Zum fünften Male beging gestern die freigewerkschaftlich orgo- .iisterte Arbeiterschaft ihr Gewerkschastsfest. Die katastrophal« Arbeitslosigkeit ließ befürchten, daß diesmal die Beteiligung bei weitem nicht so stark sein würde, wie in den früheren Iahren. Diese Befürchtung hat sich erfreulicherweise als unbegründet erwiesen. Das herrliche Wetter war verlockend und auch die gespannte Situation vor der Reichstogswahl trug wohl mit dazu bei, die SolidoritSt der Berliner Arbeitnehmerschaft mit ihren Gewerkschaften auch bei dieser Gelegenheit zu bekunden. Schon in den ersten Nachmittagsstunden fetzt« ein« wghr« Völkerwanderung nach dem Lunapark in Halensee ein. Die ösfent- lichen Verkehrsmittel waren später dem Menschenansturm nicht ge- wachsen, so daß es besonders an den Umsteigehaltestellen mehrmals kritische Augenblicke gab. Schließlich kam ober doch jeder an sein Ziel, wenn es auch manchmal nicht so ganz einfach war. Vor dem Eingang zum Lunapark herrschte zeitweise eine geradezu beängstigend« Füll«. Hunderte von Menschen stauten sich Minuten. lang vor den Kassenschaltern und Drehkreuztüren und dennoch wickelte sich alles reibungslos ab. Es gab kein rücksichtsloses Vor- drängeln und Puffen, wie man es sonst bei solchen Massenveranstal. tungen oftmals erlebt. Man merkte eben, daß sich hier ein« an Disziplin gewöhnte und von gleichem Geiste beseelte Volksmenge zusammenfand. Im roten Lunapark. Leider fehlte es im Lunapark an den nötigen Sitzgelegenheiten, trotzdem dl« letzten ausrangierten Stühle von den Gästen aus dem Keller hervorgeholt und notdürftig gesäubert wurden. Seit seinem Bestehen hat der Lunapark nur ein einziges Mal«inen noch zahl» reicheren Besuch zu verzeichnen gehabt als gestern. Aber noch nie zuvor zeigte er sich in der Dekoration roter Fahnen wie gestern. Verschiedene Gewerkschaften und Abteilungen der Sozialdemokra» tischen Partei waren mit ihren Bannern vertreten. Bald herrschte überall ein frohes Treiben. Man defilierte an
den Vergnügungsstätten vorbei, stand hier und da einmal Schlang«, um auf der Gebirgsbahn oder sonstwo einen Platz zu erhaschen. Auch die Tombola, bei der Fahrräder, Nähmaschinen, Luft- sreifahrtslüge und andere Gewinne lockten, wurde fleißig in An> spruch genommen. Wer nur 0000 zog, tröstete sich damit, die Gewerk- schaftskasse unterstützt zu hoben. Den Kleinen gefiel der Lunapark ganz besonders: sie belagerten stundenlang das Kasperletheater oder ergötzten sich an anderen„Attraktionen'. An den Tischen tauscht« man bei den Klängen der Musik Gedanken und Erlebnisse aus. Das Orchester des Deutschen Musiktroerbandes und die Arbeitersänger taten ihr möglichstes, um das Fest zu verschönern. Kurzum, es war überall eine freudige Stimmung, die die Sorg« des grauen Alltags wenigstens einmal für einige Stunden vergesien ließ. Wie im Fluge rannen die wenigen Stunden der UngebuNdenheit dahin. Am Abend trat der Sprechchor der Gewerkschafts - j u g e n d auf dem Mittelpodium auf und betonte damit noch aus- drücklich die besondere Note des Gewerkschaftsfestes, die ihm die Darbietungen der Arbeitersänger vor allem, bereits gegeben hatten. Das pünktlich«insetzende Feuerwerk, bei dem der„ADGB .' recht glänzend in die Erscheinung trat, wurde begeistert auf. genommen. Dann aber setzte die Völkerwanderung wieder«in, in entgegengesetzter Richtung, dem Heimweg zu. Etwa 45 000 Mensche« gleicher Gesinnung und gleichen Schicksal» hatten sich für einige Sonntagsnachmittagsstunden als ein Ganzes gefühlt. Die Arbeitersamariter hatten 32 Unfälle zu behandeln und mußten«wen Krankenhaustvansport vornehmen. Ihrem Be» reitschaftsdienst wie ihrer uneigennützigen Hilf« sei auch hier b«. sonders gedankt. » In Treptow «erden die Lokalinhaber gestern viel« gesehen hoben, die nicht da waren. Vielleicht fragen sie sich heute, ob e» nicht doch bester gewesen wäre, mit sich reden zu lasten, über die Preise für Speisen und Getränke, anstatt das Gewerkschaftsfest zu vertreiben.
