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Beilage

Montag, 8. September 1930

Der Abend

Spalausgabe des Convins

Der Tod Martin Kasprzaks

Heute vor 25 Jahren in Warschau hingerichtet

lichen Kämpfers und treuen Menschen Martin Rasprzat zu verneigen, dem Dant und der Bewunderung für dieses und für alle anderen Opfer des großen Kampfes in Rußland Ausdruck zu geben, was sogleich durch Erheben von den Sizen geschah.

In seiner Rede hatte Bebel auch das furchtbare Leid. berührt, das Kasprzaks Leben seit langen Jahren bedrückt hatte. Eine polnisch- sozialistische Gruppe hatte nämlich gegen Kasprzak, der ſchon anfangs der neunziger Jahre in russischen Gefängnissen gesessen und dann in Breslau noch eine zweijährige Strafe vom Sozialiste no gesetz her verbüßt hatte, die Beschuldigung erhoben, daß er Polizeispiel sei. Heftige Auseinandersetzungen knüpften sich an diesen schweren Vorwurf und er verbitterte dem Beschuldigten das Leben. Bielleicht war es auch dieser Berdacht, der ihn immer wieder trieb, über die Grenze zu gehen, um durch die viel gefährlichere Arbeit für den Sozialismus unter der Zarenherrschaft die Beschul­digung auf das stärkste zu widerlegen....

Die ruffische Revolution von 1904/05 hatte viele revolutionäre| tratischen Reichstagsabgeordneten Auer, Gerisch, Pfannkuch| den ganzen Parteitag auf, sich vor dem Andenken des unermüd. Emigranten veronlaßt, in das Barenreich zurückzukehren, um den Kampf der Maffen mitzufechten. Auch ein preußischer Pole, Mar tin Kasprzat, der schon früher in Kongreßpolen revolutionär gearbeitet hatte, aber auch in der deutschen Sozialdemokratie des Ostens sehr tätig und 1901 Reichstagskandidat in Bosen gewesen war, eilte über die Grenze. Mit anderen betrieb er eine Geheim­Druckerei der Sozialdemokratie Polens und Litauens . Am 27. April 1904 sollte diese Druckerei von der zarischen Polizei au3­gehoben werden; um seinen Genossen die Flucht zu ermöglichen, schoß Rasprzat zwei Polizeioffiziere und zwei Polizisten nieder. Dann wurde er und ein junger Ingenieur Guszmann festgenommen. Sie famen vor ein russisches Kriegs­gericht, das in der Warschauer Zitadelle tagte und nur aus Gene ralen und Offizieren bestand. Es gelang der Berteidigung auf Grund eines medizinischen Gutachtens zu erwirken, daß Kasprzat zur Untersuchung seines Geisteszustandes, der seither wohl gelitten haben konnte, in eine Anstalt gebracht wurde. Die Untersuchung war ganz systematisch; sie wurde von zahlreichen Aerzten hinter einander vorgenommen, wie sie gerade Dienst hatten. Schließlich ernannte das Gericht unter Nichtbeachtung der geset lichen Vorschriften, nach denen staatliche Sanitätsstellen Diese Ernennung vorzunehmen gehabt hätten, zwei willfährige Sach­verständige. Sie erklärten den Angeklagten für geistig gesund und die bei ihm beobachteten Symptome für Simulation.

