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Morgenausgabe abenda nad beibindo
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47.Jahrgang
235chentlich 85 t, monatlich 3,60 m. im Boraus zahlbar, Boftbezug 4.32 m. einschließlich 60 Pfg. Boftzeitungs- und 72 Bfg. Poftbestellgebühren. Auslands abonnement 6,- M. pro Monat. *
Der Bormärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abenbausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Illustrierte Beilagen Bolk und Zeit" und„ Kinderfreund". Ferner Frauenstimme" Technik".„ Blid in die Bücherwelt"," Jugend- Borwärts" und Stadtbeilage".
bbw day Freitag min Carsiui5. September 1930
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Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Die einfpaltige Nonpareillegeile 80 Pfennig. Reflamezeile 5,- Reichs mart. Kleine Anzeigen das ettge brudte Wort 25 Bfennig( zuläffig zwei fettgebrudte Borte), jebes weitere Bort 12 Bfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme im Haupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 8 bis 17 Uhr.
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Die Kommunisten hatten zu gestern abend eine Rundgebung nach dem Sportpalast einberufen. Sie begann eine Stunde nach der festgesezten Zeit. In der Kundgebung sprach zunächst Walter Ulbricht , der seine Hörer. mit einer falschen Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland langweilte, dann aber die Kleingewerbetreibenden aufforderte, ihre Steuern nicht mehr zu bezahlen und die Anordnungen der Steuerbehörden zu sabotieren. Die Arbeiter forderte er auf, den politischen Massenstreit zu organisieren und außer dem die neuen Verordnungen im Krankenkassenwesen durch Terror unmöglich zu machen.
Außer der Reihe der vorgesehenen Redner bekam dann mar Hölz das Wort, der zunächst alle Berichte über die Sowjetunion als Schwindel erflärte und nachzuweisen versuchte, daß es dort herrlich wäre.
Dann aber brüllte er mit einer großen Gefte in den Saal: ,, Wir wollen nicht mehr reden, sondern Taten fehen. Die bürgerliche und sozialdemokratische Presse schreibt zwar immer, in Rußland wird erschossen, wir sagen, es werden Diel zu wenige erschossen.
,, Sorgen wir dafür, daß auch in Deutschland eine GPU. bald ihre Arbeit aufnehmen fann und die Severing, Zörgiebel und Konsorten erschossen
werden.
Bei diesen Worten tobte und brüllte alles im Saal und ver=
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Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten. Wallitr 65 Dt u Disc.- Gei. Devofitentafle Lindenstr. 3,
Aufruhr im Lande der Zukunft.
Wirtschaftspolitische Hintergründe der südamerikanischen Revolution.
Panit bei den KPD . Führern. Triebfräfte der letzten füdamerikanischen Unruhen völlig
geistert zujubelten und damit deutlich zum Ausdrud brachten, was für rosige Zustände in einem Sowjet- Deutschland herrschen würden. Für die Berrohung der Kommunisten ist fennzeichnend,
daß sie, als einer der Redner davon sprach, daß in Spandau Reichsbannerleute schwer verletzt wurden,
begeistert Beifall flatschten,
so daß selbst der Redner über diesen Beifall sein Entfeßen zum Ausdrud brachte.
Die Polizei hatte noch während der Kundgebung die Pots. damer Straße mit einem großen Aufgebot abgeriegelt, um zu ver= hindern, daß es beim Abmarsch der Demonstranten zu Zusammen stößen tommen fonnte.
