher, die sich zu landwirtschaftlicher Ausbildung eignen und damit zur Gewinnung eines tüchtigen Landarbeiterstammes. Die in Aussicht genommene Form werterhaltender und werteschaffender Nothilfe heischt weiteste Unterſtügung und Beachtung. Mit dringendsten Geboten der Menschlichkeit verbindet sie Gebote zur Förderung der Landwirtschaft von erheblicher Tragweite.
Helene Simon.
Hypnose bei der Geburt
In der Heidelberger Klinik wird seit einiger Zeit zum Zwede
der Beseitigung der Geburtsschmerzen von der Hypnose Gebrauch gemacht. Bierzehn Tage vor der Entbindung beginnt man deshalb mit der suggestiven Einwirkung auf die Schwangere. Der Erfolg: st besonders gut bei hysterischen und psychopathischen Personen. Leider find aber auch unerwünschte Spätwirtungen nicht immer ausgeschlossen; denn die Hypnose stellt nun einmal einen nicht gering zu wertenden seelischen Eingriff dar. An manchen Kliniken wiro auf die Vorbereitung der Hypnose verzichtet, dafür aber eine NarkoHypnose gemacht, und zwar unter Verwendung geringfügiger Mengen Chloroform, Dr. S.