Blaffer Neid... AufdieOrganisatioas-undSchlogkrast der(Sozialdemokratie In der agrarischen„Deutschen Tageszeitung" lesen wir! 56 000 Mark für einen sozialistischen wahlfilm. Gott sei Dank geht es wenigstens einer Partei finanziell gut, das ist die Sozialdemokratische Partei . Für 56000 M. hat sie einen Wahlkampf-Tonsilm herstellen lassen, die dazu gehörige Apparatur kostet weitere 2 8 000 M., und per» schiedene ander« Zehntausender werden noch für die erforderlichen Autos drausgehen. Alles für ein einziges Propagandamittel! Es scheint also der„Partei der Aermsten der Armen" gar n i ch t s o schlecht zu gehen, im Gegenteil beholten diejenigen recht, die sie die Kapitalisten unter den Parteien nennen. Di« Herstellung des Tonfilms für den Wahlkampf ist Tatsache, wenn auch seine Kosten von der„D. Tgztg." etwa um dos Zehnsache übertrieben werden. Den Neid eines Blattes, das auf die „Dpferwilligkeit* der Agrarier angewiesen ist, begrüßen wir. Immerhin sollt« die„Deutsche Tageszeitung" bedenken, daß selbst 56 000 M. noch nicht de n tausendsten Teil der 60 Millio- nen darstellen, welche das von ihr stets so warm verteidigte Rai ff- eisen-Direktortum Dietrich-Scelmann-Schwarz seinerzeit rerludert hat! Und schließlich noch eins: die halbjährige Herrschaft des Kabinetts Brüning hat der Arbeiterklasse—«den vielem anderen— gekostet: etwa hundert Millionen Mark an weniger gezahlter Arbeitslosenunterstützung, wohl ebensoviel Verlust an Krankenunterstützung, etwa fünjzig Mil- l i o n e n Mark Perlust durch Entzug des billigen Gefrier. Heischs, etwa zwanzig Millionen Mark Verlust durch Sonderbesteuerung der Konsuni vereine, dazu die noch gar nicht abschätzbaren Verluste durch Kopf st euer, Zollerhöhun- gen usw Und da soll die Arbeiterschaft nicht einig« Tausender für di« Aufklärung der Massen im Wahlkampf opfern, wenn dadurch die Möglichkeit besteht, das Kabinett Brüning zu stürzen und für jeden Tausender Agitationskosten zehn Millionen für di« Arbeiter- klasse hereinzuholen?!
Schiele, ein„unfähiger parieibonze"? Die„Deutsche Tageszeitung", sein Organ, behauptet es. In seiner Ansprache am Verfassungstage hat Genosse Reichs- tagspräsident Lob« ausgeführt, das deutsche Volk verbäte es sich, ständig für weniger reif erklärt zu werden als andere Kulturvölker. Hiergegen polemisiert« heftig di«„Deutsche Tageszeitung", das Organ des Landbundes und des Herrn Schiele, indem sie, wie jolgt, entgegnet: Vielleicht drückt sich di« Reife des deutschen Volkes gerade darin aus, daß es den demokratisch-parlomentarischcn Rummel nicht mehr mitmachen will, weil es der ewigen Lüg«n durch di« Partei- bonzen satt ist und in der richtigen Erkenntnis der eigenen Unfähigkeit, die schwierigen Probleme, um die es sich jetzt in der Politik handelt, zu begrencn, sich nach einer wirklich verantwortungsvollen Regierung von fachkundigen Männern sehnt anstelle der politischen Größen von heute, die sür ihr Amt nicht» als ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmien Partei mitbringen und deren Deranslaltunq sich nach erwiesener Unfähig. keil in einer guten Pension erschöpft. Mit dieser lieblosen Charakteristik der„politischen Größen von heute' kann nach Lage der Dinge nur die Regierung Brüning gememt sein mit ihren Ministern Schiele, Trevi- ranus usw. Wir nehmen an. daß Herr Schiele den saiweren Vorwurf der„Deutschen Tageszeitung", wonach sich„feine Der- ontwortung nach erwiesener Unfähigkeit in einer guten Pension erschöpft", mit einer B e l e i d i g ung s- klag« gegen fein Blatt beantworten wird. Oder will er doch schweigend diese Charakteristik etwa bestätigen?
