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Fürstliches Mäcenatentum. Eine Gerichtsverhandlung im Sinne des Herrn Goebbels

Wilhelms II.

Der Berliner Bildhauer Walter Schott , Begas- Schüler und Gimstling Wilhelms II., veröffentlicht in der Scherl'schen ,, Berliner Juustrierten Nachtausgabe einige Kapitel aus seinen Lebens. erinnerungen. Kunsthistorisch ohne Bedeutung, wie ihr Berfaffer, bringen diese Aufzeichnungen immerhin manche nicht uninter effanten Beiträge zur Kulturgeschichte unserer Zeit. Schott ist biel in Schlössern herum und mit höchsten Bersönlichkeiten in Be­rührung gekommen. Was er hinter den Kulissen der Throne und Thrönchen erlebte und vernahm, reproduziert er fritillos und mit fchuldigem Respett.

In der Sonnabendnummer der Nachtausgabe erzählt Schott von einem Portrait Wilhelms II., das der Kaiser ihm geschenkt und mit der Inschrift versehen habe: nur unter der Mon­archie und dem Schuh der Fürsten gedeiht die Kunst, ohne ihre fördernde hand verfümmert fie. Doorn 1925."

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Diese Behauptung ist wie jeder leidlich unterrichtete Tertianer bestätigen fannhistorisch unrichtig. Die Blüteepochen der griechi­schen Kunst in Athen , der Renaissance in Florenz , Nürnberg , Amsterdam , Anmerpen usw. erwuchsen aus durchaus bürgerlichem Nährboden und entbehrten ohne Schaden den Schutz der Fürsten . Wie aber die fördernde Hand" eines Monarchen zur Verfümme­rung des Kunstschaffens beitragen fann, dafür liefert bekanntlich gerade die Regierungszeit Wilhelms II. die überzeugendsten Bei­spiele. Die Fülle der Sünden, die der jetzige Erkaiser als all­mächtiger Kunstmäcen begangen hat, ist so ungeheuer groß, daß wir sie nicht zum fleinsten Teile aufzählen können. Wir erinnern nur an seine verbohrte Gegnerschaft gegen die aufstrebende, ernste und hohe deutsche Kunst( Mag Liebermann , Gerhart Hauptmann usw.), die er als Rinnsteinkunst" verunglimpfte; an seine Be­günstigung Antons von Werner, des größten Schädlings der deut­ schen Malerei in der letzten Jahrhunderthälfte, an die banau­fische Demolierung alter Baumerte, die auf seine Veranlassung Bodo Ebhardt besorgte; an seine dilettantischen Eingriffe in die Museumsverwaltung( Fall Tschudi ). Als fürchterliche Monumente milhelminischer Kunstförderung stehen in Berlin der neue Dom, die Siegesallee , die Gruppen am Großen Stern und vor dem Brandenburger Tor , die Charlottenburger Brücke, der Roland­brunnen, die Statue der Kaiserin im Rosarium usw. Spätere Zeiten werden Mühe haben, diesen Unrat wegzuschaffen. Auf daß der Schillersche Vers in Erfüllung gehe: Wenn die Könige baun, haben die Kärrner zu tun".

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Goebbels Nummer drei.

Diesmal 300 Mark Geldstrafe.

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Herr Goebbels murde gestern zum dritten. Male verurteilt; dies­mal megen Aufforderung zur Begehung strafbarer Handlungen, nämlich zu einer Körperverlegung, zu 300 m: Geldstrafes im Nichteintreibungsfalle tritt für je 10 M. ein Tag Haft. Goebbels legte durch seinen Berteidiger sofort. Be­rufung ein....

Wenn irgendeine Berhandlung die Goebbelssche Demagogie zu beleuchten geeignet war, so diefe. Er spielte sich in dieser Berhand­Tung, in- ber er megen Aufreizung zur Gewalttätigkeit ohne Er­folg" angeflagt war, zu einem Friedensapostel auf, dem jede Gewalt­anwendung verhaßt fei Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Golz, stellte sogar den Eventualantrag auf Ladung einer Reihe von Zeugen, die befunden sollten, daß die Nationalsozialistische Partei ihren An­Fängern unter Androhung der Ausschließung aus der Partei pro­notatorisches und gemalttätiges Borgehen gegen Mitglieder anderer Parteien verboten hat.