Es gibt feinen Politiker, der die Hintergründe und die überblicken fönnte; aber das eine läßt sich doch mit Gewiß heit sagen: Politische und wirtschaftliche Fattoren spielten die Hauptrolle dabei und nicht der Ehrgeiz neuer Machthaber. Das zeitliche Zusammenfallen der heftigen Unruhen in Venezuela , Bolivien , Peru , Brasilien und Argentinien ist schon allein durch die homogene soziale und politische Struktur der Länder und durch die vielen Fäden zwischen ihnen leicht erklärlich. Am auffälligsten erscheint auf den ersten Blick hin, daß auch Argentinien nach jahrzehntelanger Ruhe in den Strudel hineingezogen worden ist. Aber die Ursache der argentinischen Unruhen ist nicht von heute und gestern; diese Unruhen mußten fommen und der über achtzig Jahre alte Präsident Irigoyen war wahrscheinlich der letzte, der von ihnen überrascht worden ist.
Crud Cru
24 von 52 Abgeordneten abgesägt. Wir, lesen in Gegen den Strom":
Bon den 52 21 bgeordneten, die die D. im legten Reichstag hatte, werden von dem 3R. 24 nicht mehr auf gestellt. Es sind unter anderem die Versöhnler Ewert, Alexander und Ende; Hans Pfeiffer und Dengel tommen unter die Säge, weil sie während des Wittorf - Standals Sorgen wir aber dann auch dafür, daß auch die Banditen der IA; es gewagt hatten, gegen die Korruption Thälmann aufzutreten; Martha Arendsee und Mastowski fallen Intrigen zum die dort fizzen, miterschoffen werden." Opfer, offenbar weil sie Spezialfenntnisse auf dem Gebiet der Sozialpolitit und der Kulturpolitik haben,- Kenntnisse sind be fanntlich eine„ rechte Abweichung". Dagegen zieren Leow und Heinz Neumann die fommunistischen Listen. Das find die ,, Arbeiter aus dem Betrieb", die das 3. den Arbeitern zu präfentieren wagt: Leow , der sich überall fagen läßt, daß er ein fäuflicher Lump sei, und Heinz Neumann , der 1928 von durchaus linientreuen Parteigenossen als Reichstagstandidat mit der Begründung abgelehnt wurde, daß man sich schämen müffe, ein folches Subjett in der Partei zu haben. Die, Randidaten der Partei wurden durchweg von oben bestimmt, die Mitglieder hatten nichts mitzureben."
suchte nach der Stelle hinzustürzen, die Mar Hölz bezeichnete. Die Führer der KPD. rannten topflos umber und waren entsegt. Mar Hölz redete immer weiter. Die Führer der KPD. konnten sich nicht anders helfen, als daß sie
die Kapelle spielen ließen und damit Mar Hölz das Wort abschnitten.
Erst nachdem die Rapelle gespielt hatte, durfte Mar Hölz wieder weiterreden, wurde aber sichtlich zahmer. Bezeichnend für die Kommunisten war es, daß sie diesem redetollen Mar Hölz be
Oeffentliche Wählerkundgebungen.
Heute, Freitag, den 5. September: 1. Kreis mitte. 19% Uhr in den Sophiensälen, Sophienftraße 17/18. Filmvorführung, Politische Revue, Gesang, Re zitationen. Redner: Dr. Julius Moses . Eintritt fret. 3. Kreis Wedding . 19% Uhr in den Pharusjälen, Müller. Atlantic- Säle, Behm straße 142. Redner: Hugo Heimann.
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straße am Bahnhof Gesundbrunnen . Redner: Friz Schröder. 4. Kreis Prenzlauer Berg . Treffpunkt zum Berbeumzug durch den Bezirk um 18% Uhr vor dem Bezirksamt, Danziger Straße 64.
8. Kreis Spandau . 20 Uhr in den Bismarckfälen, Feldstr. 52 Redner: Rudolf Wissell . Rednerin: Marie Kunert . 11. Kreis Schöneberg . Treffpunkt zum Werbeumzug mit Mufit 19 Uhr Lauterplay in Friedenau . Anschließend Kundgebung im Rathaus Friedenau . Redner: Siegfried Aufhäuser . Steglig. 20 Uhr in der Aula des Gymnasiums, Heerstraße. Redner: Siegfried Hermes.