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und Singer, Mitglieder des Parteivorstandes, telegraphisch nach | Baden- Baden an den Reichskanzler Fürst Bülow , und zwar sofort Baden- Baden an den Reichskanzler Fürst Bülow , und zwar sofort nach Bekanntwerden des Todesurteils, die dringende Aufforderung, bei der zarischen Regierung die Aufschiebung der Hinrichtung und die Einräumung aller Rechtsmittel für Kasprzat zu erwirten. Bülow erhielt dieses Telegramm erst, als der Leichnam des Kämpfers bereits an der Mauer der Warschauer Zitadelle verscharrt war. Nach eineinhalb Wochen antwortete Staatssekretär von Richthofen vom Auswärtigen Amt dem Parteivorstand in einer ausführlichen Mitteilung. Diese auf Berichten des deutschen Generalkonsulats in Warschau und der Deutschen Botschaft in Petersburg beruhenden Mitteilungen befagt unter anderem, die Ansichten der russischen Rechtswelt seien darüber geteilt, ob bei Verhängung des Kriegs­zustandes die Ausschließung der Rassationsmöglichkeit für gewisse Urteile öffentlich bekannt gemacht werden müsse oder nicht. Diese Bekanntmachung war nicht erfolgt; außerdem hatte zur 3eit der Straftat Rasprzats der Kriegszustand noch gar nicht bestanden, die Rasfationsmöglichkeit hätte ihm also wohl nicht versagt werden dürfen. Der ,, Borwärts" bezeichnete die Hin richtung dieses Genossen als vollendeten Justizmord. Auf dem Parteitag zu Jena im September 1905, der eine Rundgebung zum Freiheitskampf der Völker Rußlands beschloß, sprach August Bebel auch über das traurige Schicksal Rasprzats. Der Führer der Partei beurteilte den Prozeß genau so, wie das Zentralorgan es getan hatte. Und am Schluß seiner feurigen Rede forderte er

Als Kasprzat schon in der Warschauer Zitadelle saß, im Sommer 1905, sprach ihn ein Parteigericht der Polnischen Sozialistischen Partei unter dem Vorsitz des damaligen Abgeordneten von Kratau, des jetzigen polnischen Sejmmarschalls Ignaz Daszynski von der Beschuldigung vollkommen frei. Hoffentlich hat Kasprzak wenigstens diese Ehrenrettung noch erfahren und ist dadurch seine Seele von jahrelangem schweren Druck befreit worden. Seinem Andenken sollen diese Zeilen dienen.

Joft Pombold

Ein Wahlagitator der Landstraße

Bur zweiten und legten Gerichtsverhandlung am 2. September 1905 wurden diese Sachverständigen nicht geladen. Der Antrag der Verteidigung auf ihre Ladung blieb unbeachtet. Jede Nach prüfung des Gutachtens, jede Befragung seiner Verfasser war un­möglich gemacht! Die Verhandlung wurde unter strengstem Aus­schluß der Deffentlichkeit geführt. Als der 48jährige Rasprzat im Gerichtssaal erschien, machte er so berichten die ausführlichen Darstellungen des Vorwärts" vom September 1905 aus War­ schau den Eindruck eines fast Sechzigjährigen. Er bewegte sich schwer und langsam, so daß ihn ein Stoß des Gendarmen in die Anklagebant beförderte. Mehrere Entlastungszeugen waren nicht erschienen, obwohl das Gericht sie zugelassen hatte; die Ladungen waren ihnen nicht zugegangen! Als Belastungszeugen erschienen die überlebenden Polizisten des Ueberfalls auf die Druckerei. Das waren die Gutachter auch über den Geisteszustand Kasprzats, die danach vom Staatsanwalt gefragt wurden. Natürlich erklärten sie, daß Kasprzak simuliere, wenn er den Eindruck eines geistig Erwachsen wie eine böhmische Eiche, mit einem trompetenden Organ, frantten hervorrufe.

Die ganze dreitägige Verhandlung hindurch saß der Angeklagte regungslos und apathisch auf seinem Blaz. Er beantwortete teine Frage des Gerichts, verfolgte aber doch aufmerksam die Vorgänge. Der Staatsanwalt brachte es in seiner Schlußrede fertig, die deutsche Sozialdemokratie gegen die polnische auszuspielen: Während die deutsche Sozialdemokratie, deren Mitglied Kasprzat sei, Gewalt ablehne, und ihr Führer Bebel sich für die Verteidigung seines Vaterlandes gegen einen feindlichen Angriff erkläre, suche die polnische Sozialdemokratie die Notlage des russischen Reiches, das im Kriege gegen Japan lag, auszunuzen. Kasprzat so rief der zarische Staatsanwalt aus sei nicht würdig, ein Sozialdemo­frat zu sein!