Erstaufführungen
„Oes Kaisers Kulis." Lejsingtheater. Es wird berichtet, daß die katholische Geistlichkeit an den Fest- spielen von Oberammergau keine rein« Freude habe. Das läßt sich verstehen und nachfühlen. Das Leben und den Tod des an« gebeteten Gottes täglich deklamiert vor einem Parkett von Schau» lustigen, die das Mysterium kaum anders betrachten als einen Zirkus oder sonst eine Aufregung, dazu die Schminke, die Trikots und die falschen Bärte, schließlich noch den Betrieb draußen in den Freßdudcn und den dazugehörenden Fremdennepp: man tonn»er. stehen, dzß fein« organisierte Christen solche religiöse Revue auf geschäftlichem Hintergrund als fatal und widerwärtig empfinden. Verwandtes Mißbehagen erregen in Menschen, deren Leben dem Sozialismus gewidmet ist, die roten Oberammergaus, mit denen wir zunehmend geplagt werden. Revolutionsspiele vor Smokings und gut parfümierten Damen, die rote Fahne priesterlich zelebriert und die International« als Blutchoral— zum Behagen der Satten in den Somtfauteuills,«in« rot« Messe, dargebracht vor den aus- gekochtesten Profanen des Kapitalismus: der Ekel sprengt die Kehl «. Diese, für zehn bis fünfzehn Mark käuflichen Revolutionen, oll» abendlich abgewickelt zwischen Kulissen und Scheinwerfern, haben den Ludergeruch der Prostitution. Was aber die Wirkung des revolutionären Zeittheoters auf die kämpfenden Massen des Volkes betrifft, so bleibt es eine Frag« der seelischen Oekonomi« und d«r zielbewußten Taktik, ob getronimelt und gepaukt werden soll, ehe der Marsch beschlossen wurde. Immerhin, die Geschichte der deutschen Revolution, ihr« Ge- stallen und Helden, dem Volk« sinnfällig, brennend und tönend vor die schauenden Augen und die hörenden Herzen zu stellen, zählt zu den bedeutsamen Ausgaben der Forschung und der Kunst. Es soll geschehen, aber es muß wirksam und unwiderstehlich geschehen. Hier, und loon Ort und Zeit abgesehen) vorwiegend hier, wurzelt der Vorwurf gegen Piscatots Unternehmen, den Zusammen- bruch d«r kaiserlichen Marine und den Aufstand der Matrosen, die feige Ermordung von Köbis und Rcichpietsch und die Ernte solcher blutigen Saat theatralisch zu gestalten. Als Leitsoden für seine szenischen Gedichte, die leider allzu häusig, gleich Träumen im Gestrüpp der Analysen, in technischen Konstruktionen und gymnastischen Exerzitien hängen bleiben, wählte Piseator das nicht nur erfolgreich«, sondern auch beachtenswerte Buch von Theodor Plioier„Des Kaisers Kulis'. Daß gleichzeitig Ernst Toller die Erschießung von Köbis und Reichpietsch dramatisch gestalten wollte, mag nicht minder von Plioiers Kon- junktur veranlaßt sein.(Es gibt übrigens noch einen dritten dialo- gisierten Zeitbericht revoltierender Marine:„Die Matrosen von Cattaro',' demnächst von der Volksbühne aufgeführt.) Der große Fehler Piscators war, daß er nicht bemertt«, wie Plioier, der sei» Buch für die Bühne selbst sertig machte, von diese,» Buch nicht loskam. Plioiers Roman„Roman der seutfchen Kriegsflotte' aber ist eine Mischung aus nachträglich gesertigtem Tagebuch von Selbsterlebtem, aus Zeitungsberichten. Aktenenthül- lungen und sonstiger Historienschreiberei, aus Statistik und mari- timer Fachkritik, aus gutgesehenen Episoden