Lichtenrade . 20 Uhr im Lokal Stieler, Dorfstraße, am Dorfteich.
Redner: Vittor Malina.
Neukölln 91. Abt. 19% Uhr im Lokal Bergschloßhöhe, Karls
gartenstr. 6/11. Rebner Mag Sievers.- 92. Abt. 19% Uhr im Städtischen Saalbau, Bergstr. 147. Einleitende Mufitvor träge. Kapelle der FTGB. Filmvorführung: Kampf dem Bürgerblod Kampf der sozialen Reaffion". Redner: Kurt Heinig . 98. Abt. 19% Uhr Plaktonzert auf dem Kranoldplag. Alle Genossen stellen sich an diesem Abend ihren Bezirks führern zweds Propaganda zur Verfügung.
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Raulsborf. 20 Uhr im Badeschlößchen", Mahlsdorfer Straße. Redner: Adolph Hoffmann , M. d. L. 18. Kreis Weißensee. 19% Uhr in der Stadthalle, Pistorius straße. Redner: Carl Litte. Tegel . 20 Uhr öffentliche Bählerfundgebung in Tegelort, Lotal Zum Schwan", Scharfenberger Straße. Redner: Stadtverordneter Heinrich Schäfer. Betriebsfraktion der SPD . beim Bezirksamt Wedding . Wahlfundgebung für alle Arbeiter, Angestellten und Beamten heute um 16 Uhr im oberen Saal der Lichtburg, Behmstraße, am Bahnhof Gefundbrunnen. Tagesordnung: Reichstagswahl und öffentliche Betriebe. Redner: Stadtverordnetenvorsteher Johannes Haß .
Betriebsfraktion der SPD . beim Bezirksamt Friedrichs hain. Wahlfundgebung für alle Arbeiter, Angestellten und für und Beamten heute um 19% Uhr in den Andreas Festsälen, Andreasstraße 21. Tagesordnung: Reichstagswahl und Sozialdemokratie. Redner: Stadtrat Eugen Brüdner.
Bankangestellte. Deffentliche Rundgebung 18 Uhr in den Ger mania - Sälen, Chauffeestraße 110. Redner: Arthur Crispien . Thema: Die Reichstagswahl am 14. September. Betriebsfraktion der Berliner Stadtbank und Sparkasse. Die Parteigenoffen beteiligen fich heute 18 Uhr an der Berfammlung der Banfangestellten in den Germania - Sälen, Chauffeeftr. 110. Treffpuntt: 17% Uhr vor dem Lotala ( Sonnabend- Kundgebungen 2. Seite.)
15. Streis Treptow . Alle Abteilungen treffen sich mit Fahnen Wählerinnenkundgebung!
und Transparenten zum Werbeumzug durch Johannisthal , Niederschöneweide , Oberschöneweide . Sammelpuntt: 18% Uhr in Johannisthal , Raiser- Wilhelm- Play. Redner: Robert Breuer . 17. Kreis Lichtenberg . 19% Uhr in der Aula des CecilienLyzeums, Rathausstraße. Redner: Otto Meier , M. b. 2.
7. Kreis Charlottenburg . Frettag. 5. September, 19% Uhr, in Ahlerts Festsälen, Charlottenburg , Berliner Str. Bor führung des Filmes Freie Fahrt". Ansprache der Genoffin Räte Rern, Ferner gefangliche Darbietungen.
Männer und Frauen, erscheint in Massen!
Argentinien galt nach dem Kriege als Land der Hoffnung und der Freiheit. Das lintsrabiHunderttausenden über den Südatlantik nach Buenos Aires , um der Armut, den engen Verhältnissen und der politischen Diktatur der Heimat aus dem Wege zu gehen. Spanische und italienische Anarchisten, polnische Kommunisten und auch Sozialdemokraten hofften in dem zukunftsreichen Lande eine ungefährdete Plattform für ihre Ideen und ihre Propagandaarbeit vorzufinden. Ihre Hoffnungen wurden erfüllt, bis in dem alten Agrarstaat die Industrialisie rung sich bemerkbar machte, die demokratische Gesinnung des eingefeffenen spanischen Bürgertums und der Großgrundbesiger der Angst vor der Radikalisierung ihrer Arbeitnehmer und vor Störungen des unglaublichen Lugus= foniums in der 3weimillionenstadt durch Arbeitslose wich.