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Darauf antwortete der Hauptverteidiger Stahl- Mostau mit einer großartigen Darstellung des Wesens der Sozialdemokratie überhaupt, der deutschen und der polnischen im besonderen. Er hob hervor, daß in einem immerhin geordneten Rechts staat mit Wahlrecht und Parlament die Arbeiter bewegung anders fämpfen fönne als dort, wo sie rechtlos ist. Und als nun der Anwalt die Schlußworte des Staatsanwalts, Rasprzat sei nicht würdig, Sozialdemokrat zu heißen, wiederholte, um sie zu widerlegen, da erhob sich plöglich Rasprzat von der Bant, richtete sich in seiner ganzen Größe auf, faßte den Staats­anmalt fest ins Auge, schüttelte einigemal drohend die Faust gegen ihn und setzte sich mortlos wieder hin. Lautlose Stille herrschte bei dieser aufregenden Szene im Gerichtsjaal. Selbst die militärischen Richter waren bewegt, und der Anwalt konnte tein Wort mehr weiter sprechen und brach seinen Vortrag ab.

Minuten darauf wurde Kasprzat megen vierfachen Mordes zum Tode durch den Strang und der Mitangeklagte Guiz­mann, dem keinerlei Mitschuld nachzuweisen und der nur damals in der Druckerei anwesend gewesen war, zu 15 Jahren 3wangsarbeit( Katorga) verurteilt....

Der Staatsanwalt hatte während des Prozesses im Wandelgang erklärt, er und das Gericht hätten bestimmte Weisungen von der Regierung, o gut wie vom Raiser selbst", also vom Militärdiktator General Trepoff in Petersburg . Die Berteidigung versuchte sofort, das Urteil dem Kaffationshof in Petersburg zu unterbreiten. Sie wandte sich an den General gouverneur von Warschau , sie telegraphierte an die obersten Behörden und auch an die Deutsche Botschaft. Nach mehreren Tagen erhielt die Berteidigung die Nachricht, daß die Weiterleitung des Urteils an den Kaffationshof abgelehnt sei, weil unter dem Kriegs­zustand eine Revision des Urteils unzuläffig wäre. Die junge Frau Kasprzats, die der Politik vollkommen fernstand, richtete ein tele­graphisches Gnadengesuch an das 3arenpaar alles vergeblich. Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Frist nach Einreichung eines Gnadengesuchs zu beachten, bestätigte der Generalgouverneur das Todesurteil. Weder die Frau noch der 14jährige Sohn durften von ihm Abschied nehmen. Als der Geistliche in die Zelle trat, dem er seine Sünden gegen den Barismus beichten sollte, pfiff Rasprzat das Kampflied von der Roten Fahne" und zeigte dem Pfarrer auch sonst, daß er von seiner Anwesenheit teine Notiz nehme. Schließlich trat der mastierte Henter ein. Als dem Delinquenten das Leichenhemd übergezogen wurde, verklärte sich seine Miene und leuchtenden Auges schritt er in der Morgendämmerung des 8.- September 1905 inmitten von Gendarmen und Soldaten zum Exekutionsgerüft. Seine aufrechte Haltung und seinen verklärten Gesichtsausdruck behielt er bis zum Schluß bei. Als man ihm den Sack über den Kopf stülpte, rief er leise, aber vernehmlich: Es lebe die Revolution!"

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So nannten wir ihn, Hannes und ich, als wir vor Jahren die böhmischen und österreichischen Landstraßen hinuntertrippelten, den Teufel Vergangenheit im Rüden und einen schmalen Streifen Glüd vor uns, und so wurde Jost Pombold aus Xanten am Rhein auch von allen Sachsengängern, den Schnittern, den Holzknechten und Mägden genannt. Er war ein Riese von Kerl, ge= zerriffenem Gesicht und einer ungewöhnlich großen verknorpelten Naje, auf die er sich verlassen fonnte, da sie ihm manch guten Wind in die Richtung trieb. Dieses, einen auf den ersten Blick wolfs ähnlich anfallende Gesicht wurde durch zwei helle offene Augen um einen Schein gütlicher; es waren Augen, die einen zwangen, ob man wollte oder nicht, Jost Pombold in die offene Hand zu schlagen. Er war ein guter Kamerad, auf den Berlaß war, und wanderte die Jahre hindurch. Auch bettelte er nicht, doch, aber nur in ganz seltenen Fällen flapperte er die Pfarrhäuser ab, denen er am meisten gram war. Er arbeitete hier und dort, Tage und Wochen, auf den großen Gütern, in den Sägewerten, die ihm in den Weg diefen, in der Tschechoslowakei , in Rumänien , in Dänemark , in Holland , gelegentlich auch in den großen Städten. Aber keine Frau, an die er sich für kurze Zeit verloren hatte, und keine warme Bettstatt, die ihm eine heimatliche Ver­wurzelung vorzauberte, fonnten ihn halten, wenn das Blut in dem alten Klotz wieder zu rumoren begann und er einige Pfennige Weg­zehrung in der Tasche hatte. Ungewöhnlich schräg, verstohlen und tomisch anzuschauen, blinzelte er in die Sonne, ging dann zwei Schritte nach vorn, hielt die Nase in den Wind und, indem er die linke Augenbraue fast zwei Zentimeter hochriß, schnurrte er: So, nun ist's wieder genug,