Hugenberg im Sporipalast. „Man hat mich einen sturen Bock genannt". Di« Attraktion, den großen Parteiführer Alfred Hugenberg sprechen zu hören, hatte gestern den Sportpalast mit einer illustren Gesellschaft gefüllt. Do sah man unter der schwarzweißroten Fahne neben einem leibhaftigen Hohenzollernprinzen, der untertänigst mit„Eure Königliche Hoheit" begrüßt wurde, würdig« alte Damen mit Lorgnon und Spitzenhäubchen, stramme Herren mit dem Eingla» im Auge und dem unverkennbaren Gesichtsschnitt des früheren Majors, evangelische Krankenschwestern, alte Unter- ofsiziere mit dem Stahlhelmabzeichen, gutgenährt« Bürger im feier- lichen Gehrock, Studenten mit Schmissen im Gesicht und jung« Bürger- mädchen, die von Papa in die höh« Politik eingeführt wurden. Nur ein Stand fehlte bis auf die obligaten Träger schwarzer Fahnen: die Arbeiterschaft. Eine Musikkapelle in den buntesten Fantast«- uniformen trug alte Militärweisen vor, man sang, daß man sich ergeben hätte und daß es einen Gott gebe, der Eisen wachsen ließ. Aus der Rede des Geheimrats sei«ine Stelle besonders her- vorgehoben. Er sagte:„Man hat mich«inen sturen Bock g«> nannt. Es ist manchmal ganz gut, wenn einer«in sturer Bock kjt." Im übrigen wandte sich Hugenberg im ersten Test seiner Red« aus- schließlich an das Zentrum, um das er mit Zuckerbrot und Peitsche, mit Li«beswort und väterlicher Schelte warb. Aus dem Munde eines Mannes, dem sein« Abgeordneten in Scharen weggelaufen sind, wirkte dos Wort von der„großen, aber in sich haltlosen Sozialdemkratie" besonders anmutig. Der Redner erörterte dann seinen unsinnigen Plan der Einfuhrabgabe und wiederholte den törichten Satz:„Wenn wir nicht zahlen können, dann sollen die anderen zahlen". Der Schluß seiner Red« war ein Appell zum Kamps gegen den Marxismus und für den Sozialabbau. Den Witzbold des Abends machte Herr Schmidt- Hannover, der sich in billigen, abgedroschenen Späßchen über Republik und Demokratie gefiel.__ Geireidekatastrophe in Amerika . Ungeheure Ernieverluste durch die Dürre. Zlew Jork, 14. August.(Eigenbericht.) Präsident Hoover hat seine geplant« Sonimerreise angesichts der alarmierenden Notlag« der amerikanischen Landivirtschast und der anhaltenden Dürre vorläufig aufgegeben. Hoover will zur Beaus- sichtigung und Leitung der Hilfsmaßnahmen in Washington verbleiben. Di« Ernteoerluste und die Notlage des Bundesstaates Missouri wird als die größte in der Geschichte dieses Bundes- staates bezeichnet. Die Maisernte in Nebraska ist gleichfalls zur Hälft» vernichtet. Auch die Verluste in Virginia find enorm und sti mehreren Jahren kaum mietrr gutzumachen.
Sein« Smididalur Guerards m Koblenz . Rcichsverkeh r»- minister». Gnörard fit von seinem Dahlkreis Koblenz-Trier nicht wieder aufgestellt.
Diogenes IL TVcvir�nuS
,6err Treviranus, suchen Sie Menschen wie weiland der Philosoph Diogenes ?� «-Und ob, sogar eo 000 Menschen suche ich in einem Wahlkreis, die mich wählen?'