und teil» überzeugend, teil» mißmutig klingenden Randbemerkungen, aus Haß und Der- zweiflung, au» Weltanschauung und Triumph. Ein Gemisch, da» sich lesen läßt,«in Gewirr, durch das man sich hindurchblättern kann. Aber auf die Bühne genötigt, in Monolog« und Sprechchör«, Filmstreifen und Lautsprecherproklamationen zerrissen, eingesponnt zwischen eiserne Gerüste und leinerne Projektionswände, ist die Mischung, die Plioiers Buch kennzeichnet, rettungslos verloren. Der Dilettantichnus de» Buches wirkt sympathisch; auf die Bühne ge- stellt, erinnert er, von dem persönlich auftretenden Verfaster schreck» lich gefördert, grausam an das Liebhabertheater von Schützen- vereinen und sonstigen Poltereien. Der Lärm, durch das Durcheinander des zettelkastigen Manu» skripts bedingt, durch die Regie nicht gemildert noch organisiert. durch Musikinstrumente vermehrt aber nicht gesteigert, wirkt v«r> wirrend und ablenkend, aber keineswegs chaotisch, weder elementar noch primitiv, weder monumental noch freskenhaft. Es mangelt eben an Gestaltung. Dazu kommt, daß das Lehrhaft«, das den Wert des Buches nicht schmälert, im Theater peinigt; das szenisch« Erlebnis wird immer wieder durck Ziffern und Lichtbildervorträge unterbrochen. Dies gilt sür den ersten Teil de? Varführnng. der mit
einer schulmeisterlich dreflierten, wiederHoll wuchtig ansetzenden, aber immer wieder abgedrosselten Darstellung der Skagerrakschlacht ab- schließt. Der zweit« Teil, mit dem das Bühnenstück sich begnügen sollte, bringt da» Schicksal der beiden tapferen Matrosen Köbis und Reich- pietsch, gestaffelt, straff, einprägsam. Aus dem Wirrwarr heben sich die Silhouetten der Personen deullich ab und widerlegen so die Deklamation von dem allein seligmachende» Bühnenanspruch der Masse. Es folgt ein dritter Teil, der kommunistisch« Agitatton sein will, sprachlich und szenisch aber kaum mehr leistet, als allgemein bei derartigen politischen Rezitationen und Reigen üblich ist. Die Addition dieser ungleichen Teile, die kein Ganzes wirkt, ermüdet und läßt bedauern, daß Piscator, von Nebenabsichten ver- führt, seinem großen Regietalent kein strengerer Regisseur ist. Roberl Breuer. Toller flogt an. Theater am Schiffbauer dämm: ,A,uer aus den Kesseln Ernst Tollers neues Schauspiel behandelt die Gärung, die sich unter den Martosen der deutschen Marine im Jahre 1017 be> merkbar machte, die man mit Zuchthaus und Todesurteilen zu er» sticken suchte und von der wir im Kriege nichts ersuhren, weil die Press« darüber nichts berichten durfte. Toller nennt fein„Feuer aus den Kesseln'«in h i st o r i s ch e s Schauspiel. Mit Recht. In uns ist die Erinnerung an die bitteren Jahre des Krieges schon so blaß geworden, daß es uns wie fernliegend« Geschichte vorkommt, wenn wir wieder von ihnen hören. Aber Toller lassen die furcht- baren Bilder nicht los, in ihm bleibt die Zeit des Grauens lebendig. Er muß sich sein und seiner Brüder Leid von der Seele schreiben. Und noch nie hat er so eindringlich zu uns gesprochen wie in diesem, aus dokumentarisch festgelegten Tatsachen aufgebauten Schauspiel. In zehn kurzen Bildern schildert er die Entwicklung und das traurig« Ende der Matrosenbewegung episodenmäßig scharf