auf die Beine, Galopp!"

Dann stolperte der alte Knabe wieder die Landstraßen hinauf und himunter. In Desterreich, in Schweden , in Italien fannte er jede Penne. Das Herumstromern hatte ihm im Laufe der Jahre einen ungeheuren Schatz an Erfahrungen, Erkenntnissen und Lebensweisheiten eingebracht. Ja, das mit dem Erwanderten ist so eine eigene Sache! Die jungen Leute, die in den Städten festgebacken sind und nie hinauskommen, schauen immer durch eine Brille, mag sie nun rot, grün oder blau sein. Kein aufdonnerndes Wetter haut ihnen die Illusionen, Verspieltheiten, Träumereien und Einbildungen weg, teine Eroberung sticht ihnen die Haut braun und ledern und öffnet ihnen die Welt, die ungeheuer schön und gemein ist. Jost Pombold hatte Erfahrungen, das fonnte man wohl sagen! Ihm fonnte man feinen weißen Schwan an die Wand malen. Er wußte, wie der Hase läuft und wozu Salz in der Welt gebraucht und mit Feuer getocht wird. Wir erlebten oft die stürmischsten Diskussionen der Pennbrüder und professionellen Straßengänger in den örtlichen Asylen, in denen die Berkommen­sten, von der Gesellschaft Geächteten und Abgetriebenen zwangvoll geduldete Gäste waren und von Jost Pombold in temperament­vollen Reden aufgerüttelt, aufgeloder t, neu mit Energie geladen wurden, um doch wieder hinter dem Pflug der Zeit zu marschieren und um nicht das gemeine Elend in einem dreckigen Sechserschnaps zu erfaufen. Man konnte ihn dann trompeten sehen, daß einem das Herz in den Mund sprang und man ganz glücklich wurde. Pombolb, dieser Kerl, brachte es fertig, diese ver­frufteten Herzen aufzutauen, in diese verseuchten, veralkoholisierten, oft vertierten Gesichter einen Schein Hoffnung und Leuchten ein­zupflanzen, der tröstlich schien. Wir hatten oft solche äußeren und inneren Berwandlungen miterleben dürfen. Pombold pflegte ge­wöhnlich zu sagen: Der Mensch ist ein Aas; wenn es hochkommt, ein Schwein; wenn er säuft, ein Hornvieh; wenn er nachdenkt, ein Dummfepf.

Also muß er verändert werden."

Das war auch sein pädagogischer Grunofaz, der Ausgangspunft seiner Bemühungen.

Niemals habe ich wieder in diesem Milieu solchen Ernst, mit dem eine notwendige soziale und fürsorgliche Aufgabe angepackt murbe, verbunden mit der Blut eines fo elementaren agitatorischen geners, empfinden tönnen.

r. bn.

Wir begegneten Joft Bombold wieder eines schönen Tages, der blaubehimmelt über uns hing. Die drei falten Tage lagen schon hinter uns, nur ein frostiges Kribbeln saß uns noch in den Zehen, aber sonst ging es gut vorwärts. Die Luft war rein und die Wäider und Höhen grüßten uns kameradschaftlich. Also, da fam Bombold daher geschlittert, den schwarzen Sozialistenkalabreser tief ins Gesicht gedrückt, dunkelhäutig wie ein Neger, sehr lustig und aufgeräumt, wie man das bei seiner flojigen Herzlichkeit ge= wohnt war. Sallo, Hannes und Waltrosch, und wo hin schon wieder?" bellte er uns an und steckte seine grob­schlächtige Rechte in die. unserige, Nach Pilsen , Steine farren, um wieder etwas Fleisch und Fisch zwischen die Zähne zu bekommen", gaben wir zur Antwort und erzählten ihm, was uns an den Hut und in die Hände spucken wollte.