Eine fortschrittliche Kirche. Für Geburienkontrolle und Widerstand gegen den Krieg.
eondon, 14. August(Eigenbericht). Die seit fünf Wochen unter Ausschluß der Oeffentlichkeit in London tagende britische Kirchen-Konferenz, an der sämtliche Bischös« der anglikanischen Kirche teilnehmen, hat ihre Arbeiten beendet. Aus den jetzt auf dem Konzilium gefaßten Be- fchlüssen verdienen hervorgehoben zu werden: Eine Entschließung, die alle Angehörigen der Kirch« auffordert, jeden Krieg zu verdammen und sich ihm zu widersehen, wenn ihn nicht vorher die britische Regierung durch ein internationales Schiedsgericht zu verhindern, versucht hat. Der Krieg, so heißt es in der Enzyklika, stehe im Wider- spruchmit dem Geist und der Lehre Ehrt st i, und die Kirchen aller Nationen sollten es ablehnen, ihn als Mittel zum Austrag internationaler Streitigkeiten anzuerkennen oder zu unter- stützen. Damit stellt sich die anglikanisch« Kirch« völlig auf den Boden de» Völkerbundes und der internationalen Schied»- gerichtsbarkeit. Ferner betrachtet die Kirche die gegenwärtige Höhe der Rüstungen der Rationen als ein« Gefahr für den Frieden und fordert die Staaten auf, durch inter - nationale Abmachungen die Abrüstung zu fördern. Nur wer die Macht der englischen Kirche kenkit, gegründet auf das tiefe, das gesamte öffentliche und private Leben des englischen Volkes durchdringende religiöse Gefühl, ermißt die Bedeutung dieses Kirchenbejchlusses für die englische und damit zugleich für die international« Friedensbewegung! Ein zweiter und ein dritter bedeutsamer Beschluß der Bischofs- konferenz sind die grundsätzliche Bejahung der Geburlenkonlcolle
und die Zulassung unschuldig geschiedener Eheleute zur Kommunion. Die beiden letzten Tatsachen werden Mißbehagen und Kritik unter den Frommen innerhalb und außerhalb Englands hervorrufen. Die Bischöfe verteidigen sich jedoch schon im voraus, indem sie er- klären, die Kirche dürfe nicht außerhalb des Lebens und der Zeit stelzen und nicht an der Not der Bolksmassen vorbeigehen. Luxus, Selbstsucht oder Gewohnheit seien kein Grund, die Kinder- zahl zu beschränken, wohl aber die soziale Not. Di« ent- sprechende Entschließung wurde mit 193 gegen 67 Stimmen angenommen, 43 Bischöfe enthielten sich der Abstimmung. Der indische Textilboykoit. Weitere Stillegungen europäischer Fabriken. Bombay, 14. August. Die Simplex-Laumwollspinnereien,«in europäisches Unter. nehmen, das auf der Boykottllste des Allindischen Kongresses an erster Stelle steht, haben heute ihren Betrieb stillgelegt, wodurch 2000 Arbeiter zum Feiern gezwungen sind. Im ganzen sind jetzt... zwölf Spinnereien, die 23 000 Arbeiter beschäftigten, geschlossen. Die Lage in Peschawar . London , 14. August. Die letzten Berichte aus Peschawar besagen, daß die Beunruhi- gungen durch die Afridi nachlassen. Die in der Umgebung von Peschawar befindlichen Afridi werden auf ungefähr 1200 Wann geschätzt. Sie haben sich jetzt zurückgezogen. Der drohende An- griff auf Kohat fand nicht statt. In den Dörfern von Tirah hat die» Bevölkerung ihre gewohnte Tätigkeit wieder aufgenommen.