Schon unter dem Borgänger Irigoyens, Alvarez, im Jahre 1926, führten die linksradikalen Elemente Argentiniens einen ständigen Kampf gegen die Polizei. Immerhin trug dieser Kampf noch keine scharfe Note. Um ungestört eine Rede für die Rettung Sacco und Banzettis halten zu können, ließ sich damals beispielsweise eines schönen Morgens ein Anarchist von einem befreundeten Schmied am Geländer des Eingangs zur Untergrundbahn vor dem Palast des Präsidenten Alvarez antetten. Die Polizei mußte ihn fast eine Stunde lang zu einer großen Menschenmenge sprechen laffen. bis ein herbeigeholter Schlosser die dicken Ketten durchgefeilt hatte und der Mann abgeführt werden konnte. In dieser Form spielte sich unter dem legten Borgänger des gegenwärtigen Präsidenten der Kampf zwischen Linksradifalen und Regierung ab. Nach der Wiederwahl Irigoyens trat darin zunächst feine Aenderung ein. bis der Präsident einzelne Provinzen unter Militärdittatur stellte. Da begann es im Lande zu gären. Die Sozial= demokratische Partei veranstaltete Massenkundgebungen gegen die Diftatur; die nicht unbedeutenden Ueberrefte des demokratischen Bürgertums mit faft der gesamten Hochstehenden Preffe Argentiniens nahmen gleichfalls entfchieden gegen den Bräsidenten Stellung. Seit dem Dezember vorigen Jahres wurde die Erregung im Lande heftiger, nachdem sich herausstellte, daß unter der Diktatur der Zentralregierung eine unglaubliche Mißwirtschaft Blaz gegriffen hatte. Schließlich wurden nicht nur Provinzialparlamente, sondern auch das Landesparlament von dem Präsidenten ausgeschaltet. Seine Anhänger, die Personaliste n", besuchten in letzter Zeit einfach die Parlamentssigungen nicht mehr und vereitelten so die Beschlußfähigkeit des Hauses. eizenprei
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Das Sinten der Weizenpreise trug zur Berschärfung der Stimmung im Innern Argentiniens bei; ein eigenartiger Verfuch zur Stabilisierung des Weizenpreises führte lediglich zum Abgleiten des Kurses der Landeswährung um über 15 Proz. Als verschärfendes Moment tam weiterhin die Stimmung gegen das vordringende nordamerikanische Rapital und gegen die Hochschußzölle der USA . hinzu, die mit den 1928 gemachten Bu ficherungen Hoovers schwer in Einklang zu bringen waren. In dieser ausgesprochenen Abneigung gegen nordamerikanisches Kapital stehen füdamerikanische Studenten, Intellertuelle und Raufleute mit Arbeitern und Industriellen in einer Front. Irigoyen gab ihr nicht nach. Bielleicht wird er noch über sie fallen, wenn seine Gesundheit ihn noch so lange an, der Spizze Argentiniens bleiben läßt. Borerst aber hat der Präsident den ausschlaggebenden Machtfattor des Landes, bas Heer, fest in seiner Hand. Die Stellung Irigoyens tann unter den gegenwärtigen Verhältnissen vielleicht untergraben, feinesfalls aber durch einen Gewaltstreich erschüttert werden.
Bei den Unruhen in Brasilien fann man wohl noch am ehesten von Generalsrevolutionen sprechen. Das größte Land Südamerikas ist eigentlich noch nie völlig zur Ruhe gekommen. Immer gab es in irgendeinem Winkel