Es war Mittag und es war sehr warm. Wir fletterten in den grünüberwachsenen Graben am Rande der Straße, ließen den Rücken gegen die Sonne liegen und sie auf das Hinterteil stechen, also lagen wir auf dem Bauche, steckten uns Gräser in die Nase, bis wir niefen mußten und schnatterten dummes Zeug und so weiter. Es war

Wahlschlacht im Lande.

Ein Dutzend sogenannter Volksparteien" animierten die Bevöltes rung und warfen ihr den goldenen Sand der Betörung in die Augen. Alle waren sie auf einmal.da: die Junker, die Reserve­leutnants, die Schlotbarone, die Stiftsdamen. Alle marschierten sie heran, mit Versprechungen, mit Lügen, mit Besoffenheiten, die Didwanstigen, die Allzusatten, um den Heinen Mann zu fangen, der ihnen ihre Macht, die Ausübung der Macht und die Befriedi­gung ihrer Bedürfnisse auf Jahre hinaus wieder garantieren sollte. Die Großagrarier waren bereit, jede Kartoffel ihres Bodens, der ihnen von Rechts wegen gar nicht gehörte, mit den Söldlingen zu verteidigen. Jost Pombold tannte diese Jungens in grünem Loden mit dem Gemsbart am Hut und den stieren Gesichtern. Er war ihnen oft ins Gewerbe gesprungen, menn fie es gar zu arg trieben, und die Trabanten haben ihn dann mit den Hunden vom Hof gehetzt.

Da soll es aber diesmal mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht diese Kerls 10 kilometer in den Wind freiben,

schwor Pombold, und ging wieder hinaus in das flache Land, legte sich mit uns in den Straßengraben, um zu bedenken, was zu tun sei, um die Arbeiter, die Tagelöhner, die Holzfnehte, die Mägde vor den Streitwagen des arbeitenden Boltes zu spannen, der gegen diese Jungens Sturm laufen sollte.

Und Bombold ging in die Arbeit, wie wir alle. Es war, um sich den Bauch zu halten, wenn er einem hochgeblasenen, blech­meckernden Sendling , der in einer dörflichen Versammlung den Geldsack und den Herrn- im- Hause- Standpunkt entschuldigen wollte, den Kopf wusch, daß die Funken sprühten, und sich selbst auf das Katheder jetzte, um die Tagelöhner und fleinen Bauern zu be= lehren, wo die wahren Ursachen ihrer Not liegen, warum die letzte Biege aus dem Stall muß, warum der Getreidewucher, warum die Frauen in den Schnitterfasernen ihre Schwangerschaften zu unter brechen versuchen. In den schmalen Mittagspausen lag er vor ihnen, immer neue Argumente hervorholend, Fragen beantwortend, Berzweiflungen lindernd, wie eine rote Fahne der Empörung flog die Glut seiner Stimme über das ländliche Bolt. Immer schloß er mit Reden Bebels, die er auswendig wußte, und die Saz für Sag in die Zeit paßten und die Gemüter und Hirne auffäffig mach ten; donnernd fiel sein Wort.

Jost Bombold wird in diesen Tagen unter uns sein. An irgend einer Stelle Deutschlands wird er die Arbeiter und Bauern für unsere gerechte Sache zusammenführen. Es geht diesmal um mehr, als es sonst ging. Das Kalbfell breitgespannt! 3hr alle sollt zu­schlagen, alle, es gibt eine rasselnde Musik, die in die Ohren sticht und die die Schlafmüzigen aufsprengt und alle zusammenruft, die zusammengehören, einig, tapfer, verantwortungsbewußt, für den Frieden, für die Freiheit unferes Boltes!

Walter G. Oschilewski.