Die antifaschistische Lustpropaganda. Bassanesi kommt vor den Schweizer Staatsgerichtshof. Genf , 14. August.(Eigenbericht.) Die schweizerische Regierung hat am Donnerstag zu dem Fall Bassanesi Stellung genommen, der seit Wochen zu dipiomo- tischen Aireinandersetzungen geführt hat. Der Bundesrat hat«irt- schieden, daß wegen der Unklarheit der Vorkommnisse ein V e r st o ß gegen die Bundesverfassung durch Verlegung eines fremden Staatsgebietes nicht feststellbar ist. Weil aber Bassanesi die schweizerische Gostsreundschast grob verletzt und mit seinem Flugzeug in ihm benachbartem und befreundetem Land ein« Handlung begangen habe, die die guten Beziehungen der Nachbar- schaft zu stören geeignet sei, hat der Bundesrat beschlossen, den Fall dem Staatsgerichtshof zu übergeben. Die Anklage lautet auf Uebertretung der Luftverkehrsordnung vom Jahre 1920, da Bassanesi bei seinen Landungen in Lodrino nicht die Weisungen des eidgenössischen Luftamtes durch die Ortsbehörden emgchoU hat. Das in der Verordnung vorgesehen« Strafmaß beträgt Gefängnis bis zu einem Jahr und Geldstrafe bis zu 10 000 Franken. Diese beiden Strafen können auch miteinander verbunden werden. Eine auffallende Einmischung in ein schwebendes Strafverfahren leistet sich der schweizerisch « Bundesrat, indem er in einer amtlichen Verlautbarung erklärt, es werde dem Richter selbstverständlich nicht verwehrt sein, bei der Strafverhängung inner. halb des vorgesehenen Rahmens zu berücksichtigen, daß Bassanesi das schweizerische Gastrecht gröblich mißbraucht Hab«. Giovanni Bassanesi ist ein italienischer Emigrant, der in Paris lebt und dort eine Lustjahrtzeitung leitet. Mit dem Flugzeug dieser Zeitung kam er nach Genf , flog am 11. Juli über den St. Gotthard nach Lodrino . wo er antifaschistische Lite- ratur auflud, die er am gleichen Tage über Mailand abwarf. Auf dem Rückflug zerschellte seine Maschine auf Schweizer Gebiet. Bassa. nesi wurde verwundet aufgesunden und festgehalten. Di« italienische Regierung verlangte von Bern die Bestrafung Vassanesis wegen politischen Verbrechens und wollt« die Helfer Basfonesis herausgebracht haben, der aber nichts preisgab. Die italienische faschistische Presse beschuldigte die Schwei, ; der Dul» dung aller antifaschistischen Komplotte. Der Lun. desrat hat nun den Fall au» der Sphäre der hohen Politik abge. schoben, was in Italien besonders bei der gegenwärtigen Massen- flucht von Italienern auf schweizerisches Gebiet sicher neu« Wutaus- bräche zur Folge haben wird.— Die Verteidigung Bassanesi» hat der sozialdemokratische Nationalrat' Borella in Chiasso übernommen.
Reaktionäre Verleumdungen. Gegen eine deutsche Kinderrepublik in der Schweiz . Zürich , 14. August.(Eigenbericht.) Gegen dieKinderrepublik der deutschenKinder» freunde am Thuner See ist von der reaktionären Schweizer Presj� eine heftige Verleumdungskampagn« geführt worden. Insbesondere wurde behauptet, daß«ine Gruppe der Kinder.. freund« vor einer Kaserne demonstriert Hab«. Nun t«ilt die Gemeinde Thun amtlich mit, daß keinerlei begründete Beschwer. den gegen die Kinderrepublik vorliegen und daß es sich bei der Demonstration vor der Kaserne nicht um Mitglieder der Kinder- repubik, sondern um Angehörige einer einheimischen Ferienkolonie gehandelt habe. Schweizer Bundesrat beantragt Wahlreform. Zürich . 14. August.(Eigenbericht.) Der schweizerische Bundesrat beantragte b«im Parlament, di« Amtsdauer des Nationalrats und des Ständerates von drei auf vier Jahr« zu erstrecken und di« Wählerzahl, auf di« der Nationalrat zu wählen ist, von 20 000 auf 22 000 zu erhöhen. Di« Sozialdemokrati« wird beim ersten Antrag opponieren Zur Durchführung der Anttäge des Dundesrats wäre eine Volksabstin,- mung nötig.
Richter Lynch. Wieder ein südstaatliches Volksvergnügen. New Jork , 14. August. Ein« tausendtöpfige Menschenmenge versuchte in Marion (Indiana ) dos Gefängnis zu stürmen und zweier Neger habhaft zu werden, die der Tötung eine» Weißen beschuldigt wurden. Durch die Verwendung von Tränengas gelang es der Polizei, die Wenge ein« Zeitlang in Schach zu holten. Schließlich gelang es der Menge doch, in das Gefängnis einzudringen. Die Neger wurden vom Gefängnis» senster herab aufgehängt. Ein dritter Neger wurde bis zur Be- wußtlostgkett verprügelt, konnte jedoch im letzten Augenblick gerettet. werden. Zlus Indianapolis und anderen Nachbarstädten sind starke Polizeiabteilungen nach Marion unterwegs. An der Küste von Schonluug stießen zwei chinesisch« Dampfer zusammen. Em Dampfer sank. 70 Passagiere und sieben Mitglieder der Besatzung werden vermißt.