zu- fanmienballend, Schlaglichter wersend. Vor dem Skagerrak , im Heiz- räum de, Kriegsschiffes herrscht noch Kriegsbegeisterung, aber allmählich entsteht Unzufriedenheit. Wie im Panzerkreuzer Potemkin beginnt dos Murren mit Klogen über das schlechte Essen, die überall tauben Ohren begegnen. Statt die Mängel abzustellen, schlemmen die Offiziere und führen in der Trunkenheit sinnlose Orgien auf. Ein paar Urlauber wenden sich im Reichstag an sozialistische Ab- geordnet« und werden mit hinhalienden Phrasen abgespeist. Die Unzufriedenheit wächst zur Erbitterung, als zu allem übrigen ein unmenschlich schikanierender Kasernendrill kommt. Daher verständigen sich Abgesandt« mehrerer Kriegsschiffe untereinander in einer Kneip«, die Mannschaften stehen zusammen, nicht irni zu meutern, sondern um die gemachten Zusagen durchzusetzen. Dies« Versammlung wird ihnen zum Verhängnis. Das Kriegsgericht verurteilt fünf Matrosen als Rädelsführer wegen Hochverrats zum Tod«. Drei werden zu Zuchthaus begnadigt, an den wertvollsten, Köbis und Reichpietsch , wird das Urteil vollstreckt. Die Szenen sind von bezwingender Gewalt. In greifbarer Lebensnah« erstehen Charakter« und Schicksal», das System eines brutalen Militarismus wird wieder lebendig und der ganze Jammer der Massenkriegspsychos«. Im„Feuer aus den Kesseln' sind die Tatsachenbericht« von der Leidenschast eines Dichters beseelt. Aus dieser Leidenschastlichkett heraus ist es auch zu verstehen, wenn er Scheidemanns Wesen allzu subjektiv und sicher nicht der Wahrheit entsprechend aufsaßt. Objektive Berichte gcht es nicht. Jeder und besonders der wahr« Dichter legt in seine Wort« ein Stück der eigenen Persönlichkeit. In edler Menschlichkeit kämpft Toller um Gerechtigkeit für die Opfer«ine» heuchlerischen Kriegsgericht». Ueber ihren Tod hinaus erhebt er flammend« Anklage gegen die Lauheit der Zettgenossen und öffnet uns die Augen für dos wahre Gesicht des Kriege». Selten hat ein Schauspiel ein« so begeisterte Zustimmung er- fahren, wie die Aufführung im Theater am Schiffbauer- dämm. Minutenlang müssen immer wieder die Szenen unter- brachen werden, weil sich tosender Beifall erhebt oder zustimmende Zurufe ertönen. Di« grandiosen Bühnenbilder des Caspar N e h e r verstärten den nachhalttgen Eindruck des Abends. Dos Ensemblespiel von wunderbarer Einheitlichkeit läßt niemand vordringlich heraustreten. Einprägsam bleiben der treuherzige Reich- pietsch des Hermann Speelmann und der in verhattener Energie gespannte Köbis des AlbertHoerrmann, lebenswahr
uns eindringlich Friedrich«naß, Peter Lorr«. Theod»? L i n g e n und ErichPonto. Tollers Schauspiel ist ein Zugstück, vergänglich wie alle Zeit» stücke. Sein bleibender Wert steckt in der Wirkung. Es rüttelt uns aus unserer vergessenen Lethargie, es mahnt zur Vernunft und zun» Gelöbnis: Nie wieder Krieg! Ernst vegner. Vorstellung im Stoatsschauspielhaus. Sine moderne und eine uralte Posse. Die beiden Stück«, mit denen dos Staatliche Schauspiel- Haus die neue Saison einleitet, sind gewiß keine umwälzenden literarischen Erzeugnisse. Aber unter der sicheren Hand des Re- gisseurs Jürgen Fehling entsteht ein genußreicher Abend heitereir Entspannung und unbeschwerter Fröhlichkeit. Als Versasser