Im Angriff" Dom 3. November v. 3. mar ein Artikel mit der leberschrift: Jeige Berleumder erschienen. Er beschäftigte fich mit dem Blatte ,, Alarm und enthielt am Anfang dea Saz : Die Aldreffen dieser Burschen( d. h. der verantwortlichen Redakteure des ,, Alarm") müssen ausfindig gemacht merden, meil mir die Absicht haben, sie auf einem anderen Forum zu treffen." Und zum Schluß hieß es ftes mahr, daß man solche feige Berleumder nur mit

der Reitpeitsche bearbeitet, da eine Auseinandersetzung vor Gericht

mit ihnen nicht möglich ist."

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Der Artifel- war nicht von Goebbels geschrieben; er übernahm aber gestern vor Gericht die Verantwortung und erklärte zu seiner Verteidigung, daß der Alarm" gegen ihn eine infame Hege treibe und die ganze nationalsozialistische Bewegung vergifte. Es sei ihm aber. fern, irgendjemanden aufzufordern, fich an den Schriftleitern des Alarms" zu vergreifen; ihre Adressen sollten ausfindig gemacht werden, damit sie pertlagt werden könnten. Auf den Vorhalt des Borsigenden, daß es im Artikel, den er verantwortlich gezeichnet habe, doch schwarz auf weiß stehe, daß gerichtliche Ausein andersehungen unmöglich jeten und daß darin die Reitpeitsche gewiffermaßen als einziges Mittel gegen die Ver­leumber bezeichnet werde, mußte Goebbels nichts Gescheites zu ant­morten. Er wand sich hin und her und machte einen ziemlich Itäglichen Eindrid.

Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe in Höhe von 300 m. Das Gericht beriet anderthalb Stunden lang. Es verurteilte Goebbels nach dem Antrag des Staatsanwalts. In der Begründung hieß es, daß die Worte, auf einem anderen Forum treffen", in Berbindung mit der Reitpeitsche" feinen Zweifel darüber ließen, was gemeint mar. Das Forum" follte eben die Straße fein, hier follte die tätliche Auseinandersetzung mit den Schriftleitern des Alarms" vorgenommen werden. Dazu sollten ihre Adressen. aus findig gemacht werden. Der Angeklagte hätte als Führer ganz be­jondere Ursache, fich Aufreizungen zu Gewalttätigkeiten fernzuhalten, um.fo mehr als feire. Partei, wie er dies behauptet, Gewalt­anwendung jeglicher Art verbietet.

Das ist es eben: Pro forma perbietet sie Gemaltanwendung, in Wirklichkeit fordern ihre Parteiblätter zu Gewalttätigkeiten auf!

Wahnsinnstat einer Mutter

Zodessprung von Mutter und Kind aus dem Fenster. Gine furchtbare Familientragödie spielte sich in den gestrigen späten Abendstunden in der Neuen Gulmitraße 2 ab. Die 31jährige Frau des Straßenbahn führers WarIp warf ihren 7jährigen Sohn Siegfried aus dem Fenster ihrer im 4. Stockwerk gelegenen Woh nung auf die Straße hinab und stürzte sich unmittelbar Sarauf selbst in die Tiefe. Mutter und Kind wurden durch die Feuerwehr mit schweren Verlekungen in das Elisabeth- Krankenhaus gebracht. Dort sind beide bald nach ihrer Einlieferung gestorben

Goebbels

10 in)

Die Bernehmung des Angeklagten

Die Entlastungszeugen

Das Schlußwort des Angeklagten

Frei

spruch

Das Ergebnis

Der Bezirksparteitag.

Aufstellung der Reichstagskandigaten.

DE

Der Bezirksparteitag der Sozialdemokratie Berlin Brandenburg| Sozialdemokratie! Bom Zentrum aus wirft Kaas dér zur Aufstellung für die Kandidaten der Reichstagswahlen fand gestern unter außerordentlich starter Teilnahme statt. Die große Bahl von Frauen und Jugendlichen unter den Delegierten und den Suhörern fiel besonders in die Augen.

Die Anwesenden erheben fi, calsin feinen einführenden Borten Bentofle Franz Künstler unseres toten Beteranen Robert Wengels gedachte: Der Abschied von ihm mahnt uns, feinen Weg weiterzugehen. Trog aller Hege von rechts und linis steht die Sozialdemokratie geschlossen da. Wir nehmen Stellung zu unseren Kandidaten für das höchste Amt, das wir zu vergeben haben, und eine so offene demokratische Ansprache wäre bei den Kommunisten niemals möglich. An der Einigkeit der Berlin . Brandenburger Sozialdemokratie vermag feine noch so schnöde Hege der Roten Fahne" zu rütteln.

Hierauf referierte

Genoffe Dr. Kurt Löwenstein über Demokratie und Dittatur". Er führte aus: Bor wenigen Tagen haben wir den Verfassungstag gefeiert. Die repu. blikanische Verfassung von Weimar ist die Magna Charta , bas Grundgesez unserer politischen De­motratie. Der Staat ward eine Angelegenheit des Volkes, das Gottesgnadentum versant. Aber losgelöst von der Feststimmung muß der nüchterne Betrachter fagen, daß noch vieles zu schaffen übrig blieb. Sehen wir uns die bürgerlichen Parteien an. 3mar hat der Führer der Bolts partei, der ewige Krisenmacher Scholz, auf dem Parteitag in Mannheim in einem Augenblic politischer Ein­sicht gesagt, daß in Deutschland nicht ohne die Sozialdemokratie regiert werden könne, aber nachher hat er die Unverschämtheit be­seffen, der Sozialdemokratie Unzuverlässigkeit in der Erfüllung ihrer staatspolitischen Aufgaben vorzuwerfen und sich mit der Rechten auf Gedeih und Verderb verbündet. Die Demokratische Partei seligen Angedentens ward, gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen", zur Staatspartei. Die Fanfaren der Koch, Külz und Bäumer für die politische Demokratie ,. die schier Koch, Külz und Bäumer für die politische Demokratie, die schier überschwenglich flangen, find verstummt. Bergessen wir nicht, daß Herr Koch an der Fusion der Großbanten hervorragend beteiligt ist und der Großfinanzier Melchior Mitbegründer der Staats­partei ist Bergessen, wir weiter nicht, daß Brofeffor Bergius. der Vertreter der chemischen Industrie, an der Wiege Bate gestanden hat.

Sozialdemokratie Dottrinarismus por. Brüning will eine Ber­ebelung" der Demokratie. durch den Artikel 48 und Wirth träumt und spricht unaufhörlich von einer Krise. Was Brüning tut, steht in direktem Biderspruch zum Gedanken der politischen Demokratic. Sein Rabinett ist ein Kabinett der Niederlagen­parteien on 1928. Das Zentrum hielt sich Inapp, Demos traten und Boltsparteiler hatten verloren. Durch Trinkgelder mußte sich Brüning feine Mehrheit schaffen. Den Deutsch nationalen fam er in der Zollpolitik und der Dfthilfe entgegen, den Bayern taufte er für das Reich für 1 Million Mart Käse ab der Birt. fhaftspartei gab er die Konsum- und Warenhaussteuer. Nach der Auflösung des Reichstags wurde der Artikel 48 von ihm ver­fassungswidrig angewandt. Neben den Bürgerlichen stehen die Nazis und die deutschen Bolschemisten, Anbeter der rohen Gewalt, Bertreter des Rowdytums der Gassen, des Barbaren tums der Waffen und des Rückfalls in schlimmste Unkultur. Den Nationalsozialisten dient zudem als Hilfsmittel der Sozialismus der geistig Armen, der Antisemitismus. Es find zumeist problematische Naturen, die einen knads haben. Bei den Kommunisten zeigt sich ein ewiger geistiger Niedergang.