der ersten Komödie.Di« Liebe aus dem Lande' zeichnet ein ge-- wisser I. M. W o i k o w. Als Uebersetzer fungieren K l a b u n d und Fritz Nagel. Die Komödie zeigt uns die Kehrseite der mo- dernen Reformen des heutigen Ruhland mit so viel überlegenem Witz, wie ihn der frei« Sowjetstaat keinem Schriftsteller ungestraft: durchgehen lassen dürft«. Aus allen Winkeln des Stückes blickt uns- außerdem Klabunds unvergeßliches Geficht entgegen. Sein leicht und sicher hingehauener Stil, sein eigensinniger freier Humor, seine graziöse Frechheit. Sollte sich hinter den drei Namen nicht der ein« einzige, unser zu früh dahingegangener Klabund, verstecken? Das sowjetrussische Eherecht ist das freiest« der Welt. Es ist nur die Willenserklärung der beiden Partner vor dem Kommissar- nötig und schon ist die Ehe geschlossen. Zur Scheidung genügt der Antrag eines einzigen Partners. Auf dref« Weise heiratet Stepan eins zwei drei die schöne Arina und lacht sich ins Fäustchen. Jetzt hat er zu einem netten Frauchen endlich auch eine Wohnung und die Schadenfreude über seine Mitbewerber Grischa und Jessen dazu. Aber schon beginnt der Ernst des Ehestandes. Arina hat, so schnell die Trauzeremoni« auch geht,«inen Berdienstausfall von S,S0 Rubel. Die muß er blechen. Kaum hat sie das Geld in der Tasche, gibt sie ihren Wunsch zu Protokoll, sich scheiden zu lassen. In kaum«irrer halben Stunde geht alles vonstatten: Heirat, Ehe» zwist, Scheidung. Stolz verläßt sie da, Amtszimmer, um sogleich mit Grischa zurückzukehren, mit dem sie nunmehr ebenso sowjet. prompt die Ehe schließt. Aber sie kommt nicht zu ihrer Hochzetts- nacht. Da dem Kommissar der mitgenommen«, ausgeplündert« und wieder wohnungslose Stepan leid tut, stellt er ihm einen Wohnung»- schein aus. Wohin? In das einzige Zimmer, das Arina ihr«igen nennt. Dort erscheint sie spät abends und voller Wur wirft ihn Arina hinaus, ober er dringt zusammen mit dem Kommissar wieder bei ihr ein. Das Teufelsweib schlägt, beißt und kratzt um sich, es nützt ihr nichts, der Kommissar bleibt der Herr, seine Fäuste siegen. Seine Manneskraft und sein Wille ringen ihr Achtung und damit Lieb« ab, und so gibt«s eine illegitim« Hochzettsnacht in Gegen. wart der beiden Ehemänner. Es ist«in saftiger und derber Humor, der aus allen Szenen leuchtet. Di« schnapssreudigen russischen Bauern(Alexander G r a» nach und Franz Weber ), der paragraphenbewanderte Kommissar (Paul B i l d t) und der Weibsteufel Arina geben prächtig charokteri. sierte Gestalten ab. Dazu kommt-in kindlich philosophierender Witz und vor allem die erstaunliche schauspielerische Leistung der Lucie Mannheim . Die Rolle liegt ihr wie keiner. Sie>st ein Biest,«ine Kanaille und dabei begehrenswert. Sie flitzt wie rine Katze aus der Bühne herum, springt auf den Tisch, teilt in einem Augenblick Liebkosungen und Schläge au». Sie ist erfüllt von sprühendem Leben»nd Temperament. In der folgenden, fast 100 Jahre alten Posse„5? M> n u t« n in Grüneberg' von Karl von Holt«! bewundern wir ihre Wandlungsfähigkeit. Hier spielt sie die resolut«, lustige und leben». betont« Witwe, die weiß, was sie will und mehr Courage im Leibe hat als drei Männer. Damit wird auch die etwas antiquiert« Posse zu einem köstlichen Genuß und zu einer reinen Freude sür die Zu- schauer, die mit ihrem Beifall nicht kargen. �?r- Eduard Meyer gestorben. Eduard Meyer , dessen 7S. Geburtstag unlängst gefeiert wurde. ist gestern nach kurzer Krankheit gestorben. Mit ihm ist einer der großen deuffchen Historiker hingeschieden, der weit über Deutschlands Grenzen hinaus internationale Bedeutung hatte. Eduard Meyer war schon vor dem Kriege Ehrendoktor ausländischer Universitäten, Mit- glied zahlreicher Gelehrtengesellschasten, darunter auch der preußischen Akademie der Wissenschasten. Seit 1902 war er Professor sür alte Geschichte an der Universität Berlin ; 1023 wurde er emeritiert. Sein wissenschaftliche» Hauptorbeitsfeld war die Geschichte der Antike. Hier hat er groß«, bleibend« Werke geschaffen. Seine mehr- bändige Geschichte des Altertums ist«in Werk, das neben den Arbeiten Rankes, der„Römischen Geschichte' Mommfenz und der „Deutschen Geschichte' Karl Lamprechts zu den bleibenden Leistungen der deutschen Geschichtswissenschaft gehört. Eduard Meyer war ke:n ..Fochhfftori-ker' in dem Sinn«, daß ihm historische Akribie das Letzte war. Er verband mit seltener Meisterschaft historische Kleinarbeit mit universolgerichieier Sicht. Er gehörte auch zu jenen Historikern, die ein scharfes Methodenbewußffein stets gepflegt haben; seine 100Z erschienene Arbeit ,Lur Theorie und Methodik der Geschichte' griff tief in die damaiigen methodologischen Ausemanderfetzungen ein. Seine „Geschichte des Altertums' ist heut« das Standardwerk auf diesem Gebiet. Wer sich über die Geschichte der Antike umfassend orien- tieren will, muh nach diesem Werk greifen. Der Leser wird hier keine eingleisige politische Geschichte finden, sondern wahrhaste Kulturgeschichte, die wirtschaftliche Tatsachen, staatlich« Organisation, künstlerisch«, geistig« Faktoren gleicherweis« berücksichtigt. Eduard Meyer war Kulwrhistoriker. Bon 1021 bi» 1923 verfaßte der damals schon mehr als Fünfundsechzigjährig« noch eine mehrbändige Arbeit über„Ursprung und Ansänge des Christentums'. Während des Weltkrieges schrieb er, der„Forderung des Tages' entsprechend, einig« Arbeiten, unter denen ein Buch über England durch besondere Englandseindschoft auffiel. Aber diese Dinge können heul« auf sich beruhen. Di« deutsche und international« Geschichtswissenschaft verliert in Eduard Meyer einen ihrer besten und würdigsten Vertreter. dl. Gchouspielerirogödie in Wien . Zunge Schaufpieltrin vom Nollegen aus Eifersucht erschossen Der aus Berlin stammende Schauspieler Kurt D ä h n, der vor einigen Jahren im Berliner Trianoncheater erfolgreich aufge- treten war, erschoß in einem Wald« bei Ischl au» Eifersucht die Schauspielerin Grete Maren. Dähn wurde alsbald von der Gendarmen« oerhastet und dem Gencht eingeliefert. Er b e st r e i t e t jede Mordabsicht und erklärt, er Hab« den Revolver stäudig zu seinem Schutz bei sich getragen und im Verlauf« der Auseinander- setzungen mit Grete Maren impulsiv nach dem Revolver gegriffen, ohne in diesem Augenblick zu wissen, was er zu tun im Begrifs« sei. Kurt Dähn war Mitglied des Theaters in der Iosesstodt, Grete Maren,«in ungewöhnlich schönes junges Mädchen, Schauspielerin an der Renaissancebühn«.