Die wirtschaftliche Lage zeigt, daß die Produttion sich nicht nach dem Bedarf, sondern nach dem Profit richtet. Das Kapital tonzentriert sich, es will den Staat erobern oder unterminieren. Wo hin der Wille geht, zeigt der Kampf dieser Kreise gegen das Schlich­tungswesen und die Erwerbslosenversicherung, die den Arbeitslosen zum mindesten ein Existenzminimum sichert.

Mag man über die Große Koalition, über das Kabinett Hermann Müller denfen wie man will: der Widerstand gegen den sozialen Abbau war unendlich start! Im Kampf der Ruhrarbeiter stand die Regierung auf unserer Seite. Wir gehen in diesen Wahlkampf mit der Parole des Genossen. Dit to Wels: Boran die tote Fahne!" Dittatur oder Démo­fratie, Kapitalismus oder Sozialismus, das sind die Worte, die uns leiten. Die Stärke der Idee und die Opferwilligkeit aller Genossen werden den Wahlkampf bestimmen, auf das es heißen kann: Mit uns das Bolt, mit uns der Sieg".

Die Wahlvorschläge des Parteivorstandes wurden in der Form, wie wir sie auf der ersten Seite wiedergeben, angenommen.

Genosse Franz Künstler sagte in seinem Schlußwort: Nicht nur gegen den Bürgerblod, nicht nur gegen Hugenberg und die Nationalsozialisten, sondern auch gegen die Steigbügelhalter des Kapitalismus, die Kommunisten, geht unser Kampf. Die Ber­An die Stelle des alten bürgerlichen Pazifisten Quidde trat der liner Sozialdemokratie wird ihn einig und gefchloffen führen, zum Mann der patriotischen Phrase, Mahraun, aber der Ar- Siege, unferer 3dee, zum Siege unferer geliebten Sozialdemokra beitervertreter Anton Ertelenz tam. 3ur fifchen Partei."

Verschärfung im Angestelltenkonflift.

Reichsarbeitsministerium macht schlapp.

Wie erinnerlich, fanden in dem Angestelltenkonflikt in der Berliner Metallindustrie am Donnerstag im Reichsarbeitsministe rium Berhandlungen statt, an denen die Angestelltengewerkschaften und der Verband Berliner Metallindustriellen teilgenommen haben. Das Ergebnis dieser Berhandlungen war der Borschlag des Reichs arbeitsministeriums, die Verhandlungen betrieblich fortzusetzen, da einer allgemeinen Vereinbarung zu große Schwie

rigfeiten entgegenstünden.

Die Gewerkschaften haben daraufhin über diesen Borschlag beraten und gestern abend dem Reichsarbeitsministerium mitgeteilt, daß sie trotz schwerster grundsätzlicher Bedenken bereit wären, auf den Borschlag betrieblicher Berhandlungen einzugehen, unter der Boraussetzung, daß vorher die Grundlagen über diese Ber­handlungen in den Betrieben festgestellt mürben, Das Reichs

arbeitsministerium hat daraufhin neue Verhandlungen für Dienstag, 2% Uhr, festgesezt.

Die AEG. hat sich großmütig" bereit erklärt, unter bestimmten Boraussetzungen 80 Prozent der Kündigungen zurüdzunehmen. Diese beſtimmten Borausfegungen" find natürlich nichts anderes, als bie Einführung der Kurzarbeit unter gleichzeitiger Kürzung Rurgung der Gehälter. Siemens denkt nicht daran, jo meit". zu gehen wie die AEG. Die Berliner Metallindustriellen wollen also massenentlassungen vornehmen und außer­dem noch die tarifwidrigen Gehaltstürzungen. Und das Reichsar beitsministerium findet das in schönster Ordnung! Bon einem Druc auf die Metallindustriellen durch Auftragsentziehung ist überhaupt nicht mehr die Rede.

sozialdemokratischen Königsberger Boltszeitung", das den Namen Ein Otto- Brann- Haus in Königsberg . Das neue. Heim der Otto- Braun- Haus trägt, ist am Freitag feierlich eingeweiht

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